Urkunden, sagenhafter
Überlieferung und freier
Erfindung des
Autors beruht, ist jahrhundertelang die herrschende geblieben und
durch
Joh. v.
Müller und
Schiller europäisches Gemeingut geworden. Seit
Kopps Forschungen dieselbe als
Sage oder
Roman haben
erkennen lassen, beruht der
Wert derChronik Tschudis, abgesehen von ihrem litterarischen
Verdienst, hauptsächlich auf den
zahlreichen, jetzt verlornen
Urkunden, deren Wortlaut sie uns erhalten hat.
2)
Iwan von, geb. zu Glarus,
seit 1846
Mitbesitzer der Verlagsbuchhandlung Scheitlein u.
Zollikofer in St.
Gallen, gest. daselbst,
machte sich als Alpenforscher besonders verdient durch die Herausgabe eines trefflichen Reisehandbuchs: »Tourist
in der
Schweiz
[* 5] und dem angrenzenden Süddeutschland, Oberitalien
[* 6] und
Savoyen« (1855, 30. Aufl. 1888).
Auch bearbeitete er
Winckells »Handbuch für
Jäger« (5. Aufl., Leipz. 1878, 2 Bde.).
4)
Friedrich von,
Bruder der vorigen, geb. zu Glarus,
studierte inBasel,
[* 17]
Bonn
[* 18] und
BerlinTheologie, wurde 1843 Stadtpfarrer
in
Lichtensteig
(Toggenburg), lebte seit 1847 als Privatmann in St.
Gallen, übernahm dort seit 1856 verschiedene Beamtenstellungen,
saß seit 1864 im
GroßenRat, seit 1874 im
Regierungsrat, wurde 1877 Mitglied des schweizerischen Ständerats und starb Er
erwarb sich besondereVerdienste um das Erziehungswesen und führte den
Kampf mit dem
Klerus ebenso taktvoll
wie entschieden.
Sein bekanntes Hauptwerk ist: »Das Tierleben der Alpenwelt« (Leipz. 1853, 10. Aufl.
1875; vielfach übersetzt),
ein auf eignen Forschungen und sorgfältigster
Beobachtung beruhendes, auch sprachlich ausgezeichnetes
Buch;
(auch Tschautschen), ein zu den Arktikern oder
Hyperboreern gehöriges
Volk im nordöstlichsten
Sibirien
(s. Tafel
»AsiatischeVölker«,
[* 20] Fig. 1). Nach ihrer Lebensweise unterscheidet man nomadisierende
oder Renntiertschuktschen und seßhafte oder
Jagd und
Fischerei
[* 21] treibende Tschuktschen. Die erstern ziehen zwischen der
Beringsstraße,
Indigirka und der Penschinabai herum, ihre Zahl ist unbekannt. Die andern wohnen in festen oder verrückbaren
Zelten am
Ufer
des
Eismeers von
Kap Schelug bis zum
Ostkap und weiter von hier an den
Ufern des
Beringsmeers bis zum Anadyrbusen.
Die sogen. Tschuktschenhalbinsel ist ein ödes Land mit sterilen
Bergen
[* 22] und
Thälern, auf denen nur Renntiermoos gedeiht. Die
Seßhaftigkeit ist nicht wörtlich zu nehmen; wenn an einem
Orte die Lebensmittel mangeln, so wird auch im
Winter ein andrer
Aufenthalt gewählt. Man schätzt die Zahl der seßhaften Tschuktschen auf 2000-2500
Köpfe, die beider Abteilungen
auf 4-5000. Unzweifelhaft sind die Tschuktschen hervorgegangen aus der Mischung mehrerer früher kriegerischer und
wilder, von fremden Eroberern von S. nach N. gejagter
Rassen, die daselbst eine gemeinsame
Sprache
[* 23] annahmen, und denen die
Lebensbedingungen am
Polarmeer einen unvertilgbaren
Stempel aufdrückten.
Der gewöhnliche
Typus ist: Mittellänge, steifes, großes, schwarzes
Haar,
[* 24] fein gebildete
Nase,
[* 25] horizontal liegende, keineswegs
kleine
Augen, schwarze
Augenbrauen, lange Augenwimpern, hervorstehende Backenknochen und helle, wenig braune
Haut,
[* 26] die bei jungen
Weibern nahezu ebenso weiß und rot ist wie bei den Europäern. Trotz der größten Unsauberkeit amKörper
und in ihren Behausungen erfreuen sie sich doch guter Gesundheitsverhältnisse.
IhreKleidung besteht aus einem Päsk aus
Renntier-
oder Seehundsfell, der auf dem bloßen
Körper getragen wird, und über den man bei
Regen oder
Schnee
[* 27] noch einen
Rock von Gedärmen
oder Baumwollenzeug zieht.
Außer Fischfang und Renntierzucht treiben sie
Jagd auf
Walrosse und Robbenarten. Die Walroßzähne sind ein Haupthandelsartikel
im
Verkehr mit den Amerikanern, von welchen sie
Tabak,
[* 29]
Branntwein,
Pulver,
Blei,
[* 30]
Flinten etc. erhalten. Zu
den
Russen haben sie äußerst geringe Beziehungen; einen
Jasak (s. d.) entrichten nur die Tschuktschen, welche nach Nishne-Kolymsk
zum
Jahrmarkt fahren. Von irgend einer gesellschaftlichen
Ordnung gibt es keine
Spur; anerkannte Häuptlinge oder dem Ähnliches
kennen sie nicht. Sie sind
Heiden und haben nicht die geringste
Vorstellung von einem höhern
Wesen. Die
religiösen
Begriffe, die sich an vorhandene Schnitzereien (Menschenbilder) knüpfen, sind äußerst unbestimmt und scheinen
weniger ein im
Volk fortlebendes
Bewußtsein als eine
Erinnerung von
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