Das
Profil des langgestreckten Gebirgszugs mit seinen zahlreichen, schön gerundeten Gipfeln und muldenförmigen
Vertiefungen bildet eine fortlaufende, sanft gekrümmte Wellenlinie, die namentlich von der Nordseite her einen ungemein
malerischen Anblick darbietet. Der
Kamm selbst erhebt sich nur an wenigen
Stellen über 900 m, während die
Höhe seiner
Ausläufer
zwischen 200 m (bei
Eisenach undSaalfeld)
[* 11] und 490 m (bei
Ilmenau) schwankt. Im allgemeinen kann man den
thüringer Wald nach seiner Längenausdehnung in zwei Hälften teilen, die in ihrer von der geognostischen
Zusammensetzung abhängigen
Oberflächengestalt sich wesentlich voneinander unterscheiden.
Auf ihrer etwa durch die
LinieEisfeld-Amtgehren bezeichneten
Grenze haben die Gewässer, welche das
Gebirge drei Hauptströmen
(Elbe,
Weser und
Rhein) zusendet, ihren Quellknoten. Der nordwestliche Teil bildet eine schmale, gegen
Eisenach keilförmig zugespitzte,
durch einen hohen
Kamm geschlossene Bergkette mit steilem
Abfall nach N. und S. Da, abgesehen von räumlich beschränkten Gebieten
kristallinischen
Urgebirges
(Granit-,
Gneis- und Glimmerschiefergebiet von
Brotterode), die
Ablagerungen der
Karbon-Rotliegend-Zeit
und von diesen wiederum vorwaltend die Lavaströme porphyr- und melaphyrartiger
Gesteine
[* 12] die Hauptmasse
dieses etwa 75 km langen, 15 bis 22 km breiten Gebirgsabschnitts zusammensetzen, so herrschen die den Eruptivgebieten eignen
steilen, zerrissenen, durch malerisch geformte Thalgründe zerklüfteten Terrainformen vor. In diesem vorzugsweise von
Bade-
und
Kurorten belebten Teile liegen zugleich die höchsten und besuchtesten Gipfel des
Gebirges: der
Inselsberg
(915 m), der
GroßeBeerberg (983), der
Schneekopf (978), der
Finsterberg (947), der
Kickelhahn (861 m) u. a. Der südöstliche
Teil (den
Wetzstein als
Grenze angenommen) stellt sich als ein fast ebenso langes, dagegen 40-50 km breites, wellenförmiges,
hauptsächlich aus
Phyllit,
Thonschiefer und
Grauwacke bestehendes
Hochland dar, mit steilem
Abfall nach S.,
breitfüßigen und flach geböschten
Bergen,
[* 13] welche sich nur wenig über das allgemeine
Niveau erheben, und langgestreckten,
etwas
einförmigen, aber von gewerblichem und industriellem
Verkehr vielfach belebten
Thälern. Als höchste
Punkte sind hier
zu nennen: das Kieferle (877 m), die KursdorferKuppe (805), der Wurzelberg (837) und der
Wetzstein (821
m). - Der
Wald besteht vorherrschend aus
Tannen und
Fichten, neben denen auch bedeutende Laubwaldbestände vorkommen, gegenwärtig
fast überall Gegenstand einer sorgfältigen
Kultur. Die am höchsten gelegenen, stets bewohnten
Orte sind:
Neustadt
[* 14] a. R. (925
m),
Igelshieb (835),
Steinheid (814),
Neuhaus a. R. (812), Oberhof (811),
Oberweißbach (754),
Schmiedefeld
(728 m) etc., fast alle im südöstlichen Teile des Thüringer
Waldes liegend.
In geognostischer Beziehung gehört der thüringer Wald zu den interessantesten und lehrreichsten
GebirgenDeutschlands.
[* 15] Das nordwestliche
Ende besteht aus Rotliegendem; weiterhin gegen SO. wächst in der Nachbarschaft des inselartig
hervortauchendenKernes kristallinischen Grundgebirges
(Granit,
Gneis,
Glimmerschiefer) die Zahl und Mannigfaltigkeit
der karbonisch-rotliegenden
Sedimente und besonders der gleichalterigen Eruptivgesteine mit ihren Tuffbildungen.
Porphyr,
Porphyrit,
Melaphyr in den verschiedenartigsten Abänderungen durchsetzen gangförmig und stockförmig oder überlagern
deckenförmig die bisweilen stark zurücktretenden und in ihrem Lagerungsgefüge durch zahlreiche
Verwerfungen gestörten
Schichtgesteine. Dabei walten in den gewaltigen, Lavaströmen vergleichbaren Deckenergüssen der tiefern
(karbonischen)
Stufe, wie
sie denGranit von
Suhl,
[* 16] Vesser,
Schmiedefeld und
Stützerbach überlagern, die basischen Eruptivgesteine
(Melaphyr, Glimmerporphyrit), in der höhern, dem Rotliegenden zugerechneten
Stufe, insonderheit auf der
StreckeTambach, Oberhof,
Elgersburg, dagegen die sauren
Glieder
[* 17] (Quarzporphyr etc.) vor.
Südöstlich der
LinieAmtgehren,
Neustadt a. R., Unterneubrunn hören die zusammenhängenden Eruptivgesteinsdecken
ziemlich plötzlich auf, und die
Glieder des kambrisch-phyllitischen Schiefersystems
(Thonschiefer,
Grauwacke,
Quarzit) mit den
bei Siegmundsburg aufgefundenen Vertretern der ältesten
Fauna treten in der ganzen
Breite des Waldgebirges hervor.
Schon hart
an der
Grenze gegen den
Frankenwald lagern sich in schmalem, von
SW. bis
NO. laufendem
Streifen von
Steinach
über Spechtsbrunn,
Gräfenthal nach
Saalfeld die
Glieder des
Silur- und Devonsystems auf, ihrerseits den weit in den
Frankenwald
in großer
Fläche verbreiteten
Kulm (Unterkarbon) tragend.
Der ganze Gebirgskörper erscheint als ein durch gewaltige Bruchlinien
(Verwerfungen) von dem ihn allseitig umgebenden, eingesunkenen,
aus Buntsandstein,
Muschelkalk und Keuper gebildeten hügeligen
Vorland losgetrennter und stehen gebliebener
horstförmiger
Keil. Wo das
Absinken des
Vorlandes von demselben weniger in Gestalt scharfer, schnittförmiger
Brüche als durch
eine Schichtenverbiegung und Niederziehung erfolgte, ist die Zechsteinformation als bald breiterer, bald schmälerer Randsaum
des
Gebirges erhalten.