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Ordnung der Askomyceten, meist vollständig unterirdisch wachsende Pilze [* 2] mit einem im Boden verbreiteten fädigen Mycelium und ziemlich großen, knollenförmigen, festen, fleischigen Fruchtkörpern (Peridien), welche nicht hohl, sondern auf dem Querdurchschnitt durch marmorartige Adern in unregelmäßige, massive Kammern geteilt sind. Man unterscheidet feine, dunkel gefärbte Adern, welche von der Peridie ausgehen und die eigentlichen Kammerwände darstellen, auf denen das stark entwickelte, braune, fruchtbare Gewebe [* 3] (Hymenium) aufsitzt, während weiße Adern das zwischen dem Hymenialgewebe befindliche lufthaltige Füllgewebe der engen, gewundenen Kammern darstellen.
In dem dicken Hymenialgewebe nisten zahlreiche große, runde oder eirunde Sporenschläuche mit je 1-8, meist 4 ordnungslos liegenden, kugeligen oder elliptischen, mit stachligem oder netzförmig gezeichnetem, gefärbtem Episporium versehenen Sporen (vgl. Tafel »Pilze II«, [* 1] Fig. 11). Die Peridie ist an der Oberfläche warzig oder glatt, im reifen Zustand stets schwarz oder braun gefärbt. Die Gattung zählt ungefähr 20 Arten, welche in der gemäßigten Zone Europas, besonders in Frankreich und Italien, [* 4] in Deutschland [* 5] und England, aber auch in Asien, [* 6] Afrika [* 7] und Nordamerika [* 8] vorkommen.
Die seit dem Altertum wegen ihres aromatischen Geruchs und Geschmacks als kulinarischer Luxusartikel berühmten Trüffeln sind sehr nahrhaft und werden bald für sich allein, gebraten oder mit Rotwein gekocht und mit Butter, genossen, bald als Bestandteil von Pasteten (Straßburger Gänseleberpasteten) oder als Zusatz in Fleischspeisen, Brühen, Suppen etc. verwendet. Sie wachsen herdenweise in der Erde und zwar alljährlich immer an denselben bestimmten Plätzen, den sogen. Trüffelplätzen (truffières).
Nach Ascherson fehlen sie gegenwärtig in der Mark, dagegen sind sie in den Laubwäldern um Bernburg [* 9] seit langer Zeit bekannt und treten hier am reichlichsten unter Eichen und Roßkastanien auf. Andre Fundorte sind: München-Nienburg, Neugatersleben im Bodethal, das Forstrevier Lödderitz bei Dessau, [* 10] Zerbst, [* 11] mehrere Orte Thüringens, Ahrbergen und Eberholzen unweit Hildesheim, [* 12] die Rheinwaldungen bei Rastatt. [* 13] Im Nordosten Deutschlands [* 14] finden sich Trüffeln (Tuber mesentericum, die auch in Böhmen [* 15] und Mähren häufig ist) in der Weichselniederung bei Kulm sowie bei Ostromatzko gegenüber der Brahemündung.
Das Vorkommen der schwarzen Trüffel scheint auf den Peisterwitzer Odenwald bei Ohlau und auf Tillowitz unweit Falkenberg beschränkt zu sein. Dafür ist die weiße Trüffel (Choiromyces maeandriformis) in Oberschlesien, Böhmen, Mähren, Ungarn, [* 16] Siebenbürgen, Italien und Rußland nicht selten. Die Fundplätze haben meist einen kalkigen oder aus Kalk und Thon oder Sand gemengten Boden. Überall aber ist die Anwesenheit von Bäumen eine notwendige Bedingung. Wenn der Waldbestand abgetrieben wird, so verschwinden auch die Trüffeln; aber sie erscheinen nach Jahren genau an denselben Stellen wieder, wenn der Boden wieder mit Gehölz bewachsen ist.
Vorzüglich kommen sie unter Eichen und Hainbuchen, aber auch unter Kastanien, Haselnußsträuchern, Rotbuchen und zahlreichen andern Holzpflanzen vor. Man findet sie im Umkreis der Bäume, bis wohin die Wurzeln, nicht aber der Schatten [* 17] derselben reichen; überhaupt lieben sie lichte Gehölze, in denen die Bäume in größern Entfernungen stehen. Das Mycelium schmarotzt perennierend auf den Wurzeln von Holzgewächsen, wie schon daraus hervorgeht, daß junge in den Boden eingesetzte Trüffeln sich nicht weiter entwickeln.
Für eine mit der Trüffel nahe verwandte Art, die Hirschtrüffel (Elaphomyces granulatus Nees), wurde der Parasitismus durch Boudier und Rees direkt bewiesen. Da auf den Wurzeln zahlreicher einheimischer Gewächse durch Frank parasitische Hüllen von Pilzmycelien aufgefunden wurden (s. Mycorhiza), so lag der Gedanke nahe, ein ähnliches symbiotisches Verhältnis auch zwischen den Mycelien der echten Trüffel und den Wurzeln bestimmter Holzpflanzen anzunehmen. Direkte Kulturversuche fehlen zur Zeit noch.
Ganz junge Trüffeln sind nur erbsengroß, blaß oder rötlich; sie scheinen ein Jahr zu ihrer Reife zu bedürfen. Im Herbst oder Winter findet man reif nur Tuber brumale und Trüffel melanosporum, Ausgang Winters, im Frühling und Sommer Tuber aestivum und Trüffel mesentericum; die letztern werden daher in den ersten Monaten des Jahrs noch unreif gesammelt und in der Provence als Maitrüffeln bezeichnet. Man läßt die Trüffeln von abgerichteten Hunden (Trüffelhunden; Burgund, Italien, Deutschland) oder von Schweinen (Provence, Poitou, auch in Westpreußen), [* 18] in Rußland früher auch von Bären aufsuchen, welche durch ihren Geruch die 5-16 cm unter der Erde verborgenen Pilze aufspüren.
Nach Deutschland kamen um 1720 die ersten dressierten Trüffelhunde, von welchen der König August II. von Polen in Italien zehn Stück angekauft hatte. Die Trüffeljagd findet statt vom November bis Februar. Der französische Trüffelhandel datiert seit 1770 und erstreckt sich jetzt fast über ganz Mittel- und Südfrankreich. Am meisten produzieren die Provence, besonders das Departement Vaucluse mit dem Zentralort Carpentras, ferner die Dauphiné, Périgord, Dordogne, Charente, Niederalpen und Lot; besonders berühmt sind die Trüffelkulturen am Fuß des Mont Ventoux im Departement Vaucluse, der 1858 mit Eichen aufgeforstet wurde.
Die Ausfuhr aus Frankreich beziffert sich auf 1,5 Mill. kg; im Departement Vaucluse, in der Stadt Apt, kommt zur Winterszeit eine Trüffelernte von 15,000 kg zu Markt. Große Bedeutung haben die Trüffeln auch im Orient. Barth berichtet über das häufige Vorkommen einer Trüffelart (jedenfalls Terfezia leonis Tul.) in der nördlichen Sahara. Zu derselben Art gehören auch die hellfarbigen Trüffeln, welche in der Syrisch-Arabischen Wüste stellenweise massenhaft vorkommen und kamelladungsweise in die syrischen Städte gebracht werden. In diesen Gegenden gilt Helianthemum salicifolium Pers. als sicheres Anzeichen des Vorkommens der Trüffel. Die Ernte [* 19] währt in Syrien und Palästina [* 20] von Mitte Februar bis Mitte April, sie ist abhängig von den Regen im Oktober und November, durch welche auch die Kräuterdecke hervorgerufen wird, mit deren Üppigkeit die Häufigkeit der Trüffel steigt und sinkt. In Algerien [* 21] findet sich die oben genannte Terfezia leonis im Schatten des strauchartigen Helianthemum halimifolium, und auf der kanarischen Insel Fuertaventura sucht man Trüffeln unter Helianthemum canariense.
Die gewöhnlichsten, als Speisetrüffeln verwendeten Arten sind: Tuber brumale Vittad., mehr oder weniger kugelig, schwarz, auf der Oberfläche mit polygonalen Warzen, nuß- bis faustgroß und dann bis 1 kg schwer, innen schwärzlich aschgrau, weiß geädert, mit zahlreichen vier- bis sechssporigen Sporenschläuchen, die Sporen mit stachligem Episporium, ist im Winter in den Trüffelgegenden Frankreichs und Italiens [* 22] sehr häufig, selten in den Rheingegenden.
Trüffel melanosporum Vittad. (Trüffel cibarium Pers.), von voriger Art durch rötlichschwarze Farbe, rötliche Flecke auf den ¶
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Warzen und durch rötlich- oder violettschwarzes Innere mit weißen, zuletzt rötlichen Adern unterschieden, hat das gleiche Vorkommen.
Trüffel aestivum Vittad., 2,5-5,5 cm, unregelmäßig kugelig, schwarzbraun, mit sehr großen Warzen, innen blaßbraun, mit elliptischen, braunen, mit netzförmig gezeichnetem Episporium versehenen Sporen, im Sommer und Spätsommer in Frankreich und in Italien sehr häufig, stellenweise in Deutschland, z. B. in Thüringen, und England.
Trüffel mesentericum Vittad., von voriger Art durch schwarze Farbe und dunkleres Fleisch mit vielen sehr eng gewundenen, weißen Adern unterschieden, an der Basis oft gehöhlt, kommt wie vorige Art und oft mit ihr zusammen vor. Nur in Italien, wo sie häufig gegessen wird, stellenweise in Deutschland kommt vor Trüffel magnatum Pico (Rhizopogon magnatum Corda), 1,5-11 cm, unförmig lappig, von den andern Arten durch die wurzelartige Basis und durch die glatte Oberfläche unterschieden, anfangs weiß, später blaß ockerbraun, daher von den Lombarden Trifola bianca genannt, innen gelblich, bräunlich oder rötlich mit weißen Adern, von stark knoblauchartigem Geruch, reift im Spätsommer.
Die weiße Trüffel (Choiromyces maeandriformis Vittad., Tuber album Sow., Rhizopogon albus Fr.) ist glatt, hellbraun, faustgroß und von allen echten Trüffeln unterschieden durch das weiße, fleischige Innere, welches nur von einerlei feinen, dunklern Adern (Hymenium) durchzogen ist. S. Tafel »Pilze I« [* 24] u. Taf. II, [* 23] Fig. II.
Vgl. Vittadini, Monographia Tuberacearum (Mail. 1831);
Tulasne, Fungi hypogaei (Par. 1851);
Chatin, La truffe (das. 1869);
Planchon, La truffe (das. 1875);
Rees u. Fisch, Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der Hirschtrüffel (Kassel [* 25] 1887);
Bosredon, Manuel du trufficulteur (Périgueux 1887);
Ferry de la Bellone, La truffe (Par. 1888).