Gewöhnlich wurden zwei
Missi, ein weltlicher und ein geistlicher, abgeordnet; seit 812 waren sie verpflichtet, alljährlich
vier Gerichtssitzungen abzuhalten. Auch im langobardischen
Reich bestand diese Einrichtung seit der Unterwerfung durch
Karl
d. Gr. Das
Institut der S. bestand bis zu Ende des 9. Jahrh.
Vgl.
Waitz, Deutsche
[* 2] Verfassungsgeschichte, Bd. 3 und 4.
(spr. ssön-bjeh),Jean, Naturforscher und Bibliograph, geb. zu Genf,
[* 7] studierte
Theologie, ward 1765
Prediger
in seiner Vaterstadt, 1769
Prediger zu Chancy und 1773 Oberbibliothekar der Stadt
Genf. Die
Revolution in Genf
veranlaßte ihn, sich
in das Waadtland zurückzuziehen; doch kehrte er 1799 in seine Vaterstadt zurück, wo er starb.
S. begründete seinen
Ruf als Naturforscher durch die klassische Preisschrift über naturwissenschaftliche
Beobachtungen (1769),
die in 3.
Auflage als »Essai sur l'art d'observer et de faire des expériences«
(Genf
1802, 3 Bde.) erschien, beschäftigte sich dann
hauptsächlich mit
Pflanzenphysiologie und bahnte hier einen bedeutenden Fortschritt an, indem er das
Prinzip betonte, daß
die Ernährungsvorgänge nach den allgemeinen
Gesetzen der
Chemie beurteilt werden müßten.
Von seinen
Schriften sind hervorzuheben: »Mémoires physico-chimiques sur l'influence de la lumière solaire pour modifier
les êtres des trois règnes de la nature« (Genf
1782, 3 Bde.);
»Rapport de l'air atmosphérique avec les êtres organisés« (das. 1807, 3 Bde.);
Fluß im nordamerikan.
StaatNew York, entsteht im 60 km langen, 166 qkm großen Senecasee, durchströmt das
Nordende des 58 km langen Cayugasees, empfängt aus W. den aus dem Canandaiguasee kommenden
Clyde, weiterhin den Abfluß des
Onondagasees u. vereinigt sich schließlich mit dem Oneida zumOswego, der in den
Ontariosee mündet.
1)
MarcusAnnäus, der
Rhetor, geboren zu Corduba in
Spanien,
[* 8] studierte unter
Augustus zu
Rom,
[* 9] wo er mit den berühmtesten
Rednern und
Rhetoren verkehrte, kehrte dann nach
Spanien zurück und starb hier in hohem
Alter um 37
n. Chr. Als
Greis verfaßte
er für seine
Söhne, allein auf sein wunderbares
Gedächtnis gestützt, eine Sammlung von Schulthemen,
wie sie in seiner Studienzeit von den namhaftesten
Rhetoren in
Rom behandelt worden waren, unter dem
Titel: »Oratorum et rhetorum
sententiae, divisiones, colores«, enthaltend 7 sogen. Suasoriae
in einem
Buch und 35 Controversiae in 10
Büchern, von denen
wir jedoch nur noch Bd. 1-2, 7-10 und einen
Auszug des Ganzen aus dem 4. oder 5. Jahrh. besitzen.
Ausgaben liegen vor von
Gronov
(Leiden
[* 10] 1649, 3 Bde.; Amsterd.
1672),
Bursian (Leipz. 1857), Kießling (das. 1872) und H. J.
^[HermannJohannes]
Müller
(Prag
[* 11] 1887).
Nach der Thronbesteigung seines Zöglings (54) blieb er in der nächsten Umgebung desselben und übte einen heilsamen Einfluß
auf den jungen
Fürsten aus, der ihn außer andern Bezeigungen seiner Dankbarkeit durch die
Übertragung
des
Konsulats (57) auszeichnete.
Intrigen seiner Gegner zerstörten das gute Einvernehmen mit
Nero und bewogen ihn, sich vom
Hof
[* 13] und der
Öffentlichkeit ganz zurückzuziehen (62). Unter dem Vorgeben der
Teilnahme an der
Verschwörung des
Piso verurteilt,
ließ er sich, da ihm die Todesart freigestellt war, die
Adern öffnen und, da dieses
Mittel nicht schnell
genug wirkte, in einem
Dampfbad ersticken (65). Er ist nach
Cicero der bedeutendste philosophische und überhaupt einer der
geistreichsten und originellsten Schriftsteller der
Römer.
[* 14]
Von seinen zahlreichen prosaischen
Schriften sind erhalten:
1) eine unter dem
Namen »Dialogi« überlieferte Sammlung, enthaltend die Abhandlungen:
»De providentia«,
»De constantia sapientis«,
»De ira« (3
Bücher),
»Ad Marciam de consolatione«,
»De vita beata«,
»De otio«,
»De tranquillitate animi«,
»De brevitate vitae«,
»Ad Polybium de consolatione«,
»Ad Helviam matrem de consolatione«
(Ausg. von
Koch-Vahlen, Berl. 1878; von Gertz, Kopenh. 1886);
2)
»De clementia«, 2
Bücher (an
Nero gerichtet bald nach seinem Regierungsantritt);
4) »Epistulae morales ad Lucilium«, 124
Briefe über philosophische Gegenstände verschiedener Art (hrsg. in 20
Büchern von
Schweighäuser, Straßb. 1809);
5) »Quaestiones naturales«, 7
Bücher über naturwissenschaftliche Gegenstände, das erste und einzige physikalische Lehrbuch
der römischen Litteratur, hauptsächlich aus stoischen
Quellen geschöpft, im
Mittelalter lange als Hauptquelle
der
Physik benutzt;
eine bittere
Satire auf den verstorbenen
KaiserClaudius (hrsg. von
Bücheler, Berl. 1882),
nach Art der Menippeischen
Satire des
VarroProsa mit
Versen wechselnd. Neuere Gesamtausgaben der prosaischenSchriften
lieferten Fickert (Leipz. 1842-45, 3 Bde.),
Haase (das. 1852-53, 3 Bde.);
Übersetzungen:
Moser, Pauly und Haakh (Stuttg. 1828, 17 Bde.)
sowie
Forbiger (Auswahl, das. 1867, 4 Bde.).
S. zeigt in seinen
Schriften lebhafte
Einbildungskraft, gebildetes
Urteil, edles
Gefühl und eine tiefe Kenntnis des menschlichen
Herzens. Die
Darstellung ist eindringlich und beredt, aber bisweilen etwas gesucht, dabei voll von
Antithesen.
Als
Philosoph ist
S. ein eklektischer
Stoiker zu nennen; bisweilen verrät er eine
Tendenz, den
Stoizismus und Epikureismus in
höherer
Einheit zu vermitteln.
¶
»Phaedra«,
»Oedipus«, »Troades«,
»Medea«, »Agamemno«, »Hercules Oetaus« und die Prätexta »Octavia« (hrsg. von Peiper und Richter, Leipz. 1867; von Leo, Berl. 1878-79, 2 Bde.;
übersetzt von Swoboda, Prag 1828-30, 3 Bde.), von denen die letzte ihm sicher nicht
angehört, die Echtheit der übrigen jedoch zu bezweifeln, wie vielfach geschehen ist, kein Grund vorliegt. Stoff und Form
derselben sind griechisch; in der Form gibt sich selbst ein Bestreben kund, die Griechen zu überbieten, daher oft Schwulst
und Überladung, oft gesuchte Kürze und Dunkelheit, oft geradezu Unnatur.