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Angriffe, bis Peter von Aragonien, Manfreds Schwiegersohn, ihnen zu Hilfe kam und die Krone von Sizilien [* 2] annahm. Hierdurch wurde die Insel bis 1442 vom Festland getrennt.
Karl von Anjou sah sich bald auch auf dem Festland durch Erhebungen der Ghibellinen und durch Angriffe seitens der Sizilianer bedroht, die während seiner Abwesenheit in Frankreich über seinen Sohn Karl von Salerno auf der hohen See vor Neapel [* 3] einen glänzenden Sieg davontrugen, der letztern selbst in die Hände der Sieger lieferte. Nicht lange darauf, starb Karl auf einem Feldzug gegen die empörte Insel. Ihm folgte sein Sohn Karl II. (1284-1309), dessen Versuche, Sizilien wiederzugewinnen, alle vergeblich waren, und dessen Sohn Philipp in der unglücklichen Schlacht bei Falconera (unweit Trapani) 1299 in Gefangenschaft fiel.
Unwillig über die Ohnmacht Karls II. rief der Papst den Bruder des Königs von Frankreich, Karl von Valois, zu Hilfe. Aber auch dieser konnte nichts ausrichten und schloß mit Peters von Aragonien Sohn Friedrich einen Vertrag, nach welchem dieser mit Karls Schwester vermählt und auf Lebenszeit als König von Sizilien anerkannt wurde. Karls II. Nachfolger war sein zweiter Sohn, Robert (1309-43), »der Gütige«, ein kluger, geistvoller Fürst; des ältern Bruders, Karl Martell, Sohn Karl Robert erhielt die Krone von Ungarn. [* 4]
Nach Roberts segensreicher Regierung ward das Königreich Neapel fast 100 Jahre lang von Ränken, Verbrechen und innern Kriegen zerrüttet. Robert hinterließ den Thron [* 5] seiner Enkelin Johanna I. (1343-1382), welche mit Andreas von Ungarn, dem Sohn Karl Roberts, vermählt war. Der Krönung dieses unbedeutenden, ungebildeten Fürsten zum König widersetzte sich eine Partei am Hof, [* 6] an deren Spitze zwei Brudersöhne des Königs Robert, Karl von Durazzo und Ludwig von Tarent, standen, und diese veranlaßten, vielleicht im Einverständnis mit Johanna, die ihren Gemahl geringschätzte, die Ermordung von Andreas worauf Johanna Ludwig von Tarent ihre Hand [* 7] reichte.
Als König Ludwig von Ungarn 1348 mit einem Heer gegen Neapel zog, um den Tod seines Bruders zu rächen, flüchtete Johanna, und Ludwig zog in Neapel ein, wo er über die Mörder seines Bruders ein blutiges Strafgericht verhängte, dem auch Karl von Durazzo zum Opfer fiel; doch schloß er im Oktober 1350, weil ihn der polnisch-litauische Krieg nach dem Norden [* 8] zurückrief, mit Johanna unter Vermittelung des Papstes einen Waffenstillstand, und Johanna ward nebst ihrem Gemahl im Mai 1352 vom päpstlichen Legaten in Neapel feierlich gekrönt.
Zur Thronerbin ward die Gemahlin Karls des Kleinen von Durazzo, Margarete, die Tochter von Johannas Schwester Maria, welche Johanna an Kindes Statt annahm, erklärt. Nach dem Tod Ludwigs von Tarent (1362) vermählte sich Johanna mit Jakob von Mallorca und, als auch dieser 1375 starb, 1376 mit Otto von Braunschweig, [* 9] einem streitlustigen Bandenführer. Aber Ludwig von Ungarn erneuerte seine Ansprüche auf den Thron von Neapel, gewann auch Karl von Durazzo für sich und rüstete ein Heer aus, an dessen Spitze Karl von Durazzo Otto von Braunschweig bei San Germano besiegte.
Hierauf besetzte Karl Neapel, nahm Johanna gefangen und ließ sie ermorden. Zwar suchte ihm Ludwig von Anjou, Sohn König Johanns von Frankreich, den Johanna an Sohnes Statt angenommen und zum Erben der Krone ernannt hatte, die Herrschaft streitig zu machen, indem er mit einem Heer in Neapel einfiel. Doch starb er schon und nun ward Karl III. (1382-86) allgemein als König anerkannt. Aber schon 1386 fand er in Ungarn, wo eine Partei ihn als König aufgestellt hatte, einen gewaltsamen Tod, worauf ein Teil des Adels seinen Sohn Wladislaw, ein andrer Ludwig II. von Anjou zum König ausrief. Nach mannigfachen Wechselfällen entschied das Glück für Wladislaw, der 1390 als König anerkannt wurde und bis 1414 regierte. Ihm folgte seine Schwester Johanna II. (1414-35), welche 1421 Alfons V. von Aragonien, 1423 aber Ludwig III. von Anjou adoptierte, welcher seine Ansprüche auf den Thron seinem Bruder René hinterließ; allein dieser wurde von Alfons vertrieben, welcher 1442 Neapel einnahm und dies Königreich wieder mit Sizilien vereinigte.
Die spanische Herrschaft.
Alfons ernannte bei seinem Tod (1458) seinen natürlichen, aber legitimierten Sohn Ferdinand I. (1458-94) zum König von Neapel, während Sizilien mit Aragonien unter seinem Bruder Johann II. vereinigt bleiben sollte. Ferdinand, eigenwillig und rücksichtslos, war vor allem darauf bedacht, den unbotmäßigen Adel zu bändigen und die großen Lehnsgüter in zuverlässige Hände zu bringen; auch beförderte er Handel und Fabrikthätigkeit und wandte besonders der Seidenkultur seine Aufmerksamkeit zu. Als aber unter seinem Sohn Alfons II. (1494-95) Karl VIII. von Frankreich, die Ansprüche der Anjous auf den neapolitanischen Thron erneuernd, einen Kriegszug gegen Neapel unternahm, empörte sich ein Teil des Adels, und Alfons mußte nach Messina [* 10] flüchten, wo er starb.
Karl VIII. hielt seinen Einzug in Neapel und empfing 12. Mai die Krone, kehrte aber noch in demselben Jahr nach Frankreich zurück. Sofort landete Alfons' Sohn Ferdinand II. mit sizilischen Schiffen, zwang, von einer spanischen Flotte und einem spanischen Landheer unterstützt, die französischen Besatzungen zur Kapitulation und zog im Januar 1496 wieder in Neapel ein; doch starb er schon 7. Sept. und hinterließ den Thron seinem Oheim Friedrich (1496-1501). Gegen diesen vereinigten sich König Ludwig XII. von Frankreich und Ferdinand der Katholische von Spanien [* 11] im Vertrag zu Granada [* 12] zur Eroberung Neapels, von dem Kalabrien und Apulien an Ferdinand, das übrige Gebiet an Frankreich fallen sollte.
Die vereinigten Spanier und Franzosen eroberten das Königreich rasch und ohne viel Widerstand zu finden; Friedrich wurde als Gefangener nach Frankreich abgeführt, wo er 1504 starb, und bei der Eroberung Tarents (1502) fiel auch sein Sohn Ferdinand in die Gewalt seiner Feinde. Die Verteilung der Beute führte unter diesen zu Streitigkeiten und endlich zum Krieg, in welchem die Franzosen nach verschiedenen Niederlagen, bei Seminara Cerignola (28. April) und am Garigliano (28. und 29. Dez.), das Land dem siegreichen Gonsalvo räumten, der 1504 dasselbe für die spanische Krone in Besitz nahm.
Nachdem die Versuche des Königs Franz I., in seinen beiden ersten Kriegen mit Karl V. Neapel zu erobern, gescheitert waren, blieben Neapel und Sizilien bis 1713 in spanischem Besitz und wurden von spanischen Vizekönigen regiert, deren erster Gonsalvo war. Die spanische Herrschaft hatte für das Königreich die verderblichsten Folgen: die alte ständische Verfassung wurde allmählich beseitigt, jede freie geistige Bewegung unterdrückt;
die unwissende, träge ¶
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und sittenlose Geistlichkeit hielt durch Beförderung eines blinden, sinnlichen Aberglaubens das Volk in geistiger Verdumpfung und in Unkenntnis über alle höhern Dinge. Der Grundbesitz häufte sich in den Händen des Adels und des Klerus an, und die ganze Last der hohen Steuern, deren Ertrag zum großen Teil in die Kasse des Königs von Spanien und des Oberlehnsherrn, des Papstes, floß, bedrückte das niedere Volk, welches durch die Verteurung der notwendigsten Lebensmittel in die bitterste Not geriet.
Seine Verzweiflung führte, von unbedeutendem Streit ausgehend, unter Tommaso Aniello (Masaniello) zu einem Aufstand der aber an der Unfähigkeit der Führer und der mangelhaften Unterstützung seitens der Franzosen scheiterte. Im spanischen Erbfolgekrieg wurde Neapel von den Österreichern unter dem General Daun besetzt, und im Utrechter Frieden (1713) wurde diese Besitznahme gutgeheißen. Sizilien kam durch denselben Frieden an Savoyen, wurde aber schon 1720 gegen Sardinien [* 14] ausgetauscht und wieder mit Neapel vereinigt.
Sizilien eine bourbonische Sekundogenitur.
Jedoch nicht lange blieb das Königreich unter der Herrschaft der österreichischen Habsburger: schon 1735 (definitiv 1738) trat Kaiser Karl VI. im Frieden von Wien [* 15] Neapel und Sizilien an den Infanten Karl von Spanien als eine mit diesem Königreich nie zu vereinigende Sekundogenitur der spanischen Bourbonen ab. König Karl III. (1735-59) berief den freisinnigen Staatsmann Tanucci an die Spitze der Staatsgeschäfte, der vor allem die Privilegien des Klerus zum allgemeinen Besten einschränkte; denn 112,000 Geistliche waren nicht nur für sich und ihre Güter von den Landesgesetzen befreit, sondern auch alle, die in ihrem Bezirk ein Asyl suchten; der Papst betrachtete die geistlichen Stellen als sein Eigentum und bezog die Einkünfte derselben während ihrer Erledigung.
Tanucci hob dies Recht auf, verlieh der weltlichen Macht gegenüber der kirchlichen eine größere Gewalt, minderte die Privilegien und die Zahl der Geistlichen und säkularisierte eine Menge von Klöstern zum Besten der Staatskasse. Als Karl III. 1759 auf den spanischen Königsthron berufen wurde, überließ er Neapel und Sizilien seinem jüngern Sohn, Ferdinand IV. (1759-1825), während dessen Minderjährigkeit Tanucci das Reich bis 1767 mit fast unumschränkter Gewalt regierte; noch energischer ging er nun gegen die Übergriffe der Kirche und gegen die Jesuiten vor.
Aber als Ferdinand 1767 selbständig geworden war, verlor Tanucci allmählich den herrschenden Einfluß an die Königin Karoline, eine Tochter Maria Theresias, und wurde 1777 ganz beseitigt, worauf Karoline im Verein mit dem obersten Minister Acton ein launenhaftes Willkürregiment führte. Seit dem Ausbruch der französischen Revolution und der Hinrichtung ihrer Schwester Marie Antoinette von tödlichem Haß gegen die französische Republik und die Liberalen erfüllt, bestimmte sie ihren Gemahl 1798, noch vor der Kriegserklärung der zweiten Koalition mit einem Heer wenig geübter Truppen unter General Mack in den Kirchenstaat einzurücken.
Rom [* 16] wurde besetzt und die neapolitanischen Truppen drangen bis Toscana vor, zogen sich aber ebenso schnell vor den wieder vordringenden Franzosen zurück, die nun in Neapel einfielen. Bestürzt und ratlos floh der König mit dem Hof nach Sizilien, ließ seine eigne Kriegsflotte in Brand stecken und gab das Land den Siegern preis, mit denen Mack nach mehreren unglücklichen Gefechten Waffenstillstand schloß. Hierüber entstand in der Hauptstadt ein furchtbarer Aufstand des gegen die Jakobiner und Verräter erbitterten Volkes, vor dem sich der königliche Statthalter nach Sizilien, Mack in das französische Lager [* 17] flüchteten. Über Blut und Leichen bahnte sich Championnet, der Anführer der Franzosen, einen Weg in die hartnäckig verteidigte Hauptstadt, nach deren Eroberung er im Einvernehmen mit den einheimischen, den gebildeten Ständen angehörigen Republikanern die Parthenopeische Republik gründete.
Der neue Staat war jedoch nur von kurzem Bestand, denn kaum waren die Alliierten in Oberitalien [* 18] eingedrungen und hatten die Franzosen geschlagen, als die Geistlichkeit in Kalabrien das Volk zur Erhebung gegen die gottlose Republik aufrief. An die Spitze der »Glaubensarmee«, welcher sich auch Verbrecher und Räuber wie Fra Diavolo anschlossen, trat der vom König zum Generalvikar ernannte Kardinal Ruffo, der vor Neapel rückte, das die Franzosen 5. Mai geräumt hatten.
Nachdem die »Patrioten« die Stadt zehn Tage lang (13.-23. Juni) verteidigt hatten, übergaben sie dieselbe gegen das Versprechen ihrer Freiheit und Sicherheit. Der König genehmigte dasselbe jedoch nicht, und teils durch die fanatisierten Kalabresen und die Lazzaroni, teils infolge des Richterspruchs der hierzu eingesetzten Staatsjunta wurden zahlreiche Patrioten getötet oder eingekerkert, sowohl in der Hauptstadt als im übrigen Königreich. Der König, der am 10. Juli nach Neapel zurückkehrte, ließ diese Greuel ruhig geschehen.
Als 1805 der Krieg der dritten Koalition gegen Frankreich ausbrach, ließ die Königin Karoline entgegen dem mit Napoleon abgeschlossenen Vertrag eine russisch-englische Flotte landen, worauf Napoleon in Schönbrunn das Dekret erließ: »Die Dynastie der Bourbonen in Neapel hat aufgehört zu regieren«. Umsonst suchte die Königin erst durch eine demütige Gesandtschaft an Napoleon, dann durch Aufwiegelung der Lazzaroni und Kalabresen den Umsturz ihres Throns abzuwehren.
Als die Franzosen unter Joseph Bonaparte und Masséna heranrückten, flüchtete der Hof wiederum nach Sizilien das Ferdinand unter dem Schutz der englischen Flotte bis zum Sturz Napoleons behauptete. Unter blutigen Kämpfen nahm Joseph Besitz von der neapolitanischen Krone, die ihm sein Bruder verlieh (30. März), die er aber schon nach zwei Jahren (1808) an seinen Schwager Joachim Murat abtreten mußte, um den Thron Spaniens einzunehmen. Die französische Herrschaft fegte mit scharfem Besen die feudalen Institutionen, die Klöster und die klerikalen Vorrechte weg und gab dem Land eine moderne Gesetzgebung und Verwaltung. Doch dauerte sie nur bis zum Wiener Kongreß, auf welchem Neapel nach der Niederlage Murats bei Tolentino (2. und dem König Ferdinand zurückgegeben wurde.
Das Königreich beider Sizilien 1815-60.
Ferdinand IV. nahm nach seiner Rückkehr nach Neapel den Titel eines Königs beider Sizilien an und nannte sich als solcher Ferdinand I; die 1812 auf Verlangen Englands der Insel Sizilien erteilte freisinnige Verfassung wurde wieder aufgehoben. In einem geheimen Vertrag mit Österreich [* 19] (1815) verpflichtete sich Ferdinand, keine Verfassung einzuführen und keine Einrichtungen zu treffen, die liberaler seien als die der Lombardei. Zwar änderte der träge, unfähige König an den von der französischen Herrschaft überkommenen Institutionen wenig, doch ließ er sie verfallen. Unter der schwachen und liederlichen Verwaltung, die nun eintrat, nahm die Zahl ¶