die »Systematische
Darstellung der Fortpflanzungsgeschichte der
Vögel
[* 2]
Europas« (mit seinem
Bruder G. A. W. ThienemannundChr.
L.Brehm, Leipz. 1825 bis 1838, 5 Abtlgn.) und »Fortpflanzungsgeschichte
der gesamten
Vögel« (das. 1845-56, 10 Hefte mit 100 Tafeln);
»Reise im
Norden
[* 3]
Europas« (das. 1824 bis 1827, 2 Bde.).
(spr. tjerri), 1)
Augustin, hervorragender franz. Geschichtschreiber, geb. zu
Blois, besuchte die
Normalschule in
Paris,
[* 9] widmete sich dem
Studium der Geschichte, namentlich der französischen und englischen,
ward 1830 Mitglied der
Akademie und starb erblindet in
Paris. Er schrieb: »Histoire de la conquête de l'Angleterre
par les Normands« (Par. 1825, 4 Bde.;
deutsch, Berl. 1830-1831, 2 Bde.),
»Lettres sur l'histoire de
France« (Par. 1827, 13. Aufl. 1868),
»Dix ans d'études historiques« (1834, 11. Aufl.
1868),
»Récits des temps mérovingiens« (1840, 2 Bde.,
in vielen
Ausgaben; deutsch, Elberf. 1855),
die von der
Akademie mit einem Hauptpreis gekrönt wurden,
»Essai sur l'histoire de la formation et des progrès du
tiers-état« (1853, neue Ausg. 1868),
welche Werke zuletzt in 9
Bänden
(Par. 1883) gesammelt erschienen, und gab den
»Recueil des monuments inédits de l'histoire du
tiers-état« (das. 1843-70, 4 Bde.)
heraus.
Vgl. Aubineau, M. Aug.
Thierry, son système historique et ses erreurs (2. Aufl., Par.
1879).
starb Er schrieb: »Histoire
des
Gaulois jusqu'à la domination romaine« (Par. 1828, 3 Bde.; 6. Aufl.
1877, 2 Bde.);
»Histoire de la
Gaule sous la domination romaine« (1840-47, 3 Bde.; 4. Aufl., 2 Bde.);
»Récits (und «Nouveaux récits") de l'histoire romaine au V. siècle" (1860-1878, 6 Bde.:
»Alaric«, »Placidie«,
»Derniers temps de l'Empire d'Occident«,
»Saint
[* 11]
Jérôme, la société chrétienne à
Rome et l'émigration romaine en
TerreSainte«,
»SaintJean Chrysostome et l'impératrice
Eudoxie«,
»Nestorius et
Eutychès«);
»Tableau de l'Empire romain« (das. 1862 u.
öfter);
»Histoire d'Attila et de ses successeurs« (das. 1864; 6. Aufl.
1876, 2 Bde.; deutsch, Leipz.
1874).
(spr. tjähr),LouisAdolphe, franz. Staatsmann und Geschichtschreiber, geb. zu
Marseille
[* 12] als Sohn eines
Advokaten, studierte in
Aix die
Rechte, ließ sich 1820 daselbst als
Advokat nieder, begab sich aber
schon im
September 1821 mit seinem
FreundMignet nach
Paris, um dort als Journalist seine
Talente geltend zu machen. Er schrieb
zuerst für den »Constitutionnel«, das vornehmsteOrgan der liberalen
Partei, und veröffentlichte außer
einer mehrfach aufgelegten
Schrift über
JeanLaw (1826, neue Ausg. 1878) 1823-27 seine
»Histoire de la
Révolution française«
in 6
Bänden (15. Aufl. 1881, 10 Bde.;
deutsch von
Jordan, Leipz. 1854), welche seinen
Ruhm als
Historiker begründete.
Als
Karl X. durch die Ernennung des
MinisteriumsPolignac der liberalen
Partei den
Krieg erklärte, gründete
diese unter der Leitung von Thiers,
ArmandCarrel und
Barrot im
Januar 1830 den
»National«, der durch die
Kraft
[* 13] und Kühnheit seiner
Polemik gegen die bestehende Dynastie bald großen Einfluß gewann. Besonders elektrisierte die
Massen das von Thiers erfundene
Schlagwort: »Le
[* 14] roi règne, mais ne gouverne
pas«. Als die berüchtigten
Ordonnanzen erschienen,
versammelten sich die
Redakteure aller liberalen
Journale im
Büreau des
»National« und erließen unter Thiers' Leitung einen
Protest
gegen diese Regierungsmaßregel.
Quadrupelallianz vom 15. Juli entgegen den Vizekönig von Ägypten
[* 21] zu unterstützen und in dem allgemeinen Krieg die Rheingrenze
wiederzugewinnen, scheiterte an der Weigerung des friedfertigen Königs. Thiers reichte daher 21. Okt. seine Entlassung ein und griff
den schon früher gefaßten Plan wieder auf, die Geschichte Napoleons I. zu schreiben, zu welchem Behuf
er 1841 bis 1845 dessen Schlachtfelder in Deutschland
[* 22] und Italien
[* 23] bereiste. In der Kammer gesellte er sich wieder zur Opposition,
deren Führung er jedoch nicht erlangte, obwohl er bei den Verhandlungen über die Regentschaft (1842), die Jesuiten (1845) und
die Rechte derUniversität (1846) heftig gegen die Regierung auftrat.
Als die Februarrevolution von 1848 den König zwang, das MinisteriumGuizot zu entlassen, sollte Thiers mit Barrot ein neues bilden,
durch welches LudwigPhilipp den Sturm besänftigen wollte. Dasselbe kam aber nicht mehr zu stande, und hielt es für geraten,
nach Proklamierung der RepublikParis zu verlassen. Er blieb Orléanist und nahm in der Nationalversammlung
eine Mittelstellung ein. Den PlänenNapoleons wirkte er eifrig entgegen und ward daher beim Staatsstreich verhaftet
und dann in das Ausland entlassen. 1852 ward ihm die Rückkehr nach Frankreich gestattet, wo er sich elf Jahre lang vom öffentlichen
politischen Leben fern hielt und sich ganz der schriftstellerischen Thätigkeit widmete. Die Frucht derselben
war die »Histoire du Consulat et de l'Empire« (Par. 1845 bis 1862, 20 Bde.;
Register 1869; deutsch von Bülau, Leipz. 1845-62, 20 Bde.;
von Burckhardt und Steger, das. 1845-60, 4 Bde.). 1863 wurde
Thiers in Paris in den GesetzgebendenKörper gewählt und ward hier der Führer der kleinen, aber mächtigen
Opposition. Er bekämpfte in glänzenden Reden (»Discours prononcés au Corps législatif«, Par. 1867) besonders den falschen
Konstitutionalismus und die auswärtige Politik des Kaiserreichs, sowohl in Zollfragen als namentlich die Intervention in Italien,
welche die Gründung der italienischen Einheit, und sein Verhalten 1864-66 in der deutschen Frage, welches
Sadowa zur Folge gehabt habe. Um das legitime Übergewicht Frankreichs zu behaupten, drang er auch auf Aufrechthaltung eines
tüchtigen stehenden Heers nach altem System, da er von allgemeiner Wehrpflicht und Volksbewaffnung nichts wissen wollte.
Mit um so größerer Energie widersetzte er sich der übereilten Kriegserklärung und erklärte
mit später bestätigter Einsicht Frankreich für nicht gerüstet. Nach dem Sturz des Kaiserreichs übernahm er im September
eine Rundreise an die Höfe der Großmächte, um sie zu einer Intervention für Frankreich zu veranlassen, kehrte aber Ende
Oktober unverrichteter Sache zurück und begann nun im Auftrag der Regierung Unterhandlungen mit dem deutschen
Hauptquartier über einen Waffenstillstand, die ebenso erfolglos endeten.
Der Kommuneaufstand in Paris18. März brachte Thiers in die höchste Bedrängnis, und nur seinem Mut und Selbstvertrauen
sowie seiner unermüdlichen Thätigkeit war
es zu danken, daß derselbe überwunden und gleichzeitig 10. Mai definitive Friede
mit Deutschland abgeschlossen wurde. Daran schlossen sich die erfolgreichen Maßregeln zur Beschaffung der nötigen Geldmittel.
Am ward er auf drei Jahre zum Präsidenten der Republik ernannt. Nun begannen aber die Schwierigkeiten des Parteigetriebes
in der Nationalversammlung.
Die monarchistischen Parteien sahen sich in ihren Hoffnungen auf Thiers' energische Unterstützung getäuscht und rächten sich
durch gehässige Angriffe und Ränke, obwohl Thiers den klerikalen Ansprüchen möglichst nachgab. Als daher
Thiers, überzeugt, daß die Herstellung des Königtums in Frankreich, besonders des orléanistischen, eine Unmöglichkeit und
die Republik die einzig mögliche Regierungsform sei, die definitive Konstituierung der Republik von der Nationalversammlung
verlangte, beschloß die klerikal-monarchistische Majorität derselben, da die Zahlung der Kriegsentschädigung an Deutschland
und die Räumung des Gebiets durch den Vertrag vom gesichert waren, Thiers zu stürzen. Am 19. Mai brachte die Rechte
eine Interpellation ein über das neue Ministerium, welches Thiers berufen hatte, um seine Verfassungsvorschläge für die Republik
durchzuführen; nach heftiger Debatte ward 23. Mai ein Tadelsvotum gegen dies Ministerium mit 360 gegen 344 Stimmen
angenommen und, als Thiers darauf seine Entlassung gab, diese mit 368 gegen 338 Stimmen genehmigt. Thiers zog sich darauf wieder vom
öffentlichen Leben zurück und nahm nur an wichtigen Abstimmungen in der Deputiertenkammer teil.
Nach dem Staatsstreich vom richteten sich die Hoffnungen aller Republikaner wieder auf Thiers als
das Haupt einer gemäßigten Republik, aber er starb plötzlich zu St.-Germain en Laye infolge eines Schlaganfalls
und wurde am 8. in Paris feierlich bestattet. 1879 wurde ihm ein Standbild in Nancy,
[* 26] 1880 ein solches in St.-Germain errichtet.
Thiers, von kleiner Gestalt, aber scharf geschnittenen, lebendigen Zügen, war einer der bedeutendsten Staatsmänner
Frankreichs im 19. Jahrh. und jedenfalls der populärste.
Seine Doktrin war die des konstitutionellen Systems, in welchem der aufgeklärte, wohlhabende Bürgerstand die beste Sicherung
seiner geistigen und materiellen Güter erblickte, und welches Thiers unter der Julimonarchie verwirklicht zu
sehen gehofft hatte. Deshalb war ihm die militärische Demokratie eines Napoleon III. verhaßt. Aber über allen Doktrinen stand
bei Thiers seine Nation, Frankreich. Dessen Ruhm und Größe zu vermehren, war sein höchstes Ziel, wie er denn auch ein echter Franzose
mit allen Vorzügen und Schwächen dieses Volkes war; er besaß eine unermüdliche Arbeitskraft, feine,
edle Bildung, Scharfblick, eine sanguinische Elastizität des Geistes und echten Patriotismus, dabei aber eine naive Selbstsucht
und Eitelkeit.
Als Geschichtschreiber verherrlichte er die Freiheitsideen der französischen Revolution und den Kriegsruhm Napoleons I. in
schwungvoller Sprache
[* 27] und glänzender Darstellung, jedoch keineswegs stets wahrheitsgetreu und unparteiisch. Ganz erfüllt
von der Idee, daß Frankreichs berechtigte Suprematie das politische GleichgewichtEuropas bedinge und die kleinen deutschen
und italienischen Staaten für diese Suprematie notwendig seien, war er ein heftiger Gegner der italienischen und deutschen
Einheitsbestrebungen und, obwohl Voltairianer, ein Beschützer des Kirchenstaats. Thiers' »Discours parlementaires« wurden von
Calmon (1879 bis 1883, 15 Bde.) herausgegeben.
Vgl. Laya,
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