stande ist. Im gemeinen
Leben pflegt man unter im
Gegensatz zur
Praxis die bloße
Erkenntnis einer
Wissenschaft ohne Rücksicht
auf Anwendung derselben zu besondern
Zwecken zu verstehen (danach theoretisch, s. v. w. der Theorie angehörig, wissenschaftlich).
In dieser Beziehung behauptet man oft, daß etwas in der Theorie wahr, für diePraxis aber unbrauchbar sei,
welche Behauptung insofern gegründet sein kann, als die
Gedanken nach des Dichters
Wort »leicht bei einander wohnen«, die
Sachen aber, deren die That zur Verkörperung des
Gedankens bedarf, »sich hart im
Raume stoßen«. - Bei den Griechen hießen
Theorien insbesondere auch die Festgesandtschaften, welche von den einzelnen
Staaten zu den großen Nationalfesten
sowie zu den
Festen befreundeter
Staaten geschickt wurden, um sich offiziell an der
Feier zu beteiligen. Diese Festgesandtschaften
waren Ehrengäste des betreffenden
Staats.
(griech.), bei den alten Athenern das Theatergeld, eine seit
Perikles aus der Staatskasse an die ärmern
Bürger gezahlte Spende von zwei Obolen (25
Pfennig), um ihnen den Theaterbesuch zu ermöglichen;
dann im Unterschied von der
Theologie und
Philosophie
das angeblich höhere
Wissen von Gott und
Welt, welches der
Mystik (s. d.) infolge unmittelbarerAnschauung
und göttlicher
Erleuchtung zu teil werden soll. Theosophie ist daher ein Gesamtname für alle mystischen
Systeme, insonderheit auch
der auf den
Neuplatonismus zurückgehenden pantheistischen.
(griech.), Götterbewirtung, ein im alten
Griechenland
[* 2] in manchen Gegenden gefeiertes
Fest, an welchem neben
der Hauptgottheit des Lokalkultus auch alle übrigen
Götter gleichsam als
Gäste derselben gefeiert wurden.
Athener, Adoptivsohn Hagnons, fein gebildet, klug und beredt, aber charakterlos, gehörte anfangs zur gemäßigten
Partei der Oligarchen und nahm 411
v. Chr. am Umsturz der Solonischen
Verfassung, dann aber, zur
Volkspartei übergehend, an
ihrer Herstellung teil. Er kämpfte darauf bei
Kyzikos, vor Byzanz und bei den
Arginusen mit; da er sich
aber zurückgesetzt und seinen
Ehrgeiz nicht befriedigt fand, so ging er wieder zur volksfeindlichen
Partei über und betrieb
die
Verurteilung der sechs
Feldherren, welche bei den
Arginusen gesiegt, wegen der
Versäumnis der Aufsammlung
der
Leichen, welche eigentlich ihm selbst zur
Last fiel.
Nachdem er 405 bis 404 durch seine langwierigen
Verhandlungen mit
Lysandros die
Athener an einer mutigen
Verteidigung ihrer Stadt
gehindert
und sie zum schimpflichen
Frieden gezwungen hatte, erreichte er das
Ziel seiner Herrschsucht, indem er zu einem der 30
Tyrannen ernannt wurde.
Da er die Grausamkeiten seiner Genossen nicht billigte und dem gewaltthätigen
Kritias sich
widersetzte, ward er 403 von diesem zum
Tod verurteilt und mußte den Giftbecher leeren.
Vgl. Pöhlig, Der
Athener Theramenes (Leipz.
1877).
Übrigens kennen wir sie bloß aus einer etwas zweifelhaften
Schrift:
»De vita contemplativa«,
welche bislang
Philo zugeschrieben wurde, jetzt aber als Machwerk christlich-asketischen Ursprungs erkannt ist, und ihre historische
Existenz steht keineswegs ganz fest.
(griech.,
»Dienst,
Pflege«, Heilkunst), derjenige Teil der
Medizin, welcher den eigentlichen
Endzweck des medizinischen
Wissens bildet, die
Lehre
[* 5] von der Behandlung der
Krankheiten. Die
Mutter der Therapie ist die
Erfahrung,
und so findet sich in den Uranfängen der medizinischen
Kunst noch vor
Hippokrates oder irgend einer ausgebildeten
Lehre die
empirische Behandlung vor, welche bis auf unsre
Tage ihr gutes
Recht geltend macht und nicht selten Aufgaben
löst, die für die exakte Forschung noch auf lange Zeit ein
Buch mit sieben
Siegeln sind. So hat vor mehreren
Jahrhunderten
die
Erfahrung gelehrt, daß das Einimpfen von Kuhpockenlymphe einen
Schutz gegen die wahren
Pocken gewährt; seitdem sind dank
der durchgreifenden Einführung der
Impfung
[* 6] die Blatterepidemien aus den Kulturländern fast verschwunden, und noch immer
sucht man nach der
Ursache, auf welcher dieser geheimnisvolle
Schutz beruht.
Seit langem ist die geradezu spezifische
Wirkung des
Quecksilbers gegen die
Syphilis oder des
Chinins gegen das
Wechselfieber
bekannt, jeder
Arzt wendet dieseMittel empirisch an, aber niemand kann Auskunft geben, auf welche
Weise
diese
Wirkung zu stande kommt. Neben der Erfahrungstherapie hat es zu allen
Zeiten eine rationelle Behandlung gegeben. Diese
Ratio nun ist so wechselvoll gewesen wie die vielfachen
Systeme und
Schulen der
Medizin (s. d.) selbst, welche im
Lauf der Jahrtausende
aufeinander gefolgt sind, und rationelle Therapie bedeutet darum nichts allgemein Feststehendes,
sondern nur ein auf dem
Grund irgend welcher gerade herrschenden
Lehre aufgebautes Heilverfahren. Es ist z. B. rationell, wenn
man einen Nierenkranken, dessen Harnabsonderung stockt, in heiße
Decken hüllt, damit die im
Blut sich anhäufenden schädlichen
Stoffe auf einem andern Weg durch den
Schweiß, aus dem
Körper entfernt werden. Diese Therapie beruht auf einer
Reihe von wissenschaftlich begründeten
Vorstellungen, bei denen der
Arzt zielbewußt handelt, während er beim
Wechselfieber
vorläufig das »Warum« seiner Therapie noch nicht kennt. -
Radikalkur ist eine solche Therapie, bei welcher das Übel gleichsam mit der
Wurzel
[* 7] (radix) ausgerissen werden kann, z. B. eine erfolgreiche Bandwurmkur, die Durchschneidung
verkürzter
Sehnen, das
Ausziehen eines schmerzenden
Zahns etc. Ist eine solche gründliche Therapie nicht möglich, etwa weil das
Organ nicht zugänglich ist, so muß sich die Therapie beschränken, die drohendsten oder lästigsten
Symptome, z. B. den
Schmerz
durch Betäubungsmittel, zu bekämpfen (symptomatische Therapie). Liegt eine
Krankheit vor, bei welcher erfahrungsgemäß
ein günstiger
Ausgang zu erwarten ist, wie bei
Masern, leichten
Fällen von
Lungenentzündung bei kräftigen
Personen, so muß
sich der
Arzt abwartend verhalten und nur jederzeit aufmerksam sein, daß nicht etwanige neue Übel hinzutreten; man spricht
dann wohl von exspektativer Therapie, die aber eben nur eine
Beobachtung ist. Dies sind dann die
Fälle, bei
denen die
Homöopathie, die
Naturheilung und andre
Systeme ihre
Triumphe feiern, da sich eben die
Prozesse durch kein
Mittel in
ihrem
Ablauf
[* 8] beschleunigen lassen. Das Vorbeugen
¶
mehr
durch Schutzmaßregeln, welche die Entstehung oder Verbreitung einer Krankheit hemmen, heißt Prophylaxis. Eine Therapie ohne eine
gründliche Kenntnis der Pathologie ist weder wissenschaftlich denkbar noch vor dem Gewissen eines ehrlichen Menschen zu verantworten.
Es gibt deswegen kein Lehrbuch der Therapie, das nicht gleichzeitig ein solches der Pathologie wäre, wohl aber
Lehrbücher der Pathologie, welche nicht von Therapie handeln.