bei den Römern Personifikation der Sicherheit, namentlich des Staats (S. populi romani);
meist dargestellt
als sitzende Matrone, in der Linken mit der Lanze bewaffnet, während ihr Haupt in der Rechten ruht, oder den Arm (als Zeichen
der Ruhe und Sicherheit) über das Haupt schlagend.
(spr. ssödähn), Michel Jean, franz. Bühnendichter, geb. zu Paris, wurde durch
die Not getrieben, sich als Maurer zu verdingen, erregte aber die Aufmerksamkeit seines Brotherrn, eines Baumeisters, der ihn
unter seine Schüler aufnahm und ihm die Erziehung seines Enkels (des späterhin berühmten Malers David) übertrug. Nach einigen
kleinern dichterischen Versuchen (am besten ist »Épître à mon habit«),
die er in zwei Sammlungen (1752 und 1760) herausgab, wandte er sich der Oper zu, in welcher damals, im Gegensatz zu den strengen
Regeln der klassischen Oper des 17. Jahrh., die italienische Musik, das dramatische Singspiel, zur Geltung kam. Er starb S.
gilt für den Begründer der komischen Oper. Von seinen Texten, zu denen Philidor, Monsigny und Grétry die Musik schrieben, sind
am bekanntesten: »Le diable à quatre«, »Le roi et le fermier«, »Rose et Colas«, »Aucassin et Nicolette«, »Richard Cœur de Lion«,
»Aline, reine de Golconde«, »Guillaume Tell«.
Größern Wert haben seine beiden Lustspiele, welche sich auf dem Repertoire des Théâtre-Français erhalten
haben, und die ihm einen Sitz in der Akademie eintrugen (1786): »Le philosophie sans le savoir« (1765) und
»La gageure imprévue« (1768). In ihnen tritt S. in bewußten Gegensatz zu dem raffinierten Geschmack seiner Zeit und weiß
durch liebenswürdige Natürlichkeit und schlichte Einfachheit in Form und Inhalt die Herzen der Zuschauer
sich zu gewinnen. Seine »Œuvres choisies« sind öfter herausgegeben (z. B. von Auger, mit Einleitung, Par. 1813, 3 Bde., u.
1888). Vgl. Gisi, Sedaine (Berl. 1883).
Hauptstadt der Grafschaft Pettis im nordamerikan. Staat Missouri, zwischen Jefferson City und
Kansas City, inmitten einer fruchtbaren Prärie, mit Kohlengruben und (1880) 9561 Einw.
[* ] (spr. ssedang), Arrondissementshauptstadt im franz.
Departement Ardennen, an der Maas und den Eisenbahnen Mézières-Longuyon und S.-Verdun, früher wichtige Grenzfestung gegen Belgien
und Deutschland, von der aber nur noch die Citadelle erhalten bleibt, hat eine reformierte Konsistorialkirche,
mehrere kath. Kirchen und eine Synagoge, ein Zivil- und Militärspital, ein Waisenhaus und (1886) 16,609 Einw.
S. ist die industriellste Stadt des Departements.
Eines europäischen Rufs erfreut sich die Tuchfabrikation, welche in der Stadt und Umgebung zahlreiche Etablissements für
Spinnerei, Weberei, Färberei und Appretur beschäftigt und feine Tuche (in neuerer Zeit vorzüglich Modestoffe)
liefert. Von Bedeutung sind außerdem metallurgische Werkstätten, die Fabrikation von Kriegsmaterial etc.
sowie der Handel, insbesondere mit Schafwolle. S. hat ein Collège, eine Gewerbeschule, 2 Bibliotheken, eine Filiale der Bank von
Frankreich und ist Sitz eines Handelsgerichts und eines Hauptzollamtes. Es war die Hauptstadt der unabhängigen Herzöge
von Bouillon und kam erst 1642 an Frankreich. Von Protestanten bewohnt und Sitz einer protestantischen Universität, verödete
es nach Aufhebung des Edikts von Nantes für lange Zeit. Hier wurden Turenne, Bruder des letzten Herzogs von Bouillon, und Macdonald
geboren. - S. kommt zuerst in Urkunden von 1259 als Besitztum der
Äbte von Mouzon vor. 1424 kaufte es Graf
Eberhard v. d. Mark und machte es zum Hauptort eines Fürstentums.
Graf Robert führte in S. die Reformation ein. Durch seine Schwester und Erbin Charlotte kam es 1591 als Mitgift in den Besitz der
französischen Familie Turenne, 1642 zog es Richelieu zu gunsten der französischen Krone ein, da der Besitzer,
der Herzog von Bouillon, an der Verschwörung von Cinq-Mars teilgenommen hatte. Am mußte sich die Citadelle nach fast
dreimonatlicher Belagerung den Hessen ergeben, und bis zum November 1816 blieb dann S. von den Preußen besetzt. Im letzten
deutsch-französischen Krieg hier die große Entscheidungsschlacht, welche das Napoleonische
Kaisertum stürzte (s. unten). Aus der Reihe der Kriegsplätze wurde S. durch Gesetz vom gestrichen und die Schleifung
der Festungswerke innerhalb der nächsten Jahre bestimmt.
[Schlacht bei S.]
Nachdem durch die geschickten Bewegungen der deutschen Heere und durch glückliche Gefechte,
namentlich die Schlacht bei Beaumont (30. Aug.), die französische Armee unter Mac Mahon auf ihrem vergeblichen Marsch zum Entsatz von
Metz auf das rechte Maasufer bei S. zurückgedrängt worden war, befahl das große deutsche Hauptquartier am Abend des der
dritten Armee, noch in der Nacht einige Heeresteile unterhalb S. auf das rechte Maasufer vorzuschieben
und den Franzosen den Weg nach Mézières zu verlegen, während gleichzeitig die Maasarmee von Osten her angreifen und durch
Umfassung ihrer Stellung im Norden ihnen auch ein Ausweichen über die belgische Grenze verwehren sollte. Die Schlacht begannen
die Bayern, indem die Infanterie ihres ersten Korps 1. Sept. 4 Uhr früh auf der Eisenbahnbrücke und einer Pontonbrücke
die Maas überschritt und Bazeilles angriff, um welches sich nun ein erbitterter Kampf mit der französischen Marineinfanterie
entspann. Nicht viel später trat der Kronprinz von Sachsen mit dem 12. Korps bei La Moncelle und Daigny
gegen das 1. französische Korps ins Gefecht und setzte sich mit den Bayern in Bazeilles in Verbindung. Hier, bei La Moncelle,
wurde Mac Mahon um 6 Uhr durch einen Granatsplitter verwundet. Er verließ das Schlachtfeld und bestimmte Ducrot zu seinem Nachfolger
im Oberbefehl, der ihn 7 Uhr übernahm und sofort den Rückzug auf Mézières anordnete; um diesen zu erleichtern,
sollten die Divisionen Lacretelle auf La Moncelle und Vassoigne bei Bazeilles einen kräftigen Vorstoß machen. Obwohl inzwischen
Wimpffen als älterer General den Oberbefehl übernahm und den Rückzug einstellte, so fand der Vorstoß doch statt und hatte
anfangs Erfolg. Indes durch neue Truppen verstärkt, behaupteten die Sachsen und Bayern La Moncelle, eroberten
auch den westlichen Höhenzug und setzten sich nach siebenstündigem blutigen Kampf gegen 11 Uhr auch in den Besitz von ganz
Bazeilles, während der rechte Flügel der Sachsen die Franzosen auf das westliche Givonneufer zurücktrieb und die preußische
Garde das obere Givonnethal nahm und den Franzosen den Weg nach Osten vollständig verlegte. Hierauf beschloß
der Kronprinz von Sachsen, sich nach Nordwesten zu schieben, das Gehölz von Garenne zu besetzen und im Norden von S. der dritten
Armee die Hand zu reichen.
Inzwischen hatte auch der Kampf im Südwesten und Westen begonnen. Während das 2. bayrische Korps teils
auf das rechte Maasufer vorging, um das 1. bei Bazeilles zu unterstützen, teils die wichtige und starke Stellung zwischen
Frénois und
mehr
Wadelincourt gegen einen etwanigen Durchbruchsversuch von S. über Torcy besetzte, erhielten das 11. und 5. Korps den Befehl,
bei Donchéry die Maas zu überschreiten und, den weit nach Norden vorspringenden Bogen derselben bei Iges umgehend, auf St.-Menges
u. Fleigneux vorzurücken, um den Feind von Westen her anzugreifen und eine Vereinigung mit der Maasarmee
im Norden von S. zu suchen. Der Marsch der beiden Korps wurde durch die Enge des Terrains etwas verzögert, und durch das Ineinanderschieben
der Truppen wurden einige Teile des 11. Korps mehrere Stunden aufgehalten.
St.-Menges wurde von der Avantgarde des 11. Korps mit leichter Mühe genommen; auch Floing wurde unter dem
Schutz der weit vorgedrungenen Artillerie zum Teil erobert und behauptet. Ein Angriff französischer Reiterei unter General Gallifet
auf das 87. Regiment wurde zurückgewiesen, welches darauf die Höhen zwischen Fleigneux und Illy bis an die Givonne hin besetzte. 24 preußische
Batterien bildeten um Mittag im Norden der Franzosen eine mächtige Feuerlinie von Floing bis an den Ardennenwald,
während auf den Höhen jenseit der Givonne die Gardeartillerie in Thätigkeit war; ihr Kreuzfeuer richtete sich gegen die
Stellungen der Franzosen auf dem Plateau von Illy und im Garennegehölz.
Die Franzosen machten nun einen Gegenangriff auf Floing, und um dieses Dorf entspann sich ein heftiger,
verlustreicher Kampf (in dem der Kommandeur des 11. Korps, General v. Gersdorff, fiel), der aber mit der völligen Vertreibung
der Franzosen aus Floing endete. Um 2 Uhr verloren die Franzosen auch den Calvaire d'Illy, wobei bereits scharenweise Gefangene
gemacht wurden, und nachdem ein
kühner Angriff der französischen Kavalleriedivision Marguerite zurückgeworfen
war, wurde von der 22. und 10. Division die Höhe zwischen Floing und Cazal erstürmt.
Der französische Oberbefehlshaber Wimpffen hatte jetzt die Überzeugung gewonnen, daß er seine Stellung um S. nicht behaupten
könne, und den Entschluß gefaßt, durch die, wie er meinte, erschöpften Bayern bei Bazeilles und La
Moncelle mit allen verfügbaren Truppen des 1., 5. und 12. Korps nach Carignan durchzubrechen. Er entriß auch den Bayern Balan,
wurde aber durch das vernichtende Feuer der deutschen Artillerie zum Rückzug gezwungen; ebenso wurden andre verzweifelte Durchbruchsversuche
der Franzosen zurückgewiesen.
Auch das Gehölz von Garenne war indessen genommen worden, überall waren die Franzosen eng umzingelt
und in die Festung oder unter die Wälle derselben zurückgedrängt, bis zu welchen die deutschen Truppen bereits vorgingen,
und um 4 Uhr befahl der König Wilhelm, der während der Schlacht auf der Höhe südlich von Frénois gehalten, eine allgemeine
Beschießung von S., um die unvermeidliche Kapitulation zu beschleunigen. Die einfallenden Granaten riefen
nach 20 Minuten schon an verschiedenen Punkten Feuersbrünste hervor. Da kam die Nachricht, daß die Franzosen ihr Feuer einstellten
und an zwei Thoren die weiße Fahne aufgezogen sei. Der König ordnete das Aufhören der Beschießung an und sandte den Oberstleutnant
v. Bronsart als Parlamentär mit der Aufforderung zur Übergabe der Armee und Festung nach S. ab. Bronsart ward, als er in S. nach
dem Oberbefehlshaber fragte, zu seiner Überraschung vor den Kaiser ge-
führt, von dessen Anwesenheit in S. man deutscherseits nichts wußte. Hinsichtlich der Kapitulation ward Bronsart an den General
v. Wimpffen verwiesen; der Kaiser schrieb aber gleichzeitig an den König einen Brief, in welchem er sich zum Kriegsgefangenen
erklärte, und welchen sein Generaladjutant Reille noch am Abend dem König überbrachte. Dieser beauftragte
den General v. Moltke mit den Verhandlungen über die Kapitulation.
Moltke und v. Wimpffen trafen noch am Abend des 1. Sept. in Donchéry zusammen. Es kam jedoch zu keiner Einigung, indem sich der
französische General zu den ihm gestellten Bedingungen, Niederlegung der Waffen und Kriegsgefangenschaft der ganzen Armee, nicht
verstehen wollte. Obwohl ein französischer Kriegsrat sich mit 30 von 32 Stimmen gegen Wiederaufnahme des Kampfes aussprach,
weigerte sich v. Wimpffen, die Kapitulationsverhandlungen wieder zu beginnen, und nun machte Kaiser Napoleon am Morgen des 2. Sept. in
einer Unterredung, die er mit Bismarck in einem Häuschen bei Donchéry hatte, den Versuch, die Erlaubnis
zum Übertritt der französischen Armee auf belgisches Gebiet zu erlangen.
Dieselbe wurde abgelehnt, und da inzwischen der von deutscher Seite gestellte Termin für den Wiederbeginn des Kampfes, 9 Uhr,
verstrichen war, Wimpffen angekündigt, daß die deutsche Artillerie ihr Feuer wieder eröffnen werde, wenn bis 10 Uhr die
Kapitulation nicht gesichert sei. Jetzt entschloß sich Wimpffen dazu und unterzeichnete um 11 Uhr auf Schloß Bellevue bei Frénois
die Kapitulation, welche die ganze französische Armee (39 Generale, 230 Stabsoffiziere, 2600 Subalternoffiziere, 83,000 Mann)
für kriegsgefangen erklärte; alles Zubehör der Armee, Waffen, Geschütze (419), Adler und Fahnen, Pferde, Kriegskassen etc.
sowie die Festung S. sollten sofort übergeben werden. 21,000 Franzosen waren schon vorher gefangen genommen worden, 17,000
gefallen, 3000 über die belgische Grenze entkommen.
Auf deutscher Seite betrug der Gesamtverlust an Toten: 190 Offiziere und 2832 Mann, Verwundete 282 Offiziere und 5627 Mann;
die Bayern hatten am meisten verloren.
Erst nachdem die Kapitulation unterzeichnet war, fand im Schloß
Bellevue die Zusammenkunft der beiden Monarchen statt. Dieselbe dauerte nur eine Viertelstunde; gleich nach derselben
begab sich der gefangene Kaiser, von selbst erbetener preußischer Eskorte bis an die Grenze geleitet, über Belgien nach dem
ihm bestimmten Aufenthaltsort Wilhelmshöhe. Die kaiserliche Armee war jetzt vom offenen Feld völlig verdrängt,
und der Zusammensturz des Napoleonischen Kaiserthrons war die unmittelbare Folge der Katastrophe von S., deren Schmach das beleidigte
leidenschaftliche Nationalgefühl ganz auf das Kaisertum warf.
Die Friedenshoffnungen aber, welche man in Deutschland an den Tag von S. knüpfte, sollten sich ebendeshalb nicht erfüllen,
weil das französische Volk bei S. nur das verachtete Kaisertum, nicht sich selbst besiegt glaubte.
Vgl.
den Bericht des großen Generalstabs: »Der deutsch-französische Krieg 1870-71«, Tl. 1, S. 1139-1294; Helmuth, Sedan (Berl. 1874);
von französischer Seite: Wimpffen, S. (Par. 1871);
Derselbe, Réponse au général Ducrot (das. 1871);
Ducrot, La journée
de S. (das. 1871);
»Enquête parlementaire sur les actes du gouvernement de la défense nationale«, Bd. 1 (das.
1873).