Stadt in Ostgalizien, am
Bug und an der
EisenbahnJaroslau-S., mit Bezirkshauptmannschaft, Bezirksgericht, Bernhardinerkloster,
Wallfahrtskirche und (1880) 6725 Einw. Hier 1519
Niederlage der
Polen gegen die
Tataren.
(Soccatu,Sakatu),
Reich der
Fellata im westlichen
Sudân
(Afrika),
[* 8] grenzt nördlich an die
Sahara, östlich an
Bornu, westlich an
Gando und umfaßt den größten Teil des Haussalandes mit einem Flächenraum von
ca.
440,000 qkm (8000 QM.). Hauptstadt des
Landes und
Residenz des
Sultans ist Wurno mit 22,000 Einw. Der
Sultan von S. übt über
Gando, Bautschi,
Nupe und
Adamáua mehr ein geistliches als ein weltliches
Regiment. Dennoch empfängt er von diesen
Staaten mäßigen
Tribut.
Das
Reich, welches unter denSultanenBello (1819 bis 1832) und Atiku (1832-37) in ziemlicher
Blüte
[* 9] stand,
ist unter deren Nachfolgern sehr in
Verfall gekommen. Die Stadt S., ehemals Hauptstadt des
Reichs, am gleichnamigen
Fluß (Nebenfluß
des
Niger), ist mit einer
Mauer umgeben, ziemlich regelmäßig gebaut, hat einen großen Residenzpalast, mehrere
Moscheen, Fabrikation
von
Leder- u. Baumwollwaren,
Waffen,
[* 10]
Werkzeugen etc. Ein aus
Brasilien
[* 11] zurückgekehrter Fulahsklave hat in der
Nähe eine Zuckerplantage und -Raffinerie angelegt.
Doch stellte 1510 der arabische
Scheich von Keschin seine
Autorität wieder her. Damals befand sich eine
im 4. Jahrh. von
Arabien aus gegründete christliche
Gemeinde auf der
Insel, die später den Arabern weichen mußte. Von 1835 bis 1839 hielten
englische
Truppen die
Insel besetzt, 1876 schloß die englische
Regierung mit dem
Scheich von Keschin einen
Vertrag ab, wodurch
sie das
Vorkaufsrecht erwarb, und ließ der britische
Resident in
Aden
[* 18] die
Insel besetzen.
Schweinfurth
hat dieselbe 1881 erforscht.
1) der berühmteste unter den griechischen
Weisen, Sohn des Bildhauers Sophroniskos und der
Hebamme Phänarete,
wurde um 469
v. Chr. zu
Athen
[* 19] geboren. Er soll die
Kunst seines
Vaters erlernt und auch eine Zeitlang ausgeübt
haben; eine
Gruppe am
Fuß der zur
Akropolis
[* 20] führenden
Treppe
[* 21] galt für sein Werk. Zu seiner Lebensaufgabe machte
er den in Gestalt
von Unterredungen und im
Gegensatz zu den
Sophisten unentgeltlich erteilten
Unterricht, zu welchem
Zweck er seine materiellen
Bedürfnisse auf das äußerste beschränkte und den
Verkehr mit
Jünglingen, deren
Geburt und
Talent (wie
bei
Alkibiades und
Kritias) vorhersehen ließen, daß sie späterhin einen großen Einfluß auf ihre Mitbürger üben würden,
um sie zu denkenden und charaktervollen Männern zu bilden, jedem andern vorzog.
Seine Tüchtigkeit bekundete sich jedoch nicht bloß in diesen didaktischen, sondern auch in praktischen,
auf die Erfüllung seiner Bürgerpflichten, auch der militärischen, gerichteten Bestrebungen. Obgleich dem
Krieg abhold,
beteiligte er sich
an dreiFeldzügen und rettete in der
Schlacht bei
Potidäa dem vom
Pferd
[* 22] gestürzten
Alkibiades durch mannhafte
Verteidigung das
Leben.
Gerade aber sein
Streben nach unabhängiger Tüchtigkeit im
Treiben einer korrumpierten Umgebung
und seine Bemühungen, die
Jugend von den verderblichen
Lehren
[* 23] sittlicher
Zersetzung abzuziehen und edlerer Geistesverfassung
zuzuführen, zogen ihm Verfolgung zu. S. wurde bezichtigt, die
Jugend zu verderben und andre
Götter als die vom
Staat anerkannten
zu lehren.
Als seine Ankläger werden genannt: ein mittelmäßiger Dichter,
Melitos, ein Lederhändler undDemagog,
Anytos, und ein
Rhetor, Lykon. S. verteidigte sich in mutvoller und seiner würdiger
Weise, ohne eine gewisse Reizung seiner
Richter zu vermeiden. Nachdem er mit ganz geringer
Majorität verurteilt war und nun selbst dem Herkommen gemäß einen Strafantrag
zu stellen hatte, lehnte er letzteres ab, indem er ironisch anStelle der vorzuschlagenden
Strafe eine
Belohnung seiner
Verdienste durch
Erhaltung auf öffentliche
Kosten im Prytaneion forderte.
Hierdurch erbittert, verurteilten ihn seine
Richter mit größerer
Majorität zum
Tode. Der religiöse
Gebrauch, dem zufolge
niemand bis zur Rückkehr eines gerade um diese Zeit nach
Delos entsendeten heiligen
Schiffs hingerichtet werden durfte, gestattete
ihm, noch 30
Tage zu leben. Während dieser Zeit unterhielt er sich im Gefängnis mit einigen seiner Anhänger
über philosophische Gegenstände und namentlich über den
Tod. Das Anerbieten Kritons, ihm zur
Flucht zu verhelfen, lehnte
er ab. Mit der größten Gemütsruhe nahm er
¶
mehr
nach Ablauf
[* 25] der Frist den Schierlingstrank und starb so in einem Alter von etwa 70 Jahren 399. Die große Bedeutung des S. ist
in der Anregung zu suchen, die er durch sein Leben und noch mehr durch seinen Tod gab. Sein geistreichster und edelster Schüler,
Platon, hat in seinen DialogenCharakter und Gedankenkreis seines Meisters, wenn auch in einer freien, mit
dichtender Umbildung versetzten Form, so doch mit jener Wahrheit, die auch der Dichtung innewohnt, dargestellt.
Eine mehr nüchterne, aber gerade darum wertvolle Auffassung des S. findet sich in den »Memorabilien«
Xenophons, der ebenfalls zu dem Kreise
[* 26] seiner Vertrauten gehörte. Die Lehre
[* 27] des S. ist, da er selbst nichts
geschrieben hat, nur durch seine Schüler auf uns gekommen. Als Philosoph kam derselbe mit seinen Zeitgenossen, den Sophisten,
darin überein, daß er, wie diese, den Schwerpunkt
[* 28] des Unterrichts in die (lehrbare) Methode und den Zweck desselben nicht,
wie deren Vorgänger, die griechischen Physiker und Naturphilosophen, in die Erkenntnis der Natur, sondern
in jene des dem Menschen Nützlichen als des für diesen einzig Wissens- und Wünschenswerten legte, unterschied sich aber
von denselben dadurch, daß einerseits seine Methode nicht, wie die der Sophisten, ein dialektisch-rhetorisches Kunststück,
um Wahres falsch, Falsches wahr scheinen zu machen, sondern die dialektische Kunst, das Wahre als solches
zu finden und zu erkennen, anderseits sein Zweck nicht, wie bei jenen, auf die Erkenntnis des Nützlichen als des Guten, sondern
vielmehr auf jene des Guten als des allein wahrhaft, bleibend und allgemein Nützlichen gerichtet war. Um seiner Abwendung
von der Physik willen ist von ihm gesagt worden, daß er die Philosophie vom Himmel
[* 29] auf die Erde zurückgeführt
habe.
Seine Übereinstimmung mit den Sophisten hinsichtlich des Wertes methodischen Denkens und praktischer Ziele hat bewirkt, daß
er von Fernstehenden (z. B. von Aristophanes in den »Wolken«) zu den Sophisten gerechnet, ja seiner dialektischen
Schärfe wegen als »Erzsophist« hingestellt worden ist. Die Reinheit
seiner nur auf Erkenntnis der Wahrheit abzielenden sowie die Uneigennützigkeit seiner nur das Gute als Zweck menschlichen Handelns
zulassenden Denkweise haben gemacht, daß er von den ihm Nahestehenden (von seinen Schülern, insbesondere von Platon) als
deren diametraler Gegensatz erkannt und sein Bild als Ideal eines Weisen dem des Sophisten als des Zerrbildes
eines solchen entgegengestellt wurde.
Jene Kunst des S. bestand (nach Aristoteles) darin, einerseits von der Betrachtung des Besondern zum Allgemeinen aufzusteigen
(Induktion),
[* 30] anderseits durch Ausscheidung des Unwesentlichen und Ungehörigen wie durch Zusammenfassung des Wesentlichen und
Unentbehrlichen zum Begriff zu gelangen (Definition), welch letzterer, weil er der Sache selbst entspricht,
immer derselbe bleibt, während das Allgemeine, weil es aus dem Besondern gewonnen worden ist, dieses letztere sämtlich
in sich begreift.
Dieselbe wurde von S., hierin dem Beispiel der Sophisten folgend, in dialogischer Form, durch geschicktes Fragen (erotematisch),
aber zu dem Zweck, die Wahrheiten an den Tag zu bringen (daher er sie selbst mit dem Handwerk seiner Mutter,
der mäeutischen oder Hebammenkunst, verglich), und zugleich indirekt, d. h. in der Weise geübt, daß der Fragende (obgleich
der Wissende) sich unwissend stellt und von dem Gefragten (als ob dieser wissend wäre) belehrt zu werden
vorgibt, während er diesen belehrt (daher diese Form des erotematischen Unterrichts als »sokratische Ironie« bezeichnet
wird).
Von diesem nur aus didaktischen Gründen gewählten Schein des Nichtwissens verschieden ist das dem S. gleichfalls in den Mund
gelegte Eingeständnis wirklichen Nichtwissens, der anspruchsvollen Vielwisserei der Sophisten gegenüber, um derentwillen
derselbe von dem delphischen Orakel für den weisesten aller Menschen erklärt worden sein soll. In Bezug
auf die Tugend als Verwirklichung des Guten war S. der Meinung, daß dieselbe lehrbar, d. h. durch richtige Erkenntnis und Unterweisung
zu bewirken sei, denn es sei unmöglich, das Gute zu wissen, ohne es zu thun. In Bezug auf den Inhalt des
Guten aber liebte es S., sich auf sein von ihm sogenanntes Dämonion als eine in seinem Innern sich kundgebende Stimme zu berufen,
welche zwar niemals ratend, aber stets warnend sich vernehmbar mache, wenn er etwas Unrechtes zu thun im Begriff sei.
Unter den Schülern des S. haben die sogen. Sokratiker einzelne Seiten seines Wesens (Eukleides und Phädon
in der megarischen und elischen Schule die dialektische, Antisthenes und Aristippos in der cynischen und kyrenäischen Schule
die moralische) einseitig entwickelt, während Platon allein die empfangenen geistigen und sittlichen Anregungen zu einem
das Ganze der Philosophie umfassenden Gedankenbau ausbildete. Aus der antiken Litteratur über S. sind
die PlatonischenDialoge (insbesondere Kriton, Phädon und die »Apologie«) hervorzuheben.
2) S. Scholasticus, Verfasser einer Kirchengeschichte in sieben Büchern, der Fortsetzung des Werkes des Eusebios, welche von
306-439 reicht, geboren um 380 zu Konstantinopel
[* 32] war eigentlich Sachwalter. Sein Werk ist herausgegeben
unter andern von Hussey (Oxf. 1853, 3 Bde.)
und Bright (das. 1878).