Knaben- oder Kastratenstimme; die grausame, naturwidrige Kastration (s. d.)
erzeugte Sopranstimmen von dem Timbre der Knabenstimme und der mächtigen Lungenkraft des Mannes. In der päpstlichen Kapelle
und auch anderweit wurden statt der Kastraten, die nur zeitweilig zugelassen wurden, und statt der Knaben, welche die schwierige
Mensuraltheorie nicht schnell genug zu erlernen vermochten, im 15.-17. Jahrh.
sogen. Falsettisten (Tenorini, Alti naturali) zur Ausführung der Sopranparte verwendet, die darum verhältnismäßig tief
geschrieben wurden, um die Stimmen nicht allzu schnell zu ruinieren.
Der Normalumfang des Soprans ist vom (eingestrichenen) c' bis zum (zweigestrichenen) a''; das Brustregister erstreckt sich
auf die Töne von f' oder fis' abwärts, die Kopfstimme beinahe auf den ganzen Umfang, höchstens versagen
c' und d'. Es sind also dann die Töne d' bis fis' beiden Registern gemein, d. h. können auf beide Weise hervorgebracht werden.
Bis zum a'' läßt sich so ziemlich jede normale Sopranstimme ausdehnen, hohe Soprane singen bis c''', phänomenale
bis fis''', g''', ja c'''' (z. B. Lucrezia Agujari, gest. 1783).
Vgl. Mezzosopran.
Kreishauptstadt in der ital. Provinz Caserta, am Garigliano, Bischofsitz, mit Seminar, Gewerbeschule, Resten von
Mauern des antiken S. und der mittelalterlichen Burg Sorella, Tuchfabrikation, Papiermühlen und (1881) 5411 Einw.
(jetzt Monte Sant' Oreste), berühmter Berg, 45 km nördlich von Rom, die höchste Spitze eines sich zwischen
der Via Flaminia und dem Tiber hinziehenden Bergrückens. Auf seinem Gipfel stand im Altertum ein berühmter Tempel des Apollon
(daher dessen Beiname Soranus), dem daselbst Feste seltsamer Art gefeiert wurden. Am Abhang des Bergs befanden
sich warme Quellen; an seinem Fuß lag ein Heiligtum der Feronia. Der S. ist 692 m hoch und gewährt besonders mit Schnee bedeckt
einen pittoresken Anblick (candidus Soractes bei Horaz). Karlmann, der Bruder Pippins, gründete 748 am Ostabhang des S. das
Kloster des heil. Silvester.
Ortschaft in der ital. Provinz Grosseto, mit Mineralquellen und (1881) 1217 Einw. Dazu gehört
Sovana (Soana), ein vormals bedeutender, aber schon seit langer Zeit wegen des ungesunden Klimas verlassener Ort, mit Bistum
(Sitz in Pitigliano) und großer Kathedrale, Geburtsort Papst Gregors VII. In der Nähe zahlreiche etruskische Gräber und die
Trümmer des alten Saturnia.
Revadode (Ilampu), nächst dem Aconcagua höchster Berg des amerikan. Kontinents, erhebt sich als vulkanischer
Kegel auf der östlichen Umwallung (Cordillera Real) der Hochebene von Bolivia in Südamerika, im O. des Titicacasees, und überragt
das Plateau um 2700 m, indem er bis 6544 m aufsteigt.
[* ] 1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Knotenpunkt der Linien Sommerfeld-Liegnitz, S.-Sagan und S.-Kottbus
der Preußischen Staatsbahn, 160 m ü. M., besteht aus dem Schloßbezirk, mit
dem alten Schloß (von 1207) und dem daneben erbauten neuen Schloß (von 1716, jetzt Lokal der Behörden) nebst der Peterskirche
(um 1200 erbaut), und der eigentlichen Stadt. Von hervorragenden Gebäuden sind zu nennen: die evangelische
Hauptkirche (aus dem 14. Jahrh., 1870 restauriert), die Schloß- und Klosterkirche (1728 neugebaut) und die Gräbigerkirche
(seit 1874 den Altlutheranern eingeräumt), das Rathaus, das Krankenhaus
und das Waldschloß (von 1557). Öffentliche Plätze
sind: der Kaiserplatz mit dem Kriegerdenkmal und der Bismarckplatz.
Die Bevölkerung beträgt (1885) 13,665 Seelen, meist Evangelische, welche Tuch-, Leinwand- und Damastweberei, Färberei, Druckerei,
Wachslicht-, Ziegel- u. Drainröhrenfabrikation, Porzellanmalerei, Kunst- und Handelsgärtnerei betreiben. Für den Handelsverkehr
befinden sich dort eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle. S. hat ein Gymnasium, eine Webschule, ein Amtsgericht,
eine Oberförsterei, eine Irrenanstalt und ein Waisenhaus. In der Umgegend zahlreiche Braunkohlengruben.
- S. ist wendischen Ursprungs und erhielt 1260 Stadtrecht.
Damals gehörte es den Burggrafen von Dewin, 1355 kam es an die Burggrafen von Biberstein, welche auch die Umgebung der Stadt,
die Herrschaft S., erwarben. Diese fiel, nachdem sie 1490-1512 zu Sachsen gehört hatte, nach dem Aussterben
der Burggrafen von Biberstein 1551 an König Ferdinand I. von Böhmen, der sie 1557 nebst der Herrschaft Triebel an den Bischof
von Breslau, Balthasar von Promnitz, verkaufte. Der letzte Sprößling dieses Hauses überließ beide 1765 gegen eine Leibrente
von 12,000 Thlr. an Kursachsen, von dem sie 1815 an Preußen kamen.
Vgl. Worbs, Geschichte der Herrschaft
S. und Triebel (Sor. 1826);
Saalborn, Beiträge zur Geschichte von S. (das. 1876, Heft 1). -
Paul, Botaniker, geb. zu Breslau, erlernte daselbst die Gärtnerei, hörte gleichzeitig botanische
Vorlesungen, ging zu weiterer praktischer Ausbildung nach Berlin, Brüssel, Paris und London, lebte ein Jahr
in Donaueschingen und studierte dann 1864-68 in Berlin Naturwissenschaft, besonders Botanik. Er arbeitete als Assistent in Karstens
pflanzenphysiologischem Institut und widmete seine Untersuchungen von nun an ausschließlich der Phytopathologie. Er begann
Vorlesungen über diese Disziplin am landwirtschaftlichen Institut in Berlin, ging aber bald als Assistent
zu Hellriegel in Dahme und folgte 1871 einem Ruf an das pomologische Institut in Proskau.
Hier errichtete er die erste dem Gartenbau speziell gewidmete botanische Versuchsstation und suchte namentlich die bis dahin
fast unbeachtet gebliebenen nicht parasitären Krankheiten der Pflanzen zu erforschen. Er schrieb: »Handbuch
der Pflanzenkrankheiten« (2. Aufl., Berl. 1887, 2 Bde.;
dazu der »Atlas«, 1887 ff.);
»Die Obstbaumkrankheiten« (das. 1878);
»Untersuchungen über die Ringelkrankheit und den Rußtau
der Hyazinthen« (Leipz. 1878);
»Die Schäden der einheimischen Kulturpflanzen durch Schmarotzer etc.« (Berl. 1888).
(Sorbenwenden), slaw. Volk, welches im 6. Jahrh. n. Chr. das Gebiet zwischen Saale und Elbe
in Besitz nahm. Schon im 7. Jahrh. den Franken unterthan, fielen die S. 631 unter ihrem Herzog Dervan ab und schlossen sich an
Samo von Böhmen an. Nicht Karl d. Gr., der 782 ein Heer gegen sie aussandte, sondern erst Heinrich I. gelang um 928 ihre völlige
Unterwerfung; auf ihrem Gebiet entstanden die Marken Zeitz und Merseburg, während das nördliche Sorbenland zur Mark Lausitz
geschlagen wurde. Unter Otto I. brach sich das Christentum unter den S. allmählich Bahn, besonders seitdem die Bistümer Merseburg
und Zeitz 968 als Mittelpunkte der Mission gegründet worden waren. Die S. verschmolzen teils mit den deutschen
Einwanderern, teils zogen sie sich in die jetzigen beiden Lausitzen zurück, wo sie noch heute die ländliche Bevölkerung
bilden. Über die Sprache der S. s. Wendische Sprache.
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Die Haupterzeugnisse ihrer Litteratur findet man verzeichnet in den »Jahrbüchern für slawische Litteratur« (hrsg. von Jordan,
Leipz. 1843-48; fortgesetzt von Schmaler, Bautz. 1852-56).