(Acherontia AtroposOchs.),
Schmetterling
[* 2] aus der
Familie der
Schwärmer
(Sphingidae), 11,5cm breit, mit kurzen,
dicken
Fühlern, sehr kurzen
Tastern, schwach entwickelter Rollzunge und plumpem
Hinterleib von 19,5mm Querdurchmesser, auf
dem dicht braun behaarten, blaugrau schimmernden
Thorax mit ockergelber, einem Totenkopf ähnlicher
Zeichnung
und auf dem gelben, schwarz geringelten
Hinterleib mit breiter, blaugrauer Längsstrieme. Die Vorderflügel sind tiefbraun,
schwarz und ockergelb gewölkt mit zwei gelblichen Querbinden, die Hinterflügel ockergelb mit zwei schwarzen Querbinden.
Der Totenkopf erzeugt, wenn er gereizt wird, einen pfeifenden, schrillenden
Ton, indem er aus einer sehr großen
Saugblase im Vorderteil des
HinterleibsLuft durch eine Rüsselspalte ausstößt. Er findet sich in
Süd- und Mitteleuropa,
Afrika,
[* 3] auf
Java und in
Mexiko,
[* 4] bei uns einzeln, vorübergehend und örtlich im
Herbste. Die 13
cm lange, grünlichgelbe, schwarzblau
punktierte
Raupe, mit blauen Winkelzeichnungen auf demRücken, findet sich bei uns im Juli und
August auf
Kartoffelkraut,
Teufelszwirn,
Stechapfel und verpuppt sich in der
Erde. In
Mittel- und Norddeutschland pflanzt sich der Totenkopf nicht
fort, die dort gefundenen
Raupen müssen von zugeflogenen Weibchen herrühren.
An die schon den rohesten Naturvölkern geläufigen
Vorstellungen vom Fortleben nach
dem
Tod knüpfen sich eine
Menge abergläubischer
Gebräuche,
Vorstellungen und
Sagen, die sich zum Teil aus dem grauesten
Altertum
bis auf unsre
Tage erhalten haben und jetzt durch den
Spiritismus (s. d.) von neuem belebt werden. Man meint, daß die
Seele,
nachdem sie in Gestalt eines Wölkchens, Schmetterlings, einer
Schlange
[* 7] etc. dem
Mund entflohen, in ihrem
neuen Zustand doch nicht ohne alle irdischen Bedürfnisse sei, auf deren Befriedigung verschiedene Bestattungszeremonien
(s.
Manendienst,
Menschenopfer und
Totenbestattung) abzielen. So werden die
Fenster des Sterbezimmers geöffnet, um der
Seele
freie
Bahn zu gewähren, und bei der Toteneinkleidung und -Einbettung bestimmte Rücksichten und wohl
auch Vorsichtsmaßregeln gegen das Wiederkommen angewendet. Zu den einmaligen
Pflichten kommen dauernde; es opferten die
Römer
[* 8] z. B. den Verstorbenen von jeder
Mahlzeit, indem sie von
Speise und Trank etwas auf den
Boden schütteten; die Katholiken lassen
Messen
für die Seelenruhe lesen, und auch durch zu vielesWeinen darf der
Tote, der die
Thränen im Krüglein
sammeln muß, nicht gestört werden.
Waren derartige
Pflichten und
Abfindungen versäumt worden, so glaubte man, daß der
Tote keine
Ruhe habe und die Nachgebliebenen
beunruhige; so z. B. breiten die Samoaner, wenn ein in der
Ferne Verstorbener kein ordentliches
Begräbnis erhalten, einTuch
aus und betrachten das erste
Tier, z. B. ein
Insekt, welches sich darauf setzt, als die umherirrende
Seele, der dann die vorgeschriebenen
Begräbniszeremonien erwiesen werden. Auch
Menschen, die nicht ausgelebt haben und ermordet oder hingerichtet wurden, finden
keine
Ruhe, bis der
Mörder entdeckt ist, bei dessen
Annäherung ihre
Wunden von neuem aufbrechen (s.
Bahrrecht),
oder bis ihre
Verbrechen gesühnt sind.
Aber auch unerfüllte kirchliche und bürgerliche Verpflichtungen rauben die Grabesruhe; die
vor derHochzeit gestorbene
Braut
besucht den Bräutigam in der griechischen, von
Goethe umgedichteten
Sage, die
Wöchnerin das nachgelassene
Kind. Besonders häßlich
ist die noch immer sehr verbreitete
Sage von den im
Grab weiterlebenden
Vampiren (s. d.), die ihren
Angehörigen
das
Blut aussaugen, bis sie ihnen nachfolgen, wenn nicht besondere Vorsichtsmaßregeln gegen ihr Wiederkommen getroffen werden.
Sind die
Toten befriedigt, so ziehen sie in ein besseres Land
(Elysium), welches in der
Unterwelt oder da, wo die
Sonne
[* 9] zur
Ruhe
geht, gedacht wird.
MancheVölker erzählten von einer Toteninsel, zu der ein Fährmann
(Charon)
[* 10] die Verstorbenen
hinüberfährt, wo sie dann unter dem milden
Zepter eines Totenkönigs ein schattenhaftes Dasein führen; anderwärts müssen
sie einen
Berg der
Seligen (s.
Glasberg) ersteigen. Aus dem Jenseits können sie nur durch besondere Totenbeschwörer (s.
Nekromantie)
oder durch spiritistische Veranstaltungen zurückgerufen werden, um den
Lebenden Auskünfte,
Orakel, Ratschläge
etc. zu erteilen.
Nur am Allerseelentag kommen sie freiwillig als langer "Zug
des
Todes«, die
Kinder in weißen Hemdchen unter
Führung und Obhut der
Totenmutter
(FrauHolle), zur
Erde, besuchen eine einsam gelegene, um
Mitternacht erleuchtet erscheinende
Kirche, worin
der verstorbene
PfarrerGottesdienst abhält, und die
Gräber, auf welche dann vielfach brennende
Lichter gestellt werden. So
wurde schon im heidnischen
Rom
[* 11] ein besonderes
Laren- und Lemurenfest gefeiert, bei welchem man besondere Totenspeisen auftrug,
weil dann die
Unterwelt offen stand und die
Toten scharenweise die
Wohnungen besuchten. In Rußland trägt
man noch heute am Allerseelentag
Speise und Trank auf die
Gräber.
Man spricht auch von besondern Vorzeichen, die einer bestimmten
Person den baldigen
Tod verkünden sollen, von einem Anpochen
des
Todes an der
Thür, von dem
Ruf des
Uhu als
Totenvogel, von einer
Totenuhr (s.
Klopfkäfer), von einem freiwilligenAnschlagen
der
Glocken, wenn ein hoher
Geistlicher sterben soll, von dem mahnenden Erscheinen einer weißen
Frau (s. d.) in verschiedenen
Fürstenhäusern, von einem Voraussehen des künftigen Leichenzugs (s.
Zweites Gesicht), und in
Dänemark
[* 12] nennt man gewisse
Lähmungserscheinungen den Totengriff, gleichsam das erste Anpacken des Todesdämons. Überhaupt wurde der
Tod früh personifiziert
und als
Dämon gedacht, der mit dem Erkrankten ringt und ihn endlich niederwirft. In Seuchezeiten wollte
man ihn als von
Ort zu
Ort ziehenden oder auf lahmem
Klepper durch das Stadtthor einziehenden Pestmann erblickt haben, der die
¶
mehr
zum Tod Erwählten bloß mit seinem starren Blick ansah oder sie anblies, um sie sofort auf das Sterbebett zu werfen. Das Mittelalter
war besonders reich an bildlichen Darstellungen vom »Triumph des Todes«, zu denen Allegorie und Sage den Stoff lieferten (s. Totentanz).
Eine reiche Fülle von Totensagen findet man gesammelt bei Henne-Am Rhyn, Die deutsche Volkssage (2. Aufl., Wien
[* 14] 1879).