Konsonanz. Antretende Flexionskonsonanten (s und t) ändern daran nichts. Von Konsonanten lauten k vor weichen Vokalen (ä, e,
i, ö) und tj immer fast wie tch (nicht ganz wie tsch), g vor weichen Vokalen wie j;
gj und dj lauten nur wie j;
h vor Konsonanten
ist stumm, s im Anlaut immer scharf;
fv = weichem v;
skj, stj und sj immer, sk vor weichen Vokalen = sch.
Als Hilfsmittel für die Geschichte der Sprache sind zu empfehlen: Rydquist, Svenska språkets lagar (Stockh. 1850-83, 6 Bde.);
Söderwall, Hufvudepokerna af svenska språkets utbildning (Lund 1870);
Derselbe, Ordbok öfver svenska medeltids-språket
(Stockh. 1886);
Petersen, Det svenske sprogs historie (in »Det danske etc.
sprogs historie«, Tl. 2, Kopenh. 1830);
Munch, Forn-svenskans och forn-norskans språkbyggnad (Stockh. 1849);
Dieterich, Svensk
språklära etc. (das. 1850).
Unter den zahlreichen schwedischen Grammatiken der neuern Sprache nennen wir die von Ljungberg
(1756), Sahlstedt (1769), Fryxell (13. Aufl. 1865), Tullberg (1836), Almquist (3. Aufl. 1840), dann die
von der schwedischen Akademie herausgegebene (1836), die von Sjöborg (deutsch als »Schwedische Sprachlehre für Anfänger«, 5. Aufl.,
Strals. 1841),
ferner (als sehr empfehlenswert) die von Dieterich (»Ausführliche schwedische
Grammatik«, 2. Aufl., Stockh. 1848) und von Jessen (Christ. 1869). Wörterbücher lieferten Sahlstedt (»Svensk ordbok
med latinsk uttolkning«, 1773),
Dalin (Stockh. 1869; Handwörterbuch, das. 1868),
Kindblad (das. 1867-71, 3 Bde.).
Ein von der schwedischen Akademie herausgegebenes »Ordbok öfver svenska språket« erscheint
seit 1870; eine »Ordlista«, herausgegeben von der Akademie, erschien in 4. Auflage Stockholm 1880. Schwedisch-deutsche Wörterbücher
besorgten Möller (2. Aufl., Leipz. 1808) und Helms (3. Aufl., das. 1887).
Johann Wilhelm, Ingenieur, geb. zu Berlin, widmete sich dem Baufach, trat 1845 als
Feldmesser in den Staatsdienst, absolvierte bis 1852 die Staatsprüfungen, war dann praktisch beschäftigt beim Bau der Potsdam-Magdeburger
Eisenbahn, beim Siegbrückenbau bei Siegburg, beim Bau der Köln-Gießener Eisenbahn, ward 1858 im Handelsministerium angestellt
und 1873 zum Geheimen Oberbaurat befördert. 1859-76 war er zugleich Lehrer an der Bauakademie, zuerst für Maschinenbau,
dann für sein Hauptfach, die mathematische Baukonstruktionslehre und Brückenbau.
Hier war er erfolgreich bemüht, die mathematisch-physikalische Richtung im Bau- und Ingenieurwesen zur Geltung zu bringen.
Seine Hauptthätigkeit galt der Förderung des Brückenbaues. Er wies nach, daß die früher konstruierten eisernen Gitterbrücken
bei großem Materialaufwand viel zu wenig Widerstandsfähigkeit in sich besitzen, und es gelang ihm, sie
durch zweckmäßigere Konstruktionen zu ersetzen. Der von S. seit 1864 angewandte hyperbolische Träger mit selbst bei der größten
Druckbelastung nur auf Zug
beanspruchten Diagonalstäben fand als »Schwedler-Träger«
vielfache Verwendung. 1866 veröffentlichte er die Konstruktion der Kuppeldächer nach einer neuen Theorie mit den statischen
Berechnungen und Konstruktionszeichnungen mehrerer hiernach ausgeführter Bauten. Um die mechanische
Arbeit beim Öffnen und Schließen von Drehbrücken möglichst
zu vermindern, konstruierte er 1866 einen neuen Mechanismus,
welcher sich bewährt und bereits bei einer größern Zahl von Drehbrücken Anwendung gefunden hat. S. bereiste 1875 bei Gelegenheit
der Weltausstellung in Philadelphia die Vereinigten Staaten Nordamerikas, um von den dortigen Brückenbauten
Kenntnis zu nehmen. 1880 wurde er zum Mitglied der Akademie des Bauwesens ernannt.
[* ] ehemalige Herrschaft im Kurfürstentum Brandenburg, war von 1481 an im Besitz der Grafen von Hohenstein, nach
deren Aussterben (1609) sie heimfiel und der Ukermark zugeteilt ward. Im 17. Jahrh. diente sie mehrfach
als Witwensitz der Kurfürstinnen von Brandenburg. 1689 wurde sie jedoch dem dritten Sohn des Kurfürsten Friedrich Wilhelm aus
zweiter Ehe, Philipp Wilhelm, gegeben, welcher sich gleich seinen beiden Söhnen Markgraf von Brandenburg-S. nannte. Nachdem auch
diese Linie 1788 mit Heinrich Friedrich wieder ausgestorben war, fiel die Herrschaft S. an Preußen. Ein langer
Prozeß über den Besitz der Herrschaft, geführt zwischen Staat und Krone, ward 1872 zu gunsten der letztern entschieden.
[* ] Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Angermünde, an der Oder und der Linie Angermünde-S. der Preußischen
Staatsbahn, hat breite, mit Bäumen besetzte Straßen, 3 evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge,
ein Schloß aus dem 17. und 18. Jahrh. mit Park, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, eine Hagel- und Feuerversicherungsanstalt,
bedeutende Tabaks- und Zigarrenfabrikation, Holzschneidemühlen, Kalkbrennerei, Handel mit Tabak, Zigarren und Spiritus und (1885)
mit der Garnison (ein Dragonerregiment Nr. 2) 9756 meist evang.
Einwohner. In der Nähe das Lustschloß Monplaisir mit Park. S. wird schon 1138 erwähnt und erscheint 1265 als
Stadt. 1479 kam es definitiv an Brandenburg, wurde 1684 nach einem großen Brand von der Kurfürstin Dorothea neu erbaut und
war 1689-1788 Sitz der Markgrafen von Brandenburg-S.
Vgl. Thomä, Geschichte der Stadt und Herrschaft S.
(Berl. 1873).
(lat. Sulfur, hierzu Tafel »Schwefelgewinnung«) S, chemisch einfacher Körper, findet sich im freien Zustand
in rhombischen Kristallen, auch in kugeligen und stalaktitischen Aggregaten, als Überzug, derb, eingesprengt (s. Tafel »Mineralien
und Gesteine«,
[* ]
Fig. 11), pulverförmig, oft durch Thon, Bitumen, Selen oder Schwefelarsen verunreinigt, in Lagern
und Nestern in Kalkstein, Gips und Mergel, im Flöz- und tertiären Gebirge, selten in Lagern und Gängen im kristallinischen Schiefer-
und Übergangsgebirge und im Granit, auch auf und in Stein- und Braunkohlenflözen.
Ablagerungen von S. bilden sich noch jetzt durch Verdichtung von Schwefeldämpfen und Zersetzung von Schwefelverbindungen, welche
in vulkanischen Gebieten aus der Erde hervordringen. In den Solfataren wird S. aus Schwefelwasserstoff durch
Einwirkung von Luft oder schwefliger Säure abgeschieden; auch aus schwefelwasserstoffhaltigen Quellen (Schwefelwässern) bilden
sich Ablagerungen von S. In pyritreichen Braunkohlen- und Alaunschieferlagern bilden sich durch den Verwitterungsprozeß Eisenvitriol,
schwefelsaure Thonerde und S., welcher sich in Klüften absetzt. Weitaus am bedeutendsten sind die Schwefellager
in der Molasse Siziliens; außerdem finden sich zum Teil sehr mächtige Lager in der Romagna, bei Radobay in Kroatien, in den
Karpathen, in Oberschlesien, Polen, Spanien, auf Korfu, im Kaukasus und
mehr
in Daghestan, bei Mosul in Mesopotamien, Kairo, am Roten Meer, in Tunis, China, Japan, am Clear und Borax Lake in Kalifornien und am Popocatepetl
in Mexiko, in Louisiana, auf Saba, an der Küste von Venezuela etc. Häufiger findet sich S. in Verbindung mit Metallen in Form von
Kiesen, Glanzen, Blenden, welche zum Teil wichtige Erze bilden. Schweflige Säure und Schwefelwasserstoff entströmen
thätigen Vulkanen. Letzteres Gas findet sich auch unter den Fäulnisprodukten, und ersteres entweicht aus den Schornsteinen
von Feuerungen, in welchen schwefelhaltige Brennmaterialien verbrannt werden. Am verbreitetsten sind Schwefelsäuresalze, namentlich
schwefelsaurer Kalk (Gips, Anhydrit), schwefelsaurer Baryt (Schwerspat), schwefelsaure Magnesia (Kieserit).
Letztere und schwefelsaures Natron finden sich namentlich auch im Quell-, Fluß- und Meerwasser. Schwefelverbindungen sind auch
im Pflanzen- und Tierreich weit verbreitet. Alle Eiweißkörper enthalten gegen 1 Proz., Wolle, Haare und ähnliche Gebilde bis 4 Proz.
S., gewisse ätherische Öle aber (Senföl, Knoblauchöl) und manche Gallenbestandteile viel beträchtlichere Mengen.
Gewonnen wird der gediegen vorkommende S. durch einfaches Ausschmelzen, durch Destillation, vereinzelt
auch durch Auslaugen mit Schwefelkohlenstoff. Sehr reiche Vorkommen werden auf Sizilien in Kesseln geschmolzen; meist aber wendet
man Meiler (calcaroni, s. Tafel »Schwefel«,
[* ] Fig.
1) an, deren gestampfte Sohle gegen eine 5 m hohe Mauer a mit Stichloch c geneigt ist. Man schichtet darauf
das Erz gegen einen aus eisernen Stäben gebildeten Rost b und läßt einige Zugschächte offen, durch welche der Meiler angezündet
wird.
Später werden die Kanäle mit Steinplatten verschlossen und der Meiler mit einer Decke aus Lehm, Erzklein etc. versehen, welche
zugleich zur Regelung der Verbrennung dient. Wie der Prozeß vorschreitet, sammelt sich der S. unter dem
Rost und wird von Zeit zu Zeit durch das Stichloch in nasse hölzerne Blockformen abgelassen. Der durch Verbrennen von
S. entstehende Verlust beträgt bei diesem Betrieb 0,33-0,4 des Gesamtschwefelgehalts.
Der gewonnene rohe S. wird meist in Frankreich raffiniert.
Ähnlich ist der Betrieb mit Schachtöfen, in denen ebenfalls kein andres Brennmaterial benutzt wird.
Größere Ausbeute bei bedeutend erhöhtem Aufwand an Brennmaterial und Vermeidung der Verpestung der Luft durch schweflige Säure
gewährt das Ausschmelzen mit Sublimation aus thönernen oder eisernen Gefäßen. In
[* ]
Fig. 2 sind a gußeiserne Retorten, welche
mit dem Erz beschickt und dann verschlossen werden; die Schwefeldämpfe gelangen durch die Röhren b in
die Vorlage c, aus welcher der verdichtete S. in die Bassins d abfließt, um in Formen geschöpft zu werden. Bisweilen befördert
man die Destillation durch Einleiten von überhitztem Wasserdampf. Vorteilhafter als diese Apparate sind die Öfen
mit Dampfheizung, von welchen der Grittische
[* ]
(Fig. 3) folgende Einrichtung hat: a ist der äußere
konische Ofenschacht von 3 m Höhe, mittels Flantsche bb auf eisernen Balken cc gelagert, welche auf Säulen dd ruhen.
Der innere Schacht e besteht aus durchlöchertem Eisenblech, der Rost am untern Teil des Schachts aus zwei
halbrunden, durchlöcherten und an Scharnieren beweglichen Eisenplatten. Die obere Mündung des mit Erzen zu füllenden Innenschachts
ist durch einen Deckel f luftdicht verschließbar. Unter den Rost läßt sich auf einem Wagen ein Rezipient g schieben, in welchem
sich der ausgeschmolzene S. sammelt, der daraus durch den Hahn h in Holzgefäße, die in der Vertiefung
l
stehen, abgelassen wird.
Der Schacht m unter dem Ofen nimmt nach der Entfernung des Wagens die entschwefelten Rückstände nach dem Zurückklappen des
Rostes auf. Durch das Rohr i strömt der Dampf zu, und k ist das Dampfableitungsrohr. Nahe der Gicht läuft ein Wagen zur
Beschickung auf Schienen. Schwefelarme Erze behandelt man in einem gut verschließbaren Apparat mit Schwefelkohlenstoff, welcher
den S. löst. Die Lösung gelangt in einen Destillationsapparat, in welchem nach der Verflüchtigung des Schwefelkohlenstoffs,
der durch Abkühlung wiedergewonnen wird, der S. zurückbleibt.
Aus den extrahierten Erzen gewinnt man den zurückgehaltenen Schwefelkohlenstoff durch Behandeln mit Wasserdampf.
Der Verlust an Schwefelkohlenstoff beträgt dann nur 1,66 Proz. Viel S. wird
auch aus Schwefelmetallen gewonnen, teils als Hauptprodukt der vorzunehmenden Operation, teils als Nebenprodukt bei weiterer
Verarbeitung der Schwefelmetalle auf verschiedene Hüttenprodukte. Dies gilt besonders für Schwefelkies, welcher aus 46,7
Eisen und 53,3 S. besteht und in konischen, feuerfesten Röhren bei Abschluß der Luft destilliert wird.
Man gewinnt 13 bis 14 Proz. S., welcher stets Arsen enthält und oft durch Thalliumgehalt orangerot gefärbt ist. Auch aus
Kupferkies wird S. gewonnen.
Der rohe S. wird durch einfaches Umschmelzen, vollkommener durch Sublimation, resp. Destillation, gereinigt, wobei nicht flüchtige
Verunreinigungen vollständig, flüchtige, wie Arsen, Selen (besonders in S. aus Kiesen), kaum zu entfernen
sind. Leitet man die beim Erhitzen des Schwefels in geschlossenen Gefäßen sich bildenden Dämpfe in geräumige, gut abgekühlte
Vorlagen, so verdichten sie sich hier zu einem zarten gelben Pulver, welches die Schwefelblumen (Schwefelblüte, Flores sulfuris)
des Handels bildet. Dies Präparat enthält schweflige Säure, auch wohl Schwefelsäure und muß deshalb
für gewisse Zwecke gewaschen werden. Werden die Vorlagen nicht genügend gekühlt, so erhitzen sie sich im Verlauf der Destillation
immer stärker, und man erhält nun flüssigen S., welcher, in nasse Holzröhren gegossen, als Stangenschwefel in den Handel
kommt. Lamys Apparat in Marseille (Fig. 4 u. 5) besteht aus zwei eisernen Cylindern a a von 1,5 m Länge,
welche von der Flamme umspült werden, die dann durch den Kanal b emporsteigt und den Schmelzkessel c umspült.
Der geschmolzene S. fließt durch das Rohr d in die Retorte, verflüchtigt sich hier und gelangt durch
a' dampfförmig in die geräumige Kammer e, welche durch eine Thür zugänglich ist. Ein Ventil läßt die bei der Erhitzung
sich ausdehnende Luft entweichen. Durch einen Schieber f kann die Retorte gegen die Kammer abgesperrt werden. Der geschmolzene
S. wird durch g abgelassen und aus dem Bassin h in die Formen i gefüllt. Einige Übelstände dieses Apparats
führten zur Konstruktion des Apparats von Dujardin in Merrem bei Antwerpen (Fig. 6 u. 7) mit linsenförmigem gußeisernen Behälter
a, welcher durch die Feuerung b geheizt und durch das Rohr d aus dem Vorwärmkessel c mit flüssigem S. gespeist
wird, sobald man den Zapfen e hebt. Durch die mit Ventil f versehene Röhre g gelangen die Schwefeldämpfe in die Kondensationskammer,
welche für Darstellung von Schwefelblumen 600 cbm Inhalt hat. Durch h werden die Rückstände (grauer oder Roßschwefel, Schwefelschlacke)
ausgeräumt, sie fallen durch das Rohr i in den Kasten k. Noch einfacher ist ein deutscher Apparat
[* ]
(Fig.
8). Derselbe besteht aus zwei gußeisernen Kesseln a und b, die durch eine anschraubbare Knieröhre c
[* ]
Fig. 8. Deutscher Apparat zur Raffination des Schwefels.
Zum Artikel »Schwefel«.
mehr
miteinander verbunden werden. Der Kessel a wird vom Rost e aus befeuert und erhält seine Füllung durch den Trichter d, dessen
Mündung in den flüssigen S. eintaucht und durch die Eisenstange g offen erhalten werden kann. Die Rückstände werden durch
f entleert. Der destillierte S. wird aus b durch ein Rohr in das Gefäß i abgelassen. Man gewinnt auch
S. aus gebrauchter Lamingscher Masse von der Reinigung des Leuchtgases, bei der Verarbeitung des Kelps auf Kalisalze und Jod, und
namentlich bei der Sodafabrikation wird ein Teil des Schwefels der Schwefelsäure, die zum Umwandeln von Kochsalz in schwefelsaures
Natron dient, aus den sogen. Sodarückständen regeneriert.
Der in der Natur vorkommende S. bildet durchsichtige, gelbe, rhombische Kristalle, ist harzglänzend, bei -50° fast farblos,
geschmacklos, bei gewöhnlicher Temperatur geruchlos, gerieben von schwachem Geruch, sehr spröde, Härte 1,5-2,5, spez. Gew.
2,05, Atomgew. 31,98; er leitet Wärme und Elektrizität schlecht, wird beim Reiben stark elektrisch und
ist daher schwer pulverisierbar, weil sich die Partikelchen fest aneinander hängen. Er ist unlöslich in Wasser, sehr wenig
löslich in Alkohol und Äther, reichlicher in Benzol, Steinöl und Terpentinöl, sehr leicht in Schwefelkohlenstoff und Chlorschwefel,
aus welchen Lösungen er sich wieder in rhombischen Kristallen abscheidet. Er schmilzt bei 114,5° zu einer
klaren gelben Flüssigkeit und bildet beim Erstarren unter gewöhnlichen Verhältnissen lange, braune, biegsame, monoklinische
Kristalle.
Während rhombischer S. sich bei anhaltendem Erhitzen bis fast zum Schmelzpunkt in monoklinische Kristalle verwandelt, gehen
letztere bei gewöhnlicher Temperatur, schneller am Licht, beim Schütteln oder Kratzen, in die rhombische Modifikation über.
Der monoklinische S. hat das spez. Gew. 1,96,
schmilzt erst bei 120° und löst sich leicht in Schwefelkohlenstoff, aus welchem in hoher Temperatur monoklinischer, in der
Kälte rhombischer S. kristallisiert.
Geschmolzener S. wird bei stärkerm Erhitzen dunkler und dickflüssig und ist zwischen 200-250° dunkel rotbraun und höchst
zähflüssig; bei noch stärkerm Erhitzen wird er wieder dünnflüssiger, aber nicht heller, siedet bei
448,4° u. gibt orangeroten Dampf. S. verflüchtigt sich indes schon bei viel niedrigerer Temperatur, selbst vor dem Schmelzen.
Dunkler, zähflüssiger S. erstarrt bei schnellem Abkühlen in Wasser zu einer braunen, weichen, durchscheinenden Masse vom
spez. Gew. 1,91, die allmählich, schneller beim Kneten,
in gelben S. übergeht.
Wird der S. dann mit Schwefelkohlenstoff behandelt, so bleibt ein Teil desselben als hellbraunes Pulver ungelöst zurück.
Auch die Schwefelblumen und der Stangenschwefel enthalten neben löslichem S. eine hellgelbe, unlösliche Modifikation, und
wird eine Lösung von S. in Schwefelkohlenstoff dem Licht ausgesetzt, so scheidet sich ebenfalls unlöslicher
S. in Pulverform ab. Der in Schwefelkohlenstoff unlösliche S. ist beträchtlich löslich in Chloroform, Äther und Alkohol und
wird bei anhaltendem Erwärmen auf 100° auch in Schwefelkohlenstoff löslich. S. hat große Verwandtschaft zu den meisten
übrigen Elementen; beim Erhitzen an der Luft entzündet er sich bei 260° und verbrennt mit blauer, wenig
leuchtender Flamme zu Schwefeldioxyd (schwefliger Säure), welches sich durch seinen stechenden, erstickenden Geruch bemerkbar
macht.
Fein verteilter S. oxydiert sich an der Luft auch bei gewöhnlicher Temperatur;
Salpetersäure oxydiert ihn schnell zu Schwefelsäure;
mit den meisten Metallen gibt er, zuweilen unter Feuererscheinung, Schwefelmetalle;
mit
Chlor, Brom, Jod, Phosphor
verbindet er sich bei gewöhnlicher, mit Kohlenstoff, Wasserstoff bei höherer Temperatur;
mit alkalischen Basen geschmolzen
oder mit deren Lösungen gekocht, gibt er Schwefellebern, aus deren Lösungen durch starke Säuren der S. in sehr fein verteiltem
Zustand als hellgelbes Pulver (Schwefelmilch) gefällt wird. In erwärmten flüchtigen und fetten Ölen löst sich
S. zu Schwefelbalsam;
die Lösungen mancher Schwefelmetalle lösen S., auch schwefligsaure Alkalien lösen ihn unter Bildung von
Unterschwefligsäuresalzen. S. ist zweiwertig und bildet mit Sauerstoff drei Oxyde: Schwefeldioxyd (gewöhnlich schweflige Säure
genannt) SO2 , Schwefeltrioxid (Schwefelsäureanhydrid) SO3 und Schwefelsesquioxyd S2O3 .
Mit
Sauerstoff und Wasserstoff bildet er folgende Säuren: unterschweflige Säure H2SO2 ,
schweflige Säure H2SO3 , Schwefelsäure H2SO4 , dithionige oder Thioschwefelsäure
(bisher unterschweflige Säure genannt) H2S2O3 , Dithionsäure oder Unterschwefelsäure H2S2O6
, Trithionsäure H2S3O6 , Tetrathionsäure H2S4O6 ,
Pentathionsäure H2S5O6 .
Man benutzt S. zur Darstellung von schwefliger Säure, Schwefelsäure, Schwefelkohlenstoff, schwefligsauren und unterschwefligsauren
Salzen, Schwefelleber, Schwefelchlorür, Zinnober, Musivgold und andern Schwefelmetallen, Ultramarin etc., zum
Vulkanisieren des Kautschuks und der Guttapercha, zur Darstellung der Zündhölzchen, des Schießpulvers und von Feuerwerkskörpern,
zu Abgüssen und Kitten, besonders in Mischung mit Eisenoxyd oder Glaspulver (Zeiodelit, eine Masse, welche auch mit verschiedenen
Farbstoffen gefärbt und zu Stockknöpfen, Briefbeschwerern etc. benutzt wird),
in Form von Schwefelblumen zum Einpudern des Weinstocks gegen Traubenkrankheit, zum Schwefeln des Hopfens und Weins, zum Bleichen
von Wolle, Stroh, Federn, auch als Arzneimittel. Er erzeugt in mäßigen Dosen breiige Stuhlentleerungen, in sehr großen Dosen
aber Übelkeit, Wadenkrämpfe, Harnbeschwerden etc. Man gibt ihn als abführendes Mittel, und er ist ein
Bestandteil des Kurellaschen Brustpulvers. S. ist seit den ältesten Zeiten bekannt.
Den Alchimisten galt er als Prinzip der Brennbarkeit und als Träger der Veränderlichkeit der Metalle durch das Feuer. Bis 1838 war
die europäische Industrie fast ganz von dem sizilischen S. abhängig, und noch 1875 lieferte Sizilien 360 Mill. kg
S., während die gesamte europäische Produktion nur 380 Mill. kg betrug. Spanien lieferte 4, Österreich 3,75, Deutschland 9,5
(außerdem 5 Mill. kg regenerierten S.), Belgien 0,45 Mill. kg. Eine sehr bedeutende Emanzipation von Sizilien ist aber insofern
eingetreten, als die für technische Zwecke, besonders für die Schwefelsäurefabrikation, bestimmte schweflige Säure,
zu deren Darstellung der sizilische S. nicht hinreichen würde, gegenwärtig fast ausschließlich durch Rösten von Schwefelmetallen,
besonders aus Schwefelkies, gewonnen wird.
Vgl. Brunfaut, De l'exploitation des soufres en Italie et dans le midi de la France
(2. Aufl., Par. 1874);
Parodi, Sull' estrazione dello solfo in Sicilia (Flor. 1873).