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das Rauchbrennen) 15-20proz. Lutter, dann aus diesem (durch das Läutern) mittels derselben Blase das fertige Produkt erhalten. Zuweilen wird noch ein drittes Mal geläutert. Weinbranntwein, Franzbranntwein, Kognak werden in Frankreich aus Wein, entweder mittels des Apparats von Cellier, Blumenthal und Derosne (s. oben) oder auch mittels der einfachen, im Wasser- oder Dampfbad erhitzten Blase, erhalten. Für die feinern Branntweine wird der Nachlauf, d. h. der gegen Ende des Abtriebs kommende schwächere Branntwein, wegen seines geringern Geschmacks getrennt aufgefangen.
Wie schon angedeutet, enthält das Destillat aller weingaren Maischen flüchtige Stoffe, die demselben einen besondern Geschmack geben und unter dem Namen Fuselöle (s. d.) zusammengefaßt werden. Sie sind weniger flüchtig als Wasser und treten erst in der letzten Periode der Destillation [* 2] auf. Außerdem kommen noch andre riechende und schmeckende Stoffe vor, welche, leichter flüchtig als Alkohol, bei der Destillation zuerst erscheinen und hauptsächlich aus Aldehyd bestehen.
Um den Branntwein oder Rohspiritus von diesen Stoffen zu befreien (denselben zu raffinieren), behandelt man ihn zuweilen mit Holzkohle; meistens aber wird zugleich mit Herstellung von starkem S. (die Rektifikation zu Ware von 90 und mehr Prozenten) eine Trennung der zu Anfang, Mitte und Ende der nochmaligen Destillation zu erhaltenden Produkte vorgenommen und so, unter Benutzung der verschiedenen Flüchtigkeit der bezeichneten Stoffe, ein reines Produkt, der Sprit, erhalten. Das Verfahren stellt also im wesentlichen eine unterbrochene Destillation dar; die Apparate sind hauptsächlich Säulenapparate mit Blase und kräftigen Verstärkungseinrichtungen. Man erhält Vorlauf, reinsten Sprit von etwa 90-93 Proz., und dann Nachlauf, die getrennt aufgefangen werden.
Alle Kühlvorrichtungen der Destillationsapparate [* 3] endigen mit einem sogen. Verschluß (Ablauf, [* 4] Glocke). Ein solcher (Textfig. 3) besteht z. B. aus einer zweischenkeligen Röhre t t, welche bei s an das Ende der Schlange [* 5] p p befestigt ist. Der eine Schenkel erweitert sich oben zu einem mit einer Glasglocke bedeckten Trichter w mit dem Abfluß v und enthält ein Alkoholometer, [* 6] so daß man die Beschaffenheit des Destillats beständig beobachten kann. Das Rohr x dient zum Entweichen von Luft aus dem Apparat und von Kohlensäure aus der Maische. Soll das Destillat je nach seiner Reinheit nach verschiedenen Behältern geleitet werden, so sind weniger einfache Verschlüsse erforderlich. Der Ablauf von Savalle (Textfig. 4) gestattet nicht nur die Beobachtung des Alkoholgehalts des Destillats und die beliebige Ableitung, sondern auch das Abmessen der in einer gewissen Zeit gelieferten Flüssigkeit. b ist das Zuflußrohr vom Kühlapparat, c der Ansatz für den Ablauf mit dem Probehähnchen d; die Verschlußglocke e enthält ein Aräometer [* 7] und die Meßröhre, welche durch den Boden der die Glocke tragenden Schale l hindurchgeht. f ist die Öffnung für den Abfluß, g die Verteilungskugel mit den Leitungen h i k nach den verschiedenen Behältern.
Der zuströmende S. fließt durch f ab, steigt aber teilweise nach e, übt von hier aus einen Druck auf den Abfluß durch f und setzt sich mit diesem ins Gleichgewicht. [* 8] Die Größe der Öffnung f wird durch besondere Versuche so reguliert, daß die Zahlen an der Meßröhre den Abfluß in einer bestimmten Zeit ergeben. Steigt die Flüssigkeit in e, so fließt durch f mehr S. ab, weil der Druck größer wird. Wenn der Brennapparat und der Kühler gleichmäßig arbeiten, erscheint der Stand der Flüssigkeit in e vollkommen ruhig und unveränderlich; jede Unregelmäßigkeit im Betrieb wird hier sofort erkannt.
Man benutzt S. zu Getränken (Branntwein, Likör), als Lösungsmittel zur Darstellung von Tinkturen, Firnissen, Parfümen, Extrakten, Alkaloiden, auch in der Färberei und Rübenzuckerfabrikation, ferner zur Bereitung von Essig, Äther, Chloroform, Chloralhydrat, zusammengesetzten Äthern, Aldehyd, Knallsäuresalzen, Soda, Pottasche, Teerfarben und vielen andern Präparaten, zum Konservieren fäulnisfähiger Substanzen, als Brennmaterial, zum Füllen von Thermometern, zur Regeneration alter Ölgemälde, als Arzneimittel etc. -
Was die Ausbeute betrifft, so sollten Stärkemehl 56,78 Proz., Rohrzucker 53,8, Traubenzucker 51,1 Proz. Alkohol liefern, thatsächlich aber erhält man weniger, z. B. aus Rohrzucker nur 51,1 Proz. Alkohol. In der Praxis liefern:
100 kg | Gerste | 44.64 | Liter | S. | von | 50 | Proz. | Tr. |
100 " | Gerstenmalz | 54.96 | " | " | " | 50 | " | " |
100 " | Weizen | 49.22 | " | " | " | 50 | " | " |
100 " | Roggen | 45.80 | " | " | " | 50 | " | " |
100 " | Kartoffeln | 18.32 | " | " | " | 50 | " | " |
Multipliziert man die Literzahl mit dem Alkoholgehalt in Volumprozenten, so erhält man Literprozente. Ein metrischer Zentner Gerste [* 9] liefert danach 2232, Gerstenmalz 2748, Weizen 2461, Roggen 2290, Kartoffeln 916 Literprozent Alkohol. Nach solchen Literprozenten rechnet man im deutschen Spiritushandel, und zwar nimmt man 10,000 Literprozent (100 Lit. à 100 Proz.) als Einheit an und bezieht auf sie die Preisnotierungen.
Über die Alkoholproduktion liegen zuverlässige Angaben nicht vor. Der jährliche Verbrauch auf den Kopf der Bevölkerung [* 10] betrug 1881-85 in:
Liter Alkohol | Lit. 45% Branntwein | |
---|---|---|
Italien | 0.9 | 2.0 |
Norwegen | 1.7 | 3.8 |
Finnland | 2.2 | 4.9 |
Großbritannien | 2.7 | 6.0 |
Österreich-Ungarn | 3.5 | 7.7 |
Frankreich | 3.8 | 8.4 |
Schweden | 3.9 | 8.7 |
Deutschland | 4.1 | 9.1 |
Schweiz | 4.6 | 10.2 |
Rußland (europ.) | 4.7 | 10.4 |
Belgien | 4.7 | 10.4 |
Niederlande | 4.7 | 10.4 |
Dänemark | 8.9 | 19.8 |
Verein. Staaten | 2.6 | 5.8 |
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Seit 1875 zeigt sich eine Steigerung des Alkoholverbrauchs in Frankreich von 2,9 auf 3,8, in Rußland von 4,0 auf 4,7, in Österreich-Ungarn, [* 12] Belgien [* 13] blieben die Verbrauchsziffern dieselben, in den Niederlanden, Großbritannien, [* 14] Finnland, Deutschland [* 15] ist eine geringe, in Schweden [* 16] und Norwegen eine beträchtliche Abnahme zu verzeichnen. 95 Proz. des produzierten S. sollen zum Genuß verbraucht werden.
Alkoholische Getränke waren schon in den ältesten Zeiten bei vielen Völkern bekannt, aber erst im 8. Jahrh. gewann man durch Destillation von Wein einen S. In den nördlichen Ländern war bis zum Ende des 18. Jahrh. der Kornbranntwein allein herrschend. Die ersten Versuche mit Kartoffeln scheinen 1775 in Schweden angestellt worden zu sein, und 1796 wurde in Franken Kartoffelbranntwein gewonnen. Wichtigkeit erlangte die Kartoffelbrennerei aber erst seit 1810, und 20 Jahre später war die Kartoffel in Deutschland das Hauptmaterial für die Branntweingewinnung.
Infolge der Kartoffelkrankheit wandte man sich wieder mehr dem Getreide, [* 17] dann aber auch dem Mais, der Melasse und den Zuckerrüben zu. Zur Verarbeitung der Kartoffel gaben der ältere und der jüngere Siemens 1818 und 1840 zweckmäßige Apparate an. Die alten Destillierblasen wurden vielfach verbessert, durch direkten Dampf [* 18] geheizt (Gall 1829) etc. Zusammengesetzte Destillierapparate konstruierten Adam und Solimani in Nîmes (1801), Pistorius (1816), Cellier-Blumenthal und Derosne (1818), Dorn (1819), Schwarz (1833), Siemens (1850) etc. Die von Lowitz 1790 entdeckte Eigenschaft der Kohle, das Fuselöl zu absorbieren, wurde schnell in die Praxis eingeführt.
Die neuesten Fortschritte betreffen die gründlichere Aufschließung des Materials durch gespannte Dämpfe und Zerkleinerungsapparate vor dem Maischen (Hollefreund, Bohm, Henze), namentlich aber ist die Spiritusfabrikation [* 19] auch durch wissenschaftliche Untersuchungen über den Gärungsprozeß, die Ernährung der Hefe [* 20] und durch Verbesserung der analytischen Methoden gefördert worden. Das Laboratorium [* 21] und die Versuchsstation der deutschen Spiritusfabrikanten in Berlin [* 22] hat wesentlich beigetragen, für die Spiritusfabrikation eine wissenschaftlich begründete Basis zu gewinnen.
Vgl. Stammer, Die Branntweinbrennerei und deren Nebenzweige (Braunschw. 1875);
Derselbe, Wegweiser in der Branntweinbrennerei (das. 1876);
Märcker, Handbuch der Spiritusfabrikation (4. Aufl., Berl. 1886);
Böhm, Branntweinbrennereikunde (9. Aufl., das. 1885);
Gumbinner, Anleitung zur Spiritusfabrikation (das. 1882);
Bersch, Die Spiritusfabrikation und Preßhefebereitung (das. 1881);
Ulbricht und Wagner, Handbuch der Spiritusfabrikation (Weim. 1888);
Freiesleben, Der Brennereibau (Berl. 1885);
»Zeitschrift für Spiritusindustrie« (das.).