Auf sie wird der
Name des
Pindos (zwischen 39° und 40° nördl.
Br.) verallgemeinert angewendet. Die dritte Hauptrichtung vertritt
ein
System von Bergzügen, die unter verschiedenen
Namen in derRichtung von
NW. nach SO., also dem
Apennin
parallel, die
Herzegowina und
Bosnien erfüllen. Neben diesen Hauptketten erheben sich teils selbständige, denselben parallele
Gebirge von geringerer
Ausdehnung
[* 17] (z. B. im W. die Akrokeraunien oder das Tschikagebirge, im O. die
Gruppe des
Olympos), teils
zweigen sich von den Hauptketten Nebenketten ab, welche die
Provinzen der europäischen Türkei
[* 18] meist
als terrassenförmig gegen die Hauptketten ansteigende Bergländer erscheinen lassen.
Albanien (s. d.) wird in seinem östlichen Teil von zusammenhängenden, von
NW. nach SO. streichenden Hochgebirgsketten durchzogen: dem
Pindos (Tsurnata 2168 m, Budzikaki 2160 m), dessen nördlichen
Fortsetzungen (Smolika 2570
m) und dem jenen parallelen Peristeri östlich vom Presbasee (2350 m) bis
hinauf zum 2280 m hohen Prokletjagebirge, unweit der Südgrenze
Montenegros. Eine abweichende
Richtung, von
NO. nach
SW., hat
der etwa in gleicher
Breite
[* 19] gelegene
Schardagh (bis 3050 m hoch).
Das Land zwischen dem Adriatischen und
IonischenMeer einerseits und jenen
Gebirgen anderseits enthält an den
Mündungen der
Flüsse
[* 20] ziemlich ausgedehnte Alluvialebenen, welche durch Gebirgszüge getrennt werden. Die bedeutendste
Erhebung
liegt nördlich von 40° nördl.
Br., wo die
Viosa (Aoos) durchbricht und das bis 2040 m hohe Tschikagebirge nebst seiner halbinselförmigen
Verlängerung,
[* 21] den Akrokeraunien des
Altertums, senkrecht zum
Meer abfällt. Das
Zentrum der europäischen Türkei
bildet die zu 2300 m ansteigende, auf allen Seiten von niedrigern und höhern Gebirgszügen umgebene gewaltige Syenitmasse
des Witosch, südlich von
Sofia, auf bulgarischem Gebiet gelegen.
Zwischen Mesta (dem alten Nestos) und
Maritza erhebt sich zu 2300 m das Rhodopegebirge (s. d.). Es umfaßt eine
Reihe von
NW. nach SO. verlaufender Bergzüge, zwischen denen sich
Längenthäler hinziehen. Das größte
derselben ist das der
Arda, deren Quellgebiet die Zentralmasse des
Rhodope bildet. Zwischen
Balkan und
Rhodope liegen Mittelgebirgszüge,
dem erstern parallel streichend, wie die Sredna
Gora und Tscherna
Gora, und ausgedehnte
Ebenen am Oberlauf der
Maritza und ihren
Nebenflüssen.
Makedonien (s. d.) wird durch den dem Rhodopegebirge
parallelen Perimdagh (Orbelos 2700 m) von
Thrakien, durch die Pindoskette von
Epirus geschieden; nach N. und S. hat es keine
so bedeutenden Grenzgebirge. Einen Anhang dazu bildet die Chalkidike mit ihren drei langgestreckten
Halbinseln und dem heiligen
BergAthos. Von
Thessalien (s. d.) ist nur der nördlichste gebirgige
Teil mit dem
Olympos beim türkischen
Reich verblieben, der fruchtbare
Süden aber 1881 an
Hellas abgetreten worden. Von
Ebenen,
die einen geringen
Raum des Gesamtareals einnehmen, sind der Türkei namentlich geblieben die Tiefebenen an der
Maritza, am
Strymon oder
Karasu, an den Mündungen des
Wardar, der
Vistritza und der albanischen
Flüsse.
Das Klima
[* 23] ist im ganzen mild und angenehm, wenn auch die Temperatur infolge der vorherrschend gebirgigen Beschaffenheit des
Landes sehr wechselnd und wegen der rauhen Nordostwinde kälter ist als in Italien
[* 24] und Spanien,
[* 25] welche Länder
mit der Türkei unter gleicher Breite liegen. Im ganzen werden dadurch Klima und Vegetation denen Mitteleuropas sehr ähnlich.
Der Balkan macht eine sehr merkliche Wetterscheide, denn während in den Donauländern der Winter ziemlich streng, oft schneereich
ist und das Thermometer
[* 26] nicht selten auf -10° C. und darunter sinkt, steigt im S. dieses Gebirges die
Kälte selten über -3° und ist der Sommer bei fast beständig heiterm Himmel
[* 27] oft drückend heiß.
Während die kalten Nordwinde für die Gegenden am Bosporus
[* 28] Schneestürme bringen, kennt man in den Küstenländern des Ägeischen
Meers und auf den Inseln winterliche Witterung nur auf den Gebirgshöhen. Die Luft ist, wenige Sumpfstriche
ausgenommen, überall rein und gesund; wohl aber werden manche Gegenden durch Erdbeben
[* 29] heimgesucht. Konstantinopel hat mit
Venedig
[* 30] gleiche mittlere Jahrestemperatur. Die Türkei gehört zum größten Teil zu der subtropischen Regenzone mit
dürren Sommern. Der Balkan und der Westen des Landes (Bosnien und Albanien) empfangen durchschnittlich noch
über 100 cm jährlichen Niederschlags, der Rest noch über 70 cm und nur das Thal der Maritza weniger.
Was die Zahl der Bevölkerung anlangt, so fand die erste partielle Volkszählung im osmanischen Reich 1830-31 statt, der seitdem
mehrere gefolgt sind. Auf dieselben ist aber deshalb wenig Gewicht zu legen, weil es zunächst erwiesen ist, daß die Beamten
möglichst niedrige Summen angeben, um die von dem verheimlichten Überschuß an Unterthanen eingehenden Steuern zu unterschlagen.
Sodann wird nur die erwachsene männliche Bevölkerung gezählt, und es fehlt an Angaben, in welchem ungefähren numerischen
Verhältnis dieselbe zu den Frauen und den Kindern beiderlei Geschlechts steht. Als dritter Faktor kommen die (unbekannten)
Verluste durch den Krieg von 1877 bis 1878 hinzu, um sämtliche Schätzungen als durchaus unzuverlässig erscheinen zu lassen.
Das Staatshandbuch (Salname) für 1879 gab folgende Übersicht der Bevölkerung der europäischen Türkei:
wovon etwa 2 Mill. Mohammedaner. (Die Bevölkerungsziffern von Bosnien, Bulgarien, Ostrumelien s. unter diesen Ländernamen.)
Die neueste Schätzung (für 1887) nahm für die unmittelbaren Besitzungen nur etwa 4½ Mill. und fast ebensoviel für Bosnien,
Bulgarien und Ostrumelien an; es entfielen danach auf das Quadratkilometer in den unmittelbaren Besitzungen
27, in der gesamten europäischen Türkei einschließlich der tributären und von Österreich besetzten Länder 28 Bewohner.
Ein sicherer Maßstab,
[* 31] um die entschieden in letzter Zeit eingetretene Abnahme der Bevölkerung zu schätzen, fehlt uns vollständig,
und es läßt sich lediglich die Thatsache, daß eine solche infolge des Kriegs mit Rußland stattgefunden
hat, konstatieren. Auch auf alle sonstigen Fragen der Bevölkerungsstatistik fehlt absolut jede Antwort, und nur über die
räumliche Verteilung der Nationalitäten sind wir durch Arbeiten westeuropäischer Forscher einigermaßen unterrichtet.
Die Osmanen (Osmanli), das herrschende Volk, obwohl sie keineswegs die Mehrzahl bilden, sind ein Turkmenenstamm, ein schöner
Menschenschlag mit edlen Gesichtszügen. Ihre hervorstechenden Nationalzüge sind: Ernst und Würde im Benehmen,
Mäßigkeit, Gastfreiheit, Redlichkeit im Handel und Wandel, Tapferkeit, anderseits Herrschsucht, übertriebener Nationalstolz,
religiöser Fanatismus, Fatalismus und Hang zum Aberglauben. Trotz ihrer hohen
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