mehr
hat. Neben ihm sind zu nennen: der exzentrische José de Espronceda (gest. 1842),
ein Dichter der Verzweiflung (»El condenado á la muerte«, »El mendiande«, »El estudiante« u. a.);
der schwermütige Nicomedes Pastor Diaz, dem die süßesten und erhebensten Töne zu Gebote stehen;
José Bermudez de Castro, in dessen Dichtungen (»El dia de difuntos«) sich wieder alle Schauer der Romantik finden;
der phantastisch-fromme Jacinto Salas y Quiroja;
der Staatsmann Patricio de la Escosura (gest. 1878),
ein schwungvoller Lyriker des Weltschmerzes (»El bulto vestido de negro capuz«),
dessen Talent sich aber noch glänzender in seinen historischen Romanen zeigt (s. unten);
der sinnige
Lieder- und Romanzendichter Francisco
Pacheco
u. a. Von den Dichtern der neuesten Zeit errangen vor andern Ramon de
Campoamor (geb. 1817), der Verfasser der tief poetischen
Gedichtsammlung »Doloras«, aber auch dramatischer
Arbeiten, eines
Epos: »Colon«, und reizender
»Novellen in
Versen«, und der »Poeta
del
pueblo«,
Antonio de
Trueba (gest. 1889),
mit seinem »Libro de los cantares« verdienten Beifall.
Neben ihnen teilen sich Villergas, Campo-Arano, Enrique Gil, Gaspar Bueno Serrano und besonders Ventura Ruiz Aguilera (gest. 1881),
Dichter berühmter »Elegias« und der »Legenda de Noche-Buena«, sowie Gaspar Nuñez de Arce (geb. 1834),
Verfasser des Gedichts »El vertigo« und der
»Vision de
Fray
Martin«,
in die
Gunst des
Publikums. Auch José Selgas,
Manuel del
Palacio, Adolfo
Becquer und Curros
Enriquez
(»Aires da minha terra«)
müssen als
Lyriker genannt werden. Als Satiriker fand José
Gonzalez de
Tejada, als Fabeldichter
Miguel
Augustin
Principe und
F.
Baëza
Anerkennung. Auch ein moderner
»Romancero español« von verschiedenen Verfassern ist erschienen
(1873). Eine gediegene Blütenlese aus den Werken der Dichter des 19. Jahrh.
bietet der »Tesoro de la poesia castellana«, Bd. 3
(Madr. 1876).
Was das Drama betrifft, so war seit den 30er Jahren die Herrschaft des klassischen Geschmacks, der durch Moratin den jüngern für einige Zeit zur allgemeinen Geltung gelangt war, im Sinken begriffen, und das spanische Theater [* 2] trat in ein Stadium, welches ein Gemisch der extremsten Gegensätze bot. Namentlich ließ man sich von dem Taumel der sogen. romantischen Schule in Frankreich mit fortreißen, deren Mißgebilde man in Übersetzungen oder in noch krassern Nachbildungen mit Vorliebe auf die heimische Bühne brachte.
Erst allmählich klärte sich das Chaos, die Besonnenern kehrten zu den altklassischen Formen zurück, die sie mit den Anforderungen der modernen Zeit zu vereinen suchten, und wenn sich auch die spanische Bühne bis auf den heutigen Tag noch nicht völlig zur Selbständigkeit in einer bestimmten Richtung hervorgearbeitet hat, so gewinnen doch würdige, aus edlem Streben hervorgegangene Originalproduktionen immer mehr die Oberhand. Unter den Klassikern ragt vor allen Manuel Breton de los Herreros (1800-1873) hervor, der fruchtbarste Bühnendichter des modernen Spanien, [* 3] unter dessen den verschiedensten dramatischen Gattungen angehörenden Arbeiten die Charakterkomödien, in welchen er das Leben der Mittelklassen Spaniens schildert, den obersten Rang einnehmen. Unter seinen zahlreichen Nachahmern ist Tomas Rodriguez Rubi (geb. 1817) der begabteste. Zu den Anhängern der klassischen Schule gehörten auch die Lustspieldichter Francisco de Burgos (gest. 1845) und Manuel Eduardo Gorostiza (geb. 1790); ferner Juan Eugenio Hartzenbusch (1806-80), einer der bedeutendsten Tragiker der Neuzeit, Verfasser des Dramas »Los amantes de Teruel«, dem sich seine spätern Arbeiten würdig anreihen.
Von großer Bühnengewandtheit zeugen die Stücke von Antonio Garcia Gutierrez (gest. 1884),
den besonders die Tragödie »El Trovador« berühmt machte. Eine zwischen der klassischen und romantischen Richtung hin- und herschwankende Stellung nimmt der oben als Lyriker genannte Martinez de la Rosa ein, der Verfasser reizender und beliebter Lustspiele (»La niña en casa y la madre en la máscara« und »Los zelos infundados«),
dessen dramatische Begabung sich aber noch glänzender in seinen historischen Tragödien (»La conjurazion de Venecia«) zeigt. Unter den vorzugsweise tragischen Dichtern ist der bedeutendste Antonio Gil y Zarate (1793-1861),
der, seinen Prinzipien nach Anhänger des Klassizismus, in der Praxis später zu den Romantikern überging, und unter dessen Stücken besonders »Carlos II el hechizado«, »Rosmunda« und »Guzman el bueno« hervorzuheben sind. Entschieden romantische Richtung verfolgen in ihren dramatischen Arbeiten der schon genannte A. de Saavedra, Herzog von Rivas, Verfasser des Lustspiels »Solaces de un prisionero« und des Dramas »Don Alvaro«, und José Zorrilla, der Lieblingsdramatiker der Nation, von welchem wir hier nur »El zapatero y el rey« und die Bearbeitung der Don Juan-Sage: »Don Juan Tenorio«, erwähnen wollen. Von den übrigen Dramatikern, besonders der neuesten Zeit, seien hier noch angeführt: Ventura de la Vega (gest. 1865),
Gertrudis de Avellaneda (gest. 1873; »Leoncia«, »El principe de Viana«),
der schon als Lyriker erwähnte Campoamor (»Dies irae«, »Cuerdos y locos«, »El honor«),
Adelardo
Lopez de
Ayala (gest. 1879; »El hombre de estado«,
»El tanto por ciento«, »Consuelo«),
Luis
Martinez de
Eguilaz (geb. 1833; »La cruz del
matrimonio«),
José
Echegaray (geb. 1832; »La esposa del
vengador«,
»En el seno de la muerte«, »El
gran galeoto«),
Nuñez de Arce (»Dendras de honra«, »El haz de leña«),
Francisco Camprodon (gest. 1870; »Flor de un dia«) und Tamayo y Baus (»La rica hembra«),
vorzugsweise Dichter, welche das moderne
Leben bald in realistischer, bald in idealistischer Auffassung zur
Darstellung brachten.
Sehr beliebt sind in der Neuzeit die echt spanischen, dem Volksleben abgesehenen
Possen
(Sainetes), wie »La banda del
rey«
von Emilio
Alvarez u. a. Eine gediegene Auswahl moderner
Dramen erschien unter dem
Titel: »Joyas del
teatro
español del
siglo XIX«
(Madr. 1880-82).
Im Vergleich mit der dramatischen Litteratur blieb das Gebiet des Romans lange Zeit vernachlässigt; erst in der letzten Zeit begann man dasselbe wieder eifriger anzubauen. Zunächst folgten Übersetzungen und Nachahmungen französischer und englischer Werke, dann aber auch spanische Originalromane und zwar in solcher Fülle, daß gegenwärtig auch bei den Spaniern der Roman, als das »Epos unsrer Zeit«, nebst der Novelle zur Lieblingsform litterarischer Produktion geworden und in verschiedenen Formen ausgebildet ist. Besondere Pflege erfuhr der historische und Sittenroman, als deren Hauptrepräsentanten unter den bereits angeführten Autoren genannt werden müssen: Larra (»El doncel de Don Enrique el Doliente«),
Escosura (»El conde de Candespina« und »Ni rey, ni roque«),
José de Espronceda (»Don Sancho Salaña«),
Serafin Calderon (»Christianos y Moriscos«),
mehr
(»Isabel de Solis«) und Gertrudis de Avellaneda (»Dos mugeres«). Ungemeinen Erfolg hatten auf diesem Gebiet außerdem Fernan Caballero (Cäcilia de Arrom, gest. 1877),
die Begründerin des realistischen Romans in Spanien, und Antonio de Trueba (gest. 1889) mit seinen zahlreichen Erzählungen (»Cuentos campesinos«, »Cuentos populares« etc.); ebenso Vicente Perez Escrich (»Cura de la Aldea«, »La muger adultera«, »Los angeles de la tierra« etc.),
Manuel Fernandez y Gonzales (gest. 1888; »Los Mondes de las Alpujarras«, »La virgen de la Palma« etc.) und Pedro Antonio de Alarcon (geb. 1833; »Sombrero de tres picos« und »El escandalo«),
denen wir aus neuester Zeit noch als die namhaftesten Erzähler anreihen: Juan Valera (»Pepita Jimenez«, »Doña Luz«),
José Selgas (»La manzana de oro«, »Dos rivales«),
Cespedes, Perez Galdos, der den historischen Roman kultiviert, Castro y Serrano, Escamilla, die Schriftstellerinnen: Maria del
Pilar Sinués, Angela Grassi und Faustina Saez de Melgar (»Inés«). Als interessanter Sittenschilderer bewährte sich Ramon
de Mesonero (gest. 1882) in den Werken: »Manual de Madrid«,
[* 5] »Escenas matritenses« u. a.
Im übrigen wurde die spanische Prosa durch eine Reihe ausgezeichneter Historiker (s. unten) und berühmter Redner und Publizisten
(wie Jovellanos, Augustin Arguelles, Alcalá-Galiano, Donoso Cortes, Martinez de la Rosa, Emilio Castelar u. a.) wie durch die kritischen
Arbeiten eines Gallardo, Salva, Lista, Hermosilla, Marchena etc. in ihrer Ausbildung wesentlich gefördert.
Groß ist auch die Zahl der Zeitschriften und Revuen, die, teils politisch-belletristischen, teils wissenschaftlichen Inhalts,
in den letzten Jahrzehnten in Spanien aufgetaucht sind, und von denen hier als die reichhaltigsten und gediegensten nur die
»Revista de España«, »Revista
Contemporanea« und »Revista Europea« genannt seien.
Wissenschaftliche Litteratur.
Die wissenschaftlichen Leistungen vermochten sich in Spanien nicht so glänzend zu gestalten wie die Nationallitteratur. Insbesondere konnte sich in den philosophischen Wissenschaften ein freier, selbständiger Geist nie entwickeln, weil geistiger und weltlicher Despotismus höchstens ein scholastisches Wissen im Dienste [* 6] der positiven Theologie und Jurisprudenz duldete. Die Philosophie ist fast bis auf die neuesten Zeiten auf der niedrigsten Stufe, der scholastisch-empirischen, stehen geblieben; nur Dialektik, Logik und mittelalterlicher Aristotelismus wurden etwas kultiviert, da diese Disziplinen den Theologen als Waffe zur Verteidigung ihrer dogmatischen Subtilitäten dienen mußten.
Erst im 19. Jahrh. hat auch Spanien einen wirklichen Philosophen hervorgebracht, Jayme Balmes (gest. 1848),
der schöne Darstellungsgabe mit metaphysischem Tiefsinn verband, im wesentlichen aber ebenfalls noch auf scholastischem Boden
stand. Eine rege Thätigkeit entfaltete Spanien in den letzten Jahrzehnten in der Aneignung philosophischer Meisterwerke des
Auslandes durch Übertragung und Bearbeitung; so übersetzte M. de la Ravilla den Cartesius und Kant, Patricio
de Azcarate den Leibniz, und Sans del
Rio
[* 7] verpflanzte die Krausesche Philosophie nach Spanien, die daselbst zahlreiche Anhänger
fand.
Auch Hegel ist viel bearbeitet worden, seitdem Castelar für ihn in Spanien Boden geschaffen. Von philosophischen Schriftstellern der Neuzeit sind sonst zu nennen: Lopez Muños, der Lehrbücher über Psychologie, Moralphilosophie und Logik schrieb;
Mariano Perez Olmedo, Eduardo A. de Bessón (»La lógica en cuadros sinopticos«),
Die wissenschaftliche Theologie blieb infolge der Unbekanntschaft mit philosophischer Spekulation starrer Dogmatismus im theoretischen, Kasuistik und Askese im praktischen Teil.
Das ganze Mittelalter hindurch galt in der Theologie die scholastische Weisheit des Isidorus Hispalensis als erste einheimische Autorität. Im 15. und 16. Jahrh. machten zwar die Kardinäle Torquemada, der Großinquisitor, und Jimenez, der Regent, Miene, das Bibelstudium zu fördern, und sogar Philipp II. unterstützte die von einem Spanier, Arias Montanus, in Angriff genommene Antwerpener Polyglotte. Aber im grellen Kontrast zu dieser wenn auch vornehmlich des litterarischen Ruhms wegen entwickelten, doch immerhin verdienstlichen Thätigkeit steht es, wenn der Versuch, die Bibel [* 8] dem Volk selbst zugänglich zu machen, sogar an einem so strenggläubigen Priester wie Luis de Leon durch die Inquisition mit Kerker bestraft ward. Nur in der mystischen Askese und in der Homiletik hat die gläubige Begeisterung der Spanier Ausgezeichnetes geleistet. Hierher gehören unter andern die homiletischen Schriften des Antonio Guevara (gest. 1545) und Luis de Granada [* 9] (gest. 1588) sowie die mystisch-asketischen des Karmelitermönchs Juan de la Cruz (gest. 1591) und der heil. Teresa de Jesus (gest. 1582). Erst in den neuern Zeiten durften die trefflichen Bibelübersetzungen von Torres Amat, von Felipe Scio de San Miguel und Gonzalez Carvajal an die Öffentlichkeit treten und in einzelnen kirchenhistorischen und kirchenrechtlichen Abhandlungen tolerantere Ansichten verbreitet werden, wie in den Schriften von J. L. ^[Joaquin Lorenzo] Villenueva, Blanco White (Leucado Doblado), J. ^[Judas José] Romo u. a. Sogar eine »Historia de los protestantes etc.« (Cad. 1851; deutsch, Frankf. 1866),
von Adolfo de Castro verfaßt, wagte sich ans Licht, [* 10] der sich neuerdings eine »Historia de los heterodoxos españoles« von Menendez Pelayo (1880 ff.) anschloß. Dagegen veröffentlichte Orti y Lara eine Verherrlichung der Inquisition (»La inquisicion«). Auf theologisch-philosophischem Gebiet erlangten neuerdings der Bischof von Cordova, Ceferino Gonzalez, und der Erzbischof von Valencia, [* 11] A. Monescillo, bedeutenden Ruf.
Auch im Fach der Rechts- und Staatswissenschaften ermangelte es an einer philosophischen Grundlage und an Freiheit der Diskussion. An Gesetzsammlungen und gesetzgeberischer Thätigkeit war in Spanien nie Mangel. Die ältesten Rechtsbücher, wie das »Fuero Juzgo« (Madr. 1815),
reichen bis in die Zeit der Gotenherrschaft zurück; dann sind besonders des Königs Alfons X., des Weisen, legislatorische Arbeiten zu nennen: die »Leyes de las siete partidas« und das »Fuero real« (hrsg. Von der Akademie der Geschichte, das. 1847; neuerdings kommentiert von Jimenez Torres, das. 1877). Eine Sammlung aller spanischen Gesetzbücher mit den Kommentaren der berühmtesten Rechtsgelehrten erschien unter dem Titel: »Los codigos españoles concordados y anotados« (Madr. 1847, 12 Bde.);
die »Fueros« (Munizipalgesetze) begann Muñoz zu sammeln (das. 1847).
Wertvolle Arbeiten über die spanische Rechtsgeschichte lieferten Montesa und Manrique, auch Benvenido
Oliver, der speziell das katalonische Recht behandelte
, während Soler und Rico y Amat ihre Aufmerksamkeit der Geschichte des
öffentlichen Lebens zuwendeten. Selbst die Rechtsphilosophie fand Bearbeiter in Donoso Cortes und Alcalá-Galiano sowie neuerdings
in Clemente Fernandez
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