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S. in Schwingungen versetzt, welche die auf den Brustkorb aufgelegte Hand [* 2] wahrzunehmen vermag (Stimmvibration des Thorax). Selbst beim heftigsten und schnellsten Ausatmen entstehen keine Töne, welche der S. irgendwie vergleichbar wären, sondern nur blasende oder keuchende Geräusche infolge der Reibung [* 3] der Luft im Kehlkopf [* 4] und an andern Stellen der Luftwege. Tonbildung ist immer nur möglich, wenn der Luftstrom regelmäßig unterbrochen wird durch die gespannten Stimmbänder.
Aus diesem Grund muß eine feine Stimmritze vorhanden sein, wenn es zur Tonbildung kommen soll, denn die weite Stimmritze gibt kein hinreichendes Hemmnis für den Luftstrom ab. Diese Stimmritze wird ausschließlich durch die untern Stimmbänder gebildet, denn wenn man am toten Kehlkopf die untern Stimmbänder abträgt, so bekommt man mittels der obern Stimmbänder allein keine Töne mehr. Bei höhern Tönen näherten sich zwar auch die obern Bänder einander, doch nie in dem Grade, daß dadurch ein zur Tonbildung hinreichendes Lufthindernis gebildet wurde.
Entfernt man aber am toten Kehlkopf die obern Bänder, so erlangt man durch die untern Bänder immer noch mit Leichtigkeit Töne, nur von etwas anderm Klang als bei unversehrtem Kehlkopf. Ebensowenig wird durch Verstümmelung der obern Bänder die Tonhöhe verändert. Die untern Bänder sind demnach unentbehrlich zur Tonerzeugung, und sie allein verdienen daher den Namen der Stimmbänder. Die Bildung der engen Stimmritze wird dadurch bewirkt, daß die Gießkannenknorpel aneinander rücken und somit den freien Rand der Stimmbänder einander nähern.
Mit zunehmender Tonhöhe wird die Stimmritze enger und kürzer. Ganz unentbehrlich für die Stimmbildung ist die gehörige Spannung und Elastizität der Stimmbänder. Ist der Schleimüberzug derselben entzündlich geschwollen, mit zähem und dickem Schleim belegt, oder sind die Stimmbänder durch andre krankhafte Prozesse, Neubildungen etc., verdickt, so sind sie unfähig, in gehöriger Weise zu schwingen. Die Tongebung ist dann mehr oder weniger gehindert, die Töne werden rauh, unangenehmer und tiefer; in höherm Grade tritt völlige Stimmlosigkeit ein.
Außerdem ist zum Hervorbringen eines Tons von bestimmter Höhe erforderlich, daß Länge und Spannung der Stimmbänder unverändert bleiben. Die Bildung und Öffnung der Stimmritze ist an die Ortsbewegungen gebunden, welche die beiden Gießkannenknorpel ausführen. Durch das Auseinanderrücken letzterer wird die Stimmritze gebildet (geschlossen), durch die Rückwärtsbewegung derselben werden die Stimmbänder gespannt und umgekehrt. Die Tonhöhe ist abhängig von der Länge und der Spannung der Stimmbänder.
Die Länge der Stimmbänder ist von großem Einfluß auf die Stimmlage in der Art, daß mit langen Stimmbändern (beim Mann) eine tiefe, mit kurzen Stimmbändern (beim Kind und Weib) eine hohe Stimmlage verbunden ist. Für jedes einzelne Stimmorgan ist die Spannung der Bänder das Hauptveränderungsmittel der Tonhöhe: je größer die Spannung, um so höher der betreffende Ton. Die Spannung der Stimmbänder erfolgt durch Muskelwirkung, wobei ihr hinterer Insertionspunkt sich von dem vordern entfernt.
Für alle die Formveränderungen, welche mit der Stimmritze bei der Tonbildung vor sich gehen, sind besondere Muskeln [* 5] am Kehlkopf angebracht. Die Tonhöhe steigt jedoch nicht bloß mit zunehmender Spannung der Stimmbänder, sondern auch mit zunehmender Stärke [* 6] des Luftstroms, welcher durch die Stimmritze geht. Eine und dieselbe Tonhöhe ist also erreichbar entweder durch stärkere Bänderspannung bei zugleich ruhigem Ausatmungsstrom oder mittels schwächerer Spannung der Bänder bei stärkerm Luftstrom. Im erstern Fall hat der Ton einen angenehmern Klang, aber beide Faktoren sind wichtige Kompensationsmittel der Tonhöhe.
Auch erklärt sich hieraus, daß die höchsten Töne niemals schwach, die niedrigsten niemals sehr stark gegeben werden können. Obschon während des Ausatmens mit Abnahme des Luftvorrats auch die Kraft [* 7] des Anblasens abnimmt, so kann der Ton trotzdem auf gleicher Höhe erhalten werden durch zunehmende Spannung der Stimmbänder. Das Ansatzrohr der musikalischen Zungenwerke wird am menschlichen Stimmorgan mit mannigfachen, der S. zu gute kommenden Modifikationen durch diejenigen Abschnitte der Luftwege vertreten, welche oberhalb der untern Stimmbänder liegen, also durch die Rachen-, Mund- und Nasenhöhle.
Dieses Ansatzrohr verändert zwar nicht wesentlich die Tonhöhe, wohl aber den Klang und besonders die Stärke des Tons. Zuhalten der Nase, [* 8] Schließen oder Öffnen des Mundes z. B. verändern in der That niemals die Höhe, wohl aber den Klang und die Stärke der Töne. Ein Verschluß der Nase ändert, wenn der Ausatmungsstrom schwach und der Mund weit geöffnet ist, den Klang der Töne verhältnismäßig nur wenig; bei starkem Luftstrom aber wird der Klang näselnd, indem die Wände der Nasenhöhle die Schallwellen nicht bloß reflektieren, sondern auch selbst in stärkere, den Klang modifizierende Schwingungen geraten. Zunehmende Räumlichkeit der Mund- und Nasenhöhle begünstigt, umfängliche Verknöcherung der Kehlkopfknorpel vermindert die Tonstärke.
Nach dem Umfang der menschlichen S. unterscheidet man den Sopran oder die höhere Frauenstimme, den Alt oder die tiefere Frauenstimme, den Tenor oder die hohe Männerstimme und den Baß oder die tiefe Männerstimme. Der Sopran liegt ungefähr eine Oktave höher als der Tenor, der Alt um ebensoviel höher als der Baß. Zwischen dem tiefsten Baß- und höchsten Sopranton liegen etwas über 3½ Oktaven. Rechnet man die Stimmen von seltener Tiefe und Höhe dazu, so beträgt der ganze Umfang der Menschenstimme sogar 5 Oktaven; ihr tiefster Ton hat 80, ihr höchster 1024 Schwingungen in der Sekunde.
Eine gute Einzelstimme umfaßt 2 Oktaven (und etwas darüber) musikalisch verwendbarer Töne. Stimmen von größerm Umfang sind nicht so selten, ja selbst ein Gebiet von 3½ Oktaven wurde schon beobachtet. Der Baß erreicht ausnahmsweise f1, Kinderstimmen und der Frauensopran manchmal f3, ja selbst a3. Nur wenige Töne, nämlich von c1-f1, sind allen Stimmlagen gemein. Die Menschenstimme zeigt unendlich viele individuelle Modifikationen oder Klangarten. Hierfür sind außer der Regelmäßigkeit, d. h. der gleichen Dauer, der Schwingungen der Stimmbänder, wodurch die Reinheit der S. vorzugsweise bedingt wird, namentlich die Teile des Ansatzrohrs, deren Form, Größe, Elastizität etc. maßgebend. Abgesehen von den individuellen Klangarten, unterscheidet man zwei Hauptregister von Tönen: Brusttöne und Falsetttöne. Der Klang der erstern ist voll und stark, die auf die Brust gelegte Hand fühlt deutliche Vibrationen; die Falsett- oder Fisteltöne (s. Falsett) dagegen sind weicher. Weiteres s. unter Stimmbildung.
Vgl. v. Kempelen, Der Mechanismus der menschlichen Sprache [* 9] nebst der Beschreibung einer sprechenden Maschine [* 10] (Wien [* 11] 1791);
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Kompensation der physischen Kräfte am menschlichen Stimmorgan (Berl. 1839);
Liskovius, Physiologie der menschlichen S. (Leipz. 1846);
Merkel, Anthropophonik (das. 1857);
Derselbe, Die Funktionen des menschlichen Schlund- und Kehlkopfes (das. 1862);
Roßbach, [* 13] Physiologie der menschlichen S. (Würzb. 1869);
Luschka, Der Kehlkopf des Menschen (Tübingen [* 14] 1871);
Fournié, Physiologie des sons de la voix et de la parole (Par. 1877);
Helmholtz, Lehre [* 15] von den Tonempfindungen (4. Aufl., Braunschw. 1876);
Grützner, Physiologie der S. und Sprache (in Hermanns »Handbuch der Physiologie«, Bd. 1, Tl. 2, Leipz. 1879);
Mandl, Die Gesundheitslehre der S. in Sprache und Gesang (Braunschw. 1876).
Die Stimmen der Tiere.
Mit Ausnahme der walfischartigen Tiere und des Stachelschweins, die weder Stimmbänder noch Morgagnische Taschen besitzen, treffen wir bei sämtlichen Säugetieren stimmbildende Apparate an, die dem beschriebenen des Menschen ganz ähnlich sind. Oftmals finden sich große resonatorische Nebenapparate vor, welche die S. zu verstärken und in ihrer Klangfarbe zu beeinflussen berufen sind. Je umfangreicher der Kehlkopf und die Stimmbänder, desto lauter ist die S. Die S. der meisten Tiere ist nicht sehr umfangreich; bei den meisten Wiederkäuern bewegt sie sich nur innerhalb ein bis zwei Tonstufen.
Oftmals bringen Tiere Töne hervor, die in ihrer Höhe sehr weit auseinander liegen, ohne daß sie zur Erzeugung der zwischenliegenden Töne befähigt wären. Bei einigen Tieren dient nicht allein der Ausatmungs-, sondern auch der Einatmungsluftstrom der Stimmbildung; in diesen Fällen ist meistens der Kehlkopf mit besondern Apparaten ausgestattet, z. B. beim Esel. Bei der Erzeugung hoher Töne bedienen sich die Tiere oftmals der Fistelstimme, z. B. der Hund, wenn er sich nach etwas sehnt, oder wenn er Schmerzen empfindet.
Die S. der Vögel, [* 16] namentlich der Männchen, ist ungemein entwickelt. Obenan stehen hier die Singvögel und die Papageien. Mit Ausnahme einiger straußartiger Vögel und Geier haben sämtliche Vögel einen doppelten Kehlkopf. Der eine davon entspricht vollständig dem Kehlkopf der Säugetiere, hat aber mit der eigentlichen Stimmbildung gar nichts zu thun und besitzt keine knorpelige, sondern eine knöcherne Grundlage. Der andre liegt im Brustraum an der Vereinigungsstelle der Luftröhrenzweige und stellt den eigentlichen stimmbildenden Apparat dar.
Derselbe ist entweder einfach oder doppelt vorhanden und liegt im erstern Fall entweder im Anfangsteil der Luftröhre oder an der Übergangsstelle in die Bronchien; im andern Fall befindet sich in jedem der beiden Bronchien ein Stimmapparat. Schon Cuvier und Johannes Müller konnten experimentell nachweisen, daß die S. der Vögel in dem untern Kehlkopf gebildet wird; letzterm gelang es auch, durch Anblasen des ausgeschnittenen untern Kehlkopfes der S. ähnliche Töne zu erzeugen.
Die Stimmbildung beruht bei den Vögeln im wesentlichen auf demselben Prinzip wie bei den Säugetieren, da wir es auch hier mit membranösen Zungenpfeifen zu thun haben. Die S. der Amphibien ist nur von untergeordnetem Interesse. Die Krokodile [* 17] haben eine durchdringende und schreiende S., die allerdings in der Gefangenschaft kaum beobachtet wird. Bei den Lurchen, besonders bei den ungeschwänzten, findet man neben den stimmbildenden Apparaten vielfach noch resonatorische Einrichtungen, die wesentlich zur Verstärkung [* 18] der S. dienen (z. B. die Luftsäcke der Kehle bei den Fröschen).
Sind auch die meisten Fische [* 19] stumm, so wußte doch schon Aristoteles, daß manche Fische brummende, singende Töne zu erzeugen im stande sind. Allerdings kann man hier von einer S. nur dann sprechen, wenn man unter letzterer die Fähigkeit eines Tiers versteht, Töne als Mittel zur gegenseitigen Verständigung zu benutzen. Auch nur im letztern Sinn können wir von einer S. der Insekten [* 20] sprechen; hierbei kommen die durch den Flügelschlag erzeugten Töne kaum in Rechnung. Über die Einrichtung der Stimmapparate s. Insekten, S. 978.