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Auszahlungen ohne Prüfung der Berechtigung des Inhabers stattfinden, so ist zum Schutz gegen Verluste durch Diebstahl eine sorgfältige Aufbewahrung der Sparkassenbücher geboten. Als S. pflegt man auch solche Kassen zu bezeichnen, welche in Wirklichkeit nur Einzahlungs- oder Markenverkaufsstellen sind. Letztere dienen dem Zwecke, ganz kleine Summen anzusammeln, um dieselben, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht haben, an andre Kreditanstalten oder sogen. Hauptsparkassen abzuführen, welche werbende Anlegung und Verwaltung besorgen.
Diese Verwaltung ist in verschiedenen Ländern gesetzlich geregelt, so in Frankreich 1822 und 1835; in Preußen [* 2] durch ein Regulativ von 1838, welches dem Gedanken der Selbstverwaltung in weitem Maß Rechnung trägt, jedoch mit der Maßgabe, daß ebenso wie in Bayern, [* 3] Baden, [* 4] Sachsen [* 5] etc. die Statuten der öffentlichen, unter Staatsaufsicht zu stellenden S. der staatlichen Genehmigung bedürfen; in England seit 1817, wo man den Charakter der S. gesetzlich dadurch gewahrt hat, daß den Leitern derselben (trustees) der Bezug einer Entschädigung oder eines Gewinns untersagt wurde.
Die deutschen S. legen die ihnen anvertrauten Summen teils gegen Hypotheken auf Grundstücke und Gebäude an, die Gemeindesparkassen insbesondere gegen im Gemeindebezirk oder in dessen näherer Umgebung bestellte Hypotheken, teils kaufen sie sichere Wertpapiere, dann geben sie auch Darlehen gegen Wechsel und Faustpfand, endlich auch bis zu einer bestimmten Summe gegen Handschein und höhern Zins unter Gestellung eines Bürgen. Die englischen S. kaufen meist Staatspapiere an. Die französischen S. sind gesetzlich gehalten, die Einlagen bei der staatlichen Caisse des dépôts et consignations im Kontokorrentverhältnis zu hinterlegen; ihre Forderungen bilden daher, soweit sie nicht in Bezugsrechte auf ewige Renten umgewandelt werden, einen Teil der schwebenden Schuld des Staats.
Durch diese Zentralisierung des Sparkassenwesens ist zwar letzteres außerordentlich vereinfacht; die einzelnen S. tragen mehr den Charakter einfacher Zahlungs- und Rechnungsstellen. Dagegen können durch die enge Beziehung zu den schwebenden Schulden, den S., wie dies schon in Frankreich der Fall gewesen, Verlegenheiten erwachsen. Überhaupt bedürfen die S., sobald sie nur gut verwaltet werden, weniger einen Rückhalt durch wechselseitige Verbindung oder durch Gründung einer Art Zentralsparkasse, weil bei denselben nicht wie bei Banken in schlechten Zeiten die Rückforderungen anzuschwellen pflegen.
Die in einzelnen Ländern vorkommende Verbindung von S. mit Pfandhäusern ist nicht zweckmäßig, weil in guten Zeiten mehr Geld den S. zuströmt und die Pfandhäuser keine Gelegenheit haben, dasselbe unterzubringen, während in schlechten Zeiten der Geldbedarf der Pfandhäuser durch die S. nicht gedeckt werden kann. Ihre Verwaltungskosten decken die S. dadurch, daß sie einen niedrigern Zins geben, als sie erhalten. Überschüsse werden zunächst zur Bildung eines Reservefonds, dann für gemeinnützige Zwecke (Altersprämien für treue Dienstboten etc.) verwandt. Bei Gemeindesparkassen ist vielfach (so in Preußen, Baden) zu derartigen Verwendungen staatliche Genehmigung erforderlich.
Schon 1798 tauchte in England der Gedanke auf, S. mit Schulen zu verbinden; derselbe wurde 1834 an der Stadtschule zu Le Mans [* 6] verwirklicht. Dann bestanden schon Anfang dieses Jahrhunderts eigentliche Schulsparkassen in Thüringen (Apolda) [* 7] und am Harz (Goslar). [* 8] Seit 1866 wirkte Professor F. Laurent (s. d.) zu Gent in [* 9] unermüdlicher Weise für Einführung solcher Schul- oder Jugendsparkassen. Den Erfolgen, welche er erzielte, ist es zu verdanken, daß diese Kassen in Belgien, [* 10] Frankreich, England u. Italien, [* 11] wo ihnen durch das Gesetz vom große Vergünstigungen zugestanden wurden, dann in Österreich [* 12] und in einigen Teilen von Deutschland [* 13] (besonders im Königreich Sachsen, dann in Schleswig-Holstein) [* 14] große Verbreitung gefunden haben.
Bei diesen Kassen sammelt der Lehrer die Beiträge der Kinder, bis dieselben einen Betrag von der Höhe erreicht haben, daß die Einlage in eine öffentliche Sparkasse erfolgen kann. Nun kann, während die Ersparnisse der einzelnen Kinder hierfür noch nicht genügen, doch die Gesamtsumme zureichen und einstweilen verzinslich angelegt werden. Der auf diesem Weg erzielte Gewinn kann zur Deckung kleiner Verwaltungskosten, für Prämiierung von Schülern oder auch zur Verteilung nach Maßgabe der Einlagen verwandt werden.
Durch die Schulsparkassen soll der Trieb zum Sparen und zur Selbstbeherrschung schon in der frühen Jugend gerade in den Kreisen geweckt und genährt werden, für deren Lage diese Tugenden von der höchsten Bedeutung sind. Dagegen sind die Schulsparkassen besonders in deutschen Lehrerkreisen einem großen Widerstand begegnet. Man machte gegen dieselben geltend, daß gerade bei den untern Klassen den Kindern gar keine Möglichkeit zum Sparen geboten sei, und daß diese Anstalten die schlimmern Leidenschaften der Habsucht und des Neides bereits bei den Kindern entflammten und großzögen.
Nach einer Mitteilung des Vereins für Jugendsparkassen gab es in Deutschland 1881: 842 Kassen in 157 Städten und 548 Dörfern. Es waren an denselben beteiligt: 1250 Lehrer und 61,940 Schüler mit 640,000 Mk. Einlagen. Man zählte in
Frankreich | Kassen | Bücher | Einlagen |
---|---|---|---|
1877 | 8033 | 176040 | 2.98 Mill. Frank |
1881 | 14372 | 302841 | 6.40 " " |
1885 | 23222 | 488624 | 11.29 " " |
.
Italien | Lehrer | Schüler | Bücher | Einlagen |
---|---|---|---|---|
1876 | 522 | 11935 | 7289 | 32049 Lire |
1880 | 3240 | 40956 | 19056 | 174597 " |
1885 | 3451 | 65062 | - | 376345 " |
.
Ungarn | Schulen | Lehrer | Schüler | Einlagen |
---|---|---|---|---|
1880 | 141 | 222 | 7333 | 54647 Guld. |
1882 | 354 | 565 | 19273 | 114734 " |
1886 | 581 | 926 | 28256 | 113264 " |
Vgl. Laurent, Conférence sur l'épargne (1866);
Wilhelmi, Die Schulsparkassen (Leipz. 1877);
A. de Malarce, Die Schulsparkasse (Berl. 1879);
Elwenspöck, Die Jugendsparkasse (Memel [* 15] 1879);
Senckel, Jugend- und Schulsparkassen (Frankf. a. O. 1882);
Derselbe, Zur Sparkassenreform (1884).
Um in weitern Kreisen der Bevölkerung [* 16] die Ansammlung von ganz kleinen Beträgen zu ermöglichen, werden in Deutschland seit 1880, damals angeregt durch Kaufmann Schwab in Darmstadt, [* 17] Pfennigsparkassen nach dem Vorbild der englischen Penny saving banks gegründet. Es sind dies einfache Sammelstellen für Beträge von 10 Pfennig und weniger, für welche, wenn eine Summe von 1 Mk. erreicht ist, ein Sparkassenbuch von der Hauptsparkasse ausgestellt wird. Die Ansammlung erfolgt unter Verwendung von Sparmarken und Sparkarten oder Sparbüchern. Die Marken, meist in gleicher Höhe, oft auch in verschiedenen Wertstufen, werden gewöhnlich durch Vermittelung von Ladengeschäften verkauft und auf den vorbezeichneten Stellen der Sparkarten aufgeklebt. Sobald letztere ausgefüllt sind, werden dieselben an bestimmten Stellen oder ¶
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auch nur bei der Hauptsparkasse gegen Quittung eingeliefert. Den Zwecken besonderer Kreise [* 19] dienen die Fabriksparkassen (s. d.); dagegen sind für die allgemeinste Verbreitung bestimmt die seit 1861 in mehreren Ländern eingeführten Postsparkassen (s. d.). Es wurden gezählt an S. (ohne Postsparkassen):
Einleger | Einlagen Mill. Mk. | Auf ein Buch Mark | |
---|---|---|---|
Großbritannien und Irland (1885) | - | 927 | - |
Italien (1885) | 1189167 | 764 | 642 |
Österreich (1886) | 2018695 | 1792 | 887 |
Frankreich (1885) | 4926391 | 1770 | 359 |
Schweiz (1886) | 745335 | 411 | 495 |
Es war in
die Zahl der Einleger (Konten) | das Guthaben der Einleger Mark | durchschnittlich auf ein Buch Mark | |
---|---|---|---|
Preußen 1874 | 2061199 | 987237180 | 478 |
" 1885 | 4209453 | 2260933912 | 537 |
Bayern 1874 | 299277 | 70253440 | 235 |
" 1885 | 464545 | 130859355 | 282 |
Sachsen 1874 | 686733 | 232203831 | 338 |
" 1884 | 1199556 | 407621000 | 340 |
Baden 1874 | 141781 | 83297384 | 588 |
" 1884 | 215646 | 175727111 | 815 |
Hessen 1874 | 84491 | 40225356 | 476 |
" 1884 | 160745 | 90588725 | 564 |
Meiningen 1885 | 33525 | 18200000 | 543 |
Ein Einleger (Sparkassenbuch) kam in
Bayern (1885) auf | 11.6 Einw. | = auf 100 Einw. | 8.6 Sparer |
Baden (1884) " | 7.1 " | = " 100 " | 13.5 " |
Preußen (1886) " | 6.4 " | = " 100 " | 14.8 " |
Hessen (1884) " | 5.9 " | = " 100 " | 16.8 " |
Sachsen (1884) " | 2.7 " | = " 100 " | 37.7 " |
Auf den Kopf der Bevölkerung entfiel ein Einlagebetrag: 1885 in Bayern von 24,7 Mk., in Preußen von 79,8 Mk., 1884 in Hessen [* 20] von 94,7 Mk., in Baden von 109,7 Mk., in Sachsen von 128,0 Mk. Während im Königreich Sachsen auf 84 qkm eine Sparkasse entfällt, gehören in Preußen 289, in Bayern 273, in England 493, in Österreich 914 und in Italien 951 qkm dazu.
Vgl. Hermann, Über S. (Münch. 1835);
Vidal, Des caisses
d'épargne (Par. 1844);
Konst. Schmidt und Brämer, Das Sparkassenwesen in Deutschland (Berl. 1864);
Lewins, History of banks for savings in Great Britain and Ireland (Lond. 1866);
»Verhandlungen des 14. volkswirtschaftlichen Kongresses in Wien [* 21] 1873«; Engel, Ein Reformprinzip für S. (in der »Zeitschrift des Preußischen Statistischen Büreaus« 1868);
»Statistique internationale des caisses
d'épargne« (bearbeitet von Bodio, Rom
[* 22] 1876);
die Verhandlungen des Pariser Kongresses für Wohlfahrtseinrichtungen (1878);
»Beiträge zur Statistik der S. im preußischen Staat« (Berl. 1876);
Selle, Die preußischen S. (Lüdenscheid [* 23] 1879);
Spittel, Die deutschen S. (Gotha [* 24] 1880);
Kuntze, S. und Gemeindefinanzen (Berl. 1882);
Bahrt, Die Kontrolle und Hilfseinrichtungen bei S. (2. Aufl., Leipz. 1882);
Seedorff, Die Sparkassenbuchführung (Hannov. 1887);
Thiele, Die städtische Sparkasse zu Berlin [* 25] in ihrer Einrichtung (Berl. 1887).
Seit 1876 erscheint in Wien als Organ für internationales Sparkassenwesen die von C. Menzel geleitete »Österreichisch-Ungarische Sparkassenzeitung«.