Warschau
[* 2] in die Mitte einer
Verschwörung zur Beseitigung des
ZarenNikolaus bei Gelegenheit des Krönungsreichstags. Die patriotische
Tendenz des Dichters äußert sich im glühenden
Haß gegen das Zarentum; seine pessimistische
Richtung verleugnet sich aber
auch hier nicht, indem
er denHelden im entscheidenden
Augenblick erlahmen und, ohne seinen Vorsatz ausgeführt
zu haben, untergehen läßt. Die bedeutendsten
Schöpfungen während des
Genfer Aufenthalts sind: das
Trauerspiel »Mazepa« (deutsch
von A.
Drake im »Bühnenrepertoire des
Auslandes«, Bd. 14, Berl.
1847),
das dem vorigen an poetischem Schwung nachsteht, dafür aber mehr der Bühnentechnik entspricht, so daß es Repertoirestück
wurde;
eine seiner gewaltigsten und originellsten
Schöpfungen, und das lyrische Gedicht »W Szwajcaryi« (»In
der
Schweiz«;
[* 4] deutsch von Kurtzmann,
Wien
[* 5] 1880), worin er dem kurzen Liebestraum mit einem polnischen Mädchen
(Maria Wodzinska)
ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat. Im
Februar 1836 begab sich S. nach
Rom,
[* 6] wo er mit dem
GrafenSigismundKrasinski (s. d.) in freundschaftlichen
Verkehr trat, unternahm dann im Spätherbst d. J. eine Orientreise, welche eine
Reihe
neuer vortrefflicher
Dichtungen veranlaßte (darunter die poetische
Erzählung »Der
Vater der Pestkranken in El
Arisch«, deutsch
von Stahlberger,
Krak. 1872),
und ließ sich nach seiner Rückkehr 1837 in
Florenz
[* 7] nieder, wo er seinen
FreundKrasinski wieder antraf und die im biblischen
Stil gehaltene
Allegorie »Anhelli« dichtete. Im
Dezember 1838 nach
Paris
[* 8] zurückgekehrt,
ließ er alle seine seit »Kordyan« entstandenen
Dichtungen rasch nacheinander erscheinen, darunter auch das
Trauerspiel
»Lila
Veneda«, das auf dem
Hintergrund der polnischen
Urgeschichte den
Kampf zweier
Völker schildert, in welchem
das edlere, der pessimistischen
Stimmung des Dichters entsprechend, der rohen
Gewalt unterliegt.
Diese letzte
Periode seines
Lebens wurde verbittert durch den scharfen
Gegensatz zu
Mickiewicz, mit dem es öffentlich zu heftigen
Erklärungen kam; dazu
brachte der
Beitritt zu der mystischen
SekteTowianskis, welcher fast alle polnischen Dichter der Emigration
in seinen
Kreis
[* 9] zu ziehen wußte, ihn auch um die
FreundschaftKrasinskis.
Noch sind zu nennen: das lyrisch-epische Gedicht »Beniowski«
(1841),
die ziemlich planlosen
Dramen: »Ksiądz Marek« und »Srebrny
sen Salomei« sowie als seine letzte großartige, aber unvollendet gebliebene
Schöpfung »Król duch« (»König
Geist«),
die eine
»Legende derJahrhunderte« der polnischen Geschichte werden sollte. S. starb in
Paris. Seine bedeutenden Vorzüge beruhen auf der unvergleichlich poetischen
Sprache
[* 10] sowie auf seinem überaus kühnen Gedankenflug,
worin ihm kein polnischer Dichter gleichkam; sie werden beeinträchtigt durch den Mangel an künstlerischer
Ruhe in der
Komposition,
ja er scheint sich zuweilen absichtlich über die Kunstregeln hinwegzusetzen. Seine pessimistische, für
Fehler und
Gebrechen seines
Volkes nicht blinde
Stimmung ist die notwendige
Antithese zu der optimistischen Weltanschauung der
andern polnischen Dichter. Slowackis gesammelte
Schriften erschienen in 4
Bänden (Leipz. 1861); dazu sein
Nachlaß in 3
Bänden
(Lemb. 1866) und
»Briefe« in 2
Bänden (das. 1875).
Vgl.
Malecki,
Julius S. (poln., 2. Aufl., Lemb. 1880, 3 Bde.).
ein
Glied der
[* 11] großen slawischen Völkerfamilie, zum tschechischen
Zweig derselben gehörig, bewohnen in einer
Anzahl von etwa 2 Mill. den Nordwesten
Ungarns. Von den stammverwandten
Mähren
[* 12] scheidet
sie eine längs der mährisch-ungarischen
Grenze verlaufende
Linie; die Sprachgrenze gegen die
Magyaren verläuft mit verschiedenen Ausbiegungen von
Preßburg
[* 13] über
Neuhäusel,
Leva,
Losoncz,
Rosenau,
Kaschau,
Ujhely nach
Ungvár, wo die S. mit den
Ruthenen zusammenstoßen, die
von hier bis zur
Tatra die vielfach gezackte Nordostgrenze der S. bilden, während von der
Tatra nach
Westen zu bis an dieBieskiden
die
Polen längs der galizisch-ungarischen
Grenze die S. im
Norden
[* 14] umsäumen.
Innerhalb dieses slowakischen Gebiets befinden sich einige größere deutsche Sprachinseln um die Bergstädte
Schemnitz,
Kremnitz
und
Neusohl sowie in der
Zips, während anderseits slowakische
Kolonien vielfach durch
Ungarn
[* 15] zerstreut sind. Der Slowake ist
vorzugsweise
Bauer, der dem meist kargen
Boden geringen
Ertrag ablockt. Bei
Neutra,
Preßburg,
Bars etc. treibt
er Weinbau, im
GebirgeViehzucht und
[* 16] Käseproduktion
(Liptau); auch die Holzflößer auf der
Waag und
Gran
[* 17] sind S. Da der
Handel
fast in der ganzen Slowakei in jüdischen
Händen ist, bleibt den S. nur das Hausieren mit
Leinwand, Mäusefallen,Spitzen
etc. Der
Konfession nach sind sie zur Hälfte lutherisch, zur Hälfte katholisch.
Die slowakische
Sprache, deren
Zentrum im Thuróczer
Komitat liegt, ist eigentlich nur ein
Dialekt der tschechischen, unterschieden
durch breitere
Vokale, viele
Diphthongen und alte
Wörter. Die ersten
Versuche, in derselben zu schreiben (früher bediente man
sich desTschechischen als Schriftsprache), gingen zu Ende des 18. Jahrh. von dem katholischen
PriesterAnton Bernolak (1762-1813) aus und wurden in der
Folge besonders durch den Dichter
Joh.
Hollý (gest. 1849), Verfasser
des
Epos »Svatopluk«, und Ludewit
Stur (gest. 1856),
Sam. Tomaschik (gest. 1887), Dichter
des
Liedes »Auf, ihr
Slawen! etc.«, der
Dramatiker Jon. Záborský (geb. 1812), der Dichter und
Publizist W.
Pauliny-Tóth (gest.
1877), der Philolog
Hattala (geb. 1821) u. a. In jüngster Zeit leidet die Litteratur
der S. unter der gewaltsamen Unterdrückung durch die
Magyaren, die 1874 auch die Aufhebung der 1863 gegründeten Matica
slowenska, einer litterarischen
Gesellschaft, welche
Schriften in slowakischer
Sprache herausgab, sowie die Schließung der
slowakischen Gymnasien durchsetzten.
Grammatiken des slowakischen
Dialekts lieferten Bernolak (Preßb. 1790,
Ofen 1817),
Hattala
(Schemnitz 1850) und Victorin (4. Aufl.,
Pest 1878), ein slowakisch-ungarisch-deutsches
WörterbuchLoos (das. 1871). Treffliche
Sammlungen slowakischer
Volkslieder gaben
Safarik
(Pest 1823-27, 2 Bde.),
Kollar (2. Aufl.
Ofen 1832-33, 2 Bde.)
und die slowakische Matica (1870-74, 2 Bde.) heraus. - Die S.
nahmen, nachdem das avarische
Joch abgeschüttelt war, teil an der
Bildung des großmährischen
Reichs. Seit dem
Untergang desselben
war die Slowakei ein Spielball zwischen
Tschechen,
Polen und
Magyaren, bis sie 1018 für immer an die ungarische
Krone kam; jedoch blieb sie ein eignes Teilfürstentum (tertia pars regni). Der letzte, welcher 1305-21 die
Würde eines
Fürsten
der Slowakei bekleidete, war
Matthäus von
Trentschin. Nach seinem
Tod wurde diese
Würde nicht
¶
mehr
wieder erneuert.
Vgl. Sasinek, Die S. (2. Aufl., Prag
[* 19] 1875).