durfte er über die Geschichte selbst nicht lesen) sowie Mitglied der kaiserlichen Akademie in Wien, 1867 ordentlicher Professor
der Geschichte und Direktor des Instituts für österreichische Geschichte daselbst, 1874 Mitglied der Zentraldirektion der
»Monumenta Germaniae«. 1884 wurde er in den Ritterstand erhoben und 1889 Mitglied des Herrenhauses. S. hat sich
besonders um die Durchforschung und Herausgabe der Kaiserurkunden des Mittelalters verdient gemacht. Er veröffentlichte:
»Monumenta graphica medii aevi« (Wien 1859-69, 9 Tle.);
»Das Vikariat der Visconti« (das. 1859);
»Jeanne d'Arc« (das. 1861);
»Die
Urkunden der Karolinger, gesammelt und bearbeitet« (das. 1867, 2 Bde.);
»Zur Geschichte des Konzils von Trient« (Aktenstücke, das. 1870-72, 3 Tle.);
»Alcuinstudien« (das. 1875,
Bd. 1);
»Kaiserurkunden in Abbildungen« (mit v. Sybel, Berl. 1881 ff.);
»Beiträge zur Diplomatik« (Wien 1861-1882, 8 Tle.);
»Das Privilegien Ottos I. für die römische Kirche vom Jahr 962« (Innsbr. 1883);
»Lexicon Tironianum« und viele Aufsätze in
den Abhandlungen und Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie in Wien.
Franz von, deutscher Ritter, geb. 2. März 1481 auf der Ebernburg bei Kreuznach als Sohn des Ritters Schwicker v.
S., focht schon 1508 in Diensten des Kaisers Maximilian I. gegen die Venezianer, führte aber im Frieden ganz das Leben eines damaligen
Ritters, der neben der städtischen und Fürstenmacht sich durch alle Mittel emporzubringen suchte und
jede Fehde, jeden Raub für erlaubt hielt, wenn er nur einen ordentlichen Fehdebrief hatte vorausgehen lassen. S. betrieb dies
nur in größerm Stil. So begann er 1513 eine Fehde gegen die Stadt Worms zu gunsten eines nach einem verunglückten Aufstand
gegen den dortigen Rat vertriebenen Bürgers, Balthasar Schlör, den er als Sekretär in seine Dienste nahm;
er plünderte 22. März 1514 einen Wormser Kaufzug bei Oppenheim und belagerte dann mit 7000 Mann die Stadt, die er indes vergeblich
bombardierte.
Hierauf bekriegte er den Herzog von Lothringen, um dem Grafen Geroldseck zu seinem Recht zu verhelfen. König
Franz I. von Frankreich nahm den bereits berühmten Führer einer wohlgeschulten Söldnerschar in seine Dienste und gab ihm den
Feldherrnstab. Von Bürgern der Stadt Metz gegen den Rat der Stadt um Hilfe angesprochen, zog S. mit 16,000 Kriegsleuten zu Fuß
und 4000 zu Roß vor Metz und zwang den Rat, den Gekränkten Schadenersatz zu leisten und ihre Rechte und
Freiheiten zu bestätigen, ihm selbst aber eine Brandschatzung von 20,000 Goldgulden und einen Monatssold für sein Heer zu
zahlen.
Die nun wider ihn ausgesprochene Reichsacht ward vom Kaiser, der in seinem Kampf gegen Ulrich von Württemberg
Sickingens bedurfte, wieder aufgehoben. Bevor S. im Dienste des Schwäbischen Bundes den Kriegszug gegen den Württemberger antrat,
sandte er dem Landgrafen Philipp von Hessen, der einen Verwandten Sickingens benachteiligt hatte, den Fehdebrief, rückte eilends
vor Darmstadt und erzwang 23. Sept. 1518 den Abschluß eines Vertrags, worin außer Befriedigung der Ansprüche
seiner Freunde für ihn selbst eine Entschädigungssumme von 35,000 Gulden ausbedungen war.
Doch kam dieser Vertrag, da ihn der Kaiser nicht bestätigte, nur zum Teil zur Ausführung. Bei der Einnahme Stuttgarts 1519 ließ
S. besonders Reuchlin seinen Schutz angedeihen und nahm sich dieses Gelehrten auch in seinem Streit mit den
Dominikanern an. Nach der Vertreibung des Herzogs Ulrich führte er sein Heer in die Nähe
von Frankfurt und übte auf die dort
zur Wahl versammelten Kurfürsten einen Druck aus, der nicht am wenigsten zur Wahl Karls V., auf dessen Regierung er trügerische
Hoffnungen für sich und Deutschland setzte, beitrug.
Die ihm von demselben hierauf zugedachte Erhebung in den Grafenstand lehnte S. ab; dagegen nahm er die
Ernennung zum kaiserlichen »Rat, Kämmerling, Hauptmann und Diener« an. In Schwaben hatte. S. auch die Bekanntschaft Huttens gemacht,
der seit 1520 beständig bei ihm verweilte, einen großen Einfluß auf ihn erlangte, ihn für die Sache
Luthers gewann und seinem edel und groß angelegten, aber ungebildeten Geist höhere Ziele seines Strebens steckte. Bald bethätigte
er offen seine Anhänglichkeit an die Reformation.
Seine festen Schlösser, namentlich Landstuhl u. Ebernburg, galten als »Herbergen der Gerechtigkeit«. Hier waren Kaspar Aquila,
Martin Bucer und Ökolampadius, die Prediger des Evangeliums und Beförderer der Wissenschaft, willkommene
Gäste. Als kaiserlicher Feldhauptmann sammelte S. dem Kaiser 1521 zu dem Feldzug gegen Frankreich 14,000 Mann zu Fuß und 2400 zu
Roß, welches Heer er und der Graf von Nassau anführten, und mit dem sie bis an die Grenzen der Champagne vordrangen, wo die Feste
Mézières Trotz bot.
Durch die Übermacht König Franz' sowie durch Seuchen und Mangel zum Rückzug genötigt, bewerkstelligten sie denselben mit
großer Meisterschaft. S. wandte nun seine ganze Thätigkeit wieder dem schon früher aufgenommenen Plan einer politisch-kirchlichen
Umgestaltung der deutschen Zustände zu, welche zunächst durch Abschaffung der geistlichen Fürstentümer und Erhebung der
Reichsritterschaft angebahnt werden sollte. Er stiftete im August 1522 einen Bund des oberrheinischen Adels, der ihn zum Hauptmann
erwählte, und wollte auch das Bürgertum zum Bund mit dem Adel gegen die Fürsten heranziehen. S. eröffnete den Kampf 27. Aug. 1522 mit
einem Fehdebrief und bald darauf mit einem Angriff gegen den Erzbischof zu Trier, Richard v. Greiffenklau,
einen heftigen Gegner der Reformation.
Mit 5000 Mann zu Fuß und 1500 Mann zu Roß brach S. ins triersche Gebiet ein, eroberte die Burg Blieskastel und die Stadt St.
Wendel und stand 7. Sept. vor Trier, mußte aber, da er auf unerwarteten tapfern Widerstand stieß, dessen
Belagerung 14. Sept. wieder aufheben. Mit diesem ersten mißlungenen Schlag war aber das ganze Unternehmen Sickingens vereitelt.
Die Reformatoren mißbilligten sein Unternehmen, die Stimmung des Volkes war nicht mit dem kühnen Ritter, dessen Zug
ihm nur als
eine gewöhnliche Fehde erschien.
Das Reichsregiment sprach über ihn die Acht aus, und die Fürsten von Hessen und Kurpfalz rüsteten ein
Heer. Obwohl von allen Freunden verlassen, fiel S. doch im Frühling 1523 ins pfälzische Gebiet ein. Ein Anschlag, sich der
Feste Lützelstein durch Überfall zu bemächtigen, mißlang aber, und bald ward er in seiner Feste Landstuhl von den
Fürsten belagert. Am 2. Mai 1523 durch eine Kugel in der Seite tödlich verwundet, ergab er sich 6. Mai starb 8. Mai, nachdem die Fürsten
in die eroberte Burg eingezogen waren. Sein Grab befindet sich in der katholischen Kirche zu Landstuhl. Pfingsten 1889 wurde ihm
und Hutten auf der Ebernburg ein prächtiges Denkmal errichtet. Hauptquelle für Sickingens Geschichte
ist die »Flersheimer Chronik« (hrsg. von O. Waltz, Leipz. 1874).
Vgl. Ulmann, Franz v. S. (Leipz. 1872);
Bremer, Franz v. Sickingens
Fehde gegen Trier (Straßb. 1885) - Sickingens Sohn Franz
mehr
Konrad von S. ward von Kaiser Maximilian H. in den Reichsfreiherrenstand und dessen Nachkommen 1773 von Kaiser Joseph II. in
den Reichsgrafenstand erhoben und 1791 in das schwäbische Grafenkollegium eingeführt.
Das Geschlecht teilte sich in mehrere
Linien, von denen aber nur die zu S. unmittelbare Güter in der Herrschaft Landstuhl besaß, die 1803 aufgegeben
werden mußten. Gegenwärtig blüht das Geschlecht nur noch in einer in Österreich und Schlesien begüterten katholischen Linie,
an deren Spitze Graf Joseph von S., geb. 9. Jan. 1833, steht.
Vgl. Hüll, F. v. Sickingens Nachkommen (Ludwigsh. 1887).