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von Vorarlberg 1869: 885,789, 1880: 912,549, ohne dasselbe 1869: 782,753, 1880: 805,176 Seelen und zeigt eine sehr geringe Zunahme (jährlich etwas über ¼ Proz.);
für Ende 1887 wird die Zivilbevölkerung von Tirol
[* 2] mit 805,728 (hierzu
Militär
ca. 8140 Mann),
für
Vorarlberg mit 110,525
(Militär
ca. 130 Mann), zusammen mit 916,253 Bewohnern (hierzu
Militär
ca. 8270 Mann)
berechnet.
Auf 1 qkm kommen im
Durchschnitt 31 Einw. (in
Vorarlberg 41). Von der
Bevölkerung
[* 3] gehören 60 Proz. der deutschen, 40 Proz.
der italienischen
Nation an. Am weitesten zieht sich die deutsche
Bevölkerung an der
Etsch hinab. Die herrschende
Religion ist
die katholische, die
Protestanten bilden bis jetzt nur wenige kleine
Gemeinden; ihre Zahl betrug 1880:
2190, die der
Juden 542. Die geistige
Bildung des
Tirolers ist infolge klerikaler Einflüsse weit hinter seiner Bildungsfähigkeit
zurückgeblieben. Ein gemeinsamer Charakterzug des
Volkes ist Anhänglichkeit an das Vaterland und kirchlicher
Sinn. Infolge
der geringen Produktivität des
Bodens sucht eine bedeutende Anzahl der Bewohner (etwa 33,000) ihr Fortkommen
zeitweilig oder dauernd in der
Fremde; in den letzten
Jahren hat die
Auswanderung auch nach überseeischen
Ländern, namentlich
in Welschtirol
, größere
Ausdehnung
[* 4] gewonnen.
Die Bodenproduktion Tirols
ist wegen der gebirgigen
Beschaffenheit vorwiegend auf Waldwirtschaft und
Viehzucht
[* 5] beschränkt;
doch wird, wo nur möglich, auch Körnerbau betrieben. Die produktive Bodenfläche beträgt 81,69
Proz. des Gesamtareals. Nach Kulturgattungen verteilt sich die produktive Bodenfläche folgendermaßen:
Ackerland 6,23 Proz., Weinland 0,54, Wiesenland
8,21,
Gärten 0,21,
Weiden 5,83,
Alpen
[* 6] 32,51,
Wald 46,18,
Seen,
Teiche 0,29 Proz. Was zunächst das Grasland betrifft, so läßt
die
Kultur der
Wiesen an Düngung und
Bewässerung zu wünschen übrig, dagegen ist die Art der Heugewinnung
und Auftrocknung ausgezeichnet.
Überwiegend sind die Alpenweiden, auf welchen das Vieh den
Sommer über gehalten wird. Der gesamte
Ertrag an Grasheu beläuft
sich auf etwa 11 Mill. metr. Ztr. In der Bewirtschaftung der
Äcker herrschen große Verschiedenheiten.
In Nordtirol
überwiegt die
Eggartenwirtschaft mit langjähriger Grasnutzung, in
Vorarlberg die
freie Wirtschaft. Eigentümlich
ist die
Feldwirtschaft in Südtirol
, wo es für Feldprodukte nur schmale
Ackerbeete zwischen den Reben- oder auch Maulbeerbaumpflanzungen
gibt, welche meist einem sehr bunten Zwischenfruchtbau gewidmet sind.
Die
Produkte des
Ackerbaues in Tirol
sind: Weizen (250,000 h.),
Roggen (435,000),
Gerste
[* 7] (185,000),
Hafer
[* 8] (140,000),
Mais (420,000
hl), letzterer in Südtirol
Hauptfrucht, aber auch in Nordtirol, z. B. im obern
Inn- und Lechthal, vertreten;
ferner
Hülsenfrüchte (37,000
hl),
Buchweizen (125,000
hl),
Kartoffeln (1,120,000
hl), besonders in
Vorarlberg, Futterrüben (340,000
metr. Ztr.),
Klee (180,000 metr. Ztr.
Heu),
Flachs (10,000 metr. Ztr.), insbesondere im
Ötzthal,
Hanf (2000 metr. Ztr.) in
Vorarlberg,
Tabak
[* 9] (8000 metr. Ztr.) um
Roveredo,
Zichorie (2200 metr. Ztr.) in
Vorarlberg, etwas
Mohn, Kürbisse etc. Die Obstkultur ist in Nordtirol
meist auf die nicht großen
Gärten beschränkt;
das
Kernobst wird zu
Obstwein
(Cider) und das Steinobst zur Branntweinerzeugung verwendet. In Südtirol
ermöglichen die
Lage und
Temperatur
die Kultivierung edler Obstsorten, von denen neben der
Traube auch Pfirsiche,
Aprikosen,
Mandeln,
Zitronen (am
Gardasee),
Orangen,
edlere Apfelsorten, besonders bei
Bozen
[* 10] (Hauptsorte der weiße Rosmarinapfel), feine
Birnen, Kirschen, Granatäpfel etc.
gezogen
werden.
Das Erträgnis an
Obst beläuft sich durchschnittlich in Tirol
auf 90,000 metr.
Ztr.
Kernobst, 40,000 metr. Ztr. Steinobst, 14,000 metr.
Ztr.
Nüsse und
Mandeln und 14,500 metr. Ztr.
Kastanien. Der
Ölbaum wird in Tirol mit Erfolg nur in den südlichsten Teilen um
Arco und
Riva gezogen; auch die
Kultur der
Maulbeerbäume ist auf Südtirol beschränkt. Der Weinbau ist ebenfalls
auf Südtirol und kleine Teile des
Pusterthals und
Vorarlbergs beschränkt. Die
Weine sind in Deutschtirol vorwiegend weiß
und schiller, in Welschtirol rot, würzig und bei guter Behandlung wertvoll. Als die vorzüglichsten
Sorten gelten die von
Isera bei
Roveredo und der
Traminer. Durchschnittlich beträgt die Weinernte 260,000
hl. Den größten Teil
der produktiven Bodenfläche Tirols nehmen die Waldungen ein, von denen über 10 Proz. auf Staatsforsten
kommen. Eine der Haupterwerbsquellen ist für Tirol ferner die
Viehzucht. Nach der Zählung von 1880
gab es:
in Tirol | in Vorarlberg | |
---|---|---|
Pferde | 14307 | 2680 |
Esel, Maulesel und Maultiere | 4844 | 25 |
Rinder | 420169 | 61115 |
Schafe | 246436 | 12312 |
Ziegen | 102017 | 12090 |
Schweine | 45961 | 9684 |
Bienenstöcke | 38962 | 5927 |
Der Stand der Pferde [* 11] ist ein sehr geringer und nur im Pusterthal von größerer Bedeutung; dagegen ist das Rindvieh sehr reich und durch mehrere vorzügliche Rassen vertreten. Der Ertrag an Milch beläuft sich auf 4,3 Mill. hl, jener an Butter auf 85,000 metr. Ztr., an Käse auf 211,000 metr. Ztr. Zu besserer Verwertung der Milchprodukte tragen Molkereigenossenschaften bei. Die Seidenraupenzucht wird in Südtirol stark betrieben, hat aber durch Raupenkrankheit und durch den Druck der italienischen Konkurrenz sehr gelitten (jährlicher Kokonsertrag ca. 14,000 metr. Ztr.). Die Jagd, eine Lieblingsbeschäftigung der Tiroler, ist nicht mehr so ergiebig wie früher. Steinböcke, Wildschweine und Hirsche [* 12] sind fast ausgerottet, Gemsen und Rehe selten, nur Hasen und Geflügel noch in größerer Menge vorhanden.
Der Bergbau [* 13] und Hüttenbetrieb, ehemals in Nordtirol von hoher Bedeutung, hat fast seine ganze Wichtigkeit verloren. Für Eisen [* 14] bestehen 3 Bergwerke und 2 Hochöfen (zu Jenbach und Pillersee), für Kupfer [* 15] eine ärarische Schmelzhütte zu Brixlegg und ein Privatwerk zu Prettau. Die Hüttenproduktion belief sich 1887 auf 80 kg Silber, 2717 metr. Ztr. Kupfer und 13,425 metr. Ztr. Roheisen. Außerdem wird Bleierz (7881 metr. Ztr.), Zinkerz (22,152 metr. Ztr.), Schwefelkies (18,000 metr. Ztr.) und Braunkohle (zu Häring, dann zu Wirtatobel in Vorarlberg, zusammen 254,230 metr. Ztr.) gefördert.
Der Wert aller Verkaufsprodukte des Berg- und Hüttenbetriebs war 592,500 Gulden. Hierzu kommt der Betrieb der Saline zu Hall [* 16] mit einer Produktion von 140,500 metr. Ztr. Salz [* 17] im Wert von 1,114,000 Guld. Sonstige Produkte des Bodens sind: Asphalt, Farberde, Gips, [* 18] Kreide, [* 19] Quarz, Marmor (bei Laas und Predazzo), Serpentin, Amethyste, Granate (Ötzthal und Zillerthal) u. a. In industrieller Beziehung zeichnet sich vor allem Vorarlberg (s. d.) durch regen Gewerbfleiß aus; Südtirol hat mit vorwiegender Seidenindustrie auch in dieser Richtung den Charakter einer italienischen Landschaft; im übrigen Land bilden Innsbruck [* 20] und Bozen hervorragende Mittelpunkte industriellen Betriebs. Die Metallindustrie ist durch die Werke zu Jenbach und ¶
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Pillersee vertreten, welche Gußwaren und Stahl erzeugen. Außerdem werden Maschinen (Innsbruck und Jenbach), Kleineisenwaren (im Stubaier Thal), [* 22] Sensen und Sicheln, Nägel [* 23] und Drahtstifte, Nadeln [* 24] (Fügen), Kupfertiefwaren und Bleche (Brixlegg), Messing (Achenrain), leonische Waren (Stans) in größerer Menge erzeugt. Ferner gibt es Fabriken für Steingut (Schwaz), für Zement (Kirchbichel u. a.), für Marmorarbeiten, dann Glashütten, Fabriken für Schießpulver, [* 25] Dynamit, Bleiweiß, [* 26] Seife und Kerzen, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Fabriken für konservierte Früchte u. Gemüse (Bozen), für Kaffeesurrogate, Teigwaren, Tabaksfabriken (Sacco und Schwaz).
Der Textilindustrie dienen, abgesehen von der bedeutenden Vorarlberger Baumwollindustrie, mehrere Baumwollspinnereien und -Webereien, dann Fabriken für Schafwollwaren, Filz, Zwirn und Bänder in Nordtirol. Hierzu kommt die Seidenindustrie von Südtirol mit den zahlreichen Seidenfilanden und Spinnereien (50,000 Spindeln) und mehreren Seidensamtfabriken (Ala). Andre in Tirol vertretene Industriezweige sind: die Gerberei (namentlich in Roveredo), die Sumachbereitung, die Fabrikation von Papier, Holzstoff [* 27] und Cellulose, die Holzschnitzerei als Hausindustrie (besonders im Grödner Thal), die Glasmalerei [* 28] (Innsbruck), die Stickerei, Spitzenklöppelei, Handschuhfabrikation u. a. Die Lage Tirols zwischen Deutschland [* 29] und Italien [* 30] und die Vorteile wohlerhaltener Kunststraßen und Eisenbahnen begünstigen den Handel mit dem In- und Ausland wie auch den Transithandel.
Das Land wird von der Linie Kufstein-Ala (Brennerbahn) mit der durch das Pusterthal führenden Seitenlinie Franzensfeste-Lienz-Marburg, dann von den Staatsbahnlinien Salzburg-Wörgl und Innsbruck-Lindau (Arlbergbahn) durchzogen. Die Gesamtlänge der Eisenbahnen beläuft sich in Tirol und Vorarlberg auf 745 km. Wasserverkehrswege bilden: der Inn von Hall bis zur Grenze (86 km), der Rhein von Geißau bis zur Einmündung in den Bodensee (5 km), die Etsch von Branzoll bis zur Grenze (105 km). Außerdem werden der Boden-, der Garda- und der Achensee mit Dampfschiffen befahren.
Für den Unterricht sorgen: die Universität zu Innsbruck, 16 theologische Lehranstalten, 9 Obergymnasien, ein Realgymnasium, 2 Oberrealschulen, 2 Unterrealschulen, 4 Lehrer- und 3 Lehrerinnenbildungsanstalten;
ferner 5 Handelslehranstalten, 31 Gewerbeschulen, 3 landwirtschaftliche Lehranstalten, eine Hebammenlehranstalt, 16 weibliche Arbeitsschulen und 28 sonstige Lehr- und Erziehungsanstalten (meist in geistlichen Händen);
endlich 3 Bürger-, 1705 öffentliche und 59 private Volksschulen.
Der für Tirol bestehende Landtag (Vorarlberg besitzt seine eigne Landesvertretung) besteht aus dem Fürsterzbischof von Salzburg, [* 31] den Fürstbischöfen von Trient [* 32] und Brixen, 4 Abgeordneten der Äbte und Pröpste, dem Rektor der Innsbrucker Universität, 10 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 13 der Städte, Märkte und Industrialorte, 3 der Handels- und Gewerbekammern (zu Innsbruck, Bozen und Roveredo) und 34 Vertretern der Landgemeinden, zusammen aus 68 Landtagsmitgliedern.
In den Reichsrat entsendet Tirol 18 Abgeordnete. In kirchlicher Beziehung ist das Land unter das Erzbistum Salzburg (bis zur Ziller) und die Bistümer Brixen und Trient verteilt. Das Wappen [* 33] von (s. Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«) [* 34] bildet im silbernen Feld ein aufrechter roter Adler [* 35] mit gekröntem, nach rechts gewandtem Kopf, der von einem Lorbeerkranz umgeben ist, und mit silbernen Kleestengeln auf den ausgebreiteten Flügeln (vgl. Busson, Der Tiroler Adler, Innsbr. 1879). Administrativ ist das Land in 4 Städte mit selbständigem Statut und 24 Bezirkshauptmannschaften eingeteilt, wovon 3 auf Vorarlberg entfallen. Sitz der Statthalterei ist Innsbruck. Für die Rechtspflege bestehen: ein Oberlandesgericht zu Innsbruck, 5 Gerichtshöfe erster Instanz und 67 Bezirksgerichte. Die politische Einteilung von Tirol (jene von Vorarlberg s. d.) zeigt folgende Tabelle:
Bezirke | Areal | Bevölkerung | |
---|---|---|---|
in QKil. | in QM | 1880 | |
Städte: | |||
Innsbruck | 0.3 | - | 20537 |
Bozen | 0.7 | - | 10641 |
Roveredo | 8 | 0.1 | 8864 |
Trient | 18 | 0.3 | 19585 |
Bezirkshauptmannschaften: | |||
Ampezzo | 369 | 6.7 | 6340 |
Borgo | 729 | 13.2 | 43139 |
Bozen | 1734 | 31.5 | 65812 |
Brixen | 1203 | 21.8 | 26547 |
Brunek ^[richtig: Bruneck] | 1835 | 33.3 | 35509 |
Cavalese | 765 | 13.9 | 23297 |
Cles | 1166 | 21.2 | 49594 |
Imst | 1705 | 31.0 | 23334 |
Innsbruck | 2101 | 38.1 | 54970 |
Kitzbühel | 1164 | 21.1 | 23138 |
Kufstein | 1042 | 18.9 | 29953 |
Landeck | 1918 | 34.8 | 24772 |
Lienz | 2150 | 39.5 | 30846 |
Meran | 2398 | 43.5 | 58209 |
Primiero | 415 | 7.5 | 10983 |
Reutte | 1096 | 19.9 | 16137 |
Riva | 350 | 6.2 | 24495 |
Roveredo | 708 | 12.9 | 52007 |
Schwaz | 1654 | 30.0 | 26742 |
Tione | 1230 | 22.3 | 36368 |
Trient | 931 | 16.9 | 83357 |
Zusammen: | 26690 | 484.7 | 805176 |
Vgl. Beda Weber, Das Land Tirol (Innsbr. 1837-1838, 3 Bde.; 2. Aufl. als »Handbuch für Reisende in Tirol«, 1853);
Staffler, Tirol und Vorarlberg, statistisch und topographisch (das. 1839-46, 2 Bde.);
Schneller, Landeskunde von Tirol (das. 1872);
Schaubach, Die deutschen Alpen, Bd. 2, 4 u. 5 (2. Aufl., Jena [* 36] 1866-67);
Zingerle, Sitten, Bräuche etc. des Tiroler Volks (2. Aufl., Innsbr. 1871);
Hörmann, Tiroler Volkstypen (Wien [* 37] 1877);
Jüttner, Die gefürstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg (das. 1880);
Egger, Die Tiroler und Vorarlberger (Teschen 1882);
Bidermann, Die Nationalitäten in Tirol (Stuttg. 1886);
»Spezial-Ortsrepertorium von Tirol« (hrsg. von der statistischen Zentralkommission, Wien 1885);
Grohmann, Tyrol and the Tyrolese (2. Aufl., Lond. 1877);
Schilderungen von Steub, Noë u. a.; Reisehandbücher von Meyer (»Deutsche [* 38] Alpen«),
Bädeker, Trautwein, Amthor, Meurer etc.
Geschichte.
Tirol wurde ursprünglich von rätischen, den Etruskern oder Rasenna verwandten Stämmen bewohnt, zu welchen auch Kelten hinzutraten. Vom Bodensee und den Lechquellen nordwärts hausten die keltischen Vindelizier. Unter Kaiser Augustus eroberten es die Römer [* 39] und öffneten es dem Verkehr. Mit dem 2. Jahrh. begannen die Einfälle germanischer Stämme, insbesondere der Alemannen. Schon im 4. Jahrh. fand hier das Christentum Eingang, für welches das Bistum Trient und wenig später das in Seben errichtet wurde; letzteres wurde im 11. Jahrh. nach Brixen verlegt. Nach dem Sturz des abendländischen ¶