Widerspruch zwischen einem
Gesetz und einem Geldbewilligungsbeschluß entstehen und damit ein
Konflikt, dessen
Lösung nicht
durch eine
Interpretation des geltenden
Rechts herbeigeführt, sondern der als eine Machtfrage behandelt wird. Ein solcher
Konflikt war der preußische »Militärkonflikt«, der von 1862 bis 1866 währte.
Übrigens bleiben Steuergesetze, welche auf die Dauer erlassen sind, so lange wirksam, bis sie auf verfassungsmäßigem
Weg wieder aufgehoben werden; gleichviel ob das
Budget zu stande kommt oder nicht.
Dies ist z. B. in der preußischen Verfassungsurkunde
(Artikel 109) ausdrücklich anerkannt. Um der
Volksvertretung ein wirksames
Recht derS.
u. S. zu geben, ist notwendig, daß wenigstens Eine periodische und bewegliche
Steuer vorhanden
sei, durch deren Bewilligung oder Verweigerung die
Volksvertretung einen Einfluß auf die beweglichen
Ausgaben gewinnt. Im
DeutschenReich ersetzen die
Matrikularbeiträge diese periodische, bewegliche
Steuer, und durch sie übt der
Reichstag ein
Recht derS.
u. S.
Der
Ausdruck stammt daher,
daß der
Steuermann eines mit einem
Riemen oder losen
Ruder gesteuerten Fahrzeugs seinen Platz an dessen hinterm Ende auf dieser
Seite hatte. Vgl.
Bord.
die Maßeinheit der Gegenstände, für welche die
Steuer ausgeworfen ist; dieselbe kann, wie bei spezifischen
Zöllen, in Stückzahl,
Maß oder
Gewicht (100 kg) oder, wie bei
Wertzöllen und den meisten
Steuern, in einer Geldsumme angegeben
sein. Auch ist S. s. v. w. einfacher Steuersatz oder
Simplum, d. h. gleich derSumme, welche als normale
Steuerhöhe für die
Einheit derSteuerbemessungsgrundlage angegeben ist und je nach
Bedarf des
Staats in einem mehrfachen Betrag
zur
Erhebung gelangt.
Das Steuersimplum hat besonders seine Bedeutung für die
Fälle, in welchen ein eignes
Steuerkapital (s. d.) berechnet oder
überhaupt eine
Steuer als bewegliche in der Art benutzt wird, daß dieselbe eine Ergänzung der übrigen
Steuern bildet.
Letzteres ist der
Fall bei der englischen
Einkommensteuer, welche vorzüglich zur
Deckung von etwanigem Mehrbedarf
bestimmt ist, während die preußische
Einkommensteuer in einem festen Prozentsatz vom
Einkommen erhoben wird.
Steuerdeckung, die
Sicherung, welche gegen Entwertung von Staatspapiergeld dadurch geboten wird,
daß dasselbe an öffentlichen
Kassen an
Zahlungs Statt angenommen wird, allenfalls in
Verbindung mit dem
Zwang, daß bei Meidung
eines Strafagios wenigstens ein Teil der
Steuern in
Papiergeld (s. d.) entrichtet werden muß.
das
Verhältnis der
Steuer zu derjenigen
Summe, von welcher sie erhoben wird. So ist, wenn von einem
Einkommen von 4-5000 Mk. 100 Mk. entrichtet werden, der S. gleich 0,020-0,025
oder, auf 100 als
Einheit bezogen, gleich 2-2,5 Proz. Auch wird die
Summe, welche von der
Einheit der Bemessungsgrundlage, mag
dieselbe in einer Geldsumme bestehen oder nicht, als S. bezeichnet. Insofern wird auch von einem S. bei dem
Dimensionsstempel (s.
Stempel) oder bei
Zöllen gesprochen, welche nach
Maß,
Gewicht oder Stückzahl erhoben werden.
bei verschiedenen direkten
Steuern die
Summe, für welche die
Steuer als ein Bruchteil
in der Art ausgeworfen ist, daß die relative Steuerhöhe
(Steuerfuß) für alle steuerpflichtigen
Personen oder Gegenstände
als gleich erscheint. Ein S. wird vorzüglich zu dem
Zweck berechnet, um in
Fällen, in welchen es an einem Vergleichsmaßstab
für verschiedene
Steuern fehlt, eine
Einheit zu schaffen und dann nachBedarf für alle gleichmäßig die
Steuer in einem
Ansatz erhöhen oder herabsetzen zu können.
Die
Einkommensteuer kann in der Art ausgeworfen werden, daß in einer
Tabelle die
Summen
(Prozente) angegeben sind, welche von
den verschiedenen Einkommenshöhen erhoben werden. Nach
Bedarf könnte ein Mehrfaches aller
Prozente einverlangt werden. Zahlt
man z. B. von 6000 Mk. 3 Proz.,
von 1000 Mk. 1 Proz., und muß die
Einnahme auf das
Doppelte gesteigert werden, so erhebt man einfach im einen
Fall 6, im andern 2 Proz.
Statt dessen kann aber auch der Prozentsatz scheinbar gleich gemacht werden. So könnte, wenn 1000 Mk.
das niedrigste noch zu besteuernde
Einkommen ist, die
Summe als
Einheit angenommen werden, von welcher 10
Mk.
als Steuersimplum (1 Proz.) zu erheben sind.
Von 6000 Mk. wären für gewöhnlich 3
Simpeln zu bezahlen. Um aber auch hier auf 1
Simpel zu kommen, beziffert man das S.
für ein
Einkommen von 6000 Mk. auf 18,000 Mk., von welchen
ein
Simplum sich auf 180 Mk. stellt. Seine eigentliche Bedeutung gewinnt aber die
Aufstellung eines Steuerkapitals für diejenigen
Steuern, welche nach äußern Merkmalen gemessen werden; so insbesondere für die
Gewerbesteuer, zumal wenn diese
Steuern mit
progressivem
Steuerfuß angelegt sind. Man bestimmt dann Steuerkapitalien für gewerblicheUnternehmungen,
Grund und
Boden, Gebäude, ferner für andre Einkommensquellen mit genau bestimmbaren
Erträgen und erhält eine Gesamtsumme
für das ganze Staatsgebiet, von welcher der Normalbedarf das
Simplum (berechnet für 100 oder 1000) ausmacht. Ist der
Bedarf
m-mal so groß, so werden m Simpla ausgeschrieben und erhoben.
im weitern
Sinn sind alle nicht auf privatrechtlichem
Titel beruhenden
Abgaben, welche die
Angehörigen einer
öffentlich-rechtlichen
Gemeinschaft an die letztere entrichten. Sie umfassen somit auch
Gebühren, Strafgelder etc. sowie
solche
Abgaben, deren
Zweck keineswegs eine Einnahmebeschaffung ist (sogen. Polizeisteuern,
echte
Luxussteuern, welche den
Luxus hindern sollen, etc.). Heute versteht man unter denselben Beiträge, welche zum
Zweck allgemeiner
¶
mehr
Kostendeckung der Staats- oder Gemeindewirtschaft von Staats- oder Gemeinde- (Kreis- etc.) Angehörigen sowie von im Staatsgebiet
sich aufhaltenden Ausländern zwangsweise erhoben werden. Dadurch, daß die S. nicht zur Vergütung eines durch den Zahlenden
veranlaßten Aufwandes dienen sollen, unterscheiden sich dieselben von den Gebühren. Bisweilen wird verlangt, die Besteuerung
solle auch als Mittel benutzt werden, um eine für die untern Klassen günstigere Verteilung des Einkommens
zu bewirken (sogen. sozialpolitische Seite der S.).
Während heute der Zwang ein Merkmal der Steuerbegriffs bildet, war derselbe dem letztern früher in Deutschland
[* 7] so fremd,
daß V.L. v. Seckendorff in seinem »Deutschen Fürstenstaat« von 1656 die S. als »Extraordinar
Anlagen« bezeichnete, welche »freywillig und als guthertzige Beysteuern
gereichet, und dahero auch in etlichen OrtenBethen (nach andrer Schreibweise Beden oder Beeden), das ist erbetene Einkünffte,
anderswo auch Hülffen und Praesente genennet werden«. Diese Beden (petitiones, precariae, Heischungen) wurden in Geld oder
Naturalien entrichtet. Ritter und Geistliche waren davon meist befreit. In außerordentlichen Fällen wurden
sogen. Notbeden gefordert. Auch Städte zahlten oft Beden (Orbede) an den Landesherrn.
Auferlegte S. (Auflagen) wurden von den Germanen früher als ein Zeichen der Unfreiheit betrachtet; noch in den ersten Zeiten
des Mittelalters durften die auf dem Reichstag bewilligten S. nur von denen erhoben werden, die sie bewilligt
hatten. Übrigens waren die S. auch in der ältern germanischen Zeit durch die Sitte mehr oder weniger gebotene Beiträge,
welche in der Zeit, als der Staatsgedanke mehr von privatrechtlichen Elementen durchsetzt war, vertragsmäßig geregelt wurden
(Ordinarsteuern).
Bei außerordentlichen Beihilfen (Extraordinarsteuern) ließen sich die Landstände landesfürstliche Reversbriefe
ausstellen, »daß solche Bewilligungen künfftig zu keiner ordentlichen Beschwerung
oder Aufflage gereichen sollten«. Die Einnahmen aus S. flossen in die der Aufsicht und Kontrolle der Landstände unterstellte
Steuerkasse, während die von den Landständen unabhängige Kammerkasse die Einnahmen aus Domänen und Regalien aufnahm. In den
modernen Kulturstaaten unterliegt die Besteuerung und die Verwendung der S. verfassungsmäßiger Regelung
und Bewilligung.
Die durch Geburt, Ernennung und Wahl bestimmten gesetzgebenden Gewalten ordnen die S. an, während der einzelne Staatsangehörige
sich solcher Anordnung zu fügen hat (Steuerrecht des Staats, Steuerpflicht des Staatsangehörigen). Vertritt hierbei die Regierung
mit ihren Anforderungen das Interesse der Verwaltung, so wahrt die Volksvertretung mit ihrem Steuerbewilligungsrecht
dasjenige der Steuerzahler. Dem Steuerbewilligungsrecht entspricht das nicht dem einzelnen Steuerzahler, sondern der Volksvertretung
zustehende Recht derSteuerverweigerung.
Doch wird dies Recht nicht allein durch die gesetzlich feststehenden Ausgaben, sondern überhaupt durch die Notwendigkeit der
Staatserhaltung praktisch beschränkt. Die Praxis (in England) und das formale Recht (in Deutschland) fassen
das Steuerbewilligungsrecht auch nur in diesem Sinn auf. Darum bleiben Steuergesetze, welche nicht für einen bestimmten Zeitraum
erlassen werden, so lange bestehen, als sie nicht auf verfassungsmäßigem Weg (Übereinstimmung der gesetzgebenden Gewalten)
aufgehoben werden, während für Einführung neuer S. die Bewilligung der Volksvertretung erforderlich
ist (vgl. Budget).
Steuerpolitik.
Eine
gute Steuerpolitik stellt folgende Anforderungen: I. Im Interesse einer geordneten, echt staatswirtschaftlichen Bedarfsdeckung
soll 1) die Steuer sich als ausreichend erweisen.
2) Ihr Ertrag soll genügend genau voraus bestimmbar sein und auch pünktlich und sicher eingehen.
II. Im Interesse der Steuerzahler liegt es, daß 1) die Gesamtlast der Steuer richtig verteilt ist. Es soll demgemäß sein
a) die Steuerpflicht eine allgemeine und zwar als subjektive, indem sie alle steuerpflichtigen
Personen, als objektive, indem sie alle pflichtigen Gegenstände erfaßt. Steuerfreiheiten (Exemtionen, Steuerprivilegien)
widersprechen dem herrschenden Gerechtigkeitsgefühl. Früher vielfach von privilegierten Ständen nicht allein für ihren
Grundbesitz, sondern auch für indirekte Abgaben in Anspruch genommen, sind die Steuerfreiheiten in der neuern Zeit meist
(bei Grundsteuern in der Regel gegen Gewährung von Entschädigung) aufgehoben worden.
Dauernde Freiheiten von direkten S. (allen, bez. einzelnen) genießen heute meist
das Staatsoberhaupt (in Preußen
[* 8] auch die 1866 depossedierten Fürstenhäuser), ehemals reichsunmittelbare Standesherren (in
Preußennur für ihre Domanialgrundstücke), Gesandte fremder Mächte, Offiziere für den Fall der Mobilmachung, Beamte für einen
Teil der Gemeindesteuer. Dann wird freigelassen nicht allein der Arme, sondern auch von der Einkommensteuer
das sogen. Existenzminimum in England bis zu 150 Pfd. Sterl., in Preußen bis zu 900 Mk. Vorübergehende Befreiungen, insbesondere
von Ertragssteuern, treten oft ein, wo sie durch die persönliche Lage (thatsächlich mangelnde Steuerfähigkeit), Elementarereignisse,
Meliorationen mit zeitweiliger Ertragslosigkeit auch wirklich geboten ist.
Aber auch Doppelbesteuerungen sind zu meiden. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich bei Beachtung eines gegebenen Steuersystems,
wer als pflichtiges Steuersubjekt (Inländer gegenüber Ausländern, die Frage des abgeleiteten Einkommens, der Besteuerung
von Gesellschaften, Stiftungen, Gemeinden etc.) durch die Steuer zu erfassen ist. b) Die Steuer soll gleichmäßig
verteilt und gerecht sein. Die ältere Vergeltungstheorie betrachtete die Besteuerung als eine gerechte, wenn sie dem Vorteil
entspreche, den der Steuerzahler von der Staatsverbindung habe (Leistung gleich der Gegenleistung).
Dabei nahm man meist an, daß der Staat dem Reichen nach Maßgabe seines Reichtums mehr Vorteile biete als dem Armen.
So gelangen wir praktisch zu dem meist vertretenen Steuerprinzip, welches die Steuerfähigkeit als richtigen Maßstab
[* 9] für
die Steuerverteilung betrachtet. Meist wird jetzt verlangt, daß der Unkräftige freibleibe (Freilassung des Existenzminimums,
die nicht bei allen S. möglich, bei Aufwandssteuern durch Wahl der Objekte angestrebt werden kann).
Dann sollen die Steuerkräftigen verhältnismäßig stärker belastet werden, indem, wenigstens bei kleinem
und mittlerm Einkommen, individuelle Verhältnisse (Krankheit, Stärke
[* 10] der Familie etc.) berücksichtigt werden, das fundierte
Einkommen höher belastet wird. Streitig ist die Frage des Steuerfußes, d. h. hier des Verhältnisses von Gesamtsteuer des
Pflichtigen zu dessen Gesamteinkommen. Von der einen Seite wird diejenige Steuer als gerecht bezeichnet,
welche vom Einkommen einen gleichbleibenden Prozentsatz wegnehme
¶