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gekommene Werk derselben ist das »Poema del Cid«, ein größtenteils auf alten Volksdichtungen beruhendes Epos in Form und Geist der französischen Chansons de geste, welches in oft sehr malerischer Darstellung und kräftigen Zügen, wenn auch in noch ziemlich roher Form die Thaten und Abenteuer des Nationalhelden schildert. Verschieden von ihm ist die »Crónica rimada del Cid« (s. Cid Campeador). Außerdem gehören hierher als frühste Erzeugnisse spanischer Kunstpoesie unter dem Einfluß der kirchlich-ritterlichen Zeitideen: das »Poema de los Reyes Magos« und die Legende von der Maria Egipciaca aus dem 13. Jahrh.),
die Heiligen- und Marienlegenden des Geistlichen Gonzalo de Berceo (gestorben um 1270),
die Bearbeitung der ritterlichen Irrfahrten Alexanders d. Gr. (»Poema de Alexandro Magno«) von Juan Lorenzo Segura, die spanische Bearbeitung des Romans »Apollonius von Tyrus« sowie die »Votos de pavon« (ebenfalls noch aus dem 13. Jahrh.) und ein chronikenartiges Gedicht, das die Thaten des Grafen Fernan Gonzalez, des Stifters von Kastiliens Größe, besingt (aus dem 14. Jahrh.). Diese Gedichte sind teils in einreimigen Alexandrinerstrophen, teils in den nationalen Grundrhythmen der Redondilien (s. d.) abgefaßt.
Noch in das 14. Jahrh. ist wohl auch die Abfassung der längern, epenartigen Romanzen von Karl d. Gr. und seinen Paladinen zu setzen. Neben diesen vorwiegend epischen Dichtungen begann sich während der Regierung Alfons des Weisen von Kastilien (1252-84) eine didaktische Richtung der Litteratur zu entwickeln, deren Hauptrepräsentant König Alfons selber war. Er ließ die Landesgesetze aus der lateinischen Sprache [* 2] in die Landessprache übertragen, und auf seine Veranlassung geschah die Abfassung einer Weltchronik und der Geschichte der Kreuzzüge (»La gran conquista de Ultramar«),
abgedruckt in der »Biblioteca de autores españoles«, Bd. 44) sowie einer spanischen Chronik, der berühmten »Crónica general« (Vallad. 1604),
ebenfalls in kastilischer Sprache. So wurde Alfons der eigentliche Schöpfer der spanischen Prosa. Von poetischen Werken schreibt man ihm außer dem sogen. »Libro de las querellas«, von dem sich nur einige Bruchstücke erhalten haben, ein didaktisches Gedicht alchimistischen Inhalts, das »Libro del tesoro o del candado«, zu, das jedoch nach einigen spätern Ursprungs ist. Am wichtigsten sind seine in galicischer Sprache verfaßten und provençalischen Mustern nachgebildeten »Cantigas«, Loblieder auf die Jungfrau Maria, welche zum großen Teil in sechs- bis zwölfzeiligen Versen bestehen und durch ihre Form die spätere Kunstlyrik der Spanier vorbereiten.
Alfons'
Beispiel wirkte ermunternd auf seine Nachfolger.
Sein Sohn
Sancho IV., genannt der Tapfere (gest. 1295), schrieb ein
moralisierend-philos
ophisches Werk:
»Los castigos e documentos«, das Lebensregeln für seinen Sohn
Ferdinand IV. enthielt,
und des letztern Sohn
Alfons XI., genannt der
Gute (gest. 1350),
gilt für den Verfasser einer Reimchronik in Redondilienstrophen, wie er auch mehrere Werke in kastilischer Prosa abfassen ließ, namentlich ein Adelsregister (»Becerro«) und ein Jagdbuch (»Libro de monterías«, hrsg. von Navarro 1878) sowie mehrere Chroniken (Ferdinands des Heiligen, Alfons' des Weisen, Sanchos des Tapfern etc., abgedruckt in dem Werk »Cronicas de los Reyes de Castilla etc.«, Bd. 1, Madr. 1876). Der hervorragendste unter den fürstlichen Autoren jener Zeit ist der Infant Don Juan Manuel (gest. 1347),
am bekanntesten durch sein Werk »El conde Lucanor« oder »Libro de Patronio«, eine zum Teil aus orientalischen Quellen geschöpfte Rahmenerzählung, in welcher dem Grafen Lucanor sein Ratgeber Patronio moralische und politische Ratschläge in Form von Novellen erteilt (s. Manuel 3). Bei weitem der genialste Dichter jener Periode war aber der Erzpriester von Hita, Juan Ruiz (gest. 1351), Verfasser eines merkwürdigen, allegorisch-satirischen Werkes in Alexandrinerversen (»Libro de cantares«),
worin in der Weise Juan Manuels Fabeln, Schwänke und Geschichten, fromme und Liebeslieder etc. aneinander gereiht sind, denen eine gemeinsame Erzählung zu Grunde liegt, nur daß hier der Schwerpunkt [* 3] weniger in der moralischen Tendenz als in der naiv anmutigen und kunstvollen Darstellung liegt. Ein didaktisches Gedicht mit eingewebten lyrischen Partien ist auch das wieder zumeist in Alexandrinern abgefaßte Buch über das Hofleben (»Rimado de palacio«) des alten Chronisten und als Übersetzer des Livius berühmten Pedro Lopez de Ayala (gest. 1407). Ebenso macht sich in den Gedichten des Rabbi Don Santo, [* 4] genannt »der Jude von Carrion«, welcher für den König Peter den Grausamen von Kastilien Ratschläge und Lebensregeln in Versen abfaßte, in dem Gedicht vom Totentanz: »Danza general de la muerte«, der ältesten Dichtung dieser Art, in der spanischen Nachahmung der lateinischen »Rixa animae et corporis« u. a. die didaktische Richtung geltend.
Sämtliche bisher genannte Gedichte sind in Bd. 57 (»Poetas
castellanos, anteriores al siglo XV«) sowie die hauptsächlichsten Prosawerke in Bd. 51 (»Escritores
en prosa, anteriores al siglo XV«) der erwähnten »Biblioteca de autores
españoles« enthalten. Die
Ausbildung der damaligen historischen
Prosa bekunden die
Chroniken
Ayalas,
Juan
Nuñez de Villaizans,
die Prosachronik vom
Cid, die
Reisebeschreibung Ruy
Gonzalez de
Clavijos u. a. Auch die Abfassung des »Amadis
von
Gallien« (s.
Amadisromane), des Ahnherrn der zahllosen
spanischen
Ritterromane, gehört dem
Schluß dieser
Periode an.
Zweite Periode.
Mit der
Regierung
Johanns II. von
Kastilien (1406-54) begann die zweite
Periode der spanischen
Nationallitteratur, welche bis
zur
Regierung
Karls V., somit bis zum
Schluß des
Mittelalters, reicht. Der
Sinn für die alten Volkspoesien
war allmählich erloschen
, und es kam eine reflektierte
Dichtkunst, eine höfische Kunstlyrik nach dem
Muster der Troubadourpoesie
zur
Entwickelung, welch letztere in limousinischer
Mundart an den
Höfen der
Grafen von
Barcelona
[* 5] und der
Könige von
Aragonien
schon längst blühte. Zu der bereits vorherrschenden didaktischen
Richtung gesellten sich gelehrte, mythologische
und allegorische
Elemente, die schlichten
Reime der Vorzeit wurden mit verschlungenen Versmaßen vertauscht, und spitzfindige
Geistesspiele und überflüssiger
Schmuck traten an die
Stelle der edlen
Einfalt, welche die alten
Poesien auszeichnete.
Die Dichter dieser neuen Richtung gehörten fast alle den Hofkreisen an, und ihre Werke tragen einen gemeinsamen konventionellen Charakter. Der Horizont [* 6] ihrer immer wiederkehrenden poetischen Ideen war ein enger, auf den Kreis [* 7] höfischer Galanterie beschränkter und eine gewisse Monotonie daher die unausbleibliche Folge dieser Armut an Ideen und Anschauungen. Zu den hervorragendsten und einflußreichsten unter diesen Hofdichtern gehörten: Don Enrique de Aragon, Marques de Villena (gest. 1434), Verfasser didaktisch-allegorischer Dichtungen und einer Abhandlung über die Dichtkunst: »La gaya cienzia« ¶
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und sein Schüler Marques de Santillana (gest. 1458),
der die ersten spanischen Sonette dichtete. Neben diesen sind hervorzuheben: Juan de Mena (gest. 1456; »El laberinto«),
Jorge Manrique (gest. 1479),
Macias, genannt »der Verliebte«, der in galicischer Sprache dichtete, und sein Freund Juan Rodriguez del Padron, der auch eine Novelle: »El siervo«, hinterließ;
ferner: Garci-Sanchez de Badajoz, Alonzo de Cartagena (eigentlich Alfonso de Santa Maria),
besonders durch seinen halb metrischen, halb prosaischen Roman »El carcel de Amor« berühmt, Fernan Perez de Guzman (gest. 1470), Verfasser geistlicher Lieder, doch mehr noch als Geschichtschreiber hervorragend, Alvarez Alfonso de Villasandino, Francisco Imperial u. a. Die Werke dieser und vieler andrer Dichter sind gesammelt in den sogen. »Cancioneros« (Liederbüchern),
namentlich im »Cancionero general« (zuerst Valenc. 1511),
während die Werke eines andern Dichterkreises, der sich um König Alfons V. von Aragonien scharte, in dem »Cancionero de Lope de Stuñiga« enthalten sind (s. Cancionero).
Sehr bemerkenswert ist die Ausbildung der spanischen Prosa in diesem Zeitraum. Eine Anzahl wichtiger Chroniken behandelt die Geschichte nicht nur der verschiedenen Regenten, sondern auch bedeutender Privatpersonen. Unter diesen sind das Leben des Feldherrn Pero Niño, Grafen von Buelna, von Gutierre Diez de Game, die Geschichte des Connétable Alvaro de Luna, von unbekanntem Verfasser (1546), die spanische Chronik des Diego de Valera besonders bemerkenswert. Beachtung verdienen namentlich auch die biographischen Werke des genannten F. P. de Guzman (»Generaciones y semblanyas«, Biographien berühmter Zeitgenossen) und des Hernando del Pulgar (»Los claros varones de Castilia«, 1500), in denen sich bereits ein nennenswerter Fortschritt vom Chronikenstil zu pragmatischer Darstellung zeigt.
Von Pulgar, dem hervorragendsten Prosaisten der Periode, hat sich auch eine Anzahl Briefe erhalten, die, wie der gleichfalls erhaltene und anziehende, aber wegen seiner Echtheit angefochtene Briefwechsel des Leibarztes Johanns II., F. Gomez de Cibdareal, einen nicht geringen Begriff vom Briefstil der damaligen Zeit geben. Einen schätzenswerten Beitrag zur Sittengeschichte gab Alfonso Martinez de Toledo, [* 9] Erzpriester von Talavera, in seinem »Corbacko« (zuerst 1499), einem Werk über die Sitten der Weiber von schlechtem Lebenswandel.
Endlich fallen in diese Periode auch die ersten Anfänge des spanischen Dramas, das sich aus ländlichen Festspielen und den in Kirchen aufgeführten Mysterien (s. Auto) entwickelte. Hierher gehören die zum Teil geistlichen Schäferspiele (Eklogen) des Juan del Encina (gest. 1534), die Komödien Gil Vicentes (gest. um 1540), eines Portugiesen, der aber zum Teil in kastilischer Sprache schrieb, ferner der so berühmt gewordene dramatische Roman »Celestina« (in 21 Akten) von Fernando de Rojas (1500),
der vielfache Nachahmungen hervorrief, und die von der Inquisition nachher verbotenen Schauspiele von Bartolome de Torres Naharro (in »Propaladia«, 1517), die sich durch phantasievolle Erfindung und gewandten Versbau auszeichnen und in der Entwickelung des spanischen Theaters einen merklichen Fortschritt bekunden.
Dritte Periode.
Die dritte Periode reicht von der Begründung der spanischen Universalmonarchie durch Karl V. im Anfang des 16. Jahrh. bis zum Schluß des 17. Jahrh. und begreift die allseitige Entwickelung und höchste Blüte [* 10] der spanischen Litteratur sowie deren allmählichen Verfall, so gleichen Schritt haltend mit der Entwickelung der politischen und sozialen Zustände des Reichs. Alles, was in der vorigen Periode sich vorbereitet hatte, kam in dieser zur Entwickelung, besonders infolge der politischen Verbindung Spaniens mit Italien, [* 11] das seit der Eroberung Neapels durch Ferdinand de Cordova (1504) fast ein Jahrhundert hindurch einen sehr bemerkbaren Einfluß äußerte.
Altklassische und italienische Muster, die italienischen Versmaße, die Formen des Sonetts, der Stanze (ottave rime), Terzinen, Kanzonen etc. fanden in Spanien [* 12] Nachahmung, ohne daß dabei die spanische Poesie, welche nach wie vor eine durchaus volkstümliche Grundlage hatte, ihres nationalen Charakters verlustig ging. Überdies stand der italienischen Schule eine streng an den Nationalformen haltende Partei gegenüber, bis sich die schroffen Einseitigkeiten beider Parteien allmählich abgeschliffen hatten und aus der Verschmelzung beider nun in ihrer Art vollendete Kunstwerke hervorgingen.
Der erste Dichter, welcher sich nach italienischen und altklassischen Mustern bildete, war Juan Boscan Almogaver aus Barcelona (gest. 1543); ihm ebenbürtig zur Seite standen sein Freund Garcilaso de la Vega aus Toledo (gest. 1536), der Petrarca der kastilischen Poesie genannt, und Diego Hurtado de Mendoza (gest. 1575), Dichter vortrefflicher Episteln, auch Verfasser des Schelmenromans »Lazarillo de Tormes« und sonst als Gelehrter und Staatsmann gleich ausgezeichnet. Von großem Einfluß wurde der in kastilischer Mundart schreibende Portugiese Jorge de Montemayor (gest. 1561),
der mit seiner »Diana« den (halb aus Prosa, halb aus Versen bestehenden) Schäferroman einführte, und mit dem sein Landsmann Sa de Miranda (gest. 1588) sowie Pedro de Padilla in der pastoralen Poesie wetteiferten. Als Dichter schwungvoller, rhythmisch vollendeter Oden glänzten daneben Hernando de Herrera (gest. 1597) und Luis Ponce de Leon (gest. 1591), dem die Verbindung altklassischer Korrektheit mit tief religiösem Gefühl am vorzüglichsten gelang. Außerdem sind Hernando de Acuña (gest. 1580), welcher zwischen dem italienischen und dem Nationalstil die rechte Mitte zu treffen wußte, und der Lieder- und Madrigalendichter Gutierre de Cetina (gest. 1560) als begabte Anhänger der neuen Schule zu erwähnen.
An der Spitze der Gegner des italienischen Stils und der Verteidiger der altspanischen Naturpoesie stand Cristoval de Castillejo (gest. 1556), dessen Romanzen und erotische Volkslieder echte Heimatlichkeit atmen, während seine Satiren oft zu sehr übertreiben. Unter seinen Parteigängern sind Antonio de Villegas und Gregorio Silvestre namhaft zu machen, die sich durch zierlichen Versbau auszeichneten, aber Castillejo nicht entfernt gleichkamen. Endlich sei noch Francisco de Aldana (1578 in der Schlacht bei Alcazarquivir gefallen) erwähnt, dem die Zeitgenossen wegen der Hoheit seiner Gesinnung und seiner bilderreichen und glühenden Sprache den Beinamen des Göttlichen gaben.
Nicht gleichen Schritt mit den lyrischen Produktionen hielt die epische Poesie der Spanier, deren Gestaltungskraft auf diesem Gebiet sich in dem Heldengedicht vom Cid erschöpft zu haben schien. Von den vielen neuern epischen Versuchen im 16. Jahrh., zu denen der Kriegsruhm Karls V. und die Entdeckung von Amerika [* 13] Anlaß gaben, den »Caroleen« und »Mexikaneen«, ist nur eine zu nennen, welche sich durch echt epischen Geist und epische Unmittelbarkeit auszeichnet: die ¶