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Serrano sie im Mai, die Belagerung aufzugeben; doch schlugen sie die Regierungstruppen unter Concha 25. bis 27. Juni bei Estella, und Don Karlos' Bruder drang wiederholt über den Ebro, im Juli sogar bis Cuenca vor. Endlich bereitete Serrano für Anfang 1875 einen energischen konzentrischen Angriff auf die Karlisten vor und verstärkte die Armee auf 80,000 Mann, als auch er plötzlich gestürzt wurde.
Die Regierung Alfons' XII. Neueste Zeit.
Nachdem die Versuche, einen fremden Fürsten auf den spanischen Thron [* 2] zu erheben, gescheitert waren, das Experiment mit der Republik S. völliger Anarchie überliefert, Don Karlos aber durch seine enge Verbindung mit dem Ultramontanismus und seine barbarische Kriegführung sich unmöglich gemacht hatte, blieb nur der älteste Sohn Isabellas, Alfons, der durch den Verzicht seiner Mutter vom Erbe der Thronansprüche der jüngern bourbonischen Linie geworden war, als Kandidat der gemäßigt Liberalen für den Thron übrig.
Seine Erhebung erschien besonders den Offizieren als die einzige Rettung aus dem Chaos, und im Einverständnis mit den einflußreichsten Generalen proklamierte Martinez Campos in Sagunto Alfons XII. als König von S. Die Nordarmee und die Garnison von Madrid [* 3] erklärten sich für ihn, und Serrano legte sein Amt ohne Widerstandsversuch nieder. Das Haupt der alfonsistischen Partei, Canovas del Castillo, wurde an die Spitze eines liberal-konservativen Ministeriums berufen, welches der König nach seinem Einzug in Madrid bestätigte.
Die neue mit Notabeln vereinbarte Verfassung hob zwar die Geschwornengerichte, die Zivilehe und die Lehrfreiheit auf und machte dem Klerus noch einige andre Zugeständnisse, um dem Karlismus den Boden zu entziehen; doch versprach sie, ehrlich und mit Mäßigung gehandhabt, eine friedliche und freiheitliche Entwickelung. Der Karlistenkrieg wurde nun von den Generalen Quesada und Moriones nach einem systematischen Plan und mit ausreichenden Streitkräften geführt und durch die Eroberung von Vittoria von Seo de Urgel (26. Aug.) und Estella glücklich beendet; Don Karlos trat 28. Febr. im Thal [* 4] von Roncesvalles auf französisches Gebiet über. Die Fueros der baskischen Provinzen wurden aufgehoben. Die gewählten neuen Cortes, in denen die Regierung eine starke Mehrheit hatte, wurden 15. Febr. vom König eröffnet und genehmigten 24. Mai die neue Verfassung. Der finanziellen Zerrüttung beschloß der Finanzminister durch Suspension der Zinszahlung für die Staatsschulden bis von da ab durch nur partielle Zahlung abzuhelfen. Der Aufstand in Cuba (s. d., S. 358) wurde Anfang 1878 endlich auch beschwichtigt, allerdings nur durch den Vertrag von Tanjon in welchem General Martinez Campos den Insurgenten Amnestie, Aufhebung der Sklaverei und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Insel zugestehen mußte. Da Canovas sich weigerte, dies letztere Zugeständnis vor den Cortes zu vertreten, trat er im März 1879 zurück und überließ die Leitung des Ministeriums Martinez Campos, der jedoch die Genehmigung der von ihm vorgeschlagenen Reformen für Cuba nicht erreichte und daher schon seine Entlassung nahm. Canovas, wieder Ministerpräsident, brachte 1880 ein Gesetz über die Aufhebung der Sklaverei in Cuba in den Cortes durch; aus Rücksicht auf die spanischen Finanzen blieben aber die Ausfuhrzölle daselbst sowie die Monopole zu gunsten des spanischen Handels und Gewerbes bestehen.
Da Martinez Campos nach seinem erfolglosen Ministerium zu den Gegnern Canovas übertrat, so bildete sich in den Cortes aus den Parteien der Konstitutionellen und Zentralisten eine einflußreiche liberal-dynastische Opposition unter Führung Sagastas, der König Alfons XII., um sich die Liberalen nicht zu entfremden, im Februar 1881 die Führung der Geschäfte übertrug; Sagasta wurde Ministerpräsident, Martinez Campos Kriegsminister. Das neue Ministerium löste die Cortes auf und erlangte bei der Macht der Regierung über die Wahlen eine bedeutende Majorität in der Kammer wie im Senat.
Der Finanzminister Camacho nahm sofort eine Umwandlung der teilweise hohe Zinsen tragenden Staatsschulden in eine einheitliche vierprozentige Staatsschuld vor und sicherte eine Reform des Tarifs durch einen Handelsvertrag mit Frankreich (1882). Gleichwohl konnte sich Sagasta nicht lange behaupten, auch nachdem er im Januar 1883 sein Kabinett in liberalem Sinn umgestaltet hatte. Aus der Mitte der Konstitutionellen selbst wurde, besonders durch Serrano, das Verlangen nach durchgreifenden Reformen, namentlich aber nach Wiederherstellung der Verfassung von 1869, laut, das zu erfüllen Sagasta sich entschieden weigerte; im August 1883 brachen in Badajoz, Barcelona, [* 5] Seo de Urgel und andern Garnisonen des Nordens Soldatenaufstände aus, bei welchen die Republik mit der Verfassung von 1869 ausgerufen wurde.
Der König beschloß, nachdem die Aufstände unterdrückt waren, die dynastische Linke in die Regierung zu ziehen, und berief im Oktober 1883 Posada Herrera an die Spitze eines neuen Ministeriums, das eine Verfassungsrevision mit Einführung der Zivilehe, der Geschwornengerichte und des allgemeinen Stimmrechts versprach. Dasselbe scheiterte aber an der Opposition Sagastas, dessen Adreßentwurf, welcher die Politik der dynastischen Linken entschieden tadelte, im Januar 1884 von den Cortes angenommen wurde. Der König übertrug daher wieder den Liberal-Konservativen unter Canovas das Ministerium.
Alfons XII. erstrebte neben dem Ziel, im Innern die monarchisch gesinnten Parteien zu versöhnen und auf dem Boden der konstitutionellen Monarchie zu vereinigen, in der auswärtigen Politik die Wiederherstellung von Spaniens Ansehen und Einfluß in Europa. [* 6] Zu diesem Zweck widmete er sich mit Eifer der Wiederherstellung und Verbesserung seiner Streitmacht zu Land und zur See; ferner suchte er eine Anlehnung an die mitteleuropäischen Mächte und unternahm im Sommer 1883 eine Reise nach Österreich [* 7] und Deutschland, [* 8] wo er bei den Kaisermanövern in Homburg [* 9] von Kaiser Wilhelm mit besondern Ehren aufgenommen und zum Chef eines Ulanenregiments ernannt wurde. Er wurde deswegen auf seiner Rückreise durch Frankreich in Paris [* 10] 29. Sept. aufs gröblichste beschimpft, aber durch einen begeisterten Empfang in Madrid (2. Okt.) dafür entschädigt. Ein Besuch des deutschen Kronprinzen in S. im November bekundete die Achtung, die der König in Deutschland genoß. Mitten in eine Gärung, welche ein schreckliches Erdbeben [* 11] in Andalusien, der Ausbruch der Cholera und die Einführung der drückenden Verbrauchssteuern 1885 im spanischen Volk erzeugt hatten, fiel wie ein zündender Funke im September die Nachricht, daß ein deutsches Kriegsschiff auf den Karolinen (s. d.) die deutsche Flagge geheißt habe: nicht bloß der Madrider Pöbel ließ sich zu Wutausbrüchen gegen Deutschland und seine Gesandtschaft in Madrid hinreißen, sondern auch die Führer der Parteien, namentlich der von je zu Frankreich hinneigenden ¶
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Radikalen, ja selbst die Minister ergingen sich, um ihre Popularität zu vermehren, in kriegerischen Prahlereien und Drohungen. Nur der König blieb fest in seinem Widerstand gegen eine verhängnisvolle Überstürzung und ermöglichte hierdurch eine ehrenvolle Verständigung mit Deutschland. Leider starb er schon
Alfons XII. hinterließ als Witwe seine zweite Gemahlin, Maria Christine, eine österreichische Erzherzogin, welche sofort als Regentin proklamiert wurde und einen Sohn, Alfons XIII., gebar. Die Veränderungen auf dem Thron vollzogen sich, abgesehen von einigen durch Zorrilla angestifteten republikanischen Militärrevolten in Cartagena und Madrid und von Ränken Montpensiers, die aber wirkungslos blieben, ohne Störung. Canovas hielt es für nützlich, die liberalen Parteien für die Erhaltung der Dynastie zu interessieren, und empfahl daher der Regentin, an seiner Stelle Sagasta zum Ministerpräsidenten zu ernennen (27. Nov.). Derselbe verschaffte sich durch Neuwahlen die Mehrheit in den Cortes, welche eröffnet wurden, die Einführung von Geschwornengerichten genehmigten und die Beratung der vom Kriegsminister Cassola vorgelegten Heeresreform mit allgemeiner Wehrpflicht in Angriff nahmen.
Die Einnahmen wurden durch Verpachtung der Postdampferlinien und des Tabaksmonopols vermehrt. Die Regentin verstand es, durch ihr würdiges und kluges Benehmen die Achtung und Liebe des Volkes in demselben Grad zu gewinnen wie ihr verstorbener Gemahl. Spaniens Zustände sind indes noch durchaus unfertig. Der alte klerikale Absolutismus ist zwar durch die Unfähigkeit seiner Vertreter und das Eindringen liberaler Ideen äußerlich gestürzt und lebensunfähig, aber im Geiste des Volkes so wenig überwunden und vertilgt, daß sich auch keine liberale Regierung auf die Masse des Volkes selbst stützen kann, sondern die Hilfe der Parteiführer und ehrgeizigen Generale in Anspruch nehmen muß, die wieder ihren Schützling ausnutzen, diskreditieren und schließlich ins Verderben fortreißen. Im Bund mit andern Parteien ist jede Partei im stande, nach einigen Jahren das herrschende Regiment zu stürzen.
[Litteratur.]
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