nach Entdeckung derselben nach Amsterdam, wo er 2. Jan. 1683 starb. In dem parlamentarischen Kampf gegen die absolutistischen Bestrebungen
der Stuarts hat er sich, obwohl ein durchaus prinzipienloser Politiker und lediglich durch persönlichen Ehrgeiz geleitet, nichtsdestoweniger
hervorragende Verdienste erworben. Sein Leben beschrieben Christie (Lond. 1871, 2 Bde.),
welcher auch die »Memoirs, letters and speeches« Shaftesburys
(das. 1860) veröffentlichte, und Traill (das. 1886).
2) Anthony Ashley Cooper, dritter Graf von, philosoph. Schriftsteller, Enkel des vorigen, geb. 26. Febr. 1671 zu London, war von 1686 bis 1689 auf
Reisen in Frankreich und Italien, wo ihn die Künste fesselten, und Holland, wo er Bayles Bekanntschaft machte,
widmete sich wissenschaftlichen Beschäftigungen und trat dann ins Parlament, 1700 in das Oberhaus, wo er die Maßregeln des
Königs Wilhelm unterstützte, kehrte aber, mit der Politik der unter der Königin Anna das Ruder führenden Staatsmänner nicht
einverstanden, nach Holland, 1711 nach Italien zurück und starb im Februar 1713 in Neapel. S. trat dem Empirismus
seines Freundes Locke (s. d.) insofern entgegen, als er im Gegensatz zur Theorie der Selbstsucht das unmittelbare Wohlgefallen
am Guten zu wecken suchte, wodurch er der Stifter des sogen. moralischen Sensualismus und der schottischen Moralphilosophenschule
wurde. Seine Werke erschienen unter dem Titel: »Characteristics of men, manners, opinions and times«
(Lond. 1713, 3 Bde.; 1773, 3 Bde.;
neue Ausg. 1869). Außerdem gab er »Briefe über philosophische und theologische Gegenstände« (1716 u. 1721) heraus.
Die deutsche Übersetzung seiner »Philosophischen Werke« unternahmen Hölty und Benzler (Leipz. 1776-79, 3 Bde.).
Über die Philosophie Shaftesburys vgl. die Schriften von Spicker (Freiburg
1872),
Gizycki (Leipz. 1875) und Fowler
(»S. and Hutcheson«, Lond. 1882).
3) Anthony Ashley Cooper, siebenter Graf von, geb. 28. April 1801, machte sich im Unterhaus, dem er seit 1826, und im Oberhaus, dem er
seit 1851 angehörte, sowie als Leiter zahlreicher gemeinnütziger Anstalten um die Verbesserung der Lage
der Arbeiterklassen sehr verdient und galt auch in kirchlichen Fragen als Autorität. Er starb 1. Okt. 1885 in Folkestone. Sein
Leben beschrieb Hodder (Lond. 1886, 3 Bde.).
Seine »Speeches on claims and interests of labouring class« erschienen 1868.
(spr. schehkers, »Schüttler, Zitterer«, auch Shaking-Quakers), spiritualistische Sekte
in Nordamerika, die sich um 1747 zu Manchester von den Quäkern abzweigte, dann nach Nordamerika auswanderte und hier ihr eigentümliches
Gepräge besonders durch Anna Lee erhielt. Als die Tochter eines Grobschmieds 1736 zu Manchester geboren, hatte sich diese jung
mit dem trunksüchtigen Schmied Stanley verheiratet, ward infolge des Verlustes ihrer acht Kinder tiefsinnig
und hatte seit 1768 Visionen. 1774 ging sie nach Nordamerika, wo sie in der Nähe von Albany die erste Gemeinde der S. gründete.
Sie übernahm deren Leitung als »Mutter Anna«, gesellte sich sieben Älteste zu und führte Trennung der beiden Geschlechter
ein, da sie in der Ehe den Hauptgrund alles Verderbens fand. Die S. glauben, wie Christus der zweite Adam,
so sei Anna Lee die zweite Eva, gekommen, um nun auch das weibliche Geschlecht zu erlösen; sie wurden in ihrem Glauben auch nicht
irre, als die »Mutter«, obwohl sich dieselbe für unsterblich erklärt hatte, 1784 starb. Den Mittelpunkt
dieser
Gemeinden bildet der 1792 gegründete »Berg Libanon« im Staat Massachusetts. Um 1875 verteilten sich die S., etwa 2500 Seelen
stark, auf 58 »Familien« oder 18 »Gesellschaften«, die in sieben Staaten zerstreut waren.
Den charakteristischen Grundzug bildet das Cölibat, daher sich die Sekte lediglich durch Proselyten ergänzt. Dabei
herrscht völlige Gütergemeinschaft unter ihnen. Sie bilden vielleicht das einzige Beispiel dafür, daß sich eine solche
Einrichtung in ursprünglicher Strenge über ein Jahrhundert erhalten konnte. Eigentümlich sind ferner ihre tanzartigen Bewegungen
beim Gottesdienst, wovon sie ihren Namen haben. Das Glaubensbekenntnis der S. ist in dem »Testimony of Christ's second appearance«
enthalten.
Sie selbst nennen sich »die vereinigte Gesellschaft der an Christi zweite Erscheinung Gläubigen«. In der Verweigerung der Kriegsdienste
und des Eides, in der Verwerfung der Sakramente und in dem Glauben an unmittelbare Eingebungen des Heiligen Geistes stimmen sie
mit den Quäkern überein. Sie zeichnen sich durch Fleiß, Einfachheit der Lebensweise und im Verkehr durch
Redlichkeit aus. Die Werkstätten sind trefflich eingerichtet, und auf den Landbau wird eine geradezu beispiellose Sorgfalt
verwendet.
Vgl. Evans, Shaker's Compendium of the origin, history, principles etc. (New York 1856);
Nordhoff, The communistic
societies of the United States (Lond. 1875).
(auch Shakspeare und Shakspere geschrieben, spr. schéhkspir),
William, der größte dramat. Dichter Englands und einer der ersten Dramatiker aller Zeiten. Nur sehr spärliche Nachrichten
sind uns über das Leben dieses gewaltigen Genius überliefert worden; daß aber selbst diese dürftigen Notizen nur mit großer
Vorsicht aufzunehmen sind, leuchtet von selbst ein, wenn man weiß, daß erst 1709 in der vom Dichter
Rowe besorgten Ausgabe der Werke Shakespeares eine Biographie desselben sich findet.
Was ließ sich fast 100 Jahre nach dem Tod Shakespeares über dessen Lebensumstände wohl noch erforschen, zumal einerseits
die Familie des Dichters mit der Enkelin desselben ausgestorben war, anderseits in den Wirren der Bürgerkriege
unter Cromwell etwa noch vorhanden gewesenes Material seinen Untergang gefunden haben dürfte. Allerdings stützt sich Rowe auf
eine Schrift Aubreys von 1680, die indes sehr haltlos ist und aus dem pathetischen Charakter des Tragikers S. dessen Leben konstruiert.
Geboren ist S. im April 1564 in dem Landstädtchen Stratford on Avon in Warwickshire. Da es in jener Zeit
gebräuchlich war, daß die Taufe eines Kindes am dritten Tag nach der Geburt desselben stattfand, William aber 26. April (a. St.)
getauft worden ist, so wird der 23. April allgemein als Geburtstag Shakespeares angenommen. Sein Vater John S., der des Lesens nicht
kundig gewesen zu sein scheint, war nach einem Dokument von 1556 Handschuhmacher; doch wird er auch einmal
(1579) als Yeoman (Besitzer eines zinsfreien Gutes) bezeichnet.
Von seinen zwei Häusern in Stratford wird dasjenige in der Henleystraße von der Tradition das Geburtshaus des Dichters genannt.
John S. heiratete 1557 ein reiches Mädchen, Mary Arden, welchem ihr Vater die Farm Ashbyes, bestehend aus 56 Äckern,
zwei Häusern und Gärten, vermachte. So war John S. ein wohlhabender Mann; daß er in hohem Ansehen stand, erhellt daraus, daß
er auch einer der 14 Aldermen von Stratford war, ja sogar zum ersten Gerichtsamtmann (high bailiff) und
drei Jahre darauf (1571) zum ersten Alderman erwählt wurde. Das
mehr
erste Kind dieser Ehe war ein Mädchen, Jane, welches 1558 getauft wurde. Mit 1577 indessen scheint ein sehr merklicher Rückgang
im Wohlstand John Shakespeares eingetreten zu sein, da 1578 seine Farm als verpfändet bezeichnet wird. Die Verhältnisse wurden
mit den nächsten Jahren immer dürftiger: wir sehen den Vater des großen Dichters nicht nur seines Postens
als Alderman beraubt, er muß sogar ins Schuldgefängnis wandern, und nach Freilassung aus demselben 1592 heißt es (mit Bezug
auf die Bestimmung des englischen Rechts, daß niemand in seinem Hause schuldenhalber verhaftet werden durfte), daß er nicht
in die Kirche gekommen sei »aus Furcht vor einem Schuldprozeß«.
Aus diesen Einzelheiten ergibt sich, daß gerade die reifere Jugendzeit unsers Dichters, vom 14. Lebensjahr an, unter den
zerrütteten Vermögensverhältnissen der Eltern zu leiden gehabt haben wird: eine wohlabgeschlossene, gelehrte Schullaufbahn
machte er schwerlich durch. Im elterlichen Haus konnte er ferner keine Förderung in dieser Beziehung finden, da
auch seine Mutter, wie die meisten Frauen selbst der höhern Stände unter Elisabeth, nicht schreiben konnte.
Jedenfalls aber hat der Knabe William in der »freien Gelehrtenschule« (free grammar-school) Stratfords unentgeltlichen Unterricht
genossen. Wenn nun Ben Jonson in seinen »Unterhaltungen mit Drummond« sagt, S. habe wenig Latein und noch weniger Griechisch
verstanden, so ist einmal der verstimmte, herabsetzende Charakter, der fast alle Äußerungen Jonsons in jenen Unterhaltungen
kennzeichnet, ferner auch der Umstand zu erwägen, daß Jonson als gelehrter Kenner des Altertums einen sehr hohen Maßstab
anlegte, um aus jenen Worten nicht fälschlicherweise eine Stütze für die früher so verbreitete Meinung von
dem »ungelehrten« Dichter zu gewinnen. Wenn John Dryden (gest. 1700) und vor ihm John Milton dergleichen aussprachen und S. als
den »von Natur gelehrten« (»naturally learned«) bezeichneten, so kommt
dies einerseits daher, daß sie, in engherziger Klassizität befangen, S. als den »kunst- und regellosen Naturdichter« anzusehen
sich gewöhnten, und daß sie anderseits, wie Ben Jonson, ihren eignen Maßstab anlegten.
Gewiß hat S. bei seiner geistigen Begabung schnell genug Latein gelernt; er hat den lateinischen Tragiker Seneca wie die Komödiendichter
Plautus und Terenz ohne Zweifel im Original gelesen. Außer dem Lateinischen hat er Französisch und wohl auch Italienisch verstanden,
das damals in England und Frankreich ungleich mehr getrieben wurde als heutzutage. Dann ist wohl anzunehmen,
daß S. ab und zu in Stratford auftretende Schauspielertruppen frühzeitig kennen gelernt und vielleicht nicht ohne Einfluß
seiner häuslichen Verhältnisse gleichzeitig den Entschluß gefaßt hat, wie viele andre, als Schauspieler und Schauspielschreiber
in London sein Glück zu versuchen. So ist der 20jährige S. 1584 höchst wahrscheinlich noch in seinem
Geburtsort gewesen und hat wohl auch die im genannten Jahr dort spielenden Schauspieler der Königin sowie diejenigen der Grafen
Worcester und Essex zu sehen Gelegenheit gehabt.
Höchst auffallend aber ist es, daß er, noch bevor er das 19. Lebensjahr vollendet hatte, sich mit
der bereits 26jährigen Anna Hathaway verheiratete. Sechs Monate nach Schließung der Ehe, 26. Mai 1583, ward das erste Kind Shakespeares
getauft. Von der Mutter wissen wir übrigens nur, daß sie die Tochter eines Freisassen war, und daß sie ihren Mann um sieben
Jahre überlebt hat. Daß aber der junge S. ohne sein Weib Stratford verließ, spricht jedenfalls nicht
von großer Zärtlichkeit der Ehe, ebensowenig der andre Umstand, daß er in seinem Testament ihr nur das »zweitbeste« Bett
vermachte, während er das beste seiner Lieblingstochter Susanna zuwies. Übrigens wissen wir, daß S., der in London
sehr bald zu großem Wohlstand gelangte, seine Familie in Stratford häufig besuchte, daß er endlich seine letzten Lebensjahre
vollständig in seinem Geburtsort zubrachte.
Man hat nun wohl den Widerklang mancher trüben, ja selbstquälerischen Stimmung aus jenen jungen Jahren in den dem Geschmack
der Zeit huldigenden, nach Art der italienischen Concetti Wortspiel und Gesuchtheit liebenden »Sonetten«
Shakespeares entdecken wollen; indes ist es sehr bedenklich, jene durchaus lyrischen Produkte seines Geistes biographisch auszunutzen.
Wann übrigens S. nach London gegangen, ist auch nicht mit annähernder Genauigkeit zu bestimmen; wir wissen nicht, ob er im
März 1585, als ihm zu Stratford Zwillinge geboren wurden, noch dort verweilte.
In den Stratforder Aufenthalt aber würde noch die ebensoviel erwähnte wie wenig beglaubigte Wilddiebstahlsgeschichte und
der Vorfall mit Sir Thomas Lucy zu setzen sein. Die Sache wird zuerst von dem oben erwähnten Biographen Shakespeares, Nicol.
Rowe, erwähnt. Der junge S. soll nämlich besonders auf der Besitzung des Sir Thomas Lucy Wilddiebstahl
verübt und, von diesem gerichtlich verfolgt, sich durch ein Spottgedicht auf Sir Thomas gerächt haben. Es dürfte aber nicht
zu den sinnreichsten Einfällen Rowes gehören, wenn er hinzusetzt, daß jenes Spottgedicht Shakespeares erster poetischer
Versuch gewesen.
Und so wird denn auch von Malone, Knight u. a. die ganze Sache als unglaubwürdig dargestellt, während
sich allerdings neuere Kritiker, wie Halliwell und R. Geneé, zu der entgegengesetzten Annahme neigen. Man beruft sich nämlich
auf einen ältern Bericht über die Sache, der vom Pfarrer Davies aus dem Jahr 1690 herrührt. Indes beruht doch auch dieser Bericht
sicherlich nur auf mündlicher Tradition; auch die viel citierte Stelle in den »Lustigen Weibern von Windsor«
(I, 1),
wo Falstaff klagt, daß Sir Lucy »seine Leute geprügelt und sein Wild erlegt habe«, scheint uns ein dürftiger Beweis:
wie kleinlich wäre diese Rache des damals auf der Höhe seines Ruhms stehenden Dichters!
Noch weniger aber als diese Wilddiebstahlsgeschichte verdienen allerhand Anekdoten über Shakespeares
erstes Auftreten in London (das man ins Jahr 1586 zu setzen pflegt) eine eingehende Prüfung, wenngleich ein so ernsthafter
Mann wie Sam. Johnson dergleichen glaubwürdig zu machen versucht hat. Anderseits läßt sich nichts dagegen einwenden, wenn
Rowe sagt, daß S. nach seiner Ankunft in London einen niedern Rang eingenommen habe. Wenn man aber geglaubt
hat, über das Emporkommen Shakespeares in London durch gewisse Dokumente einen Anhaltspunkt zu besitzen, so müssen dieselben
nach Untersuchung gründlicher Forscher für unecht angesehen werden.
Wir meinen hiermit zunächst das Certifikat von 1589, in welchem Shakespeares Name in der Liste von 16 Schauspielern
des Blackfriarstheaters enthalten ist (vgl. Collier, New facts regarding the life of S., 1835; dagegen Halliwell, The life
of S., 1848, und Ingleby, Complete view of the S.-controversy, 1861, u. a.). Wir wissen nur, daß die Schauspieler von Blackfriars,
die sich seit 1587 des Lord-Kanzlers Diener nannten, den berühmten Richard Burbage, Shakespeares Landsmann
und nachmals genialen Darsteller Shakespearescher Rollen, zu den Ihrigen zählten.