Inbegriff der Bestimmungen, welche den Zweck eines Staats (s. d.), die dazu bestehenden Einrichtungen,
Formen, Grenzen und Inhaber der Staatsgewalt und deren Verhältnisse zu den Staatsbürgern bezeichnen und regeln; dann Bezeichnung
eines umfassenden Gesetzes (Konstitution, Charte, Grundgesetz), in welchem die Staats- und Regierungsform eines Landes verbrieft,
auch der Urkunde selbst, welche darüber aufgenommen ist. Je nachdem eine solche S. einseitig von dem
Staatsbeherrscher gegeben oder nach vorgängiger Vereinbarung mit Vertretern des Volkes erlassen worden ist, wird zwischen
oktroyierter und paktierter (vereinbarter) Verfassung unterschieden.
Insbesondere spricht man in der konstitutionellen Monarchie im Gegensatz zur absoluten von der bestehenden S., wonach der
Monarch in der Gesetzgebung an die Zustimmung von Vertretern der Staatsbürger gebunden ist, sei es, daß diese nur für einzelne
bevorrechtete Klassen (ständische Verfassung) oder daß sie zur Vertretung des ganzen Volkes berufen sind (Repräsentativsystem).
Über die verschiedenen Arten der S. (Staatsformen) s. Staat.
das zwischen zwei selbständigen Staaten getroffene völkerrechtliche Übereinkommen.
Ein solches kann verschiedene Angelegenheiten betreffen, in welchen befreundete Staaten miteinander in Beziehung treten, so
z. B. Rechtshilfe, Auslieferung von Verbrechern u. dgl. Besonders
wichtig sind die Handels- und Schiffahrtsverträge. In konstitutionellen Staaten ist zum Abschluß von Staatsverträgen in der
Regel die Zustimmung der Volksvertretung erforderlich. Nach der deutschen Reichsverfassung bedürfen Verträge
über Gegenstände, welche in den Bereich der Reichsgesetzgebung gehören, zu ihrem Abschluß der Zustimmung des Bundesrats
und zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Reichstags.
die Wirtschaft des Staats, umfaßt alle Thätigkeiten und Veranstaltungen, welche zur Befriedigung
von Staatsbedürfnissen dienen, wird im engern Sinn auch oft als mit der Finanzverwaltung identisch betrachtet
(vgl. Finanzwesen).
(Kameralwissenschaften), im allgemeinen Bezeichnung für diejenigen Wissenschaften, deren Gegenstand
der Staat ist. Sie sind teils erzählende und beschreibende (historische), teils erörternde (dogmatische), teils
philosophische und teils politische. Zu der erstern Kategorie gehören die Statistik oder Staatenkunde, welche dermalige Zustände
und Einrichtungen schildert, und die Staatengeschichte. Die staatswissenschaftliche Dogmatik dagegen behandelt systematisch
Zweck, Wesen und Eigenschaften des Staats und seine rechtlichen Beziehungen, und zwar sowohl diejenigen unter den Staaten selbst
(Völkerrecht) als diejenigen zwischen der Staatsgewalt und den Staatsangehörigen sowie zwischen den letztern
untereinander (Staatsrecht).
Sie handelt ferner von den Mitteln zur Erreichung des Staatszwecks (Verwaltungsrecht, Polizei- und Finanzwissenschaft). Die dogmatische
Staatswissenschaft hat einen gegebenen Staat und dessen positive Satzungen zum Gegenstand, während die Staatsphilosophie nicht
das, was ist, sondern das, was nach der
Staatsidee sein soll, ins Auge faßt, und so entsteht namentlich
der Gegensatz zwischen positivem und allgemeinem philosophischen Staats- und Völkerrecht. Die politische Behandlungsweise endlich
betrachtet den Staat, seine Mittel und seine Zwecke vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit aus, und eben dadurch wird das Gebiet
der Politik ebenso wie dasjenige der Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie) staatswissenschaftlich abgegrenzt.
[* ] (lat. Scipio), im Altertum Auszeichnung für ältere Personen oder Könige (s. Zepter); außerdem war der S. in besonderer
Form auch gewissen Priesterschaften, namentlich den Augurn, die damit die Weltgegenden bezeichneten, beigelegt, worauf ihn
später in der christlichen Kirche der Bischof symbolisch als Hirt der Gemeinde trug (Hirtenstab, Bischofstab).
Den S. als Attribut und Gerät der Zauberer (Zauberstab) führte schon im alten Chaldäa die »Dame (Göttin) des magischen Stabes«,
sodann Moses, Zoroaster und in der griechischen Mythe Hermes, der mit Hilfe desselben »Schlummer gibt und enthebt«. Auch ist der
S. Zeichen der richterlichen und oberherrschaftlichen Gewalt und trägt dann an der Spitze die Hand als
Schwur- oder Machtsymbol. -
Als Ellenmaß war ein S. in Frankreich = 1,188 m, in Berlin = 1,75 Ellen, in Frankfurt a. M. = 2,166 Ellen. -
In der Baukunst, und im Kunsthandwerk (Möbeltischlerei) ist S. ein rundes Glied von verschiedener Form: als
Astragal, Rundstab, gebrochener S. (s. Figur), gewundener S., gewunden mit Hohlkehlen etc. (vgl. Viertelstab).
(franz. État-major), die zu dem Kommando eines Truppenteils gehörigen Personen. Man unterscheidet den Oberstab
(Offiziere und im Offiziersrang stehende Beamte), z. B. beim Bataillon: den Kommandeur, den Adjutanten, Arzt und Zahlmeister, und
den Unterstab: die Schreiber, Ordonnanzen, Büchsenmacher u. dgl. Höhere Stäbe sind diejenigen der Armeen,
Korps und Divisionen, welche neben einer größern Zahl von Offizieren etc. noch Geistliche, Auditeure, Post-, Kassen-, Proviant-
und andre Beamte, dann zum Botendienst im Frieden die Stabsordonnanzen, zur Sicherung im Felde die Stabswachen umfassen. Vgl.
Generalstab.
mater (lat., »die Mutter [Jesu] stand [am Kreuz]«),
Anfangsworte eines geistlichen Textes in lateinischen Terzinen,
der als sogen. Sequenz (s. d.) in der katholischen Kirche, besonders am Feste der sieben Schmerzen Mariä, gesungen wurde und
wahrscheinlich von dem Minoriten Jacopone da Todi herrührt.
Von den Kompositionen desselben sind die berühmtesten die
von Palestrina, Pergolese und Astorga, aus neuerer Zeit die von Jos. Haydn, Winter und Rossini.
Anton von, bad. Staatsmann, geb. zu
Stockach, studierte in Tübingen und Heidelberg die Rechte und trat 1828 in den Staatsjustizdienst. 1832 wurde er zum Obergerichtsadvokaten
und Prokurator in Mannheim, 1838 zum Mitglied des dortigen Hofgerichts, 1841 zum Hofgerichtsrat und in demselben Jahr zum Professor
der Jurisprudenz in Freiburg
ernannt. 1845 wurde er
mehr
Hofgerichtspräsident in Freiburg,
1847 Vizekanzler des Oberhofgerichts in Karlsruhe und 1849 Präsident der Ministerien des Innern und
der Justiz im sogen. Reaktionsministerium; er machte sich um die Reform der Justiz sehr verdient. Nachdem er 1850 Mitglied des
Erfurter Parlaments gewesen, trat er 1851 wieder als Oberhofrichter an die Spitze des obersten Gerichtshofs
und ward 1853 zum Mitglied und Vizepräsidenten der Ersten Kammer ernannt. Als Berichterstatter der Kommission der Ersten Kammer
über das Konkordat in der Landtagssession 1859-1860 wies er nach, daß für dasselbe gemäß der Verfassung die ständische
Zustimmung unerläßlich sei.
Als infolgedessen das Konkordatsministerium Meysenbug-Stengel stürzte, ward S. im April 1860 zum Minister
der Justiz und des Auswärtigen und 1861 zum Präsidenten des Ministeriums und Staatsminister ernannt. Er leitete nun die badische
Kirchengesetzgebung und schuf die vortreffliche badische Gerichtsverfassung. Im Juli 1866 in Ruhestand versetzt, trat er Anfang 1867 nochmals
als Justizminister in das Ministerium Mathy ein, schied aber nach dessen Tod 1868 wieder aus und zog sich
in das Privatleben zurück. 1877 in den erblichen Adelstand erhoben, starb er in Karlsruhe. Er verfaßte mehrere
bedeutende juristische Schriften: »Vorträge über das französische und badische Zivilrecht« (Freiburg
1843);
»Vorträge über den bürgerlichen
Prozeß« (Heidelb. 1845);
»Institutionen des französischen Zivilrechts« (Mannh. 1871, 2. Aufl. 1883) u. a.