Schon 1848 erkannte man allgemein das Willkürliche der strafgesetzlichen Zersplitterung in
Deutschland;
[* 10] die
Grundrechte verordneten
ein einheitliches deutsches
Strafgesetzbuch, und auch der erste deutsche
Juristentag inBerlin
[* 11] erklärte
auf v. Kräwels
Antrag die Strafrechtseinheit für notwendig. In die norddeutsche Bundesverfassung ging dieser nationale
Wunsch
als Verfassungsartikel über. Auf der äußerlichen Grundlage des preußischen
Strafgesetzbuchs von 1851 ruhend, entstand
alsdann das ehemalige norddeutsche
Strafgesetzbuch vom das demnächst nach Begründung des Kaisertums in veränderter
Redaktion als deutsches
Reichsstrafgesetzbuch vom noch einmal publiziert ist, seit in
ganz
Deutschland gilt und auch im
Reichsland eingeführt wurde.
Nicht alles S. ist für
Deutschland einheitlich geordnet. Neben dem Reichsstrafrecht besteht ein Landesstrafrecht innerhalb
derjenigen
Materien, die von
Reichs wegen nicht geordnet wurden oder der
Gesetzgebung der einzelnen
Staaten
ausdrücklich überlassen blieben. Im großen und ganzen trägt das
Reichsstrafgesetzbuch den Grundzug der
Milde, die hauptsächlichsten
Mängel des preußischen
Strafgesetzbuchs sind beseitigt. Solange jedoch das vom
Reichstag erforderlich erachtete Strafvollzugsgesetz
fehlt, bleibt die strafrechtliche
Einheit unvollständig.
Neuere Lehrbücher von
Berner (15. Aufl., Leipz. 1888),
HugoMeyer (4. Aufl.,
Erlang.
1886),
Schütze (2. Aufl., Leipz. 1874), v.
Bar (Bd. 1, Berl. 1882), v.
Lißt (2. Aufl., das. 1884) und v.
Wächter (Vorlesungen, Leipz. 1881).
Vgl. auch v.
Holtzendorff, Handbuch des deutschen Strafrechts in Einzelbeiträgen (verschiedene Verfasser,
Berl. 1871-77).
Kommentare des
Reichsstrafgesetzbuchs von Oppenhoff (11. Aufl., Berl. 1888),
Schwarze (5. Aufl., Leipz. 1884),
Olshausen (2.
Aufl., Berl. 1886, 2 Bde.),
Rüdorff (13. Aufl., das. 1885) u. a.
Grundrisse zu Vorlesungen von
Binding (3. Aufl., Leipz. 1884),
Geyer
(Münch. 1884 f.) u. a.
Herbst, Handbuch des
österreichischen Strafrechts (7. Aufl.,
Wien
[* 24] 1883, 2 Bde.); Janka, Österreichisches S.
(Prag
[* 25] 1884); Nypels, Le
[* 26]
droit pénal
français progressif et comparé (Par. 1864).
Zeitschriften: »Der Gerichtssaal« (seit 1874 verschmolzen mit der von v.
Holtzendorff seit 1861 herausgegebenen »Allgemeinen deutschen Strafrechtszeitung«);
Goltdammers
»Archiv für preußisches (und seit 1871 auch für deutsches) S.«;
»Zeitschrift für die gesamte
Strafrechtswissenschaft« (seit 1881);
»Rivista penale di dottrina, legislazione e giurisprudenza« (seit 1874).
(Strafliste), das amtliche Verzeichnis der in dem
Bezirk der
Registerbehörde ergehenden
gerichtlichen
Verurteilungen. Wird dann aus diesem allgemeinen
S. ein
Auszug angefertigt, enthaltend die Bestrafungen einer
einzelnen bestimmten
Person, so erhält man die
Strafliste (das Strafregister,
Strafverzeichnis) ebendieser
Person. Ein solches
S. ist für die rechtliche Beurteilung einer
Person vielfach von großer Wichtigkeit. Für das
Deutsche Reich
ist jetzt durch
Verordnung des
Bundesrats vom die
Führung von Strafregistern allgemein vorgeschrieben (vgl.
»Zentralblatt
für das Deutsche
Reich«, S. 309). In diese S., welche nach bestimmten
Formularen zu führen sind, werden alle durch richterliche
Strafbefehle, polizeiliche
Strafverfügungen,
Strafurteile der bürgerlichen
Gerichte, einschließlich der
Konsulargerichte, sowie durch
Strafurteile der Militärgerichte ergehenden rechtskräftigen
Verurteilungen eingetragen und
zwar wegen eigentlicher
Verbrechen und
Vergehen sowie wegen folgender
Übertretungen:
Bruch der
Polizeiaufsicht oder der
Ausweisung
aus dem Reichsgebiet,
Landstreicherei, Bettelei, das strafbare Verhalten derjenigen
Personen, welche sich dem
Spiel, dem Trunk
oder dem Müßiggang dergestalt hingeben, daß sie in einen Zustand geraten, in welchem zu ihrem Unterhalt
oder zum Unterhalt derjenigen, zu deren
Ernährung sie verpflichtet, durch Vermittelung der Behörde fremde
Hilfe in Anspruch
genommen werden muß, gewerbsmäßige Unzucht unter
Verletzung polizeilicher Vorschriften, Arbeitsscheu der aus öffentlichen
Armenmitteln Unterstützten und selbstverschuldete Obdachlosigkeit.
Ausgenommen sind die
Verurteilungen in den auf
Privatklage verhandelten
Sachen, in
Forst- und Feldrügesachen,
wegen Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über
Erhebung öffentlicher
Abgaben und
Gefälle und wegen gewisser militärischer
Verbrechen und
Vergehen. In die S. sind ferner die Beschlüsse der Landespolizeibehörden über die Unterbringung verurteilter
Personen in ein Arbeitshaus oder deren Verwendung zu gemeinnützigen
Arbeiten, desgleichen die aus dem
Ausland eingehenden Mitteilungen über dort erfolgte
Verurteilungen einzutragen.
Aufsicht und Leitung der Registerführung liegt unter allen Umständen der Staatsanwaltschaft bei den Landgerichten ob. Die
nötigen Mitteilungen über die erfolgten Verurteilungen sind von den betreffenden Behörden an die Registerbehörde des Geburtsorts
oder, sofern diese Behörde der mitteilenden Behörde nicht bekannt ist, an die Staatsanwaltschaft desjenigen Landgerichts,
zu dessen Bezirk der Geburtsort gehört, zu richten. Ist der Geburtsort nicht zu ermitteln oder außerhalb
Deutschlands
[* 33] gelegen, so ergeht die Mitteilung an das Reichsjustizamt.
Diese Strafnachricht erfolgt nach vorschriftsmäßigem Formular. Gerichtlichen und andern öffentlichen deutschen Behörden
ist auf jedes eine bestimmte Person betreffende Ersuchen über den Inhalt der S. kostenfrei amtliche Auskunft
zu erteilen. Ersuchen und Auskunft erfolgen nach vorgeschriebenem Formular. Inwieweit auswärtigen Behörden solche Auskunft
zu erteilen, bestimmt die jeweilige Landesregierung und in Ansehung des bei dem Reichsjustizamt geführten Registers der Reichskanzler.
Eine internationale Regelung dieser Sache steht in Aussicht.
Vgl. Hamm,
[* 34] Die Einführung einheitlicher S. (Mannh. 1876).