herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen
Kirche« (Frankf. 1675; neue Ausg., Leipz. 1846)
und in seiner »Allgemeinen Gottesgelahrtheit« (Frankf. 1680),
wozu später noch seine
»Theologischen Bedenken«
(Halle
[* 2] 1700-1702, 4 Bde.;
in Auswahl das. 1838) kamen. Der große Streit über den
Pietismus (s. d.) war schon entbrannt, als S. 1686 Oberhofprediger
in
Dresden
[* 3] wurde.
Bald ward er in denselben persönlich verwickelt, als er gegenüber dem
HamburgerPredigerMayer und dessen
Genossen seine
Freunde in
Schutz nahm. 1695 entbrannte der
Kampf zwischen
S. und dem
Pastor Schelwig in
Danzig,
[* 4] der jenem nicht
weniger als 150
Häresien vorwarf.
Unterdessen aber war S. mit der theologischen
Fakultät in
Leipzig
[* 5] und später auch mit dem
KurfürstenJohannGeorg III.,
dem er als
Beichtvater in einem
BriefeVorstellungen wegen seines Lebenswandels gemacht, zerfallen und hatte 1691 einen
Ruf als
Propst und Inspektor der
Kirche zu St.
Nikolai und
Assessor des
Konsistoriums nach
Berlin
[* 6] angenommen, wo
er seine Wirksamkeit unter fortdauernden
Angriffen seitens der orthodoxen
Lutheraner fortsetzte. Leider fehlte es ihm an
Energie,
um sich scharf gegen die Ausschreitungen seiner Gesinnungsgenossen, insbesondere gegen die
Visionen und
Offenbarungen des pietistischen
Frauenkreises in
Halberstadt,
[* 7] auszusprechen. Während die 1694 gestiftete
UniversitätHalle ganz unter seinem Einfluß stand,
ließ die theologische
Fakultät zu
Wittenberg
[* 8] 1695 durch den
Professor Deutschmann 264
Abweichungen Speners
von der Kirchenlehre zusammenstellen, und letzterm gelang es nicht, durch seine »Aufrichtige
Übereinstimmung mit der
AugsburgerKonfession« die Gegner zu beschwichtigen. Selbst nach seinem
Tod wurde der Streit
bis gegen die Mitte des
Jahrhunderts fortgeführt. Behauptete doch der
RostockerProfessor der
Theologie,
Fecht, daß man S. wegen seiner »unmäßigen und unersättlichen Neuerungslust«
nicht als einen
»Seligen« bezeichnen dürfe.
Vgl.
Hoßbach,
Phil.
Jak.
S. und seine Zeit (3. Aufl., Berl. 1861);
Seine litterarische Thätigkeit erstreckte sich besonders auf die griechische
Rhetorik und
Aristoteles.
Von den
Arbeiten der erstern Art nennen wir: »Συναγωγὴ τεχνῶν s. artium scriptores
ab initiis usque ad editos Aristotelis de rhetorica libros« (Stuttg. 1828),
»Aristotelis
Ars rhetorica« (Leipz.
1867, 2 Bde.) sowie
»Alexandri Aphrodisiensis quaestionum naturalium et moralium ad Aristotelis philosophiam illustrandam
libri IV«
(Münch. 1842),
In seinen vielseitigen
Aufsätzen, die meist in den »Abhandlungen der bayrischen
Akademie« erschienen
sind, hat er sich auch um die herculaneischen
Rollen
[* 13] sowie um die richtige Beurteilung einzelner
Autoren gegenüber einer übertriebenen
Lobpreisung große
Verdienste erworben. Von anderweitigen
Ausgaben sind hervorzuheben: »M. Terentii Varronis
de lingua latina libri« (Berl. 1826; neu hrsg. von seinem
Sohn
Andreas S., das. 1885);
»C. Caecilii Statii deperditarum fabularum fragmenta«
(Münch. 1829).
Vgl.
Christ, Gedächtnisrede
auf Leonh.
v. S.
(Münch. 1881).
Lazarus, geistlicher Liederdichter, geb. 1479 zuNürnberg,
[* 14] ward nach beendeten Rechtsstudien 1507 Ratsschreiber
daselbst, that viel für
Durchführung des Reformationswerks in seiner Vaterstadt und ward von derselben zum
Reichstag nach
Worms
[* 15] sowie zu dem nach
Augsburg
[* 16] gesandt;
starb Von ihm sind die
Lieder: »Durch
AdamsFall ist ganz verderbt« und »Vergebens
ist all Müh' undKost«.
SeinLeben beschrieben
Engelhardt (Bielef. 1855) und Pressel (Elberf. 1862).
Sie blieben nur zwei Jahre, doch erhielt S. 1586 in der
GrafschaftCork Landgebiet und lebte fortan, wenige Besuche in
London
abgerechnet, ausschließlich dort auf Kilcolman
Castle, meist alsBeamter der
Regierung, zuletzt als
Clerk
des
Rats von
Munster thätig. Mit den Verhältnissen der
Insel vertraut, schrieb er 1596 für die
Regierung das dialogische »A
view of the present state of Ireland«. Dem bald darauf ausbrechenden
Aufstand fiel er zum
Opfer: sein
Haus wurde verbrannt,
er selbst gezwungen, mit seiner
Familie nach
London zu fliehen.
Hier starb er und ward in der Westminsterabtei begraben, wo ihm die Gräfin
Dorset 1620 ein Denkmal setzte.
SeinenRuhm dankt S. zwei größern
Dichtungen. »The shepherd's calendar«,
Ph.
Sidney gewidmet, umfaßt zwölf Hirtengedichte, jedes
einem
Monat entsprechend; die
Schäfer klagen ihren Liebesschmerz, erörtern religiöse
Fragen, preisen
die
Königin. »The Faery
Queen« ist ein romantisch-allegorisches
Epos nach dem
Muster Ariosts und
Tassos. Die 3 ersten
Bücher
erschienen 1590 und wurden der
Königin gewidmet, welche die vielen Schmeicheleien des Dichters mit einer jährlichen
Pension
von 50 Pfd. Sterl. erwiderte. Die nächsten 3
Bücher wurden 1596 veröffentlicht. Es sollten noch 6 andre
folgen, doch blieb zu ihrer Abfassung dem Dichter weder
Ruhe noch Zeit; nur
Fragmente sind erhalten. Jedes
Buch beschreibt ein
Abenteuer, das ein
Ritter am
Hof
[* 21] der Feenkönigin besteht, und feiert gleichzeitig die Thaten irrender
Ritterschaft¶