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im N., Zedern und Laubholz im Süden durchziehen die Steppen und bedecken die Berge. Im hohen Norden ist nur Moos anzutreffen, eine kümmerliche Weide für die Renntiere. Die Tierwelt ist vertreten durch das Elen, Hirscharten, Renntiere, wilde Ziegen, Bären, Wölfe, weiße und blaue Füchse, Zobel und andre Pelztiere; aber die Pelztiere nehmen mehr und mehr ab, während die reißenden Tiere (Bären, Wölfe, Luchse) zunehmen. Zum Jahrmarkt von Irbit wurden 1850 noch 108,000 Stück Hermeline und 43,600 Zobel gebracht, aber 1880 nur 24,000 Hermeline und 5150 Zobel. Die Flüsse enthalten erstaunliche Mengen verschiedener Arten von Fischen. Reste vorweltlicher Tiere, darunter die ihres Elfenbeins wegen gesuchten Mammutleichen, sind nur im höchsten Norden und auch dort schon selten anzutreffen. Die Mineralreichtümer sind außerordentlich groß, aber so wenig bekannt und so wenig ausgebeutet, daß man sie als unberührt betrachten kann. Gold erhält man als Berggold im Ural und durch Ausscheidung aus den goldhaltigen Silbererzen des Nertschinskischen Bezirks; der größte Teil aber wird als Waschgold aus dem Schwemmland gewonnen, welches sich bis ins Amurgebiet erstreckt. 1887 betrug die gesamte Goldgewinnung ca. 32,933 kg. An Silber (Tomsk u. Transbaikalien) wurden 1884: 11,000 kg im Wert von 2 Mill. Mk. gewonnen. Platin liefern Transbaikalien und Tomsk (1884: 3984 kg), Kupfer (1886 für 200,000 Rubel) Tomsk; Blei, aus dem das meiste Silber durch Ausscheidung in 7 Hütten mit 111 Öfen gewonnen wird, liefern aus 24 Gruben Tomsk und Transbaikalien, Eisenerze Irkutsk, Jenisseisk und Transbaikalien (1886 für 824,000 Rub. Gußeisen und Eisen), Kohlen Tomsk und das Küstengebiet sowie die Insel Sachalin. Salzsolen und Salzseen findet man in Tobolsk, Tomsk, Jenisseisk, Jakutsk, Transbaikalien. Salzsiedereien sind an verschiedenen Orten errichtet, die gesamte jährliche Produktion beträgt 24 Mill. kg. Graphit wurde 1847 im Felsengebirge Batugol, westlich von Irkutsk, durch Alibert entdeckt und ist von dort in großen Mengen auch nach Deutschland geliefert worden. Der Ackerbau ist mit Ausnahme der nördlichen Teile bis zum 57.° nördl. Br. überall verbreitet. Das Areal der bebauten Ländereien ist ein ungeheures. In Westsibirien allein stehen 4 Mill. Hektar unter Kultur; von anbaufähigen Ländereien sollen sich in Westsibirien 705,126 qkm, in Ostsibirien 1,720,420 qkm befinden. Als Getreidegrenze wird der 61.° nördl. Br. angegeben, doch kann an der Ostküste am Meer Getreide nicht unter 50° aufkommen. Den Export von Getreide über den Ural schätzt man auf 70 Mill. kg. Weizen und Roggen sind die Hauptfrucht, hier und da auch Hirse und Buchweizen; Gerste und Hafer werden seltener gebaut. Gartenbau ist nicht lohnend, Fruchtbäume zerstört der strenge Winter, doch bieten die Steppen einen Reichtum schmackhafter Beeren; Gemüse baut man auf offenem Felde. Die Viehzucht ist sehr bedeutend; auf Westsibirien entfallen 5½ Mill. Pferde, Rinder, Schafe und Schweine; Ostsibirien hat nach einigen doppelt soviel Vieh. Doch verwüsten die Viehseuchen oft ganze Gebiete; ganze Herden gehen auch an den Unbilden der Witterung zu Grunde. Die Industrie ist noch gering; 1880 hatte die industrielle Produktion einen Umsatz von 10,5 Mill. Rubel, davon entfällt weit über die Hälfte auf die Branntweinbrennereien, mehr als 7 Mill. Rub. in Westsibirien (1885: 33, in Ostsibirien 24 Etablissements); nächstdem sind wichtig die Gerbereien, Talgsiedereien; es bestanden aber nur 3 Eisengießereien und eine Tuchfabrik. Mit Ausnahme des Bergbaues und der Mühlen sind in Westsibirien 10,000 Menschen in der Industrie beschäftigt. An Steuerscheinen für die Berechtigung zum Betrieb von Handels- und Gewerbeetablissements wurden 1884 in den Gebietsteilen Jenisseisk, Transbaikalien, Irkutsk, Tobolsk und Tomsk erteilt in der ersten Gilde 580, in der zweiten Gilde 6771 und im Kleinhandel 15,442.
[Bevölkerung.]
Die Bevölkerung wird 1885 zu 4,313,680 Einw. angegeben (s. unten); doch beruht diese Angabe für große, dünn bevölkerte Landesstrecken auf unzuverlässigen Schätzungen. Dicht bevölkert ist nur der schmale Streifen europäischer Kultur an den Ausläufern der südlichen Gebirge; hier herrschen die Russen vor. Während auf das Quadratkilometer in Tobolsk 1, in Tomsk 1,4 Person kommt, finden wir im Gebiet Jakutsk nur 0,06, im Küstengebiet nur 0,04. Die Zahl aller Eheschließungen belief sich 1885 auf 32,095, der Gebornen auf 206,628, der Gestorbenen auf 139,054. Ethnographisch sind zu unterscheiden: Russen und ihre Nachkommen, die Sibirier, 2,8 Mill. (wovon 1,7 Mill. in Westsibirien), 208,000 Buräten, 80,000 Jakuten, 66,400 Tungusen, 62,000 Tataren, 25,000 Karakirgisen, je 24,000 Polen und Ostjaken, 19,000 Kalmücken, 13,500 Sojoten, 11,100 Juden, 10,000 Samojeden, 8500 Bucharen, 7000 Tschuktschen, 6000 Giljaken, 5000 Deutsche, je 4500 Wogulen und Korjäken, 3500 Koreaner, 3100 Chinesen, 3000 Aino, 2000 Kamtschadalen und je 1000 Jukagiren und Jenissei. Unter diesen Völkern finden wir alle Stufen von Kultur: Jagdvölker (Tungusen), Fischervölker (Ostjaken), Steppennomaden (Kirgisen) und angesiedelte Ackerbauer. Letztere sind für die Zukunft Sibiriens die wichtigsten; sie sind größtenteils eingewanderte Russen, und ihre Nachkommen stammen aus Ehen mit Russinnen wie mit Eingebornen. Den freien Ansiedlern folgten Zwangskolonisten und Sträflinge, als »Verschickte« zusammengefaßt, die bald in den Dörfern zerstreut, bald in geschlossenen Strafkolonien angesiedelt wurden. In den letzten Jahrzehnten gingen jährlich durchschnittlich 19,000 Personen (darunter mehrere tausend Kinder, die ihren Eltern folgten) nach S. in die Verbannung. Dem Strafzweck entsprach diese Strafart durchaus nicht; seit Erwerbung der Insel Sachalin im Ochotskischen Meer (1875) ist auch diese als Verbannungsort benutzt worden, aber mit ebensowenig Erfolg. Die Gesamtzahl der Deportierten beträgt 200,000, also 5,2 Proz. der Bevölkerung. Die Lage derselben ist meistens eine trostlose. Zwar gelangen manche zu Vermögen, dagegen werden die Verbannten nicht selten als Landstreicher zur drückenden Landplage; die Mehrzahl der Goldwäscher besteht aus ihnen. Der Sibirier (Sibiriake) ist eine zumeist aus freien Einwanderern und aus Verschickten aus den verschiedensten Teilen Rußlands durch Vermischung mit Eingebornen entstandene Nationalität, im Äußern dem Russen stark ähnelnd, in der Sprache russisch, jedoch im Dialekt dem Permischen sich nähernd. Leibeigenschaft kannte S. nie. Der Beschäftigung nach sind 9/10 der Sibirier Ackerbauer. Der einzelne Bauer hat keinen eignen Besitz, alles Land gehört der Krone; diese vergibt es an die Gemeinde, und diese teilt die Gemeindeflur jährlich nach der Ernte aus. Zum Häuserbau muß man in Dorf und Stadt den Grund von der Krone oder Gemeinde pachten; der Besitzer ist aber gehalten, den Bau auf Verlangen wieder fortzuräumen. Das Handwerk vertreten meist Russen und Deutsche. Kosakengemeinden trifft man überall an den Grenzen und unter den Eingebornen.
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Sie teilen das Gemeindeland wie die andern Bauern; statt Kopfgeldes leisten sie Kriegsdienste; in dem Tauschhandel mit Eingebornen erzielen sie hohen Gewinn. Der niedere Beamte ist Sibirier; die höhern Stellen sind in den Händen von Russen, die sich später wieder in ihre Heimat zurückziehen. Die Tagelöhner stellen die Eingebornen, das eigentliche Nomadentum wird mehr und mehr eingeengt und vom Kulturboden verdrängt. Häuser findet man nur in den Industrieorten, überall sonst dienen ärmliche Hütten als Wohnungen. Der Religion nach zählte man 3 Mill. Christen (2,9 Mill. Griechisch-Orthodoxe; die Bekehrung unter den Nomaden ist eine rein oberflächliche, auch haben die Missionen wenig Erfolg hinsichtlich der Zahl der Bekehrten aufzuweisen), ferner 61,083 Mohammedaner, 283,621 Buddhisten und Schamanen (die letztern in beständigem Abnehmen).
[Verwaltung.]
Für Zwecke der Verwaltung zerfällt S. in vier Gouvernements und vier Gebiete.
QKilometer | QMeilen | Bevölkerung 1885 | |
---|---|---|---|
Küstengebiet | 1896544 | 34443 | 101750 |
Amurgebiet | 449500 | 8163 | 62640 |
Gebiet Transbaikalien | 603228 | 10955 | 530896 |
= Generalgouv. Amur: | 2949272 | 53561 | 695286 |
Gouvernement Irkutsk | 784691 | 14251 | 408028 |
Gebiet Jakutsk | 3929194 | 71358 | 253834 |
Gouvernement Jenisseisk | 2571429 | 46700 | 447076 |
= Generalgouv. Irkutsk: | 7285314 | 132309 | 1108938 |
Gouvernement Tomsk | 847887 | 15398 | 1196064 |
" Tobolsk | 1374297 | 24958 | 1313392 |
= Westsibirien | 2222184 | 40356 | 2509456 |
Zusammen: | 12456770 | 226226 | 4313680 |
Die Insel Sachalin hat eine gesonderte Verwaltung. Westsibirien war früher ein Generalgouvernement, seit 1882 unterstehen die Gouvernements Tomsk und Tobolsk dem Ministerium des Innern direkt. In den Gebieten sind die Befugnisse der Verwaltungsbeamten größer als in den Gouvernements. Die 1864 für das europäische Rußland durchgeführte Justizreform ist bis jetzt nur für Westsibirien in Aussicht genommen; inzwischen ward aber durch Einsetzung von Untersuchungsrichtern und Erhöhung der Beamtengehalte den schreiendsten Mißbräuchen gesteuert. Die russische Städteordnung von 1870 ist in Tobolsk, Tomsk, Krassnojarsk und Irkutsk eingeführt. Die Einrichtungen für Schulwesen sind ungenügend, die Maßregeln der Regierung für Volksunterricht wurden nie ernstlich durchgeführt. Im ganzen gibt es (1885) 1251 Lehranstalten mit 41,237 Schülern, die kaum 2 Proz. der schulpflichtigen Kinder ausmachen sollen. Für Knaben gibt es 5 Gymnasien (Tomsk, Tobolsk, Omsk, Irkutsk u. Tjumen), 4 Progymnasien (Jenisseisk, Jakutsk, Blagoweschtschensk, Wladiwostok), 3 Realschulen und 9 Kirchenschulen, die zusammen von 3026 Schülern besucht werden. Für Mädchen gibt es 29 mittlere Lehranstalten mit 3589 Schülerinnen. Elementarschulen zählte man 1179 für beide Geschlechter mit 33,213 Lernenden, Fachschulen 22 mit 1409 Lernenden. In Tomsk ist 1887 eine Universität eröffnet worden. Von Zeitungen bestehen in den größern Städten offizielle Publikationen und 5 Privatzeitungen, öffentliche Bibliotheken, die aber kaum benutzt werden, an mehreren Orten. Auch bestehen seit einer Reihe von Jahren mehrere gelehrte Gesellschaften. Die kaiserliche Post erreicht alle Garnisonen, die entlegensten aber nur einmal im Jahr; im N. wird sie durch Hunde und Renntiere befördert. Eine Eisenbahn wurde 1885 von Jekaterinenburg nach Tjumen (342 km) vollendet. Mit der Ausarbeitung von Projekten für den Bau weiterer Bahnen ist man seit Jahren beschäftigt. Im Juli 1887 hat die Regierung Voruntersuchungen zu einer Eisenbahn von Tomsk nach Irkutsk (1200 km) und einer Bahn von Wladiwostok bis zum See Harki (400 km) ausführen lassen. Auch das Projekt zum Bau einer Ob-Eisenbahn (von Obdorsk an der Obmündung nordwestlich zum Waigatschmeer, 400 km) liegt der Regierung zur Bestätigung vor. Ein Projekt des Generals Skobelew endlich geht dahin, eine Eisenbahn herzustellen, welche Nordasien von W. nach O. durchschneidet und Orenburg über Tomsk, Irkutsk, Werchne-Udinsk, Kiachta und Urga mit Peking verbindet (im ganzen 5900 km). Da es bei diesem Plan wesentlich darauf ankommt, ob China geneigt ist, die Bahn durch die Mongolei fortzuführen, hat Skobelew noch ein andres Projekt, nämlich das einer Bahn von Orenburg nach Strjetensk an der Schilka, deren Länge 4878 km betragen würde, aufgestellt. Der Telegraph durchzieht seit 1871 S. seiner ganzen Länge nach und ist durch eine Landleitung bis Peking verlängert, durch ein Kabel auch mit Japan verbunden. Der Transitverkehr zwischen China und Europa hat seit Eröffnung Chinas für die Seeschiffe aller Nationen und Beseitigung des Handelsmonopols für Kiachta an Bedeutung verloren.
Für Sicherheit nach außen sorgen eine Postenkette von Kosaken längs der Grenze und kleine Garnisonen an den Hauptorten im Innern. Die Kosakentruppen bestehen im Frieden aus 30 Sotnien zu Pferde, 12 Sotnien zu Fuß und 2 Batterien mit 8 Geschützen und 7279 Kombattanten. Die Citadellen haben vielfach alte, unbrauchbare Kanonen. In Westsibirien bilden Linienregimenter, in Ostsibirien Lokaltruppen, zu Linienbataillonen formiert, die Besatzung. Die allgemeine Wehrpflicht gilt seit 1874 für den größern Teil der Gouvernements Tomsk, Tobolsk und Jenisseisk; die aus Rekruten dieser Gouvernements formierten Regimenter bilden einen Teil der Reichsarmee. Die Lokaltruppen dienen nach Art ihrer Obliegenheiten dem Zivilressort und verrichten den Sicherheitsdienst. Für Heranbildung von Offizieren sorgt ein Kadettenhaus in Omsk. Wladiwostok, das aber ungenügend befestigt ist, bildet die Station für die sibirische Flotte, welche aus 8 Kriegsdampfern mit 42 Geschützen, 13 nichtarmierten Dampfern und 6 Torpedofahrzeugen besteht.
[Geschichte.]
In alter Zeit war S. die Zufluchtsstätte der aus Innerasien verdrängten Völker. Der Pelzhandel wurde die Ursache, daß die Kaufleute aus der russischen Familie Stroganow, die zu beiden Seiten des Uralgebirges ein weites Gebiet zu Lehen hatten, es unternahmen, die 1555 vom sibirischen Nachbarfürsten Jediger abgegebene Erklärung seiner Ergebenheit an den Zaren Johann IV. zur Wahrheit zu machen, um sich vor den Mißhandlungen zu schützen, denen sie sich ausgesetzt sahen. In Verbindung mit dem Kosakenführer Jermak besiegten sie Kutschum, Jedigers Nachfolger; 1579 zog Jermak mit einem kleinen Häufchen Uralischer Kosaken über den Ural, aber zu schwach, sich zu behaupten, bot er Iwan dem Schrecklichen seine Eroberung, die dieser annahm. So kam S. unter die Herrscher Rußlands, welche von 1563 ab sich Zaren von S. nannten. 1590 wurde Tobolsk zur Hauptstadt der neuen, damals an 6000 QM. großen Provinz bestimmt; 1600 drangen die russischen Kosaken in das jetzige Ostsibirien vor und gründeten die Städte Turinsk (1600), Tomsk (1609), Kusnetsk und Jenisseisk (1617-18). 1620