des spanischen Erbfolgekriegs ging er mit dem Prinzen Eugen nach Italien, führte hier 1703 an dessen Stelle den Oberbefehl und
wußte die versuchte Vereinigung der Franzosen und Bayern in Tirol zu verhindern. 1708 übernahm er als Feldmarschall das Kommando
der in Spanien kämpfenden österreichischen Armee und führte trotz der geringen ihm zu Gebote stehenden
Streitkräfte den kleinen Krieg glücklich. 1710 zog er nach den Siegen bei Almenara und Saragossa in Madrid ein, ward aber durch
Mangel und die Teilnahmlosigkeit des spanischen Volkes an der Sache Karls bald zum Rückzug nach Barcelona genötigt.
Als Karl nach Josephs Tod in die österreichischen Erblande zurückgekehrt war, blieb S. als Vizekönig in
Barcelona zurück, konnte sich aber trotz seiner genialen Taktik und seines Mutes, der ihm den spanischen Beinamen el gran capitan
verschaffte, aus Mangel an Unterstützung daselbst nicht halten und ließ sich infolge des Neutralitätstraktats vom 14. Mai 1713 mit
den Resten seiner Truppen auf englischen Schiffen nach Genua übersetzen. Er lebte seitdem in Wien. Während
des Türkenkriegs von 1716 bis 1718 übernahm er in Abwesenheit des Prinzen Eugen das Präsidium des Hofkriegsrats. Er starb 7. März 1737 als
Gouverneur von Slawonien. Sein Leben beschrieb Arneth (Wien 1853).
Antony Winand Christiaan, holländ. Dichter, geb. 24. Jan. 1767 zu
Gendringen, studierte die Rechte in Harderwyk und Göttingen und wohnte seitdem auf seinem Landgut Wildenborch bei Zütphen,
wo er 18. Aug. 1840 starb. S. hat nur einen Band Novellen und vier kleine Bände Gedichte geschrieben (hrsg. von Nik. Beets, 4. Aufl.
1883), welche erst nach seinem Tod nach Verdienst geschätzt wurden und sich durch Ursprünglichkeit, Kernhaftigkeit
und einen gesunden Humor auszeichnen.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Twer, an der Wolga, die hier den Fluß S. aufnimmt, und an der Eisenbahn Ostaschkow-Rshew,
mit (1885) 4709 Einw., welche starken Getreidehandel auf der Wolga und den Kanälen nach Petersburg treiben,
(Starck), 1) Johann Friedrich, luther. asketischer Schriftsteller, geb. 10. Okt. 1680 zu
Hildesheim, wirkte als Prediger nacheinander in Sachsenhausen und Frankfurt a. M., wo er 17. Juli 1756 als Konsistorialrat starb.
Außer vielen geistlichen Liedern schrieb er einige bis auf den heutigen Tag vielgebrauchte Gebetbücher, so namentlich:
»Tägliches Handbuch« (Frankf. 1727).
2) Johann August, Freiherr von, bekannt als Kryptokatholik, geb. 29. Okt. 1741 zu Schwerin, war zuerst Lehrer in Petersburg, besuchte 1763 England
und ward 1765 in Paris Interpret der morgenländischen Handschriften an der königlichen Bibliothek und, heimgekehrt, Konrektor
in Wismar. Nach einer zweiten Reise nach Petersburg übernahm er 1769 eine Professur der morgenländischen
Sprachen zu Königsberg und wurde hier 1770 Hofprediger, 1772 ordentlicher Professor der Theologie und 1776 Oberhofprediger,
ging 1777 als Professor an das Gymnasium nach Mitau und 1781 als Oberhofprediger und Konsistorialrat nach Darmstadt. 1786 beschuldigten
ihn Biester und Nicolai öffentlich, daß er Kryptokatholik, Priester und Jesuit sei. S. vermochte sich in der
Schrift »Über Kryptokatholizismus, Proselytenmacherei, Jesuitismus, geheime Gesellschaften etc.« (Frankf. 1787, 2 Bde.;
Nachtrag 1788) nicht vollständig zu rechtfertigen, und sein anonymes Buch »Theoduls Gastmahl, oder über die Vereinigung der
verschiedenen christlichen Religionssocietäten« (das. 1809, 7. Aufl.
1828) gab jenem
Verdacht nur neue Nahrung. Gleichwohl ward er vom Großherzog von Hessen 1811 in den Freiherrenstand
erhoben; er starb 3. März 1816. Nach seinem Tod soll man in seinem Haus ein zum Messehalten eingerichtetes Zimmer gefunden haben,
und es wird behauptet, daß er schon 1766 in Paris förmlich zur katholischen Kirche übergetreten sei.
3) Karl Bernhard, Archäolog, geb. 2. Okt. 1824 zu Jena, Sohn des als Professor der Pathologie bekannten Geheimen Hofrats S. (gest.
1845), studierte in seiner Vaterstadt und in Leipzig Philologie, wandte sich dann vorzugsweise der Archäologie zu und unternahm 1847 eine
Reise nach Italien. Seit 1848 in Jena erst als Privatdozent, dann als außerordentlicher Professor thätig,
folgte er 1855 einem Ruf als Professor der Archäologie nach Heidelberg, wo er 12. Okt. 1878 starb. Er schrieb: »Kunst und Schule«
(Jena 1848);
»Forschungen zur Geschichte des hellenistischen Orients: Gaza und die philistäische Küste« (das. 1852);
»Archäologische
Studien« (Wetzl. 1852) und als Ergebnis einer Reise durch Frankreich und Belgien »Städteleben, Kunst und
Altertum in Frankreich« (Jena 1855);
»Niobe und die Niobiden« (Leipz. 1863);
»Gigantomachie auf antiken Reliefs und der Tempel des
Jupiter tonans in Rom« (Heidelb. 1869);
»Handbuch der Archäologie der Kunst« (Leipz. 1878, Bd.
1, die Systematik der Archäologie und eine Geschichte der archäologischen Studien enthaltend);
kleinere
Schriften über Creuzer, Winckelmann, das Heidelberger Schloß u. a. Auch bearbeitete er die zweite Auflage des dritten Teils von
Hermanns »Lehrbuch der griechischen Antiquitäten« (Privataltertümer, Leipz. 1870).
Eine neue Reise nach dem griechischen Orient
gab Stoff zu einer Reihe von Berichten, die er später in dem Werk »Nach dem griechischen
Orient« (Heidelb. 1874) verarbeitete.
Vgl. W. Frommel, Karl Bernh.
Stark (Berl. 1880).
4) Ludwig, Musikpädagog, geb. 19. Juni 1831 zu München, studierte daselbst Philologie, widmete sich jedoch dann unter Ignaz Lachners
Beistand der Musik und konnte bald mit Erfolg als Komponist von Ouvertüren, Zwischenaktsmusiken etc. am Hoftheater
debütieren. Die Bekanntschaft mit Siegm. Lebert (s. d.) führte S. an die von jenem gegründete Stuttgarter Musikschule als
Lehrer der Theorie und Geschichte der Musik; als solcher erhielt er 1868 den Professortitel, 1873 den Doktorgrad von der Universität
Tübingen sowie andre Auszeichnungen. Er starb 22. März 1884 in Stuttgart.
Von Starks mit Lebert gemeinschaftlich herausgegebenen Unterrichtswerken ist außer der berühmt gewordenen
»Klavierschule« (s. Lebert) noch die »Deutsche Liederschule« zu erwähnen. Ferner erschienen von ihm ein »instruktives« u.
»Solfeggien-Album«, eine weitverbreitete Chorsammlung: »Stimmen der Heimat«, eine große, mit A. und C. Kißner gemeinschaftlich
bearbeitete Sammlung keltischer Volksweisen in verschiedenen Serien (»Burns-Album« etc.),
eine »Elementar- und Chorgesangschule« (mit Faißt, Stuttg. 1880-83, 2 Tle.), Klaviertransskriptionen etc. und eine Bearbeitung
der Klavierwerke Händels, Bachs, Mozarts; endlich auch zahlreiche Originalkompositionen für Gesang, Klavier und andre Instrumente
und eine Auswahl seiner Tagebuchblätter unter dem Titel: »Kunst und Welt« (Stuttg. 1884).
(Stärkemehl, Satzmehl, Kraftmehl, Amylum), neben Protoplasma (s. d.) u. Chlorophyll (s. d.)
der wichtigste Inhaltsbestandteil der Pflanzenzelle, in welcher sie in Form organisierter Körner
(Fig. 1 u. 2) auftritt. Dieselben
besitzen eine sehr
mehr
wechselnde Größe und erscheinen kugelig, oval, linsen- oder spindelförmig, mitunter, wie im Milchsaft der Euphorbien, auch
stabartig mit angeschwollenen Enden, in andern Fällen durch gegenseitigen Druck polyedrisch. Nicht selten treten mehrere Körner
zu einem abgerundeten Ganzen zusammen (zusammengesetzte Stärkekörner). Im Wasser liegende Stärkekörner lassen eine deutliche
Schichtung
(Fig. 1a) erkennen, welche dadurch hervorgerufen wird, daß um
eine innere, weniger dichte Partie, den sogen. Kern, Schichten von ungleicher Lichtbrechung schalenartig gelagert sind; der
Kern liegt nur bei kugeligen Körnern genau im Mittelpunkt, meist ist er exzentrisch, und die ihn umgebenden Schichten haben dem
entsprechend ungleiche Dicke.
Die Schichtung wird durch verschiedenen Wassergehalt und entsprechend verschiedene Lichtbrechung der
Schichten verursacht, weshalb auch trockne oder in absolutem Alkohol liegende Körner ungeschichtet erscheinen. In polarisiertem
Licht zeigen alle Stärkekörner ein helles, vierarmiges Kreuz, dessen Mittelpunkt mit dem Schichtungszentrum zusammenfällt,
und verhalten sich demnach so, als wenn sie aus einachsigen Kristallnadeln zusammengesetzt wären.
Mit Jodlösung färben sich je nach Konzentration derselben die Stärkekörner mit wenigen Ausnahmen indigoblau
bis schwarz, eine Reaktion, durch welche sich auch sehr geringe Stärkemengen in Gewebeteilen nachweisen lassen. In kaltem
Wasser sind die Körner unlöslich, quellen aber in warmem Wasser auf und lösen sich zuletzt beim Kochen auf. Nach Einwirkung
von Speichel oder von verdünnten Säuren bleibt ein substanzärmeres Stärkeskelett zurück, das sich
mit Jod nicht mehr blau, sondern violett oder gelb färbt, so daß die Annahme zweier verschiedener Substanzen (von Nägeli als
Granulose und Cellulose bezeichnet) naheliegt; jedoch scheint die Annahme einer unter diesen Umständen eintretenden Umwandlung
der S. in Amylodextrin wahrscheinlicher.
Die S. tritt in den verschiedenartigsten Geweben aller Pflanzen mit Ausnahme der Pilze und einiger Algen (Diatomeen und Florideen)
auf; bei letztern wird sie jedoch durch eine ähnliche Substanz (Florideenstärke) vertreten, welche sich mit Jod gelb oder
braun färbt und direkt aus dem Zellplasma hervorgeht. Auch im Zellinhalt von Euglena kommen stärkeähnliche,
mit Jod jedoch sich nicht färbende Körner (Paramylon) vor. Endlich tritt in den Epidermiszellen einiger höherer Pflanzen eine
mit Jod sich blau oder rötlich färbende Substanz in gelöster Form (lösliche S.) auf. In allen übrigen Fällen ist das Auftreten
der S. in der beschriebenen Körnerform die Regel. Sehr reich an S. sind die als Stoffmagazine dienenden
Gewebe der Samen, Knollen, Zwiebeln und Rhizome sowie die Markstrahlen und das Holzparenchym im Holzkörper der Bäume.
Diese Reservestärke unterscheidet sich durch ihre Großkörnigkeit von der feinkörnigen, im assimilierenden Gewebe auftretenden
S. (s. Ernährung der Pflanzen). Die Bildung der S. erfolgt entweder innerhalb der Chlorophyllkörner und
andrer Farbstoffkörper, oder sie entsteht aus farblosen Plasmakörnern, den Leukoplasten oder
Stärkebildnern. Die letztern
treten besonders in solchen chlorophyllfreien Geweben auf, in welchen die Assimilationsprodukte in Reservestärke übergeführt
werden, wie in vielen stärkemehlhaltigen Knollen; in diesen werden die kleinen Stärkekörner von den Leukoplasten fast
ganz eingehüllt, während letztere den großen, exzentrisch gebauten Stärkekörnern nur einseitig aufsitzen.
Bei vielen Chlorophyllalgen, z. B. bei Spirogyra, treten die Stärkemehlkörner an besondern
Bildungsherden im Umkreis von plasmatischen Kernen (Pyrenoiden) auf. Das Wachstum der anfangs ganz winzigen Stärkekörner
erfolgt durch Einlagerung neuer Stärkemoleküle zwischen die schon vorhandenen (Intussuszeption), während die
zusammengesetzten Stärkekörner sich durch nachträgliche Verschmelzung und Umlagerung mit neuen Schichten bilden. Die Auflösung
der S. im Innern der Pflanzenzelle kommt vorzugsweise durch Einwirkung von Fermenten zu stande, welche der Diastase des keimenden
Getreidekorns ähnlich sind. Im Leben der Pflanze liefert die S. das Material für den Aufbau der Zellwand.
- Auch in chemischer Beziehung steht das Stärkemehl C6H10O5^(C6H10O5) in naher Verwandtschaft zu andern Kohlehydraten,
wie der Cellulose, den Zuckerarten, dem Dextrin u. a. Die Umwandlung in Dextrin und Zucker erfolgt besonders leicht durch Behandlung
der S. mit verdünnten Säuren, Diastase, Speichel, Hefe und andern Fermenten.
Bei 160° geht die S. in Dextrin über, mit konzentrierter Salpetersäure bildet sie explosives Nitroamylum
(Xyloidin), mit verdünnter Salpetersäure gekocht, Oxalsäure. Beim Erhitzen mit Wasser quillt die S. je nach der Abstammung
bei 47-57°, die Schichten platzen, und bei 55-87° (Kartoffelstärke bei 62,5,° Weizenstärke bei 67,5°) entsteht
Kleister, welcher je nach der Stärkesorte verschiedenes Steifungsvermögen besitzt (Maisstärkekleister
größeres als Weizenstärkekleister, dieser größeres als Kartoffelstärkekleister) und sich mehr oder weniger leicht unter
Säuerung zersetzt.
Man gewinnt S. aus zahlreichen, sehr verschiedenen Pflanzen, von denen Weizen, Kartoffeln, Reis (Bruchreis aus den Reisschälfabriken)
und Mais besonders wichtig sind. Wichtige Objekte des Handels sind außerdem: Sago, Marantastärke (Arrowroot), brasilische
Maniokstärke, ostindische Kurkumastärke und Kannastärke, letztere beiden ebenfalls als Arrowroot im Handel. Zur Darstellung der
Kartoffelstärke werden die Kartoffeln, welche etwa 75 Proz. Wasser, 21 Proz. S. und 4 Proz. andre Substanzen enthalten, auf schnell
rotierenden Cylindern, die mit Sägezähnen besetzt sind, unter Zufluß von Wasser möglichst fein zerrieben, worauf
man den Brei, in welchem die Zellen möglichst vollständig zerrissen, die Stärkekörner also bloßgelegt sein sollen, aus
einem Metallsieb, auf welchem ein Paar Bürsten langsam rotieren, unter Zufluß von Wasser auswäscht. Bei größerm Betrieb
benutzt man kontinuierlich wirkende Apparate, bei denen der Brei durch eine Kette allmählich über ein langes,
geneigt liegendes Sieb transportiert und dabei ausgewaschen und das
^[Abb.: Fig. 1. Formen von Stärkemehlkörnern aus der Kartoffel: a mit einem Kern, b mit zwei Kernen.
Fig. 2. Verschiedene Formen der Stärkemehlkörner: links aus der Roggenfrucht, daneben ein zusammengesetztes
Korn aus dem Stempel der Sassaparille, bei b und c aus dem Milchsaft von Euphorbia splendens.]