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neuem ausgebrochenen Kriegs starb Karl X. und die darauf für seinen unmündigen Sohn Karl XI. (1660-97) eingesetzte vormundschaftliche Regierung schloß mit Polen den Frieden von Oliva, in welchem der König von Polen seine Ansprüche auf die schwedische Krone aufgab, mit Dänemark [* 2] 26. Juni den Frieden von Kopenhagen, [* 3] in welchem Drontheim und Bornholm an Dänemark zurückgegeben wurden, und mit Rußland 1661 den Frieden von Kardis, welcher den Frieden von Stolbowa bestätigte.
Die vormundschaftliche Regierung, an deren Spitze zwar die verwitwete Königin, Hedwig Eleonore von Holstein-Gottorp, stand, in welcher aber der Reichskanzler Graf Magnus de la Gardie und der Reichsdrost Graf Per Brahe den herrschenden Einfluß besaßen, verwaltete das Reich durchaus eigennützig: die Mitglieder suchten sich und dem Adel, dessen Macht und Übermut immer mehr stiegen, soviel wie möglich von den Einkünften des Reichs zuzuwenden und alle Abgaben von sich ab auf die nichtadligen Stände zu wälzen;
die Finanzen gerieten in größte Unordnung;
das Kriegsheer, die Flotte und die Festungen verfielen.
Die auswärtige Politik hing ganz von den Subsidien und Geschenken ab, welche die fremden Mächte zahlten, und nach einigen Schwankungen, nachdem S. 1668 mit England und den Niederlanden die Tripelallianz gegen Ludwig XIV. abgeschlossen, trat die Regentschaft ganz in den Sold Frankreichs, auf dessen Verlangen S. 1674 einen ganz unberechtigten Angriff auf Brandenburg [* 4] unternahm und dadurch zur Teilnahme an dem großen Krieg auf seiten Frankreichs fortgerissen wurde. Im Kampf mit Brandenburg und Dänemark (1675-79) traten die Schäden und Mängel des Staatswesens, welche die Unfähigkeit und die Selbstsucht der Regentschaft verschuldet hatten, in so erschreckender Weise hervor, daß die schwedische Armee und Flotte Niederlage auf Niederlage erlitt, S. seinen Kriegsruhm verlor und vor empfindlichen Gebietsverlusten bei den Friedensschlüssen von St.-Germain und Fontainebleau auf beschämende Art nur durch seinen mächtigen Verbündeten bewahrt wurde. In jenen Tagen des Unglücks und der Demütigung reifte in dem jungen König, der 1672 die Regierung selbst angetreten hatte, der Entschluß, der aristokratischen Mißwirtschaft, welche S. an den Rand des Verderbens gebracht hatte, ein Ende zu machen und das Staatswesen auf starken und gesunden Grundlagen wieder aufzurichten.
Indem er sich von den Welthändeln möglichst zurückzog, widmete er seine ganze Kraft [* 5] der innern Verwaltung, wobei ihn der tüchtige Minister Gyllenstjerna unterstützte. Nachdem ihm die Reichstage von 1680 und 1682 fast unbeschränkte Macht erteilt hatten, forderte er die Vormünder zur Rechenschaft über ihre Verwaltung vor und zog durch die Reduktion, welche Claes Fleming leitete, die der Krone abhanden gekommenen Güter mit rücksichtsloser Strenge wieder ein, wodurch die Krone 3 Mill. Rthlr. jährliche Rente gewann, alle Lehnsgrafschaften und Baronien verschwanden und die Macht des Adels einen schweren Stoß erlitt.
Auch führte Karl 1683 die militärische Einrichtung der »Indelta« ein. Die Flotte wurde in guten Stand gesetzt und der Kriegshafen Karlskrona [* 6] angelegt. Dabei bezahlte Karl 29 Mill. Rthlr. Reichsschulden, verminderte außerdem durch eine gewaltsame Zinsreduktion und Anrechnung der gezahlten Zinsen den Rest der Staatsschuld auf die Hälfte und hinterließ dennoch einen Staatsschatz von 8 Mill. Angesichts dieser Erfolge erkannte der Reichstag von 1693 ausdrücklich die absolute Herrschergewalt des Königs an, der den Reichstag zu berufen und zu befragen nicht verpflichtet sei.
Als nach Karls XI. Tod sein erst 15jähriger Sohn Karl XII. (1697-1718), der aber schon im November 1697 von den Reichsständen für volljährig erklärt wurde, den Thron [* 7] bestieg, glaubten die auf Schwedens Macht neidischen Nachbarn, Rußland, Polen und Dänemark, die Zeit gekommen, es seiner wichtigsten auswärtigen Provinzen zu berauben, und schlossen 1699 eine Koalition gegen S. Mit dem Angriff auf Kopenhagen, mit dem Karl XII. seinen Feinden zuvorkam, begann der Nordische Krieg (s. d.), welcher Schwedens Macht stürzen sollte.
Der Krieg begann glücklich für S., sowohl gegen Dänemark als gegen Rußland und Polen, und gab den schwedischen Waffen [* 8] ihren bei Fehrbellin [* 9] verlornen Ruf wieder, strengte aber die finanziellen und militärischen Kräfte der Nation übermäßig an. Von 1700 bis zur unglücklichen Schlacht bei Poltawa stellte S. 400,000 Mann ins Feld, und auch nach dieser Katastrophe vermochte es noch eine trefflich organisierte Armee von 70,000 Mann aufzubringen, da die dem schwedischen Nationalcharakter eigne Ausdauer und Treue das Volk zu so gewaltigen Anstrengungen fähig und geneigt machte.
Aber der Starrsinn des Königs, der 1709-14 hartnäckig in der Türkei [* 10] blieb, um diese zum Kriege gegen Rußland zu zwingen, während von allen Seiten feindliche Heere über die schwedischen Lande hereinbrachen, erschöpfte auch die unermüdliche Opferwilligkeit seines Volkes und vereitelte alle Bemühungen des Grafen Görz, [* 11] die Finanzen in Ordnung zu bringen und durch einen Separatfrieden mit dem mächtigsten Feind, Rußland, der übrigen Herr zu werden. Auf einem seiner planlosen Kriegszüge gegen Norwegen [* 12] fand Karl XII. vor Frederikshald einen gewaltsamen Tod.
Die Adelsherrschaft.
Ein Rückschlag zu gunsten der lange Unterdrückten, aber keineswegs vernichteten Aristokratie war nach dem unglücklichen Verlauf des Kriegs unvermeidlich. Entschlossen, die absolute Königsgewalt zu beseitigen und die alte ständische Verfassung mit dem Übergewicht des Adels wiederherzustellen, erkannte der Adel das Reichsgesetz, nach welchem der Sohn der ältesten Schwester Karls, der Herzog Karl Friedrich von Holstein, den Thron erben sollte, nicht an und huldigte sogleich der jüngern Schwester Karls, Ulrike Eleonore, unter der Bedingung, daß sie durch eine Wahlkapitulation der unumschränkten königlichen Gewalt entsage und in die Änderung der Verfassung willige.
Diese wurde im Februar 1719 vom Reichstag unter dem Einfluß des Adels beschlossen und bestimmte, daß die höchste Gewalt an einen Reichsrat (Senat), in welchem die Krone nur zwei Stimmen und der Adel die Mehrheit hatte, und welcher allein dem Reichstag verantwortlich war, übergehen, dieser alle Ämter besetzen und sich auch ohne Zustimmung der Krone um die Rechte und Freiheiten des Reichs bekümmern solle. Nach Anerkennung der neuen oligarchischen Verfassung wurde Ulrike Eleonore zur Königin gewählt und auch ihrem Gemahl, dem Erbprinzen Friedrich von Hessen, [* 13] die Königswürde beigelegt. Nachdem der dem Adel verhaßte Minister Görz nach einem höchst willkürlichen Prozeß hingerichtet worden beeilte sich der Reichsrat, mit den Feinden Frieden zu schließen, wobei er vor allem auf Geldzahlungen bedacht war, damit dem Adel nicht Opfer für Herstellung der ¶
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Finanzen zugemutet werden müßten. An Hannover [* 15] wurde im November 1719 gegen 1 Mill. Thlr. Bremen [* 16] und Verden, [* 17] an Preußen [* 18] im Stockholmer Frieden (Februar 1720) gegen 2 Mill. Thlr. Vorpommern bis zur Peene abgetreten. Im Frieden mit Dänemark gab S. den Herzog von Gottorp preis und verzichtete auf die Befreiung vom Sundzoll, wogegen Dänemark die eroberten Gebiete räumte. Den Krieg mit Rußland wollte der Reichsrat fortsetzen; aber als im Juli 1721 ein russisches Heer in S. landete und an der furchtbarsten Verwüstung des Landes nicht verhindert werden konnte, verstand er sich zum Frieden von Nystad in dem S. Ingermanland, Esthland, [* 19] Livland, einen Teil von Karelien und Kexholm gegen 2 Mill. Thlr. an Rußland abtrat. Die schwedische Macht war jetzt auf das eigentliche S., Finnland und ein kleines Stück Pommern [* 20] beschränkt. Die Großmachtstellung im europäischen Norden, [* 21] die S. seit Gustav Adolf eingenommen, ging nun an Rußland über.
Der Reichstag von 1720 hatte die königliche Gewalt von Ulrike Eleonore auf ihren Gemahl Friedrich übertragen, nachdem derselbe dem Reichsrat neue Zugeständnisse gemacht hatte. Alle Versuche Friedrichs, dieselben zurückzunehmen, waren vergeblich, und er mußte sich vom übermütigen Adel arge Beleidigungen gefallen lassen. Allerdings zerfiel der Adel auf dem Reichstag von 1726 in zwei Parteien, die Mützen unter Graf Arvid Horn, welche sich stets den Plänen des Königs widersetzten, und die Hüte unter Graf Karl Gyllenborg, welche sich Freunde des Königs nannten.
Die Mützen bemühten sich wohl, Handel und Gewerbe zu unterstützen und die Wohlhabenheit des Landes zu heben; die Hüte dagegen wollten dem Reich durch siegreiche Kriege Ansehen verschaffen. Beide Parteien wollten aber vor allem herrschen und den Staat zu ihrem Nutzen ausbeuten. Während der ganzen sogen. Freiheitszeit (1720-72) ließen sie sich von auswärtigen Mächten bestechen und unterstützten diejenige auf den Reichstagen, welche am besten bezahlte. Bis 1738 hatten die Mützen die Oberhand; nun aber wurden die französisch gesinnten Hüte die mächtigere Partei, und sogleich wurde ein Subsidienvertrag mit Frankreich abgeschlossen und der Krieg an Rußland erklärt, das gezwungen werden sollte, alle seine Eroberungen zurückzugeben.
Aber gleich die ersten kriegerischen Ereignisse entsprachen nicht den Erwartungen, und im März 1742 brach ein russisches Heer in Finnland ein, das nach der Niederlage des schwedischen Heers bei Willmanstrand aufs furchtbarste verwüstet ward. Nur durch die Wahl des Herzogs Karl Peter Ulrich von Holstein-Gottorp, Großneffen Karls XII. und Neffen der russischen Kaiserin Elisabeth, und, als dieser wegen seiner Ernennung zum russischen Thronfolger ablehnte, des Herzogs Adolf Friedrich von Holstein-Gottorp zum Nachfolger des kinderlosen Königs Friedrich erlangte der Reichstag im Frieden von Abo die Rückgabe Finnlands.
Nach dem Tod Friedrichs kam mit Adolf Friedrich (1751-71) das Haus Holstein-Gottorp auf den schwedischen Thron. Den sanften, langmütigen König schränkte die übermütige Oligarchie nicht nur möglichst ein, indem sie ihm im Staatsrat nur zwei Stimmen gewährte und der Rat, wenn er einem Beschluß seine Unterschrift versagte, den Namen des Königs eigenmächtig darunter drückte, sondern sie gefiel sich auch darin, ihn durch Vorwürfe, Verweise und Bestrafung seiner Anhänger zu beleidigen und zu reizen.
Dem staatsverderblichen Treiben des Adels gegenüber bildete sich daher 1756 um den König eine ansehnliche Hofpartei, welche den Plan faßte, die Macht des Königs zu vermehren. Kurz vor der Ausführung wurde aber der Anschlag entdeckt und eine ganze Anzahl Verschworner auf Befehl des Reichsrats hingerichtet. Der König wagte es nicht, seine Anhänger vom Tod zu retten; seine Gewalt ward nun noch mehr vermindert, indem man ihm selbst das Recht nahm, Ämter und Stellen dem Vorschlag gemäß zu besetzen, und dasselbe dem Reichsrat übertrug.
Von der nun herrschenden Gyllenborgschen Partei der Hüte ging der Anteil aus, den S. ohne rechten Zweck u. Vorteil im Interesse Frankreichs seit 1757 am Siebenjährigen Krieg nahm. Nach fünfjähriger Dauer dieses für S. wenig ehrenvollen Kriegs setzte der Friede von Hamburg [* 22] die Verhältnisse mit Preußen wieder in den vorigen Stand. Unter dem Einfluß des Kronprinzen Gustav raffte sich Adolf Friedrich endlich 1769 zum Widerstand gegen den Adel auf: er verweigerte die Unterzeichnung eines Beschlusses des Reichstags und verlangte die Berufung eines außerordentlichen Reichstags, der den gerechten Klagen der Nation abhelfen sollte. Er erzwang auch den Zusammentritt desselben durch die Drohung mit seiner Abdankung, erlangte aber nichts Wesentliches, da er vor einem Gewaltstreich zurückscheute, und starb
Die Wiederherstellung der königlichen Gewalt.
Gustav III. (1771-92), Adolf Friedrichs Sohn, war entschlossen, der verrotteten Adelswirtschaft ein Ende zu machen. Er unterzeichnete zwar in Paris, [* 23] wo er sich beim Tod seines Vaters aufhielt, die ihm sofort vorgelegte Urkunde, in der er die Aufrechterhaltung der Verfassung versprach, und gab im März 1772 vor der Krönung noch eine besondere Versicherungsurkunde, schloß aber im geheimen mit Frankreich einen Vertrag, in dem er sich gegen Zahlung von Hilfsgeldern zum Umsturz jener Verfassung verpflichtete. Er erkannte wohl die Schwäche des Gegners, der, in zwei sich heftig befehdende Parteien gespalten, das Volk wie auch eine ansehnliche Hofpartei gegen sich hatte.
Nachdem er im geheimen einen Teil des Heers auf seine Seite gebracht, ließ er unter dem Jubel des Volkes den Reichsrat verhaften und zwang 21. Aug. den von Truppen umstellten Reichstag, eine neue Verfassung anzunehmen, welche den Reichsrat in die Schranken einer beratenden Behörde verwies und die ganze ausübende Gewalt, den Oberbefehl über die Kriegsmacht, das Recht, die höhern Beamten zu ernennen, in den Adelstand zu erheben, Bündnisse und Frieden mit fremden Mächten zu schließen und Verteidigungskriege zu beginnen, wieder der Krone übertrug. Im Sinn des aufgeklärten Despotismus wurden nun mancherlei Reformen eingeführt, die Tortur abgeschafft, das Geldwesen geordnet, Ackerbau, Handel und Bergbau [* 24] gefördert.
Aber die unerhörte Verschwendung des leichtfertigen und prachtliebenden Königs nötigte ihn, um seine stets leeren Kassen zu füllen, zu finanziellen Maßregeln, Einführung von Monopolen u. dgl., die ihm alle Popularität raubten und schon auf dem Reichstag von 1778, noch mehr dem von 1786 den Adel zur Erneuerung der Opposition ermutigten. 1788 begann er ohne Bewilligung des Reichstags einen ganz zwecklosen Krieg gegen Rußland, der von ihm selbst zu Land, von seinem Bruder, Herzog Karl von Södermanland, zur See sehr ungeschickt geführt wurde. Namentlich 1789 verlief der Krieg höchst unglücklich, und nur dem Seesieg Gustavs bei Svenskasund und den allgemeinen ¶