6) S.Alexejewna, russ. Großfürstin, geb.
Tochter des
ZarenAlexei Michailowitsch aus dessen erster
Ehe mitMaria Miloslawskij und daher HalbschwesterPeters d. Gr., machte sich nach dem
Tode des
ZarenFeodor III. 1682 durch einen
Aufstand der
Strelitzen zur Regentin für ihre
Brüder, den blödsinnigen
Iwan und den unmündigen
Peter, die gemeinschaftlich den
Thron
[* 7] bestiegen.
IhreRegentschaft währte
von 1682 bis 1689. Sie maßte sich gegen das Ende dieses Zeitraums den
Titel einer »Selbstherrscherin«
an. Es mußte zu einem
Konflikt zwischen ihr und
Peter kommen. Derselbe ließ sie endlich 1689 in das Jungfrauenkloster zu
Moskau
[* 8] bringen, wo sie starb.
Ihre Bedeutung für die Geschichte der
Philosophie beruht vorzugsweise darauf, daß sie in ihrem übrigens
durch mannigfache Kenntnisse und zum Teil durch glänzende
Talente unterstützten
Streben, die Haltbarkeit alles durch Überlegung
zu erreichenden
Wissens durch die Überlegung selbst zu untergraben und die
Festigkeit
[* 12] sittlicher Überzeugung aufzulösen,
für
Sokrates und seine Nachfolger die Veranlassung wurden, die
Probleme der
Wissenschaft tiefer aufzufassen,
als es bisher geschehen war.
Die S. waren meist
Lehrer der
Rhetorik, erniedrigten aber die
Redekunst zu bloßer
Deklamation ebenso für wie wider jeden beliebigen
Gegenstand. Je ausschließlicher sich die
Sophistik dieser
Richtung hingab, um so mehr verfiel sie in ein gehaltloses, nur
auf Beifall und
Gewinn gerichtetesWesen und endigte mit frivoler Ableugnung jeder sittlichen Verbindlichkeit
und mit spottender
Ableitung des
Guten und
Gerechten aus dem gebietenden Belieben der
Mächtigen. Wissenschaftlich knüpften
die einen, wie
Gorgias (s. d.), an die
eleatische Schule, die andern, wie
Protagoras (s. d.), an die Heraklitische an. Jene
gaben den Eleaten darin recht, daß das Viele nicht, aber darin unrecht, daß das Eine sei; denn wäre
dies, so müßte es irgendwo sein.
Dann aber wäre es nicht das Einzige: also sei überhaupt
Nichts (metaphysischer
Nihilismus). Diese stimmten mit den Herakliteern
darin überein, daß alle
Dinge veränderlich seien, gingen aber dadurch über dieselben hinaus, daß auch
das
Wissen veränderlich sei: also gebe es überhaupt kein
Wissen (logischer
Nihilismus). Die berühmtesten S. außer
Gorgias
und
Protagoras waren:
Prodikos,
Hippias, Thrasymachos,
Kritias u. a.
der gefeiertste tragische Dichter des griech.
Altertums, geb. 496
v. Chr. im attischen
Kolonos, Sohn des Sophillos,
des wohlhabenden Besitzers einer Waffenfabrik, erhielt eine sorgfältige
Bildung in den musischen
Künsten und soll 480 den
Siegesreigen nach der
Schlacht beiSalamis angeführt haben.
Gleich bei seinem ersten Auftreten als tragischer
Dichter im
Alter von 28
Jahren (468) gewann
er denSieg über den 30 Jahre ältern
Äschylos, um fortan den ersten
Rang in der
Tragödie bis in sein hohes
Alter zu behaupten. Er hat über 20mal den ersten, nie aber den dritten
Preis
erhalten.
Anders als
Euripides beteiligte er sich am politischen
Leben und bekleidete mehrere
Ämter; so war er 440 mit
Perikles Befehlshaber
der
Flotte gegen
Samos. Daß er im hohen
Alter von seinem Sohn
Iophon, der gleichfalls als Tragiker geachtet war, wegen Unfähigkeit,
sein
Vermögen zu verwalten, vorGericht gezogen sei, aber durch Vorlesung seines
»Ödipus auf
Kolonos« seine
völlige
Freisprechung erwirkt habe, scheint eine unbegründete
Sage zu sein, wie sich auch mancherlei
Sagen an seinen 405 erfolgten
Tod, der nach dem
Zeugnis eines Zeitgenossen seinem
Leben entsprechend ein schöner war, und sein
Begräbnis anknüpften.
Indem er die
Komposition der Äschyleischen
Tetralogie (s. d.) verließ, gestaltete er jede
Tragödie zu einem einheitlichen
Kunstwerk mit einer
in sich abgeschlossenen
Handlung, die er im einzelnen aufs kunstvollste motivierte, namentlich aus dem
Charakter der handelnden
Personen. Ganz besonders zeigt sich seine
Kunst in der scharfen, bis ins einzelnste
sorgfältig durchgeführten
Charakteristik der
Personen, in der er die Mitte hält zwischen der übermenschlichen Erhabenheit
des
Äschylos und der
Neigung des
Euripides, das gewöhnliche
Leben zu kopieren. Mit dem erstern hat er die tiefeFrömmigkeit
gemein, die jedoch bei ihm auf einer erheblich mildern
Anschauung von der
Stellung der
Götter zu den
Menschen beruht. Die dem
Wesen des S. eigentümliche
Anmut zeigt sich auch in der
Sprache, deren Süßigkeit von den Alten allgemein gerühmt
¶
»Philoktetes«. Dieselben gehörten, mit Ausnahme der »Trachinierinnen«,
unter die berühmtesten des S. Von ihnen wurde »Antigone« 442, »Philoktet« 410, »Ödipus auf Kolonos« erst nach dem
Tode des Dichters von seinem gleichnamigen Enkel 401 auf die Bühne gebracht; die Abfassungszeit der übrigen ist nicht genau
bekannt. Namentlich die »Antigone« und der »Ödipus auf Kolonos« wurden in neuester Zeit durch deutsche Übersetzungen und die
Musikbegleitung von Mendelssohn-Bartholdy für die moderne Bühne bearbeitet und seit 1841 (zuerst in Berlin)
mit Beifall aufgeführt.
Gesamtausgaben, außer der Editio princeps, einer Aldina (Vened. 1502), besorgten namentlich Brunck (Straßb. 1786-89, 4 Bde.),
Erfurdt (Leipz. 1802-11, 6 Bde.; Bd. 7 von
Heller u. Döderlein, 1825; kleinere Ausg. von G. Hermann, 3. Aufl., das. 1830-51, 7 Bde.),
Schneider (Weim. 1823-30, 10 Bde.),
Wunder (4., zum Teil 5. Ausg., Leipz. 1847-1879, 2 Bde.),
Dindorf (3. Aufl., Oxf. 1860, 8 Bde.;
auch in dessen »Poetae scenici graeci«, 5. Aufl.,
Leipz. 1869), Schneidewin u. Nauck (zum Teil schon 9. Aufl., Berl. 1880, 7 Bde.),
Wolff und Bellermann (5 Stücke, zum Teil in 4. Aufl.,
das.). Von Bearbeitungen einzelner Stücke sind hervorzuheben: »Aias« von Lobeck (3. Aufl., Berl. 1866),
Die Fragmente
der übrigen Stücke des S. sind gesammelt von Nauck in »Fragmenta tragicorum graecorum« (2. Aufl.,
Leipz. 1889). Ausgaben der Scholien zu sämtlichen Stücken besorgten Elmsley und Dindorf (3. Aufl., Oxf. 1860) und Papageorg
(Leipz. 1888). Ein treffliches »Lexicon Sophocleum«
hat Ellendt (2. Aufl. von Genthe, Berl. 1872, 2 Bde.)
veröffentlicht, ein gleiches auch Dindorf (Leipz. 1871). Von den Übersetzungen der Sophokleischen Dramen
nennen wir die von Solger (3. Aufl., Berl. 1837, 2 Bde.),
Donner (10. Aufl., Leipz. 1882), Thudichum (3. Aufl., das. 1875), Hartung (das.
1853), Minckwitz (neue Aufl., Stuttg. 1869), W. Jordan (Berl. 1862, 2 Bde.), Viehoff (Hildburgh. 1866), Scholl (Stuttg. 1869-71),
Bruch (Bresl. 1879), Prell-Erckens (Leipz.
1883), Wendt (Stuttg. 1884, 2 Bde.)
und Türkheim (das. 1887, 2 Bde.).
Wilbrandt veröffentlichte »Ausgewählte Dramen des S. und Euripides, mit Rücksicht auf die Bühne bearbeitet« (Nördlingen
[* 19] 1866).
Eine berühmte Statue des Dichters, ein griechisches Originalwerk von höchstem Kunstwert (in Terracina aufgefunden), befindet
sich im Lateran zu Rom.
[* 20]