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bestieg darauf den Thron von S.; er kämpfte mit den Griechen gegen die Türken, eroberte 1369 Thessalonich, verlor aber 1371 gegen den türkischen Sultan Murad I. an der Maritza Schlacht und Leben; sein Sohn Marko Kraljewitsch unterwarf sich den Siegern. Nun bestieg der Knes Lasar (Lazar) den Thron und vertrieb mit Hilfe der Bosnier und Albanesen die Türken, verlor aber gegen Murad durch die Verräterei seines Eidams Wuk Brankowitsch die Schlacht auf dem Amselfeld, auf der Hochebene von Pristina, und fiel im Kampf, mit ihm ein großer Teil des serbischen Adels.
Sultan Bajesid teilte das Land zwischen Lasars Sohn Stephan und Wuk Brankowitsch, die beide den Türken Tribut zahlen und Heeresfolge leisten mußten. Letzterm folgte 1425 sein Neffe Georg Brankowitsch in der Herrschaft, der ein Bündnis mit den Ungarn schloß und das türkische Joch abzuschütteln versuchte. Von Sultan Murad besiegt und vertrieben, erhielt er durch die Siege des Johannes Hunyadi und durch den Frieden von Szegedin 1444 sein Land zurück. 1458 überschwemmte Sultan Mohammed II. das Land von neuem und machte der Herrschaft der serbischen Fürsten ein Ende; eine Menge der angesehensten Familien wurde völlig ausgerottet, andre flüchteten sich nach Ungarn, 200,000 Menschen wurden als Sklaven weggeführt und das Land in eine türkische Provinz verwandelt. Manche Bojaren nahmen den Islam an. Da jedoch die Türken das Land stets nur militärisch besetzten und nie das Landbesitztum in Anspruch nahmen, so retteten die Serben die Eigentümlichkeit ihres Charakters, ihre Sprache und ihre Sitten und bewahrten sich, wenigstens der Mehrzahl nach, ihre Religion und die Erinnerung an ihre Heldenzeit.
Durch den Frieden von Poscharewatz kam S. mit dem Banat und dem größten Teil von Bosnien an Österreich; aber der Übermut der österreichischen Offiziere und Beamten erstickte die Sympathien für die christliche Herrschaft, und in dem für Karl VI. so unglücklichen Krieg von 1738 bis 1739 trugen die Serben sogar wesentlich zur Wiederherstellung des türkischen Regiments bei. Dieses lohnte aber durch die Grausamkeiten aufrührerischer Janitscharen ihre Anhänglichkeit so schlecht, daß zur Zeit des von Katharina II. und Joseph II. 1788-90 unternommenen Kriegs gegen die Türken die Serben sich für Österreich erhoben. 1804 veranlaßte der Druck, den die türkischen Befehlshaber und die Janitscharen ausübten, sogar einen Aufstand in S., an dessen Spitze der tapfere Czerny Georg (Karadjordje) stand.
Eine Reihe glücklicher Gefechte befreite das Land von den Janitscharen, und wurde Belgrad erstürmt. Die auf Czerny Georg eifersüchtigen Häuptlinge riefen Rußlands Einmischung in S. an. Dasselbe versprach den Serben seinen Schutz, wenn sie seine Oberherrschaft anerkennen würden. Dessen weigerte sich das freie Volk und schlug in den Feldzügen von 1809 und 1810 die von Osten und Westen über die Morawa und Drina vordringenden Türken fast ohne russische Unterstützung zurück.
Russische Ränke aber brachten es dahin, daß im Frieden von Bukarest nur nichtssagende Stipulationen für S.: allgemeine Amnestie, eigne innere Verwaltung, dagegen Tributpflichtigkeit und Übergabe der Festungen an den Sultan, enthalten waren. Anstatt der Amnestie gewährten die Türken Auswanderung aller Mißvergnügten; mit den Festungen forderten sie alle Waffen und Kriegsvorräte; außerdem verlangten sie Aufnahme der vertriebenen Osmanen und Wiedereinsetzung derselben in den alten Besitz.
Drei türkische Heere, die 1813 unter dem Oberbefehlshaber Khurschid Pascha auf drei Seiten über die Donau, Morawa und Drina in das Land einbrachen, unterstützten diese Forderungen. Czerny Georg ließ sich verleiten, seine Kräfte zu vereinzeln, und so wurden sie von den Türken nacheinander aufgerieben. Sein Übertritt auf österreichisches Gebiet hatte die völlige Auflösung der serbischen Streitmacht zur Folge. Nur Milosch Obrenowitsch setzte mit einer kleinen Schar 1815 den Kampf fort, und sein Sieg auf der Ebene der Matschwa über die unter Ali Pascha aus Bosnien eingedrungenen Türken entschied die Unabhängigkeit Serbiens.
Nachdem Czerny Georg bei seiner Rückkehr ins Land durch Meuchelmörder gefallen, ward Milosch Obrenowitsch zu Belgrad in einer Versammlung aller Knese und der vornehmsten Geistlichen des Landes zum Fürsten von S. ausgerufen und von den Türken anerkannt. Der türkisch-russische Vertrag von Akjerman (1826), welcher durch den Frieden von Adrianopel bestätigt wurde, verbürgte den Serben freie Wahl ihrer Oberhäupter, unabhängige Gerichtsbarkeit, vollkommen freie innere Verwaltung, eigne Erhebung der Steuern bei fest bestimmtem Tribut.
Durch Bestechung wußte sich Milosch in Konstantinopel einen Berat (Lehnsbrief) zu verschaffen, der ihn als erblichen Fürsten der Serben bestätigte. Die beiden Hattischerifs vom 6. Juni und erledigten die letzten mit der Pforte noch obschwebenden Differenzen, indem sie sechs von S. losgerissene Distrikte zurückgaben, den von S. an die Pforte zu zahlenden Tribut festsetzten und den Aufenthalt der Türken auf Belgrad beschränkten. Gestützt auf seine Momken (bewaffneten Begleiter), regierte Milosch fortan mit solcher grausamen Willkür, daß Anfang 1835 unter Führung der beiden angesehensten Serben, Avram Petroniewitsch und Thomas Wutschitsch, ein Aufstand ausbrach, infolge dessen sich Milosch 8. Febr. zur Anerkennung einer ihm vorgelegten Verfassung verstehen mußte.
Der Diwan ersetzte dieselbe jedoch durch das sogen. organische Statut (Ustav) von 1838, das weder die Volkswünsche noch den Fürsten befriedigte. An die Stelle der Volksversammlung trat jetzt ein Senat mit ausgedehnten Rechten. Milosch beschwor diese Verfassung, aber er hielt sie nicht, und als der Senat von ihm eine Rechnungsablage über Landesgelder verlangte, die er verschwendet hatte, schickte er seine Garden gegen denselben; doch mußten diese in der Nähe von Belgrad, bei dem Kloster Rakowitsch, vor Wutschitsch die Waffen strecken. Am dankte Milosch hierauf notgedrungen zu gunsten seines Sohns Milan ab, und am 15. verließ er mit seinem Sohn Michael das Land. Da Milan schon 8. Juli starb, ernannte die Pforte dessen Bruder Michael zum Nachfolger, setzte ihm aber eine Regentschaft zur Seite.
Fürst Michael bewies sich ebenso unfähig wie tyrannisch, und als er sich beigehen ließ, die Eichelmast zu besteuern, brach eine Volkserhebung der Nationalpartei aus, und Michael sah sich genötigt, mit seinem Gefolge auf österreichisches Gebiet überzutreten. Eine 14. Sept. bei Belgrad zusammenberufene Volksversammlung wählte darauf den Sohn Czerny Georgs, Alexander Karageorgiewitsch, einstimmig zum Fürsten, und 14. Nov. erhielt derselbe die Bestätigung von seiten der Pforte; doch gestand ihm dieselbe nur den Titel eines Basch-Beg, d. h. Oberherrn, zu und legte ihm mehrere mit den frühern Verträgen in Widerspruch stehende
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Beschränkungen auf. Unter der verständigen Regierung Alexanders wurde eine Reihe von Reformen ins Werk gesetzt, die ein gedeihliches Fortschreiten des innern Staatslebens zur Folge hatten.
Während S. seitdem in gewerblicher und nationalökonomischer Beziehung sich bedeutend hob, dauerten die Parteiungen im Innern fort und kamen Ende 1858 endlich zum Ausbruch. Die Skuptschina stellte 21. Dez. an den Fürsten Alexander, der sich durch seine Hinneigung zu Österreich und seine Friedensliebe verhaßt gemacht hatte, geradezu das Verlangen, abzudanken, und der Senat drang am 22. in ihn, dem Wunsch des Volkes nachzugeben. Als sich der Fürst unter Protest in die von den Türken besetzte Festung begab und sich hier unter den Schutz der Pforte stellte, erklärte ihn die Skuptschina als Flüchtling für abgesetzt und erhob den 80jährigen Milosch Obrenowitsch auf den serbischen Thron.
Auch der Senat stimmte nach anfänglichem Protest diesem Schritt bei. Am erklärte sich Alexander hierauf zur Abdankung bereit. Milosch ergriff von der Herrschaft Besitz und ward auch 12. Jan. von der Pforte bestätigt, starb aber schon und sein Sohn folgte ihm als Michael III. Die seit zu Kragujewatz tagende Skuptschina nahm ein ihr vorgelegtes neues Skuptschinagesetz, eine Reorganisation des Senats und der Militärverfassung und eine Steuerregulierung an, und der Senat erteilte den Vorlagen ebenfalls seine Zustimmung.
Die Organisation der Volksmiliz ward 1862 trotz türkisch-österreichisch-englischen Widerspruchs durchgeführt. Auch traten jetzt die Bestrebungen der Serben nach voller Unabhängigkeit von der Pforte immer offener hervor, und die Spannung zwischen Türken und Serben führte in Belgrad infolge des Streits eines Türken mit einem serbischen Knaben zu einem blutigen Auflauf. Die türkischen Thorwachen wurden nach der Festung zurückgedrängt, und deren Kommandant bombardierte 17. Juni die Stadt, ohne ihr indessen beträchtlichen Schaden zuzufügen. Am 18. Juni kam es zu einem Waffenstillstand.
Der Streit ward von den Mächten durch das Protokoll vom 4. Sept. so geschlichtet, daß die Türken alle Festungen außer Belgrad, Schabatz und Smederewo räumten. Damit waren die Serben, bei denen die Omladina (s. d.) die panslawistischen oder wenigstens großserbischen Gelüste nährte und steigerte, nicht zufrieden, und richtete Fürst Michael das Ansuchen um Räumung aller Festungen in S. nach Konstantinopel, indem er dieselbe als das einzige Mittel bezeichnete, um das Mißtrauen und die Aufregung aus S. zu bannen.
Die türkische Regierung konnte sich lange nicht dazu entschließen, Belgrad aufzugeben. Erst verstand sie sich auf Anraten Österreichs zur Räumung der serbischen Festungen und machte nur den einen Vorbehalt, daß auch in Zukunft auf der Citadelle von Belgrad die türkische Fahne neben der serbischen wehen sollte. Ende März ging der Fürst von S. sodann nach Konstantinopel, um die endgültigen Schritte in der Festungsfrage zu erwirken; 18. April erfolgte die feierliche Übergabe der vollständig armierten Festung Belgrad an S. Bis 6. Mai hatten die letzten Truppen der Türkei den serbischen Boden verlassen.
Trotz dieser Erfolge bildete sich gegen die Herrschaft der Obrenowitsch eine Verschwörung, welche von der Familie Karageorgiewitsch angestiftet wurde, und der sich einige mit der vorsichtigen Haltung der Regierung unzufriedene, panslawistisch gesinnte Serben anschlossen. Am wurde Fürst Michael im Park von Topschider ermordet. Das erste war, da bei der Kinderlosigkeit des Fürsten die Skuptschina über die Wahl eines Nachfolgers gehört werden mußte, die Einsetzung einer provisorischen Regierung, die Mobilisierung der Armee und die Proklamierung des Kriegszustandes in S. Im Volke gab sich alsbald eine große Erbitterung gegen die Mörder zu erkennen; die wegen mutmaßlicher Teilnahme an der That Verhafteten konnten nur mit Mühe vor der Bevölkerung geschützt werden.
Gerade der gewaltsame Versuch, die Obrenowitsch zu verdrängen, steigerte die Anhänglichkeit der Bevölkerung Serbiens an dieses Haus in hohem Grad, so daß die Skuptschina den einzigen noch lebenden Obrenowitsch, den 14jährigen Milan, als Milan IV. zum Nachfolger des Fürsten Michael ausrief. Die Großmächte sowohl als die Pforte stimmten dem bei. Der Minister des Innern, Miloikowitsch, übernahm mit dem Justizminister die Vormundschaft über den jungen Fürsten, während die Regentschaft aus Blatznawatsch, Ristitsch und dem Senator Gawrikowitsch ^[richtig: Gawrilowitsch (= Jovan Gavrilovic, 1796-1877)] bestand. Doch war die Macht der Regierung gering, und die Parteien bekämpften sich hartnäckig in der Skuptschina und in der Presse; fortwährend wechselten die Ministerien, auch nachdem Milan selbst die Regierung übernommen.
Gleichzeitig mit dem Aufstand in der Herzegowina begann die Omladina wieder ihre panslawistischen Agitationen mit durchschlagendem Erfolg, gewann den Minister Ristitsch für sich und erlangte die Zusicherung russischer Hilfe. Hierauf eröffnete S. den Krieg mit der Türkei, der ihm Bosnien, Milan die Königskrone verschaffen sollte. Rußland schickte auch Geld und zahlreiche Freiwillige; die serbische Armee ward unter Befehl des russischen Generals Tschernajew gestellt, zeigte sich aber der Aufgabe nicht gewachsen.
Die Serben wurden vom türkischen Gebiet wieder verdrängt; im Thal der Morawa bei Alexinatz kam es im September und Oktober zu heftigen Kämpfen, die Ende Oktober mit der völligen Niederlage der Serben endeten. Die Eroberung des Landes durch die Sieger wurde nur durch den Einspruch Rußlands verhindert, das der Türkei einen Waffenstillstand (1. Nov.) aufnötigte. Am wurde zwischen der Türkei und S. der Friede abgeschlossen und der Stand der Dinge vor dem Krieg hergestellt. Beim Ausbruch des russisch-türkischen Kriegs im April 1877 traf S. sofort wieder Anstalten zum Beginn des Kriegs. Doch der ungünstige Verlauf des russischen Feldzugs im Sommer bewog es zu einer beobachtenden Haltung, bis der Fall von Plewna (10. Dez.) die Serben ermutigte, in Bulgarien einzufallen, wo sie im Januar 1878 Nisch eroberten. Im Frieden von Santo Stefano erlangte S. nicht bloß die Anerkennung seiner Unabhängigkeit, sondern auch eine beträchtliche Gebietserweiterung, welche durch den Berliner Kongreß, auf dem S. durch Ristitsch vertreten war, sogar noch vergrößert wurde, nämlich die Gebiete von Nisch, Pirot und Leskowatz; doch mußte es unbedingte Gleichheit aller Konfessionen zugestehen sowie einen entsprechenden Teil der türkischen Staatsschuld übernehmen und in die Verpflichtungen eintreten, welche die Pforte in Bezug auf Eisenbahnbau Österreich gegenüber eingegangen war. Am ward die serbische Unabhängigkeit proklamiert, und Milan nahm als souveräner Fürst den Titel »Hoheit« an.
Dieser glänzende Erfolg, der zu den militärischen Leistungen der Serben in grellem Widerspruch stand, steigerte das Ansehen und den Einfluß der von Ristitsch geleiteten russenfreundlichen chauvinistischen
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Partei. Daß Österreich Bosnien besetzte und in Novipasar einrückte, wodurch es auch im W. und Süden Serbiens Grenznachbar wurde, reizte diese Partei nur zu größerer Feindseligkeit gegen den Nachbarstaat auf. Ristitsch verschleppte die Ausführung des in Berlin 1878 mit Österreich-Ungarn geschlossenen Vertrags über den Bau der von der Türkei versprochenen Eisenbahnen in S. und weigerte sich bei den Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag, das Anrecht Österreichs auf den Fuß der meistbegünstigten Nationen anzuerkennen.
Dagegen wurde in aller Eile eine Armeereorganisation durchgeführt, welche die serbische Wehrkraft im Kriegsfall auf vier Armeekorps erhöhte, und Ristitsch und seine Partei zeigten die Absicht, unter dem Schutz Rußlands und Englands im Bund mit Bulgarien und Montenegro angriffsweise gegen die Stellung Österreichs auf der Balkanhalbinsel vorzugehen. Eine energische Note Österreichs vom bewog jedoch Ristitsch, seine Entlassung zu nehmen. Das neue fortschrittliche österreichfreundliche Ministerium Pirotschanaz, das auch in der Skuptschina durch Neuwahlen die Majorität erlangte, brachte den Handelsvertrag mit Österreich 1881 zum Abschluß und traf mit einer französischen Bank ein Abkommen über die Lieferung des Geldes für die Eisenbahnbauten, deren Beginn allerdings durch den Bankrott der Bank (der Union générale von Bontoux) verzögert wurde.
Dafür gab Österreich seine Zustimmung dazu, daß Fürst Milan als Milan I. den Königstitel annahm und S. als Königreich proklamiert wurde. Ein Aufstand der Radikalen wurde im Oktober 1883 mit blutiger Strenge unterdrückt, und als im Februar 1884 Pirotschanaz zurücktrat, folgte ihm der ebenfalls fortschrittliche Garaschanin. Dieser glaubte einen großen Erfolg zu erzielen, indem er den Aufstand in Ostrumelien und dessen Vereinigung mit Bulgarien (September 1885) zum Anlaß nahm, um den Krieg an Bulgarien zu erklären.
Die serbische Armee, 43,000 Mann stark, überschritt unter dem Oberbefehl des Königs selbst 14. Nov. Die bulgarische Grenze, um auf Sofia zu marschieren, wurde aber 18. und 19. Nov. bei Sliwnitza von den Bulgaren unter dem Fürsten Alexander besiegt und auf dem Rückzug 27. Nov. bei Pirot nochmals entscheidend geschlagen. Dem weitern Vordringen der Bulgaren setzte der Einspruch Österreichs ein Ziel, und 21. Dez. wurde ein Waffenstillstand, zu Bukarest der Friede geschlossen, der den Stand der Dinge vor dem Krieg herstellte.
Weniger dieser Mißerfolg als die leichtsinnige Finanzwirtschaft des Ministeriums Garaschanin, das S. mit Schulden belastete und ganz in Abhängigkeit von Wiener Geldinstituten brachte, war die Ursache seines Sturzes worauf Ristitsch ein liberal-radikales und, als dieses sich mit der radikalen Mehrheit der Skuptschina nicht verständigen konnte, Gruitsch Ende 1887 ein radikales Kabinett bildete. Da dieses aber nicht verhinderte, daß die Skuptschina eine beträchtliche Verminderung des Heers und neue Zölle beschloß, die dem Vertrag mit Österreich entgegen waren, so wurde es im April 1888 entlassen und Christitsch zum Präsidenten eines energischen Beamtenministeriums ernannt.
Die unaufhörlichen Wühlereien der ehrgeizigen Parteiführer erhielten neue Nahrung durch den Zwist des Königs mit seiner Gemahlin Natalie Keschko, welche als geborne Russin Ränke zu gunsten Rußlands gesponnen hatte. Nachdem die Ehe des Königs durch den Metropoliten getrennt worden, berief Milan, um die Stellung seiner Dynastie zu befestigen, einen aus allen Parteien gebildeten Nationalausschuß, welcher eine neue Verfassung ausarbeitete. Darauf wurde eine große Skuptschina gewählt, die, obwohl weit überwiegend aus Radikalen bestehend, dennoch die Verfassung annahm, welche nun verkündet wurde.
Dieselbe räumte dem Volk wichtige Rechte ein, bestimmte aber auch die Stellung und die Machtbefugnisse der Krone genauer. Nachdem dies geregelt war, erklärte König Milan am Jahrestag der Erhebung Serbiens zum Königreich und dem 500. Jahrestag der Schlacht von Kossowa, unerwarteterweise seine Abdankung und proklamierte seinen einzigen Sohn als König Alexander I. Teils Überdruß an dem unfruchtbaren Parteitreiben in S., teils Privatverhältnisse veranlaßten den nervös überreizten König zu diesem Entschluß. Da der neue König (geb. noch unmündig war, so ernannte Milan eine Regentschaft, die aus Ristitsch, Protitsch und Belimarkovitsch bestand. Diese beauftragte den Führer der Radikalen, Tauschanovitsch, mit der Bildung eines neuen Kabinetts, welches überwiegend aus Radikalen bestand, und stellte sich die Versöhnung der Parteien, die Regelung der Finanzen und die Förderung des Wohls des Volkes zur Aufgabe; die von Milan befolgte auswärtige Politik versprach sie nicht zu ändern. König Milan begab sich auf Reisen.
Vgl. Kanitz, S., historisch-ethnographische Reisestudien (Leipz. 1868) und andre Werke des Verfassers; Milicevic ^[Milićević], Das Fürstentum S. (Belgr. 1876), Derselbe, Das Königreich S. (das. 1884) und V. Karić, S. (das. 1888), alle in serbischer Sprache; Vilovsky, Die Serben im südlichen Ungarn etc. (Teschen 1884);
Zujovič, Geologische Übersicht des Königreichs S. (Wien 1886);
Gopčević, S. und die Serben (Leipz. 1888);
»Spezialkarte vom serbischen Generalstab, 1:75,000« (bisher 32 Sektionen erschienen).
Zur Geschichte: Ranke, S. und die Türkei im 19. Jahrhundert (Leipz. 1879);
Sor, Serbiens Freiheitskrieg (a. d. Franz., das. 1845);
Cunibert, Les révolutions et l'indépendance de la Serbie depuis 1804 (Par. 1850-55, 2 Bde.);
Hilferding, Geschichte der Serben und Bulgaren (a. d. Russ., Bautzen 1856-1864, 2 Bde., betrifft nur die ältere Periode);
Mijatorics, History of modern Servia (Lond. 1872);
Kallay, Geschichte der Serben (Pest 1877, Bd. 1);
Schwicker, Politische Geschichte der Serben in Ungarn (das. 1880);
Möller, Der serbisch-bulgarische Krieg 1885 (Hannov. 1888).