In den folgenden
Feldzügen eroberte Turenne eine Stadt nach der andern und bis zum
PyrenäischenFrieden (1659) auch fast ganzFlandern.
Zum Generalmarschall ernannt, erhielt er im
Devolutionskrieg 1667 unter des
Königs Oberbefehl das
Kommando über die
Armee,
welche in die spanischen
Niederlande
[* 13] einrückte. Auf
Ludwigs XIV.
Wunsch trat er 1668 zum
Katholizismus über.
In demKriege gegen
Holland 1672 befehligte er die
Armee am
Niederrhein gegen die Kaiserlichen undBrandenburger, zwang den
GroßenKurfürsten zum
Frieden von
Vossem, ward aber dann von
Montecuccoli zurückgedrängt. 1674 überschritt er bei
Philippsburg
den
Rhein, schlug 16. Juni den
Herzog von
Lothringen bei
Sinzheim und eroberte die ganze
Pfalz, die er auf das entsetzlichste verwüstete.
Er besiegte darauf
Bournonville bei Enzheim (4. Okt.), räumte im
Oktober das Elsaß, trieb aber Anfang 1675 die
Verbündeten wieder aus diesem Land, ging über den
Rhein und traf im Juli bei
Sasbach auf die Kaiserlichen unter
Montecuccoli.
Ehe es aber zur
Schlacht kam, wurde Turenne beim
Rekognoszieren des
Terrains von einer Kanonenkugel
getötet.
SeinLeichnam ward auf
Ludwigs Befehl in der königlichen Gruft zu
St.-Denis beigesetzt, bei der Zerstörung der
Gräber
in der
Revolution gerettet und auf
Napoleons I. Befehl im
Dom der
Invaliden,
VaubansGrabmal gegenüber, bestattet. Bei
Sasbach
ward Turenne durch den
KardinalRohan 1781 ein Denkstein errichtet, den 1829 die französische
Regierung durch
einen Granitobelisken ersetzen ließ. In
Sedan
[* 14] wurde ihm eine
Statue errichtet. Turenne war ein methodisch gebildeter und vorsichtiger
Feldherr, ein ausgezeichneter
Taktiker, daneben überaus sorgsam
in der Verpflegung und Verwendung der
Truppen. Er hat noch
mehr Unglücksfälle verhütet oder wieder gutgemacht, als
Schlachten
[* 15] gewonnen. Eine gewinnende Liebenswürdigkeit
und
Bescheidenheit zeichneten ihn aus. Turenne hat selbst
Memoiren hinterlassen, die von 1643 bis 1658 reichen und unter dem
Titel:
»Collection des mémoires du maréchal de Turenne« (Par.
1782, 2 Bde.) veröffentlicht wurden. Eine Ergänzung dazu sind
die
»Mémoires« von
Deschamps (Par. 1687, neue Aufl. 1756). Seine
Briefe gaben Grimoard (1782, 2 Bde.)
und
Barthélemy (Par. 1874) heraus. Das
Leben Turennes beschrieben unter andern
Ramsay (Par. 1733, 4 Bde.), Raguenet
(1738, neue Ausg. 1877),
Duruy (5. Aufl. 1889) und Hozier (Lond. 1885).
Grenzprovinz
Ostturkistans gegen
China,
[* 18] grenzt an die Gobiwüste, ist wasserlos und, bei einer Längenausdehnung
von 320 km, von nur 126,000 Einw.
(Dunganen, dann
Chinesen) bevölkert.
Die Stadt Turfan war sonst ein blühender Karawanenplatz
(für
Thee und
Seide)
[* 19] auf dem Weg von
China nach dem westlichen
Asien,
[* 20] verlor aber zwischen 1860 und 1870 ihren
Reichtum wie ihre
Kaufleute infolge des Dunganenaufstandes und der
Kämpfe des ehemaligen Beherrschers von
Kaschgar um ihren
Besitz.
1)
AlexanderIwanowitsch, russ. Geschichts- und Altertumsforscher, geb.
1784, gest. zu
Moskau
[* 21] als
GeheimerStaatsrat, erwarb sich durch Forschungen für Rußlands Geschichte,
Diplomatie,
alte
Statistik und altes
RechtVerdienste. Die
Resultate seiner Forschungen wurden von der archäographischen
Kommission veröffentlicht unter dem
Titel:
»Historiae Russiae monumenta« (Petersb. 1841-42, 2 Bde.;
Nachtrag 1848).
3)
IwanSergejewitsch, berühmter russ. Dichter und Schriftsteller, geb. 28. Okt.
(a. St.) 1818 in der Gouvernementsstadt
Orel
als der Nachkomme einer alten russischen Adelsfamilie, die zur Zeit der Mongolenherrschaft in russischeDienste
[* 25] trat. Seine Eltern waren sehr wohlhabend und ließen dem künftigen Dichter und seinen beiden (vor ihm gestorbenen)
Brüdern
eine gute häusliche
Erziehung angedeihen, wobei ein großer
Nachdruck auf die
Sprachen, namentlich
Französisch und
Deutsch,
gelegt wurde. 1828 siedelte die
Familie nach
Moskau über, und der junge
Iwankam in eine Privatlehranstalt.
Seine weitere
Ausbildung erfolgte unter besonderer Anleitung und
¶
worauf in den folgenden Jahren einige kleine Skizzen erschienen, welche später
in das »Tagebuch eines Jägers« aufgenommen wurden. 1852 wurde er plötzlich wegen eines von ihm verfaßten, im übrigen durchaus
nicht politisch verfänglichen Artikels: »Ein Brief über Gogol« (»MoskauerZeitung« 1852, Nr. 32), arretiert,
bei der Polizei eingesperrt und dann auf sein Gut verwiesen, welches er zwei Jahre lang (bis 1855) nicht verlassen durfte.
Seit 1863 lebte Turgenjew fast ganz im Ausland, meist in Baden-Baden
[* 30] oder Paris, in der Regel nur die Sommermonate auf seinem Gut zubringend.
Er starb in Bougival bei Paris. In Rußland werden nicht nur die epischen, sondern auch die im Ausland weniger gekannten
lyrischen und dramatischen Dichtungen sehr hoch geschätzt.
Seine lyrischen Versuche erschienen 1841-47 in verschiedenen russischen Monatsschriften; sie bilden zusammen einen kleinen
Band.
[* 31] Auf epischem und dramatischem Gebiet besitzt die russische Litteratur folgende Dichtungen von Turgenjew, die
wir in chronologischer Reihenfolge anführen: »Parascha« (Poem, 1842);
»Ein Monat im Dorfe« (Lustspiel, 1850; letzteres hatte Turgenjew auf Verlangen der Zensur
umarbeiten müssen, und es erschien erst 1869 in seiner ursprünglichen Form);
Außerdem
sind noch, von einigen kritischen Artikeln abgesehen, zu nennen: »Hamlet und Don Quichotte«, eine Parallele,
[* 35] und »Erinnerungen
an W. Belinskij«. Turgenjews Romane und Erzählungen sind weniger durch sensationelle Verwickelungen als
durch eine wunderbare Meisterschaft in der Gestalten- und Charakterzeichnung wie in der Darlegung psychologischer Vorgänge
ausgezeichnet. Ganz dem nationalen Boden und der unmittelbaren Gegenwart angehörend, spiegeln sie die jeweiligen Zustände
und Bewegungen in Rußland so treu wider, daß man an ihnen die Geschichte der innern Entwickelung der
Gesellschaft von Werk zu Werk wie an Marksteinen verfolgen kann. Sie wurden vielfach ins Deutsche
[* 36] übertragen; eine Sammlung
»Ausgewählter Werke« in der einzig vom Dichter autorisierten Ausgabe erschien deutsch seit 1871 in Mitau
[* 37] (12 Bde.); seine
»Briefe« gab Ruhe in Übersetzung heraus (erste Sammlung, Leipz. 1886).