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osmanischen Reichs (Wien [* 2] 1814, 2 Bde.);
v. Moltke, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei [* 3] 1835 bis 1839 (Berl. 1841, 4. Aufl. 1882);
Rigler, Die Türkei und deren Bewohner (Wien 1852, 2 Bde.);
Ubicini, Lettres sur la Turquie.
Tableau statistique, religieux, politique, administratif etc. (Par. 1854);
Derselbe, État présent de l'empire ottoman (mit Pavet de Courteille, das. 1877);
Michelsen, The Ottoman empire and its resources (Lond. 1853);
Heuschling, L'empire de Turquie (Brüssel [* 4] 1860);
»Stambul und das moderne Türkentum. Von einem Osmanen« (Leipz. 1878);
J. Baker, Die Türken in Europa [* 5] (deutsch, Stuttg. 1878);
Aristarchi Bei, La législation ottomane (Konstant. u. Par. 1873-88, 7 Bde.);
Baillie, Digest of moohummudan law (2. Aufl., Lond. 1875 u. 1887, 2 Bde.);
Zur Helle, Die Völker des osmanischen Reichs (Wien 1877);
Menzies, Turkey, historical, geographical, statistical (Lond. 1880, 2 Bde.);
L. Diefenbach, Die Volksstämme der europäischen Türkei (Frankf. 1877);
Meyers Reisebücher: »Türkei und Griechenland« [* 6] (2. Aufl., Leipz. 1888);
»Karte der Balkanhalbinsel« [* 7] (1:300,000, vom österreichischen militärtopographischen Institut, seit 1876);
H. Kiepert, Generalkarte der südosteuropäischen Halbinsel (Berl. 1885).
Geschichte des türkischen Reichs.
(Hierzu »Geschichtskarte des türkischen Reichs«.)
Übersicht der osmanischen Herrscher.
Osman (1288-1326)
Urchan (1326-59)
Murad I. (1359-89)
Bajesid I. (1389-1403)
(Suleiman, Musa) Mohammed I. (1413-21)
Murad II. (1421-51)
Mohammed II. (1451-81)
Bajesid II. (1481-1512)
Selim I. (1512-20)
Suleiman II. (1520-66)
Selim II. (1566-74)
Murad III. (1574-95)
Mohammed III. (1595-1603)
Achmed I. (1603-17)
Mustafa I. (1617-18)
Osman II. (1618-22)
Murad IV. (1623-40)
Ibrahim (1640-48)
Mohammed IV. (1648-87)
Suleiman III. (1687-91)
Achmed II. (1691-95)
Mustafa II. (1695-1703)
Achmed III. (1703-30)
Mahmud I. (1730-54)
Osman III. (1754-57)
Mustafa III. (1757-74)
Abd ul Hamid I. (1774-89)
Selim III. (1789-1807)
Mustafa IV. (1807)
Mahmud II. (1808-39)
Abd ul Medschid (1839-61)
Abd ul Asis (1861-76)
Murad V. (1876)
Abd ul Hamid II. (seit 1876)
[Gründung des türkischen Reichs.]
Die Türken, ein Stamm der schon im Altertum Turan bewohnenden, im 8. Jahrh. zum Islam bekehrten Bevölkerung, [* 8] von der bereits früher zahlreiche Scharen unter Führung der Seldschukken (s. d.) Vorderasien überschwemmt hatten, wanderten, 50,000 Seelen stark, um 1225 unter ihrem Stammeshäuptling Suleiman I., um dem Schwerte der Mongolen zu entrinnen, von Chorasan nach Armenien aus. Suleimans Sohn Ertogrul (1231-88) trat als Lehnsträger in die Dienste [* 9] Ala ed dins, des seldschukkischen Sultans von Konia, und erhielt einen Landstrich im nordwestlichen Phrygien zum Wohnsitz, wo die Türken Gelegenheit fanden, im Kampf gegen das absterbende griechische Kaiserreich Eroberungen zu machen.
Osman, Ertogruls Sohn und Nachfolger (1288-1326), erweiterte sein Gebiet durch glückliche Kämpfe gegen die Griechen beträchtlich und nahm 1299 nach Ala ed dins Tode den Titel »Sultan« an; nach ihm führten die Türken fortan den Namen osmanische Türken oder Osmanen. Türkische Freibeuter wagten sich auf die See, eroberten 1308 Chios und plünderten und verwüsteten zahlreiche Städte der kleinasiatischen Westküste. Osmans Sohn Urchan (1326-59), einer der bedeutendsten Herrscher seines Geschlechts, eroberte 1326 das feste und volkreiche Brussa, wo er sich einen Palast erbaute, dessen Thor die »hohe Pforte« genannt wurde, und unterwarf sich bis 1340 das ganze Land bis an die Propontis mit Nikäa und Nikomedeia sowie weite Länderstrecken im Innern Kleinasiens.
Sein Sohn Suleiman setzte sich 1356 schon auf der europäischen Seite des Hellesponts, in Gallipoli, fest. Unter dem Beirat seines einsichtsvollen Bruders Ala ed din, des ersten Wesirs der Osmanen, organisierte Urchan das Reich nach den Satzungen des Korans und des osmanischen Staatsrechts (Kanun) und teilte es in drei Militärdistrikte, Sandschaks (Fahnen). Auch schuf er ein stehendes Heer und errichtete die Janitscharen (d. h. neue Truppe), ein aus christlichen Knaben rekrutiertes vortrefflich geschultes Fußvolk, sowie die Spahis, eine reguläre Reitertruppe, deren Mannschaften gegen erbliche Dienstpflicht mit den Einkünften von Dörfern der unterworfenen Gebiete belehnt wurden.
Die Türken bildeten also ein politisch organisiertes Heerlager, dessen Unterhaltung den unterworfenen christlichen Völkerschaften oblag, und das sich trotz der fortwährenden Kriege durch den massenhaften Übertritt von Christen zum Islam, welchen sofort alle Vorrechte des herrschenden Kriegerstammes gewährt wurden, rasch und unaufhörlich vermehrte. Diese wohl organisierte Kriegsmacht gab zu einer Zeit, der stehende Heere fremd waren, den Osmanen ihre Übermacht über ihre Nachbarn.
Urchans zweiter Sohn, Murad I. (1359-89), eroberte Thrakien, verlegte 1365 seine Residenz nach Adrianopel und beschränkte das griechische Kaiserreich auf Konstantinopel [* 10] und Umgebung. Serben und Bulgaren mußten nach der Niederlage auf dem Serbierfeld bei Adrianopel (1363) Tribut zahlen und sich zu Heeresfolge verpflichten; die Fürsten Kleinasiens mußten die Oberhoheit des Sultans anerkennen. Die Erhebung des Serbenkönigs Lazarus, dem sich die Fürsten von Bosnien, [* 11] Albanien, der Herzegowina und der Walachei anschlossen, endete mit der blutigen Niederlage auf dem Amselfeld bei Kossowa der siegreiche Murad wurde auf dem Schlachtfeld selbst von einem verwundeten Serben ermordet.
Sein Sohn Bajesid I. (1389-1403) machte die Walachei zinspflichtig, unterjochte Bulgarien [* 12] völlig, eroberte ganz Makedonien und Thessalien und drang siegreich in Hellas ein. Auch in Asien [* 13] vermehrte er die türkische Macht, indem er die Länder zwischen dem Halys und dem Euphrat eroberte. Das christliche Kreuzheer, welches König Siegmund von Ungarn [* 14] aus dem Abendland herbeiführte, schlug er bei Nikopoli und schickte sich zur Belagerung Konstantinopels an, als das Vordringen der Mongolen unter Timur in Vorderasien ihn zwang, sich gegen diese zu wenden.
Doch unterlag er in der Schlacht bei Angora und geriet selbst in Gefangenschaft, in welcher er 1403 starb. Durch den Zwist seiner Söhne Suleiman, Musa und Mohammed geriet das Reich in Gefahr, zu zerfallen. Doch glückte es dem letztern 1413, nach der Besiegung und dem Tode seiner Brüder das osmanische Reich wieder in seiner Hand [* 15] zu vereinigen und seine Herrschaft gegen auswärtige Feinde und Aufstände im Innern siegreich zu behaupten. Sein Sohn Murad II. (1421-51) konnte 1422 wieder die Eroberung Konstantinopels versuchen; doch Aufstände in Asien sowie heftige Kriege an der Donau gegen die Ungarn und Serben unter Johannes Hunyadi und in Albanien gegen Georg Kastriota, in denen die Osmanen wiederholt Unfälle erlitten, zwangen Murad, Illyrien den Serben, die Walachei den Ungarn ¶
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abzutreten und von der völligen Vernichtung des byzantinischen Reichs abzustehen. Erst als seine glänzenden Siege über die Christen bei Warna und auf dem Amselfeld bei Kossowa (17.-20. Okt. 1448) die Herrschaft der Osmanen an der Donau dauernd begründet hatten, zugleich auch der südliche Teil der griechischen Halbinsel erobert worden war, konnte die wieder erstarkte Osmanenmacht unter Murads Nachfolger Mohammed II. (1451-81) sich gegen Konstantinopel wenden, das nach tapferer Verteidigung in die Hände der Türken fiel und zur Hauptstadt ihres Reichs erhoben wurde.
Höchste Macht und Blüte des Reichs.
Mohammed ordnete darauf die Angelegenheiten der zahlreichen unterworfenen Christen (Rajah) und ihres Klerus; dieselben wurden zwar nicht gewaltsam zum Islam bekehrt, vielmehr in der freien Ausübung ihrer Religion belassen, blieben aber doch der willkürlichen Gewalt der Türken preisgegeben, welche als herrschendes Kriegervolk die Hilfsmittel der eroberten Länder rücksichtslos zu ihrer Bereicherung und zur Verstärkung [* 17] ihrer militärischen Kraft [* 18] verwendeten und durch unaufhörliche Erweiterung ihres Machtgebiets sich selbst und dem Islam die Welt zu unterwerfen strebten. 1456 wurde der Peloponnes, 1460 das Kaiserreich Trapezunt, 1470 Albanien erobert, 1475 der Tatarenchan der Krim [* 19] zur Unterwerfung gezwungen, 1478 die Moldau Polen entrissen und unter die Oberhoheit der Türkei gestellt.
Mohammeds Nachfolger Bajesid II. (1481-1512), unter dem in der gewaltigen Machtentfaltung des Osmanenstaats ein Stillstand eintrat, da seine Kriegsunternehmungen gegen das Abendland wenig glücklich waren, hatte trotz der in der osmanischen Dynastie bereits üblichen Sitte, die Alleinherrschaft durch grausamen Verwandtenmord zu sichern, mit fortwährenden Aufständen zu kämpfen und ward, nachdem er einen Bruder (Dschem) und zwei Söhne hatte hinrichten lassen, von seinem jüngsten Sohn, Selim I. (1512-20), gestürzt und vergiftet.
Selim besiegte 1514 den Schah von Persien, [* 20] den er durch die Ermordung von 40,000 auf türkischem Boden lebenden Schiiten zum Kriege gereizt hatte, bei Tschaldyran, eroberte Armenien und den Westen von Aserbeidschân, dann nach Besiegung der Mamelucken 1517 Syrien, Palästina [* 21] und Ägypten [* 22] und wurde von den heiligen Städten Mekka und Medina als Schirmherr anerkannt, worauf er den Titel eines Kalifen annahm. Unter seinem Nachfolger Suleiman (Soliman) II. (1520-66) erreichte die türkische Machtentwickelung ihren Höhepunkt: er eroberte 1521 Belgrad, [* 23] vertrieb 1522 die Johanniter von der Insel Rhodos, vernichtete das ungarische Heer unter König Ludwig II. bei Mohács, drang 1529 bis Wien vor und vereinigte Ungarn, nachdem es seit 1533 unter dem siebenbürgischen Fürsten Johann Zápolya ein türkisches Vasallenreich gewesen, 1547 zur Hälfte mit seinem Reich.
Die Venezianer mußten 1540 ihre Inseln im Ägeischen Meer und ihre letzten Besitzungen auf dem Peloponnes abtreten. Im Osten eroberte er durch einen siegreichen Krieg mit Persien (1533-1536) Georgien und Mesopotamien. Seine Flotten beherrschten das Mittelmeer bis Gibraltar [* 24] und beunruhigten durch Raubzüge im Indischen Ozean die portugiesischen Kolonien. Die Barbareskenstaaten Nordafrikas erkannten seine Oberhoheit an. Er starb 1566 im Lager [* 25] vor Szigeth in Ungarn.
Mit ihm schloß die glänzende Reihe hervorragender Kriegsfürsten, welche die osmanische Dynastie auszeichnete und den großartigen Aufschwung der türkischen Macht ermöglichte. Dem türkischen Staatswesen galt nicht der Friede, sondern der Krieg als der normale Zustand; um in diesem die nötige Kraft zu entfalten, war in jenem ein rücksichtslos egoistischer, von allen Banden des Rechts und der Sitte befreiter Despotismus nötig, der aber allmählich ertötend wirkte. Die grausame Vertilgung aller hervorragenden, aber deshalb gefährlichen Mitglieder der Dynastie, die Serailerziehung und strenge Abschließung der jungen Prinzen vom öffentlichen Leben vernichteten die Kraft des Herrschergeschlechts. Das tapfere Kriegervolk verweichlichte in den Genüssen des Friedens, die Soldateska der Janitscharen wurde immer zügelloser.
Verfall des Reichs.
Selim II. (1566-74) war ein schwacher Fürst und ließ seinen Großwesir Sokolli regieren. Dieser entriß zwar den Venezianern Cypern, [* 26] Zante und Kephalonia; dagegen wurde die türkische Flotte bei Lepanto von den Christen besiegt. Murad III. (1574-95), welcher sich den Thron [* 27] durch Ermordung von fünf Brüdern sicherte, und Mohammed III. (1595-1603), der 19 Brüder erdrosseln ließ, führten erfolglose Kriege gegen Österreich [* 28] und Persien; letzterer verlor Tebriz und Bagdad und mußte Frankreich um Vermittelung des Friedens mit Österreich angehen.
Achmed I. (1603-17) schloß 1612 mit den Persern einen ungünstigen Frieden. Sein Bruder Mustafa I. (1617-18) ward nach dreimonatlicher Herrschaft durch ein Fetwa des Muftis als blödsinnig abgesetzt, Achmeds Sohn Osman II. (1618-22), als er nach einem unglücklichen Feldzug gegen die polnischen Kosaken die Janitscharen, denen er die Schuld beimaß, vernichten wollte, von diesen ermordet und, nachdem Mustafa wieder als Sultan anerkannt, aber 1623 zum zweitenmal abgesetzt worden war, Osmans jüngerer Bruder, Murad IV. (1623-40), auf den Thron erhoben.
Dieser eroberte im Kriege gegen Persien (1635-38) Eriwan, Tebriz und Bagdad wieder, züchtigte die Kosaken und legte den Venezianern einen nachteiligen Frieden auf; auch stellte er die Manneszucht wieder her und füllte durch strenge Sparsamkeit den Staatsschatz. Sein Bruder und Nachfolger Ibrahim (1640-48), ein feiger Wollüstling, unter dessen toller und blutiger Serailwirtschaft die von Murad gewonnenen Vorteile wieder verloren gingen, ward 1648 von den Janitscharen abgesetzt und erdrosselt und sein siebenjähriger Sohn Mohammed IV. (1648-87) auf den Thron erhoben.
Durch den Streit um die Vormundschaft ward das Reich der Auflösung nahegebracht: Zerrüttung der Finanzen, Meutereien der Janitscharen, Empörungen der Provinzialstatthalter, Niederlagen gegen die Venezianer (1656 in den Dardanellen) und Polen brachen über das Reich herein, bis Mohammed Köprili, 1656 zum Großwesir ernannt, durch blutige Strenge die Manneszucht in der Armee, den Gehorsam der Provinzen und die Ordnung der Finanzen herstellte und die Venezianer zurückschlug.
Achmed Köprili eroberte im Kriege gegen Österreich Gran [* 29] und Neuhäusel und behauptete, obwohl bei St. Gotthardt geschlagen, diese Eroberungen im Frieden von Vasvár, unterwarf 1669 Kreta und zwang Polen im Frieden von Budziak 1672 zur Abtretung Podoliens und der Ukraine, welche türkischer Schutzstaat wurde, freilich nach Achmeds Tod (1676) durch einen neuen Krieg mit Polen und einen Krieg mit Rußland nebst Asow 1681 wieder verloren ging. Der neue Eroberungskrieg, den Achmeds Nachfolger Kara Mustafa 1683 gegen Österreich unternahm, verlief nach der vergeblichen ¶