Leibniz nach Berlin zog, und erbaute sich in Lietzow das Schloß Charlottenburg, wo sie einen eignen Hofhalt hatte, starb in
Hannover auf einer Reise nach den Niederlanden.
5) S. Dorothea, Königin von Preußen, geb. Tochter von Sophie 2) und des Königs Georg I. von
England und Nichte der vorigen, ward mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen vermählt, dem sie als
dritten Sohn (die zwei ersten starben früh) Friedrich d. Gr., dann noch mehrere Kinder gebar. Eifrig bemüht,
die Beziehungen zwischen Preußen und Hannover-England noch fester und inniger zu knüpfen, kam sie wiederholt mit dem von
Österreich beherrschten Gemahl in Konflikt, namentlich als sie, um die englischen Heiraten des Kronprinzen und der Prinzessin
Wilhelmine zu stande zu bringen, heimlich mit dem englischen Hofe verhandelte, und hatte von dem Jähzorn
und der rauhen Härte des Königs viel zu leiden. Nach dessen Tod lebte sie im Schloß Monbijou in Berlin und starb
[Rußland.]
6) S. Alexejewna, russ. Großfürstin, geb.
Tochter des Zaren Alexei Michailowitsch aus dessen erster Ehe mit Maria Miloslawskij und daher Halbschwester
Peters d. Gr., machte sich nach dem Tode des Zaren Feodor III. 1682 durch einen Aufstand der Strelitzen zur Regentin für ihre
Brüder, den blödsinnigen Iwan und den unmündigen Peter, die gemeinschaftlich den Thron bestiegen. Ihre Regentschaft währte
von 1682 bis 1689. Sie maßte sich gegen das Ende dieses Zeitraums den Titel einer »Selbstherrscherin«
an. Es mußte zu einem Konflikt zwischen ihr und Peter kommen. Derselbe ließ sie endlich 1689 in das Jungfrauenkloster zu
Moskau bringen, wo sie starb.
(griech.), zur Zeit des Perikles und Sokrates eine Klasse von Philosophen, welche den Unterricht in der Philosophie
nicht als Sache der freien Mitteilung trieben, sondern denselben, meist von Ort zu Ort reisend, um Geld erteilten. Die Sophistik,
welche Platon und Aristoteles als die Kunst, mit Hintansetzung ernsten wissenschaftlichen Sinnes den leeren
Schein des Wissens zu erregen, bezeichnen, entwickelte sich zunächst aus dem Streben, dem Gedanken und der Sprache durch Biegsamkeit
und Gewandtheit für politische Zwecke die möglichste Kraft, nicht sowohl der Überzeugung als der Überredung, zu geben.
Ihre Bedeutung für die Geschichte der Philosophie beruht vorzugsweise darauf, daß sie in ihrem übrigens
durch mannigfache Kenntnisse und zum Teil durch glänzende Talente unterstützten Streben, die Haltbarkeit alles durch Überlegung
zu erreichenden Wissens durch die Überlegung selbst zu untergraben und die Festigkeit sittlicher Überzeugung aufzulösen,
für Sokrates und seine Nachfolger die Veranlassung wurden, die Probleme der Wissenschaft tiefer aufzufassen,
als es bisher geschehen war.
Die S. waren meist Lehrer der Rhetorik, erniedrigten aber die Redekunst zu bloßer Deklamation ebenso für wie wider jeden beliebigen
Gegenstand. Je ausschließlicher sich die Sophistik dieser Richtung hingab, um so mehr verfiel sie in ein gehaltloses, nur
auf Beifall und Gewinn gerichtetes Wesen und endigte mit frivoler Ableugnung jeder sittlichen Verbindlichkeit
und mit spottender Ableitung des Guten und Gerechten aus dem gebietenden Belieben der
Mächtigen. Wissenschaftlich knüpften
die einen, wie Gorgias (s. d.), an die eleatische Schule, die andern, wie Protagoras (s. d.), an die Heraklitische an. Jene
gaben den Eleaten darin recht, daß das Viele nicht, aber darin unrecht, daß das Eine sei; denn wäre
dies, so müßte es irgendwo sein.
Dann aber wäre es nicht das Einzige: also sei überhaupt Nichts (metaphysischer Nihilismus). Diese stimmten mit den Herakliteern
darin überein, daß alle Dinge veränderlich seien, gingen aber dadurch über dieselben hinaus, daß auch
das Wissen veränderlich sei: also gebe es überhaupt kein Wissen (logischer Nihilismus). Die berühmtesten S. außer Gorgias
und Protagoras waren: Prodikos, Hippias, Thrasymachos, Kritias u. a.
der gefeiertste tragische Dichter des griech. Altertums, geb. 496 v. Chr. im attischen Kolonos, Sohn des Sophillos,
des wohlhabenden Besitzers einer Waffenfabrik, erhielt eine sorgfältige Bildung in den musischen Künsten und soll 480 den
Siegesreigen nach der Schlacht bei Salamis angeführt haben. Gleich bei seinem ersten Auftreten als tragischer
Dichter im Alter von 28 Jahren (468) gewann er den Sieg über den 30 Jahre ältern Äschylos, um fortan den ersten Rang in der
Tragödie bis in sein hohes Alter zu behaupten. Er hat über 20mal den ersten, nie aber den dritten Preis
erhalten.
Anders als Euripides beteiligte er sich am politischen Leben und bekleidete mehrere Ämter; so war er 440 mit Perikles Befehlshaber
der Flotte gegen Samos. Daß er im hohen Alter von seinem Sohn Iophon, der gleichfalls als Tragiker geachtet war, wegen Unfähigkeit,
sein Vermögen zu verwalten, vor Gericht gezogen sei, aber durch Vorlesung seines »Ödipus auf Kolonos« seine
völlige Freisprechung erwirkt habe, scheint eine unbegründete Sage zu sein, wie sich auch mancherlei Sagen an seinen 405 erfolgten
Tod, der nach dem Zeugnis eines Zeitgenossen seinem Leben entsprechend ein schöner war, und sein Begräbnis anknüpften.
Auf seinem Grab stand eine Sirene als Sinnbild des Zaubers der Poesie. Die Athener errichteten ihm später,
wie Äschylos und Euripides, ein ehernes Standbild im Theater. S. galt schon im Altertum für den Vollender und Meister der Tragödie.
Er erweiterte die dramatische Handlung durch Einführung eines dritten Schauspielers und durch die Beschränkung des Chors,
dem er anderseits eine kunstreichere Ausbildung gab, wie er auch sein Personal auf 15 Mitglieder vermehrte.
Indem er die Komposition der Äschyleischen Tetralogie (s. d.) verließ, gestaltete er jede Tragödie zu einem einheitlichen
Kunstwerk mit einer in sich abgeschlossenen Handlung, die er im einzelnen aufs kunstvollste motivierte, namentlich aus dem
Charakter der handelnden Personen. Ganz besonders zeigt sich seine Kunst in der scharfen, bis ins einzelnste
sorgfältig durchgeführten Charakteristik der Personen, in der er die Mitte hält zwischen der übermenschlichen Erhabenheit
des Äschylos und der Neigung des Euripides, das gewöhnliche Leben zu kopieren. Mit dem erstern hat er die tiefe Frömmigkeit
gemein, die jedoch bei ihm auf einer erheblich mildern Anschauung von der Stellung der Götter zu den Menschen beruht. Die dem
Wesen des S. eigentümliche Anmut zeigt sich auch in der Sprache, deren Süßigkeit von den Alten allgemein gerühmt
mehr
wird, und die in ihrer edlen Einfachheiten der Mitte zwischen dem großartigen Pathos des Äschylos und der Glätte und dem
rhetorischen Schmuck des Euripides steht. S. gehört zu den fruchtbarsten Dichtern. Außer Päanen, Elegien, Epigrammen und einer
prosaischen Schrift über den Chor hat er 123-130 Dramen verfaßt, von denen uns über 100 durch Titel und
Bruchstücke bekannt, aber nur 7 vollständig erhalten sind: »Aias«, »Antigone«, »König Ödipus«, »Ödipus auf Kolonos«, »Elektra«,
»Trachinierinnen« (Tod des Herakles),
»Philoktetes«. Dieselben gehörten, mit Ausnahme der »Trachinierinnen«,
unter die berühmtesten des S. Von ihnen wurde »Antigone« 442, »Philoktet« 410, »Ödipus auf Kolonos« erst nach dem
Tode des Dichters von seinem gleichnamigen Enkel 401 auf die Bühne gebracht; die Abfassungszeit der übrigen ist nicht genau
bekannt. Namentlich die »Antigone« und der »Ödipus auf Kolonos« wurden in neuester Zeit durch deutsche Übersetzungen und die
Musikbegleitung von Mendelssohn-Bartholdy für die moderne Bühne bearbeitet und seit 1841 (zuerst in Berlin)
mit Beifall aufgeführt.
Gesamtausgaben, außer der Editio princeps, einer Aldina (Vened. 1502), besorgten namentlich Brunck (Straßb. 1786-89, 4 Bde.),
Erfurdt (Leipz. 1802-11, 6 Bde.; Bd. 7 von
Heller u. Döderlein, 1825; kleinere Ausg. von G. Hermann, 3. Aufl., das. 1830-51, 7 Bde.),
Schneider (Weim. 1823-30, 10 Bde.),
Wunder (4., zum Teil 5. Ausg., Leipz. 1847-1879, 2 Bde.),
Dindorf (3. Aufl., Oxf. 1860, 8 Bde.;
auch in dessen »Poetae scenici graeci«, 5. Aufl.,
Leipz. 1869), Schneidewin u. Nauck (zum Teil schon 9. Aufl., Berl. 1880, 7 Bde.),
Nauck (das. 1868),
Bergk (neue Aufl., Leipz. 1868),
Wolff und Bellermann (5 Stücke, zum Teil in 4. Aufl.,
das.). Von Bearbeitungen einzelner Stücke sind hervorzuheben: »Aias« von Lobeck (3. Aufl., Berl. 1866),
M. Seyffert (das. 1866);
»Antigone« von Böckh (mit Übersetzung, neue Ausg., Leipz. 1884),
Meineke (Berl. 1861),
M. Seyffert (das. 1865),
Schmidt (Jena
1880);
»König Ödipus« von Elmsley (Cambr. 1811, Leipz. 1821),
Herwerden (Utr. 1866);
»Ödipus auf Kolonos«
von Reisig (Jena 1820),
Elmsley (Oxf. 1823, Leipz. 1824),
Meineke (Berl. 1864);
»Philoktetes« von Buttmann (das. 1822) und M. Seyffert
(das. 1867);
»Elektra« von O. Jahn (3. Aufl. von Michaelis, Bonn 1882);
»Trachinierinnen« von Blaydes (Jena 1872).
Die Fragmente
der übrigen Stücke des S. sind gesammelt von Nauck in »Fragmenta tragicorum graecorum« (2. Aufl.,
Leipz. 1889). Ausgaben der Scholien zu sämtlichen Stücken besorgten Elmsley und Dindorf (3. Aufl., Oxf. 1860) und Papageorg
(Leipz. 1888). Ein treffliches »Lexicon Sophocleum«
hat Ellendt (2. Aufl. von Genthe, Berl. 1872, 2 Bde.)
veröffentlicht, ein gleiches auch Dindorf (Leipz. 1871). Von den Übersetzungen der Sophokleischen Dramen
nennen wir die von Solger (3. Aufl., Berl. 1837, 2 Bde.),
Donner (10. Aufl., Leipz. 1882), Thudichum (3. Aufl., das. 1875), Hartung (das.
1853), Minckwitz (neue Aufl., Stuttg. 1869), W. Jordan (Berl. 1862, 2 Bde.), Viehoff (Hildburgh. 1866), Scholl (Stuttg. 1869-71),
Bruch (Bresl. 1879), Prell-Erckens (Leipz.
1883), Wendt (Stuttg. 1884, 2 Bde.)
und Türkheim (das. 1887, 2 Bde.).
Wilbrandt veröffentlichte »Ausgewählte Dramen des S. und Euripides, mit Rücksicht auf die Bühne bearbeitet« (Nördlingen 1866).
Eine berühmte Statue des Dichters, ein griechisches Originalwerk von höchstem Kunstwert (in Terracina aufgefunden), befindet
sich im Lateran zu Rom.
Vgl. Lessing, Leben des S. (in dessen Werken);
Schöll, S.,
sein Leben und Wirken (Frankf.
1842);
Patin, Études sur les tragiques grecs, Bd. 2: Sophocle (5.
Aufl., Par. 1877).