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Flüsse | Länge Kilom. | Gebietsareal QKilom. | Gletscherareal QKilom. | Prozent |
---|---|---|---|---|
1) Rhein (bis Basel) | 348 | 35907 | 750 | 2.09 |
Aare | 280 | 11789 | 294 | 2.53 |
Thièle | 134 | 3421 | - | - |
Reuß | 146 | 3411 | 145 | 4.25 |
Limmat | 141 | 2414 | 45 | 1.87 |
2) Rhône | 233 | 7995 | 1037 | 12.98 |
3) Tessin | 70 | 6548 | 126 | 1.92 |
4) Inn | 87 | 1971 | 182 | 9.26 |
Mit großen und kleinen Seebecken sind sowohl viele Gebirgsthäler als manche Thalsohlen der flachen S. geschmückt. Die beträchtlichsten derselben gehören teils der Hochebene selbst, teils den Thalpforten an, mit welchen die Gebirgsthäler zum Flachland sich öffnen, so der größte von allen, der Genfer See (578 qkm), dem an Größe der am entgegengesetzten Ende der Schweizer Hochebene liegende Bodensee zunächst steht. Gehört ersterer dem Rhônegebiet an, so reihen sich die Seen des Rheingebiets dem Bodensee an, so hauptsächlich der Neuenburger, Murten- und Bieler, der Brienzer und Thuner, der Vierwaldstätter und Zuger, der Walen- und Zürichsee u. a. Dem Netz des Po gehören der Lago Maggiore und Luganer See sowie der Comersee an, erstere zwei teilweise, letzterer schon ganz auf italienischem Boden.
[Klima.]
Erhebliche Unterschiede sind bedingt durch die Höhenlage und die Richtung der Gebirge. In den Alpen [* 2] bleibt von ungefähr 2600 m an der Schnee [* 3] an allen Stellen liegen, wo er haften kann; daher die Firnmeere der hohen Bergmulden, während schroffe Felswände, auch wenn sie über der Schneegrenze liegen, das nackte Gestein zeigen. Der größere Teil des Landes, das gesamte Rheingebiet, ist nach N. geneigt, also kalten Winden [* 4] ausgesetzt und von den Sonnenstrahlen abgewandt; umgekehrt die Südseite des Gebirges, z. B. Tessin. Daher der große Unterschied beider alpiner Seiten nach Klima [* 5] und Organismen.
Die mittlere Jahreswärme der Hochebene beträgt 8-10° C., in Lugano 11,5°. Auch das untere Rhônethal zeichnet sich durch eine hohe Sommerwärme und geringe sommerliche Niederschläge aus. In St. Gallen, am Eingang in das Voralpenland, erreicht das Jahresmittel bloß 7,5,° in dem hohen, von Schnee- und Gletschermassen umgebenen Zermatt nur 5,5°. Man zählt im Süden ca. 120, im N. 145 bis 165 jährliche Regentage. Die Regenmenge (der Schnee in Wasser verwandelt) bewegt sich zwischen 700 und 2000 mm; sie beträgt z. B. in Sion (Wallis) 900, in Bern [* 6] 1023, in Neuenburg [* 7] 977, in Einsiedeln 1657, in Bellinzona 1703 mm. Höhere Alpengegenden besitzen einen beträchtlichen Schneefall. Bei dem Hospiz des St. Bernhard z. B. beträgt er oft in einem Monat weit über 2 m, und um Bevers (Oberengadin) liegt, bei einem Gesamtschneefall von über 3 m, die weiße Decke [* 8] nicht selten 5-6 Monate lang auf der Thalfläche.
Nebel sind häufig, besonders in Sumpf- und Wassergegenden, z. B. im Seeland. Ein eigentümlicher Wind ist der Föhn (s. d.). Im ganzen ist das Schweizer Klima der Gesundheit zuträglich, namentlich die Bergluft rein und stärkend. Darum stehen die Alpenkurorte im günstigsten Ruf, während einige milde, vor rauhem Wind geschützte Lagen (Gersau, Montreux, Lugano) zum Herbst- und Winteraufenthalt sich empfehlen. Berühmt als Winterkurorte für Brustkranke sind die hohen Alpenthäler von Davos, Oberengadin und Ursern.
Die Zahl der Kurorte in der S. wurde 1888 auf 450 angegeben, wovon die meisten auf die Kantone Bern, Graubünden, Waadt, St. Gallen und Appenzell [* 9] entfallen. Nur in einigen tief gefurchten und feuchtwarmen Alpenthälern gibt es schlechtes Quellwasser und schädliche Ausdünstungen, und da trifft man (jetzt allerdings nicht mehr so oft wie früher, d. h. unter schlimmern sozialen Zuständen) jene leiblich und geistig verkümmerten Kropfmenschen, die Kretins.
Nach dem Charakter der Landschaft und ihrer Vegetation lassen sich fünf Regionen unterscheiden: Hügelregion bis 800 m, Bergregion 800-1200 m, untere Alpenregion 1200-1800 m, obere Alpenregion 1800 bis 2600 m, Schneeregion über 2600 m. Die Hügelregion umfaßt wie alle tiefern Landesteile, so namentlich die Hochebene. Da gibt es noch ziemlich viele Laubwälder, welche hauptsächlich aus Stein- und Stieleichen, Buchen, Hainbuchen und mancherlei Sträuchern bestehen.
Man sieht aber auch sorglich gepflegte Forsten von Rot- und Weißtannen und Lärchen, seltener von Föhren, vereinzelt Eiben. Die Hügelregion ist die Stufe des Acker-, Obst- und Weinbaues; doch halten sich Mais und Weinrebe selbst hier an die mildesten Striche. Kastanienbäume gedeihen nicht selten im transalpinen Gebiet, seltener diesseit der Alpen, so am Zuger und Vierwaldstätter See. In den tiefern Stufen des Tessin treffen wir sogar Feigen und Orangen, Granat- und Mandelbäume.
Die Bergregion begreift die Abhänge und Hochthäler des Jura, die untern Stufen des Voralpenlandes und die tiefen Hochalpenthäler. Der Kampf zwischen Laub- und Nadelwald entscheidet sich hier mit einer völligen Niederlage des erstern; es verschwinden die Obstbäume, selbst der Roggen allmählich; man pflanzt Hafer, [* 10] Gerste [* 11] und namentlich Kartoffeln. Mehr und mehr nehmen die Bergweiden überhand und bereiten so auf die folgende Region vor. Im Jura sind die klimatischen Verhältnisse ungünstiger als in den Alpen.
Getreide- und Kartoffelbau wird in den höhern Teilen schon bei 1000 m sehr unsicher, und die Grenze der Waldregion fällt durchschnittlich auf höchstens 1500 m. Das Tier ist weniger von der Beschaffenheit des Bodens und der Luft abhängig als die Pflanze; darum sind im großen Ganzen die Tiergeschlechter der Hügelregion auch über die Bergregion verbreitet. Als Besonderheit erscheint, daß der Mäusebussard und der Turmfalke die häufigsten Tagraubvögel der Bergregion sind, daß von den 23 Entenarten der S. nur die Stockente regelmäßig die Wasserbecken der Bergregion bezieht, daß diese Höhenstufe eine Giftschlange voraus hat (die redische Viper), daß der Lachs zum Laichen sogar in die Gewässer der zweiten Region hinaufsteigt.
Die Alpenregion umfaßt die obern Stufen von Jura und Voralpen sowie die höchsten Alpenthäler. Sie charakterisiert sich durch ein Überwiegen der Alpweiden und (soweit der Wald reicht) durch unbedingte Herrschaft des Nadelholzes. Es vermag sich selbst der Bergahorn nur noch in den untern Stufen zu behaupten. Zu den Tannen und Lärchen treten auch zwei Kiefern häufiger: die Föhre und die Arve. Von Feldbau gibt es nur Spuren, und die Dörfer, höher auch die einzelnen Wohnhäuser, [* 12] werden immer seltener.
Soweit die Nadelhölzer [* 13] noch ordentliche Bestände bilden, heißt die Alpenregion die untere, zum Unterschied von der obern, die nur Weiden hat; in dieser obern ist die Alpenrose fast das einzige Holzgewächs. Die Alpenregion ernährt das stattliche Rindvieh und die Ziege, welche leicht die steilen Felsen erklimmt. Dieser Höhenstufe sind eigentümlich: der Alpenhase, die Gemse, der Steinadler und Lämmergeier, auch einige Reptilien, z. B. der Alpenfrosch; ¶
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dagegen fehlt ihr der Maikäfer. Im ganzen bleibt mit dem Walde, der Hauptmasse des Pflanzenlebens, auch die Hauptmasse des Tierlebens zurück. Nur wenige Weichtiere und Würmer [* 15] sowie eigentümliche Arten dunkler, flügelloser Käfer, [* 16] meist kleiner Schmetterlinge [* 17] und ausdauernder Spinnen [* 18] treten über der Baumgrenze noch auf. Der Flußkrebs, die Eintagsfliege bleiben zurück, während die Stubenfliege, die Bremsen [* 19] und Dungfliegen der Spur von Mensch und Vieh bis an die Schneegrenze folgen.
Die Schneeregion ist auf die höchsten Kämme, Gipfel und Mulden der Hochalpen beschränkt. Mit Überraschung erblickt der Kenner noch Steinbreche, Enziane, Krüppelweiden, häufiger aber Kryptogamen: Moose, [* 20] Flechten [* 21] und jene Alge, die im »roten Schnee« aufgefunden wird (im Verein mit den niedersten tierischen Gestalten). Man findet selbst noch Insekten, [* 22] und aus der Alpenregion gibt es etwa Besuch: die Schneekrähe, das Schneehuhn, der Schneefink und das Murmeltier. Die Einöde des ewigen Schnees ist zugleich die letzte Zufluchtsstätte des Steinbocks.
[Areal und Bevölkerung.]
Die S. nimmt eine Fläche von 41,390 qkm (751,6 QM.) ein und zählte 2,846,102, am 2,934,057 Einw. (ortsanwesende Bevölkerung). [* 23] Die vorläufigen Resultate der letztern Zählung zeigt die Tabelle S. 748.
Die Schweizer Bevölkerung hat sich in zahllosen einzelnen Berghütten und Bauernhöfen, Weilern, Dörfern, Flecken, Städtchen und Städten, zusammen 3055 Gemeinden bildend, angesiedelt. Es gibt nur drei Städte, welche nach Einwohnerzahl des Stadtkerns und des Weichbildes sich Anspruch auf großstädtischen Charakter erworben haben, Zürich, [* 24] Basel [* 25] und Genf. [* 26] Im ganzen zählt die S. 54 Gemeinden mit je über 5000 Einw. (unter letztern 19 Kantonshauptorte), und von diesen 54 Gemeinden zählen wieder 18 je über 10,000 Seelen, nämlich: die Kantonshauptorte Genf, Zürich, Basel, Bern, Luzern, [* 27] Freiburg, [* 28] Schaffhausen, [* 29] Herisau, St. Gallen, Neuchâtel und Lausanne; [* 30] ferner La Chaux de Fonds, Außersihl, Winterthur, Riesbach, Biel, Plainpalais und Le [* 31] Locle.
Die überseeische Auswanderung, welche 1883 bis auf 13,502 Personen gestiegen war, ist seitdem stetig gesunken, 1887 auf 7558 Personen (davon 6448 nach Nordamerika). [* 32] Während die Auswanderer etwa zur Hälfte der landwirtschaftlichen Bevölkerung angehören, sind die Einwanderer, deren man jährlich ca. 6-7000 zählt, überwiegend Handwerker. Es gab 1886: 20,080 Eheschließungen, 901 Ehescheidungen, d. h. 1,90 auf 1000 Ehen, ferner 84,142 Geburten, wovon 4158 uneheliche, 60,061 Sterbefälle, davon 13,271 unter einem Altersjahr, 3337 über 80 Jahre. 18,521 Todesfälle stehen in der Rubrik »Krankheiten der Atmungsorgane«, 692 unter »Selbstmord«. Im ganzen bildet das Schweizervolk einen kräftigen und gesunden Schlag, selbstverständlich weniger in den Fabrikbezirken als unter den Bauern und Hirten, besonders im Hasle, Emmenthal, Entlebuch, in Unterwalden und in mehreren Thälern Graubündens. Im allgemeinen, sagt man, ist der Schweizer bieder, voll Liebe zum Vaterland, stolz auf seine ererbte Freiheit, ein Liebhaber des Waffenhandwerks und körperlicher Übungen, ein trefflicher Schütze; Arbeitsamkeit und Ordnungsliebe sind vielverbreitet, und ein humaner Sinn bethätigt sich gern in milden Werken.
Die gegenwärtige Bevölkerung der S. ist das Ergebnis Jahrtausende alter Wandlungen im Völkerleben. Lange vor den Römern hauste an den Seen das Pfahlbauvolk, vielleicht keltischen Stammes, von Jagd und Fischerei, [* 33] Viehzucht und [* 34] Ackerbau lebend und zu verschiedenen häuslichen Künsten fortgeschritten. Seit Entdeckung der Meiler Baute (1854) sind auf schweizerischem Gebiet über 200 Pfahlbaustätten bekannt geworden. Zu der Zeit, als die Römer [* 35] sich zu Herren des Landes machten, war dieses größtenteils von den Helvetiern und verwandten Stämmen, im bündnerischen Gebirge von den Rätiern bewohnt.
Die Helvetier waren keltischen Stammes; aber es ist nicht ermittelt, in welchem Verhältnis sie zu den Pfahlbauleuten standen. Sie vermischten sich mit den Römern und wurden romanisiert. Bald aber brachen die Stürme der Völkerwanderung los. Es wanderten verschiedene germanische Stämme ein: Alemannen, Burgunder und Ostgoten kämpften um Besitz und Herrschaft. In der nördlichen S. erlag das keltisch-romanische Wesen dem alemannisch-fränkischen. Das römische Wesen verschwand, die deutsche Sprache breitete sich über die Nordschweiz aus.
Anders in den übrigen Landesteilen. Die Ansiedelung der Burgunder in der westlichen S. beruhte nicht auf Übermacht, sondern auf Vertrag, auf Übereinkunft zwischen Romanen und Germanen. Die letztern, als der barbarische Volksteil, beugten sich vor der Macht der römischen Gesittung; sie paßten sich allmählich in Lebensweise, Sitte und Sprache [* 36] den Romanen an. Es bildete sich eine Tochtersprache des römischen Volksidioms (Französisch). Ähnliches geschah jenseit der Alpen, auf dem Boden ostgotischer Einwanderung; denn hier erschienen die Langobarden, welche rasch ihr germanisches Wesen einbüßten.
Auch dort also, auf der Südseite der Alpen, erhielt sich die Volkssprache der Römer in verjüngter Gestalt (Italienisch). Im rätischen Gebirge hatte die Romanisierung schon zu Tiberius' Zeiten begonnen. Die römische Übermacht, nachdem sie die Rätier bezwungen und fast vernichtet hatte, besetzte das Land mit römischen Ansiedlern, und unter diesen erhielt sich, durch die Völkerstürme wenig betroffen, die gemeine römische Volkssprache (Rätoromanisch).
Freilich zog sich diese in den spätern Jahrhunderten allmählich auf einen engern Raum zurück, gedrängt von alemannischer Einwanderung, welcher die Graubündner Thäler offen standen, und überhaupt bei aller Zähigkeit schwach gegen das deutsche Übergewicht. So sind, abgesehen von einem fremdartigen (semitischen), numerisch unbedeutenden Volksanteil (s. unten), aus der Mischung der vorrömischen, römischen und nachrömischen Elemente zwei verschiedene Völkerklassen, resp. Sprachgebiete entstanden: die germanische (Deutsche [* 37] 71,32 Proz.) und die romanische (Franzosen 21,74 Proz., Italiener 5,34 Proz. und Rätoromanen 1,31 Proz.). Auf die übrigen Sprachen entfallen 0,2 Proz. Eine Nationalitätenkarte zeigt, daß der deutsche Stamm, entsprechend seinem numerischen Übergewicht, auch das ausgedehnteste Areal besetzt hat: die ganze nördliche und mittlere S. Von dieser aus drang der Kolonialstrom selbst hoch in das Gebirge hinauf und stieg jenseit des St. Gotthard tief in die Thäler des Rhône und der Toce hinab.
Sogar der kolossale Gebirgsstock des Monte Rosa bildete keine Grenzscheide für die deutsche Sprachverschiebung; an seiner Südseite, im »Krämerthal« von Gressoney und in einigen benachbarten Thalorten, lebt die deutsche Sprache fort, wie im Simpeln- und Formazzathal und in dem einsamen tessinischen Bergkessel von Bosco. Namentlich bot das Rheinthal eine bequeme Pforte, um höher in das rätoromanische Gebiet vorzudringen. Längs der vorarlbergischen Ill siedelten sich die Alemannen zunächst im welschen Land (Walgau, d. h. Gau der Welschen) an, um später selbst die ¶