mehr
weltlichen Standesbeamten erfolgt ist. Im ältern deutschen
Recht ist Trauung
die
Übergabe der
Braut in die Schutzgewalt
(Mundium)
des Verlobten, dem sie »anvertraut« wird.
Fast bei allen Völkern werden eheliche Bündnisse mit gewissen
Zeremonien gestiftet
(s.
Hochzeit). Die Trauung
in der christlichen
Kirche ist aber weder von
Christus noch von der alten
Kirche angeordnet.
Zwar ward es bald
Sitte, das
Verlöbnis dem
Bischof oder
Kirchenältesten anzuzeigen, und zum wirklichen Anfang der
Ehe wurde
die kirchliche
Einsegnung häufig begehrt und erteilt; ein die Gültigkeit der
Ehe bedingendes Erfordernis ward jene aber erst
im 9. Jahrh., im
Abendland durch
Karl d. Gr., für die
griechische Kirche durch
Leo VI. Philosophus.
Auch
Papst
Nikolaus I. machte die Gültigkeit des ehelichen Bündnisses davon abhängig, daß dieses mit dem kirchlichen
Segen
und einer
Messe geschlossen sei.
Noch aber erfolgte die Eheschließungserklärung vor dieser Brautmesse. Erst seit 1100 etwa
befragt der segnende
Priester die Eheschließenden um die Ernstlichkeit ihres Vorhabens. Aber noch die
großen
Dichtungen des deutschen
Mittelalters lassen die
Paare erst am
Tag nach ihrer Verehelichung sich zur
Kirche begeben, und
erst seit dem 15. Jahrh. finden sich Trauung
sformulare, in welchen der
Priester als Stellvertreter
Gottes die Eheleute zusammenspricht.
Aber selbst das
tridentinische Konzil verlangt zur Gültigkeit einer
Ehe nur die Willenserklärung derselben
vor dem
Pfarrer und zwei oder drei
Zeugen, ohne die Trauung
selbst für etwas Wesentliches zu erklären. Dies that erst die protestantische
Kirche, und so herrschte bald in der alten wie in der neuen
Kirche dieselbe
Praxis, wonach die
Ehe ganz als
Kirchensache
behandelt, ihre Gültigkeit aber von der kirchlichen Trauung
abhängig gemacht ward. Die Trauung wurde vollzogen,
wenn nach dem öffentlichen
Aufgebot kein
Einspruch erfolgte.
Das
tridentinische Konzil erklärte die
Advents- und Fastenzeit für geschlossene
Zeiten, d. h.
Zeiten, in denen Trauungen
nicht
stattfinden sollen. Neuere evangelische
Trauordnungen haben die geschlossenen
Zeiten erheblich reduziert,
so z. B. in
Preußen
[* 2] auf die
Karwoche, die ersten Festtage der drei hohen
Feste, das
Totenfest und die
Bußtage. Der
Ort der Trauung
ist
die
Kirche; zu Haustrauungen
bedarf es einer besondern
Dispensation. Die Trauung
wird von dem
Pfarrer verrichtet, in dessen
Kirchspiel
die
Braut einheimisch ist (ubi sponsa, ibi copula); zum Vollzug an einem andern
Ort gehört das Dimissoriale
(Entlassungsschein) des berechtigten
Geistlichen.
Neuere
Gesetze erklären aber auch den
Pfarrer am Wohnort des Bräutigams sowie denjenigen des Wohnorts, welchen die Eheleute
nehmen, für zuständig. In der katholischen
Kirche gehört das schon bei den alten Griechen,
Römern und
Germanen
übliche
Wechseln der
Trauringe zu den notwendigen
Formalitäten der Trauung
, was bei den
Protestanten meist schon bei der Verlobung
geschieht. In der griechischen
Kirche trinken die eine metallene
Krone tragenden Verlobten
vor der
Einsegnung
Wein aus einem vom
Priester dargereichten
Kelch.
Von den Hochzeitskränzen, die in der alten
Kirche beiden Verlobten bei ihrer
Einsegnung aufgesetzt wurden,
ist unter den abendländischen
Christen nur noch der
Brautkranz als
Bild der unverletzten
Jungfrauschaft übriggeblieben und
die Verweigerung desselben für solche, die nicht mehr
Jungfrauen sind, als
Mittel der
Kirchenzucht. Fürstliche
Personen lassen
ihre
Bräute, wenn sie weit von ihnen entfernt wohnen, zuweilen mittelbar durch einen
Bevollmächtigten
sich antrauen (Trauung
durch
Prokuration).
Bei morganatischen Ehen wird die Trauung »zur linken Hand« [* 3] bewirkt (s. Ebenbürtigkeit). Personen, die 50 Jahre in der Ehe gelebt haben, werden als Jubelpaar gewöhnlich wieder kirchlich eingesegnet. Die katholische Kirche verlangt bei gemischten Ehen, daß das Paar jedenfalls von einem ihr angehörigen Geistlichen eingesegnet sowie daß das Versprechen gegeben wird, die Nachkommenschaft der katholischen Kirche zuzuführen. Ist dies nicht zu erreichen, so leistet der katholische Geistliche bei der Trauung nur »passive Assistenz«.
Nach dem deutschen Reichsgesetz vom darf kein Geistlicher eine Trauung vornehmen, bevor ihm nachgewiesen ist, daß die Ehe vor dem Standesbeamten abgeschlossen worden. Die ausdrückliche Erklärung des Personenstandsgesetzes, daß die kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf die Trauung durch dies Gesetz nicht berührt werden, enthält eigentlich nur etwas Selbstverständliches. Die katholische Kirche, welche die Ehe als Sakrament auffaßt und das bürgerliche Eheschließungsrecht grundsätzlich ignoriert, hat nach der Einführung der Zivilehe in Deutschland [* 4] sich nicht veranlaßt gesehen, den bisherigen Ritus bei der Trauung zu verändern.
Dagegen haben die in den einzelnen Staaten erlassenen protestantischen Trauordnungen (z. B. preußisches Kirchengesetz vom Trauordnung für die Provinz Hannover [* 5] von 1876, für Bayern [* 6] von 1879, Sachsen [* 7] von 1876, Württemberg [* 8] von 1875, badische Agende von 1879 etc.) namentlich das sogen. Trauformular, d. h. die agendarische Formel, mit welcher der Geistliche die Eheschließenden zusammengibt, abgeändert, indem dabei der Gedanke zum Ausdruck gebracht wird, daß die Ehe selbst bereits abgeschlossen sei.
Die von den Eheleuten zu bejahende Gelöbnisfrage des Geistlichen ist dem entsprechend nur darauf gerichtet, ob die Eheleute als christliche Ehegatten einträchtig miteinander leben, einander treu und herzlich lieben, sich weder in Leid noch in Freud' verlassen, sondern den Bund der christlichen Ehe heilig und unverbrüchlich halten wollen, bis der Tod sie einst scheiden werde. Das vorgängige kirchliche Aufgebot ist meistens als eine einmalige »Eheverkündigung« beibehalten, sei es vor, sei es nach dem bürgerlichen Aufgebot; doch ist Dispens von dem erstern zulässig.
Eine ohne nachfolgende kirchliche Trauung nur vor dem Standesbeamten geschlossene Ehe ist bürgerlich gültig. Die Kirche kann nur durch Disziplinarmittel auf die Nachholung einer unterlassenen Trauung hinwirken. Als Kirchenzuchtmittel kennt die protestantische Kirche bei hartnäckiger Verweigerung der Traupflicht die Entziehung der kirchlichen Wahlrechte, mitunter auch die Unfähigkeit zur Patenschaft oder auch die Ausschließung vom Abendmahl.
Vgl. Friedberg, [* 9] Das Recht der Eheschließung (Leipz. 1865);
Derselbe, Verlobung und Trauung (das. 1876);
Sohm, Trauung und Verlobung (Weim. 1876);
Derselbe, Zur Trauungsfrage (Heilbronn [* 10] 1879);
Dieckhoff, Zivilehe und kirchliche Trauung (Rost. 1880);
v. Scheurl, Das gemeine deutsche Eherecht (Erlang. 1882);
Grünwald, Die Eheschließung (nach den Bestimmungen der verschiedenen Staaten, Wien [* 11] 1881).