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Dichtkunst vollendete Werke schuf, aber gern abstrakte Gegenstände zur poetischen Behandlung wählte, und Erik Sjöberg (pseudonym Vitalis, gest. 1828), der sowohl als elegischer wie als satirischer Dichter hervorragte und an Originalität seinen Freund Karl Aug. Nicander (gest. 1839) bei weitem übertraf, obgleich dieser sich wiederum durch die gelungene Form seiner Gedichte und durch musterhafte Übersetzungen (z. B. Schillers) auszeichnete. Andre, zu keiner Partei gehörende Dichter jener Zeit waren Christian Erik Fahlcrantz (gest. 1866, »Noaks ark«) und Jonas Ludw. Almquist (gest. 1866), eine der eigentümlichsten Erscheinungen in der schwedischen Litteratur, auch als Romanschriftsteller ausgezeichnet. Eine neue Richtung machte sich sodann in einer Gruppe von Dichtern geltend, welche Tegnérs Streben nach Klarheit mit der tiefern Auffassung und Natursymbolik der Phosphoristen zu vereinigen suchten. Die Hauptvertreter dieser Richtung waren Bernh. Elis Malmström (gest. 1865) und Karl Wilh. Böttiger (gest. 1879), während andre, wie J. ^[Johan] Anders Wadman (gest. 1837), Wilh. v. Braun (gest. 1860) und die Liederdichter Elias Sehlstedt (gest. 1874) und Gunnar Wennerberg, ein humoristisches Element in die Litteratur einführten.
Epochemachend für die s. L. wurde der Finne Joh. Ludwig Runeberg (gest. 1877), unbedingt der erste schwedische Dichter der jüngsten Epoche, indem er in der epischen (»Fänrik Ståls sägner«) wie in der lyrischen Poesie höher steht als irgend ein andrer und auch im Drama (»Kungarne på Salamis«) Bedeutendes geleistet hat. Ihm schließt sich in Finnland eine Gruppe von Dichtern an, die als »Runebergsche Schule« bezeichnet werden kann, und deren Haupteigenschaft in dem Streben besteht, lebhafte und gefühlvolle Schilderungen, meist auf heimische Verhältnisse bezüglich, in klarer, ungekünstelter Weise auszuführen. Dazu gehören namentlich: die Lyriker Nervander (gest. 1848) und Stenbäck (gest. 1870), Cygnäus (gest. 1881), Verfasser von lyrischen und dramatischen Dichtungen, und Zachris Topelius (geb. 1818), als Lyriker und Dramatiker wie als Erzähler ausgezeichnet, sowie der Dramatiker Jul. Vecksell (geb. 1838, »Daniel Hjort«).
Die politische Poesie fand in Schweden [* 2] einen talentvollen Vertreter an K. Wilh. Strandberg (pseudonym Talis Qualis, gest. 1877). Sonst sind von neuern Dichtern noch zu nennen: Gudmund Silfverstolpe (gest. 1853), Joh. Nybom (geb. 1815), Osk. Patrik Sturtzenbecker ^[richtig: Sturzenbecker] (pseudonym Orvar Odd, gest. 1869), Hermann Sätherberg (geb. 1812), Fredrik Ridderstad (gest. 1886), Lorenz Sommelius (gest. 1848), Fredr. W. Scholander (geb. 1816, pseudonym Acharius), Karl Rupert Nyblom (geb. 1832), der Komödiendichter Joh. Jolin (geb. 1818), Frans Hedberg (geb. 1828), als Erzähler und Lustspieldichter gleich ausgezeichnet, Graf Snoilsky (geb. 1841) u. a. Auch die Könige Karl XV. und Oskar II. haben Gedichte veröffentlicht.
Der Roman hatte in Schweden seit Mörks Zeiten (s. oben) fast ganz brach gelegen und fand erst im 19. Jahrh. wieder Bearbeiter, von denen wir zunächst Fredrik Cederborgh (gest. 1835), Verfasser der komischen Romane: »Uno von Trasenberg« und »Ottar Tralling«, welche die Zustände des Alltagslebens von ihrer lächerlichen Seite schildern, und Friederike Bremer (gest. 1865) anführen, in deren spätern Romanen indes Unnatürlichkeit und Sentimentalität an die Stelle der frischen Naivität und der feinen Beobachtungsgabe traten, durch die sich ihre frühern Werke (»Teckningar ur hvardagslifvet«, »Presidentens döttrar« etc.) auszeichneten. Während Fr. Bremer das Leben der Mittelklassen schildert, suchte Sophie Marg. v. Knorring (gest. 1848) den Stoff zu ihren anmutigen, aber weniger unbefangenen Erzählungen in den höhern Kreisen der Gesellschaft, für deren Thorheiten und hohles Wesen sie einen offenen Blick hatte, während Emilie Flygare-Carlén (geb. 1807) sich durch treue und phantasiereiche Schilderungen des Volkslebens und der Natur Berühmtheit erwarb.
Auch Karl Ant. Wetterbergh (gest. 1889, pseudonym Onkel Adam) entnimmt den Stoff zu seinen durch feine Beobachtungen und milden Humor ausgezeichneten Erzählungen dem alltäglichen Leben und den untern Klassen der Bevölkerung, [* 3] ebenso Aug. Blanche (gest. 1868), der nebenbei auch eine Reihe ergötzlicher Lustspiele geliefert hat, die sich wie seine Novellen meistens in Stockholmer Verhältnissen bewegen. Der historische Roman nach W. Scotts Muster fand glückliche Bearbeiter in G. W. Gumälius (gest. 1877, »Tord Bonde«),
Per Georg Sparre (gest. 1871),
Henrik Mellin (gest. 1876),
K. Sam. Fredrik v. Zeipel (gest. 1849, »Seton«, »Sammansvurna«),
K. Anders Kullberg (gest. 1857, »Gustaf III. och hans hof«). Meisterhaft in der Darstellung sind Magn. Jakob Crusenstolpes (gest. 1865) hierher gehörige Werke (»Morianen«, »Karl Johan og Svenskarne« u. a.), wenn sie auch, als Zeitbilder betrachtet, unzuverlässig sind, da die Thatsachen oft verdreht und tendenziös gruppiert werden. Weiter sind als Romanschriftsteller zu erwähnen: Karl Fredr. Ridderstad (gest. 1886), der den Stoff zu seinen interessanten Erzählungen teils der Geschichte, teils der Gegenwart entlehnt; der schon genannte Finne Zachris Topelius (geb. 1818), dessen Romancyklus »Feltskärens berättelser« zu den besten Prosawerken Schwedens gezählt wird; Victor Rydberg (geb. 1829),
Verfasser der Romane: »Den siste Athenaren«, »Fribytaren på Östersjön«, »Singoalla« etc., zugleich ein Vorkämpfer freisinniger Ideen auf allen Gebieten, und Sophie Schwartz (geb. 1819), Verfasserin zahlreicher Tendenzromane, die ein bedeutendes Darstellungsvermögen und genaue Beobachtungsgabe bekunden. Sehr schätzbare Beiträge zur Kenntnis des Lebens und der Sitten der untern Volksklassen lieferten der Theolog Sam. Ödman (»Hågkomster från hembygden och skolan«),
Lovén (»Folklifvet i Skytts härad«) und Hyltén-Cavallius (»Värend och virdarne«).
Einen neuen Aufschwung nahm die s. L. nach dem Auftreten von Georg Brandes (s. d. 4) in Dänemark [* 4] zu Anfang der 70er Jahre. Auch in Schweden sammelte sich nämlich um die von ihm vertretenen Prinzipien eine Schar junger und begabter Kräfte, die bald zu immer wachsender Bedeutung gelangte. Als der hervorragendste unter diesen verdient August Strindberg erwähnt zu werden, ferner Anne Charlotte Edgren, Alfhild Agrell, G. af Geijerstam, Bååth, Wijkander, Molander u. a.; dieselben haben heutzutage das Gebiet der schwedischen Litteratur so gut wie vollständig monopolisiert. - Durch Übersetzungen fremder Litteraturwerke machten sich verdient: Aug. Hagberg (Shakespeare), Böttiger (Tasso), Stjernstolpe (»Don Quichotte«, »Oberon«),
Nicander (Schillers Tragödien),
K. A. Kullberg (Tasso und Ariost),
Johanson (Homer),
Rammer (Molière),
Strandberg (Byron),
Nils Lovén (Dante u. Camoens),
Rydberg (Goethes »Faust«) u. a.
In der wissenschaftlichen Litteratur wird der Übergang vom 18. zum 19. Jahrh. nicht von Streitigkeiten und Kämpfen bewegt, wie sie die Entwickelung ¶
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der schönen Litteratur bezeichnen. In der Theologie, deren Studium man jetzt mit größerer Wissenschaftlichkeit zu behandeln anfing, verschafften sich als Exeget der oben genannte Ödman (gest. 1829), als Kanzelredner besonders Wallin (gest. 1839) und Rogberg (gest. 1834), dann Franzén (gest. 1847), Hagberg (gest. 1841), Thomander (gest. 1865) und Wieselgren (gest. 1877) berühmte Namen. Außerdem haben sich bekannt gemacht: H. M. Melin (gest. 1877) durch eine Bibelübersetzung und durch seine gegen Strauß [* 6] gerichteten Vorlesungen über das Leben Jesu, Ignell, V. Rydberg, Hultkrantz (gest. 1877), Reuterdahl durch kirchengeschichtliche Arbeiten. Auf die philosophische Litteratur übte lange die deutsche einen bedeutenden Einfluß aus. Der Kant-Fichteschen Richtung suchte am Schluß des 18. Jahrh. besonders Benj. Höijer (gest. 1812) Eingang zu verschaffen, und seine kritischen und philosophischen Schriften trugen zur Beförderung der Krise bei, aus welcher die neue Zeit hervorgegangen ist. Später wurde der Kantianismus, der zu Beginn des Jahrhunderts an den Universitäten herrschte, von Schellings Lehre [* 7] verdrängt, welche in den Phosphoristen eifrige Verfechter fand. Der selbständigste unter den philosophischen Denkern ist Chr. Jak. Boström (gest. 1866), der aber mehr vom Katheder aus als durch Schriften sein eigentümliches System dargelegt hat. Von seinen Schülern sind Chr. Theod. Claeson (gest. 1859) und Axel Nybläus (geb. 1821) die bedeutendsten, der letztere der sogen. neurationalistischen Schule angehörig, die in Schweden in jüngster Zeit immer größere Ausbreitung gefunden hat.
Die Geschichte der Philosophie schrieb Atterbom; um die Ästhetik hat sich Lénström verdient gemacht. Die Staatswissenschaften fanden in Schlyter, Nordström und Höijer, die Staatswirtschaft in Rabenius und Bergfalk Bearbeiter. In der Geschichtschreibung, auf welche die nationale Bewegung um die Wende des Jahrhunderts befruchtend wirkte, hat sich vor allen Geijer als vollendeter Meister bewährt und nicht nur in »Svea rikes häfder« und »Svenska folkets historia«, sondern auch in einer Menge kleinerer Schriften wertvolle Werke geliefert. Mit größerer Ausführlichkeit, aber geringerer Tiefe in Gedanken und Vollendung in der Form arbeitete Magn. Strinnholm (gest. 1862) seine »Svenska folkets historia från de äldsta tider« (bis 1363 reichend) aus. Durch eine populäre Darstellungsweise zeichnet sich A. Fryxell (gest. 1881) aus in seinen »Berättelser ur svenska historien«, von denen besonders die ersten Teile eine beliebte Volkslektüre geworden und auch in mehrere Sprachen übersetzt sind. Unter den vielen Werken, welche einzelne Perioden der schwedischen Geschichte behandeln, sind hervorzuheben: Cronholm (gest. 1879), »Sveriges historia under Gustaf II. Adolfs regering«, F. F. Carlsons (gest. 1887) treffliche »Sveriges historia under konungarne af Pfalziska huset« und K. G. Malmströms »Sveriges politiska historia från Carl XII.'s död till 1772«, während Bernh. v. Beskow (gest. 1868) die Regierung Gustavs III. schilderte und Svedelius in seiner Schrift über »Svenska statsrådets ansvarighet« eine geschichtliche Lösung einer der wichtigsten Fragen des Staatsrechts lieferte.
Auch Wahrenberg, Tengberg, Hammarstrandt ^[richtig: Hammarstrand] u. a. haben verschiedene historische Arbeiten in speziellern Richtungen veröffentlicht, Swederus in »Sveriges krig och politik 1808-14« den König Karl XIV. Johann gegen die Beschuldigungen seiner Widersacher gerechtfertigt. Außer diesen sind als Historiker von Bedeutung zu nennen: Lundblad, Odhner, Styffe, Annerstedt, Hellstenius, Weibull, Alin u. a. Die Litteraturgeschichte ist in anerkennenswerter Weise von S. Wieselgren, Hammersköld, Fryxell, Atterbom, Malmström, G. H. J. ^[Gustaf Håkan Jordan] Ljunggren, Sturzenbecker, Ahnfelt, Forsell u. a. (s. unten), die Kunstgeschichte durch Hildebrand und Brunius gefördert worden.
Die Handelsgeschichte schrieb Silén. Viele Teile der schwedischen Personalgeschichte haben die nötige Aufklärung erhalten durch das von Palmblad u. a. redigierte »Svenskt biographiskt lexikon« (Upsala [* 8] 1835-56, 23 Bde.), dessen Fortsetzung Wieselgren herausgab (Bd. 1-9, Örebro u. Stockh. 1858-83). Die Geographie hat in Palmblad einen wissenschaftlichen Bearbeiter gefunden; die spezielle Geographie Schwedens wurde von Tuneld, Tamm u. a. behandelt. Außerdem haben die reise- und forschungslustigen Schweden die Reiselitteratur fleißig angebaut.
Wir nennen hier: Castrén, Engström, Berggren, Gosselman, Atterbom, Nicander, Pontin, Arwidsson, Kernell, Kullberg, den Dichter-Maler Lundgren, die Nordpolfahrer Nordenskjöld und Kjellman. Auch in den Naturwissenschaften hat Schweden im 19. Jahrh. wieder Hervorragendes geleistet, doch müssen wir uns hier auf die Nennung nur der allerbedeutendsten Namen, die überall bekannt sind, wie den Chemiker Berzelius (gest. 1848), die Botaniker Karl Adolf Agardh (gest. 1859) und Elias Fries (gest. 1878), den Geologen Sven Nilsson (gest. 1883), den Anatomen Anders Ad. Retzius (gest. 1867), beschränken. Die Altertumsforschung fand in Dybeck, Liljegren, Holmberg, Bror, Emil Hildebrand und Hans Hildebrand, Oskar Montelius u. a. kundige Bearbeiter. In der nordischen Philologie hat Rydquist (gest. 1877) ein verdienstvolles Werk: »Svenska språkets lagar« (Stockh. 1850-83, 6 Bde.), geliefert, das erste Werk, welches dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft entspricht.
Außerdem haben Dietrich und Fryxell die Grammatik angebaut (vgl. Schwedische Sprache). Die klassische Philologie hat in Schweden nie recht Boden gewinnen können, wenn es auch nicht an einzelnen wertvollen Leistungen fehlt, wie z. B. das »Svenskt-latinskt lexikon« von Lindfors beweist. Besser gediehen die orientalischen Studien, wo Norberg, Agrell und Tullberg für das Syrische, Tornberg für das Arabische und Tullberg für Sanskrit thätig waren und zu europäischer Berühmtheit gelangten.
Die Hauptwerke über schwedische Litteraturgeschichte im allgemeinen sind: Hammarsköld, Svenska vitterheten (neue Ausg. von Sondén, Stockh. 1833);
Lénström, Svenska poesiens historia (das. 1839, 2 Bde.);
Derselbe, Sveriges literatur- och konsthistoria (das. 1841);
Claëson, Öfversigt af svenska språkets och literaturens historia (4. Aufl., das. 1877);
Fryxell, Bidrag til Sveriges literaturhistoria (das. 1860-62);
Dietrichson, Indledning i studiet af Sveriges literatur i vort aarhundrede (das. 1862);
Ahnfelt, Verldliteraturens historia (das. 1876).
Die belletristische Litteratur behandeln: Wieselgren, Sveriges sköna literatur (Stockh. 1843-49, 5 Bde.);
Malmström, Grunddragen af svenska vitterhetens historia (das. 1866-68, 5 Bde.);
Ljunggren, Svenska vitterhetens häfder efter Gustaf III.'s död (das. 1876-81).
Einzelne Charakterbilder gaben Atterbom, Svenska siare och skalder (2. Aufl., Stockh. 1862-63); Orvar Odd, Grupper af personager från igår (das. 1861). Die dramatische Litteratur ist litterarhistorisch von ¶