(auch
Tu), das
Land derTibbu Reschade in der östlichen
Sahara, zwischen 14-19° östl. L. v. Gr. und 19-23°
nördl.
Br. gelegen, wurde zuerst 1868-69 von
Nachtigal erforscht. Der bewohnte Teil des
Landes konzentriert sich um das Zentralgebirge,
eine von
NW. nach SO. streichende
Kette, welche im
Tarso, einem 1000 m hohen Dolomitrücken, ihren Hauptstock
hat. Die höchsten
Kegel desselben sind: der Tusside (2500 m), der Timi, Boto und Bodo. Am östlichen
Fuß des
Tarso befindet
sich eine heiße
Quelle.
[* 2] An den Seiten dieses Hauptgebirges, in den nach W. hinabgehenden
Thälern sowie in dem östlich gelegenen
Thal
[* 3] Bardai, haust die elende und arme
Bevölkerung,
[* 4] deren Hauptsubsistenzmittel ihre
Kamel-,
Schaf- und
Ziegenherden sind.
Datteln wachsen in einigen Schluchten, Durra und Duchn wird an wenigen
Orten gebaut. Auch die
Jagd ist dürftig.
Hauptorte sind
Tao und Bardai.
umfaßt 1,687,898 qkm (30,654 QM.), bildet ein großes
Plateau, das, im äußersten
Westen schmal, nach
Osten ständig
an
Breite
[* 7] zunimmt, bis es im
Meridian von
Lhassa zwölf Breitengrade bedeckt, worauf es mit schwach konvergierendem
Nord- und
Südrand nach
Osten geht. Den
Süden dieses ungeheuern Gebiets nimmt das Längsthal des
Indus und Sanpo ein als deutliche Grenzmark
zwischen dem
Himalaja und der tibetischen Massenerhebung. Die nördlich davon sich ausbreitende Hochfläche,
welche sich allmählich von
Westen, wo die gewaltige Bergmasse des
Karakorum aufgelagert ist, nach O. senkt, hat eine mittlere
Höhe von über 4000 m. Zwischen 80 und 90° östl. L. v. Gr.
scheint die wellige Hochsteppe vorzuherrschen; hier führt die
Straße von Kiria über den
Kuenlün und ein 5000 m hohes
Plateau zu den Goldfeldern von Thok Dschalung, dem höchsten (4977 m) ständig bewohnten
Orte der
Erde.
Hier dehnt sich nun die zentrale Hochsteppe aus, ein mit zahlreichen Salzlachen und
Salzseen bedecktes, abflußloses Gebiet,
das für zahlreiche
Scharen wilder
Esel,
Antilopen und Moschusschafe immer noch genügende Weideplätze zu bieten scheint.
Auf weite
Strecken ist das
Hochland unbewohnt, nur einige tiefer gelegene
Gründe gestatten den Anbau von
Gerste.
[* 8] Den Südostteil
dieser Hochsteppe erfüllt ein seenreiches Gebiet; einer der größten
Seen ist der Tengri-Nor (4600 m ü. M.), einige buddhistische
Klöster an seinen
Ufern sind die einzigen Wohnstätten.
Osttibet, das Gebiet nordöstlich vonLhassa bis zum
Huangho, ist gleichfalls ein von beträchtlichen Bergmassen
erfülltes
Hochland, doch unterscheidet sich dasselbe von dem westlichen
Plateau dadurch, daß zahlreiche nach O. und SO. strebende
Flüsse
[* 9] (Omtschu oder Dibong, Tsatschu,
Salwen,
Mekhong, Murussu oder Britschu, Jatschu, die beiden letztern Quellflüsse des
Jantsekiang) dasselbe durchziehen. Über die Hauptrichtung der Gebirgszüge Osttibets herrscht noch
keine
Klarheit; auf weite
Strecken gänzlich unbewohnt, beherbergt dies Gebiet einzelne wilde
Stämme, die kaum als
Unterthanen
der
Chinesen anzusehen sind und das Eindringen von S. her ähnlich erschweren wie die tibetischen Beamten an den Grenzorten
der Karawanenstraßen.
Von der großen
Hochebene führen 5000 m hohe
Pässe über den bis 7500 m hohen, mit
Schneegipfeln gekrönten
Plateaurand in das
Thal des
Brahmaputra, das bis 88° östl. L. v. Gr. noch immer
über 4000 m
hoch und daher nur von
Nomaden bewohnbar ist. Hier erst beginnt die Möglichkeit des Anbaues der
Gerste. Im
NO.
liegt das mit zahllosenSeen besetzte Quellgebiet des
Huangho, des Sternenmeers, westlich davon erhebt
sich das
Plateau zu 5400 m, dagegen senkt sich das von einem abflußlosen Salzmorast bedeckte
Becken von Tschaidam bis zu 2600 m;
am äußersten Nordrand des tibetischen
Plateaus liegt 3300 m hoch das
Becken des
Kuku-Nor.
Das
Klima
[* 10] hat einen durchaus kontinentalen
Charakter: die
Sommer sind kurz und heiß, die
Winter lang und
streng (bis -25° C.). Die Trockenheit ist ungemein, der atmosphärische
Niederschlag, fast nur Schneefall während des 5-7
Monate dauernden
Winters, beträgt kaum 25
mm. Die beim Auftauen des
Schnees mit
Feuchtigkeit sich vollsaugenden Moosarten ersetzen
zum Teil den Mangel an Waldungen, indem sie das gänzliche Ausdörren des
Bodens verhindern. Die Pflanzenwelt
ist, da die
Hochebenen größtenteils höchst unfruchtbar sind, eine sehr dürftige.
Die
Bevölkerung, deren Zahl auf 6 Mill. veranschlagt wird, gehört der großen
Mehrzahl nach zu den eigentlichen
Tibetern (Bod-dschi), einem mongolischen
Volk; daneben gibt es eigentliche
Mongolen (Sokpa),
Türken
(Hor) und
Kirgisen im N.,
Mohammedaner,
Chinesen und einige
Inder in
Lhassa und in den
Städten. Die Tibeter bewohnen außer Tibet noch
Bhutan,
Sifan, das Quellgebiet
des
Huangho und die obern Stufenländer der hinterindischen
Flüsse sowie im W.
Ladak und Baltistan.
Die Hauptbeschäftigung ist
Viehzucht,
[* 20] dann
Ackerbau; die gewerbliche Thätigkeit beschränkt sich auf
Anfertigung von groben Wollgeweben,
Filzen und Metallarbeiten für den Hausbedarf. Der
Handel mit
Hochasien,
Indien und
China
ist nicht unbedeutend; doch bereitet die chinesische
Regierung dem
Verkehr mit
Indien aus politischem Mißtrauen die größten
Schwierigkeiten. Den
Verkehr mit
China wie den
Binnenhandel haben die Klöster und die
Großen des
Landes
in
Händen.
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mehr
Waren werden auf den Rücken von Schafen und Ziegen oder auch von Menschen verschickt, Kunststraßen fehlen, und selbst auf den
Hauptverkehrswegen müssen Seilbrücken solidere Anlagen ersetzen. Der Handel ist vorwiegend Tauschhandel. Neben Thee statt Geld
kursieren chinesische Kupfermünzen und indische Rupien, oft zu Klumpen zusammengeschmolzen. Religion ist der Buddhismus in der
tibetischen Form. Begründer der tibetischen Lehre
[* 22] ist derMönch Tsonkhapa (1358-1419), der die Menge des zu Wissenden und zu
Verrichtenden in acht Gebote zusammenfaßte und unter der Geistlichkeit eine feste Hierarchie begründete, welche der Kitt der
bestehenden politischen Verhältnisse wurde.
Obenan steht der Dalai Lama, eine Verkörperung des Tschenresi (Padmapani), des göttlichen Stellvertreters
des Buddha auf Erden; seine Residenz ist Lhassa (s. d.). Nächst diesem kommt der Pantschen Rinpotsche, der zu Taschi Lhunpo (s. d.)
residiert und dort in einem kleinen Bezirk auch Hoheitsrechte ausübt. Beide Hohepriester gehen aus Wahl hervor unter Einwirkung
der chinesischen Regierung (s. Dalai Lama). Unter dem Dalai Lama stehen die Klosteräbte, unter diesen die
Priester (Lama), alle dem Cölibat unterworfen und in verschiedene Klassen zerfallend.
Die Klöster (Gonpa) sind weitläufige Gebäude (zuweilen eine ganze, von Ringmauern umgebene Stadt) und reich mit liegenden
Gründen bedacht. Durchschnittlich wird aus jeder Familie ein Sohn Lama. Die Mönche sind sehr ungebildet,
dabei von lockern Sitten. Die religiösen Gebräuche unterstützen den Aberglauben; weltbekannt ist die Anwendung des Gebetrades
(s. Gebetmaschine). Die Hauptfamilienakte vollziehen sich ohne Segen des Lama; aber bei jedem sonstigen Anlaß braucht man den
Lama als Geisterbeschwörer, der dabei große Fertigkeit in höherer Gaukelei bekundet.
Der eigentliche Gottesdienst ist durch Gepränge, Musik und Weihrauch geistverwirrend (vgl. E. Schlagintweit,
Buddhism in Tibet, Leipz. 1863). Eine zwischen 1861 und 1870 durch französische Missionäre in Bonga, südöstlich von Lhassa,
eingerichtete Missionsstation wurde unterdrückt. Die Verwaltung wird im Namen des Kaisers von China von Tibetern geführt, welche
ihre Bestallung von Peking
[* 23] aus erhalten. Der Dalai Lama widmet sich nur der Erfüllung seiner religiösen
Pflichten; die Besorgung der Regierungsgeschäfte liegt einem Stellvertreter ob, der aus den Mönchen eines der Hauptklöster
von Lhassa genommen wird.
ObersterRat sind 4 Minister und 16 Dezernenten für Zivil, Militärverwaltung, Gerichtswesen und Finanzen mit dem Sitz in Lhassa;
unter ihnen wirken Lokalbeamte. Chinesische Beamte überwachen in Lhassa, Mandarinen in den Provinzen die
Geschäfte; sie stehen unter dem Gouverneur von Setschuan, wie Tibet auch als Teil dieser Provinz gilt. Verwaltung wie Gerichtswesen
bieten jedoch durch Bestechlichkeit ein Zerrbild gesunden Staatslebens. Für den Bestand der chinesischen Oberherrlichkeit
sorgt eine Mandschutruppe von etwa 4000 Mann, die in zahlreichen kleinen Garnisonen untergebracht ist.
Außerdem wird im Inland eine Miliz ausgehoben. Der jetzige Dalai Lama, der 13. dieses Titels, wurde 1879 noch im Kindesalter
unter Feierlichkeiten, die drei Tage andauerten, eingesetzt.
[Geschichte.]
Die tibetischen Chroniken leiten das älteste dort regierende Königsgeschlecht von jenem der
Sakja ab, dem im 7. Jahrh. v. Chr. der Stifter des Buddhismus entsproß. Ein Inder, Namens Buddasri, soll ein halbes Jahrhundertv. Chr. die »kleinen Könige« in Tibet sich unterthan gemacht und
sich zum ersten Großkönig aufgeschwungen haben. Das Reich hieß
damals Jarlung (»oberes Thal«) und umfaßte die Uferländer des Jarlungflusses und seiner Zuflüsse.
InnereKämpfe füllten die Zeit bis 607, da trat als großer Eroberer Namri Srongtsan auf; Begründer des Buddhismus, einer
Litteratur und eines tibetischen Alphabets wurde Srongtsan Gampo (629-698), der dem Reich dabei viele neue Provinzen erwarb
und zu dem chinesischen Kaiserhaus durch eine Heirat in freundschaftliche Beziehungen trat; er verlegte
die Residenz nach Lhassa. Unter Kri Srongdetsan (744-786) stand Tibet auf der Höhe der Macht; bis an den Mustag hin, unter Türken
und Mongolen, verschaffte es sich Achtung; die Himalajaländer wurden abhängig, mit China über die Grenze ein Vertrag geschlossen
und dieser in eine Denksäule zu Lhassa eingeschnitten.
Mächtig war noch Ralpatschan (806-842); er ließ die heiligen Schriften in zwei Sammlungen bringen (vgl. Tibetische Sprache),
demütigte die äußern Feinde, darunter die Chinesen. Seine Gunstbezeigungen an den Klerus hatten eine innere Revolution zur
Folge, der König wurde ermordet, dem fremden Kultus Abbruch gethan und hierdurch Osttibet in kleinere Reiche
zersplittert wie auch den Chinesen geöffnet. In diesen Wirren wurde von Mitgliedern der Königsfamilie eine Seitendynastie
in Westtibet gegründet, Ladak (s. d.) und die angrenzenden Provinzen zum Buddhismus bekehrt. 1206 und 1227 erhob Dschengis-ChanTribut von im 14. Jahrh. trat Tsonkhapa (s. oben) als Reformator der Lehre auf und wurde Begründer der Allgewalt
der Priester. 1566 fielen die Ostmongolen in das nördliche Tibet ein; 1624 drang der Jesuitenpater A. Andrada als der erste christliche
Missionär in das südöstliche Tibet vor.
Eine große Umwälzung brachte dann der 1640 auf Anforderung des damaligen Dalai Lama erfolgte Zug
der am Kuku-Nor lagernden Choschotmongolen.
Die dem Dalai Lama ungünstigen Großen wurden vernichtet und dieser von den gläubigen Mongolen als Landesherr eingesetzt. Den
Mandschu bezeigte bereits 1642 der Dalai Lama Verehrung, 1651 begab sich dieser nach Peking zum Besuch des Kaisers. Die in Kaschgar,
Jarkand und Ili herrschenden Dsungaren wollten nicht dulden, daß China über die Wahl des Dalai Lama verfüge;
um Tibet von sich abhängigen machen, zogen sie vor Lhassa, stürmten dies vergeblich, bekamen es aber durch Verrat
in die Hand
[* 24] und wüteten schrecklich.
Der chinesische Kaiser Kanghi wurde nun von den Tibetern um Hilfe angegangen, seine Armee rückte in vier
Haufen ein, schlug die Dsungaren in mehreren Treffen und begründete so 1720 die Oberherrschaft der heute noch herrschenden
Mandschudynastie über Tibet. Ein 1727 ausgebrochener Aufstand wurde blutig unterdrückt, und Tibet behielt nun Ruhe bis 1791, während
welcher Zeit jedoch China manchen unbequemen Würdenträger mittels Gifts beseitigt haben soll. Die Weigerung
der Tibeter, mit Nepal einen billigen Münzvertrag abzuschließen, führte zum Krieg mit diesem; China schickte Truppen und schlug 1791 das
nepalische Heer. Zwischen 1837 und 1844 ließ der ehrgeizige Regent (der weltliche Stellvertreter des Dalai Lama) drei DalaiLamas ermorden, wurde schließlich der That überführt, verbannt und die chinesische Verwaltung noch straffer
angezogen. Insbesondere wurden die Großen des Landes dadurch mißgestimmt, daß der Regent nunmehr nur aus der Reihe der Priester
genommen ward; die Priester hinwieder wurden darum unbotmäßig, weil seit einigen Jahrzehnten infolge der Aufstände der Taiping
und
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