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und das Berliner [* 2] Viktoria-Theater. Sowohl der die Vorder- und Hinterbühne einschließende Gebäudeteil als auch die für die verschiedenen Säle, Foyers, Treppen [* 3] und Korridoranlagen erforderlichen Anbauten erhalten dann aus dem gleichen Grund rechteckige Begrenzung, wodurch die Form der neuern Theater [* 4] eine mit mehr oder minder großem Geschick ausgebildete kombinierte, aus Rechteck- und Rundbau bestehende wird. Die merkwürdigste, zwar sehr reiche, aber etwas gezwungene Kombination dieser Art zeigt die von Garnier erbaute Große Oper in Paris, [* 5] während diejenige des Dresdener Theaters dem Innern genau angepaßt und natürlich ist. Die Bekrönung der einzelnen Teile und ihre äußere Verzierung wird meist durch Figuren oder [* 1] Figurengruppen unterstützt.
Die Stilformen des Hauptinnenraums bewegen sich bei den neuern Theatern fast durchweg, je nach dem Grad ihres Reichtums, in einer frühern oder spätern Epoche des Renaissancestils, wobei die figürliche Skulptur eine mehr oder minder hervorragende Rolle spielt. Karyatiden, [* 6] Atlanten an den Proszeniumslogen, schwebende Figuren in den Gewölbzwickeln der Decke [* 7] (wie an der Pariser Oper), Statuen und Medaillons von Musen [* 8] und Musengruppen, bedeutenden Ton- und Dramendichtern etc. bilden die Motive.
Die Dekorationsmalereien entfalten sich vorwiegend an dem Plafond. Als ein Hauptschmuck des Zuschauerraums tritt endlich außer den übrigen Arm- und Wandlampen der Kronleuchter hervor, dessen Lampen [* 9] sich in zwei und mehr (an der Pariser Oper in vier) Etagen von ungleichen Durchmessern aufbauen und sowohl durch Aufziehen und Niederlassen als auch durch die Regulierung der Gasflammen einen mehr oder minder hellen Lichteffekt erzeugen können. Die in der Nähe des Plafonds aufgehängten sogen. Sonnenbrenner dienen zugleich zur Beförderung der Ventilation des Innenraums, welche bisweilen, z. B. beim Dresdener Theater, noch durch einen besondern, auf dem Dachstuhl [* 10] ruhenden Ventilator unterstützt wird. Zu den schon in der Bauanlage getroffenen Vorsichtsmaßregeln zur Abwendung der Feuersgefahr (Löschanstalten, ausreichende Ausgänge, zahlreiche feuersichere Treppen, nach außen sich öffnende Zwischen- und Außenthüren, Vorplätze, zur Abführung des Rauches dienende Ventilationseinrichtungen etc.) kamen in neuerer Zeit als bedeutungsvoll hinzu: die Aufführung einer soliden Brandmauer zwischen Bühne und Zuschauerraum in Verbindung mit dem in der Proszeniumsöffnung angebrachten hydraulisch bewegbaren Metallvorhang (s. oben) zur raschen Isolierung beider Räume bei Ausbruch eines Brandes;
Ersatz der Gasbeleuchtung durch elektrische Beleuchtung [* 11] in allen Teilen des Theaters;
Schutz aller Theaterrequisiten und des Holzwerks auf der Bühne gegen rasche Entzündbarkeit mittels chemischer Imprägnierung mit unbrennbaren Stoffen.
Der am ausgebrochene verhängnisvolle Brand des Wiener Ringtheaters führte indessen zu der Einsicht, daß der technische Teil des Theaterwesens den Anforderungen, welche die Richtung der heutigen Kunst an denselben stellt, überhaupt nicht mehr gewachsen sei und einer durchgreifenden Umgestaltung bedürfe. Dieser Einsicht verdankt ein Entwurf nach dem System »Asphaleia« zu einem nicht nur feuersichern, sondern auch technisch zeitgemäß umgestalteten Theater seine Entstehung, welcher bei dem 1885 eröffneten königlichen Opernhaus in Budapest [* 12] seine erste, bereits bewährte Anwendung gefunden hat und seitdem auch anderwärts nachgeahmt worden ist. Weiteres darüber s. in der Textbeilage zur beifolgenden Tafel.
Die schönsten Theatergebäude in Deutschland [* 13] finden sich zu München, [* 14] Berlin [* 15] (Schauspielhaus, Opernhaus, Viktoria- und Wallnertheater), Wien [* 16] (Opernhaus, Hofburgtheater, s. Tafel »Wiener Bauwerke«, [* 17] und das an der Wien), Hannover, [* 18] Dresden, [* 19] Leipzig, [* 20] Magdeburg, [* 21] Köln, [* 22] Bremen, [* 23] Karlsruhe, [* 24] Braunschweig, [* 25] Halle, [* 26] Darmstadt, [* 27] Frankfurt [* 28] a. M., Prag, [* 29] Budapest. Das Wagnertheater in Baireuth [* 30] wurde bereits oben erwähnt. In Frankreich zeichnen sich aus das Théâtre-Français, die neue Große Oper und das Châtelettheater in Paris, die Theater von Lyon, [* 31] Marseille [* 32] und Bordeaux; [* 33] in Italien [* 34] die Theater San Carlo in Neapel, [* 35] della Scala in Mailand [* 36] und Fenice in Venedig. [* 37]
Das größte Theater in Rußland ist das zu Petersburg [* 38] (durchaus von Stein und Eisen [* 39] bis auf das Podium und den Maschinenboden). Londons größte Theater sind das Drurylane- und das Coventgardentheater. Die größten der modernen Theater fassen 3-7000 Zuschauer (della Scala 7000, San Carlo 7500, das Theater in Chicago, gegenwärtig das größte der Welt, hat 8000 Sitzplätze).
Vgl. aus der neuern Litteratur Gosset, Traité de la construction des théâtres (Par. 1885);
Garnier, Le [* 40] nouvel Opera de Paris (das. 1876-81);
»Das neue Opernhaus in Wien« (Wien 1879);
Gwinner, Das neue königliche Opernhaus in Budapest (das. 1885);
Staude, Das Stadttheater zu Halle (Halle 1886);
Fölsch, Theaterbrände und die zu der Verhütung derselben erforderlichen Schutzmaßregeln (Hamb. 1878);
Gilardone, Handbuch des Theaterlösch- und Rettungswesens (Straßb. 1882-84, 3 Bde.).
Über die Geschichte des Theaters im weitern Sinn vgl. Schauspielkunst. - Anatomisches Theater (Anatomie), das Gebäude, in welchem Anatomie gelehrt und ausgeübt wird, besonders der Hörsaal mit amphitheatralisch erhöhten Plätzen.