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wahrte das königliche Recht auf die Regalien, regelte das Steuerwesen und gewann die Mittel zur Aufstellung einer ansehnlichen Landmacht und einer Kriegsflotte; Acker- und Bergbau, [* 2] Handel und Gewerbe hoben sich in überraschender Weise. Daher erklärte der Reichstag von Westerås den Thron [* 3] für erblich im Haus Wasa, und 1560 folgte auf Gustav I. ohne Widerspruch sein ältester Sohn, Erich XIV. (1560 bis 1568), während die jüngern Söhne Lehnsfürstentümer erhielten: Johann Finnland, Magnus Ostgotland, Karl Södermanland.
Doch Erich war verschwenderisch, argwöhnisch gegen seine Umgebung, namentlich seine Brüder, und gewaltthätig. Mit Dänemark [* 4] führte er einen kostspieligen, aber nutzlosen Seekrieg. 1567 brach bei ihm die Geistesstörung offen aus, und 1568 wurde er von seinem Bruder Johann, den er aus Mißtrauen vier Jahre in Haft gehalten, gestürzt und in den Kerker geworfen, in dem er 1577 vergiftet wurde. Es folgte ihm Johann III. (1568-92), der die Jesuiten bei ihrem Bestreben, S. wieder für die römische Kirche zu gewinnen, begünstigte, ohne doch den Mut zum offenen Abfall von der Reformation zu besitzen, und durch Verschwendung und Günstlingswirtschaft sowie durch einen eigensinnig unternommenen und fortgesetzten Krieg gegen Rußland das Ansehen des Königtums schwächte.
Sein Sohn Siegmund (1592-99), der 1587 zum König von Polen gewählt worden und offen zum Katholizismus übergetreten war, mußte zwar vor seiner Krönung (1594) versprechen, die protestantische Kirche in S. zu schützen; da er jedoch sein Wort zu brechen suchte und den Adel übermäßig begünstigte, um an ihm eine Stütze zu haben, ward sein Oheim Karl von Södermanland, ein eifriger Protestant, 1595 in Söderköping zum Reichsverweser und, nachdem Siegmund, der den schwedischen Thron mit Waffengewalt wiedererobern wollte, bei Stångebro besiegt und 1599 abgesetzt worden, zum regierenden Erbfürsten und 1604 zum König ernannt.
Karl IX. (1604-11) befestigte die lutherische Kirche, schritt gegen den übermütig gewordenen Adel mit blutiger Strenge ein, förderte den Bergbau und Handel und gab auch den anfangs unglücklich geführten Kriegen gegen Rußland, Polen und Dänemark eine günstigere Wendung, starb aber schon 1611. Ihm folgte sein Sohn Gustav II. Adolf (1611-32). Derselbe versöhnte den Adel mit der Krone, indem er durch die »Ritterhausordnung« von 1626 die Ritterschaft, nach drei Ordnungen geteilt, als ersten Stand dem niedern Adel sowie dem Bürger- und Bauernstand überordnete, vermehrte 1617 durch eine neue Reichsordnung die Mitwirkung der Stände an der Reichsverwaltung, wahrte aber gleichzeitig der Krone die Initiative und die Entscheidung über die Beschlüsse der getrennt beratenden Stände.
Der Adel nahm dafür einen Teil der Kriegssteuern auf sich und diente fortan dem König im Krieg und Frieden mit Aufgebot aller Kräfte. Das Vertrauen des Volkes erwarb sich Gustav Adolf, indem er die Verwaltung neu organisierte, ein tüchtiges, unterrichtetes Beamtentum schuf, die Rechtspflege durch eine neue Gerichtsorganisation und Prozeßordnung verbesserte, ein neues Stadtrecht gab, Kirchen- und Schulwesen, Handel und Schiffahrt hob und den Bergbau in Aufschwung brachte.
Mit dem Heer, das er durch ein Konskriptionssystem meist aus Landeskindern gebildet hatte, und das von schwedischen Edelleuten geführt wurde, und mit einer starken Kriegsflotte beendete er zunächst den Krieg mit Dänemark durch den Frieden von Knäröd (Januar 1613), durch den er Kalmar, Öland und Elfsborg zurückerhielt. Den Krieg mit Rußland führte er so erfolgreich, daß S. im Frieden von Stolbowa (Februar 1617) Karelien und Ingermanland erwarb. Im Krieg mit Polen erlangte S. im Waffenstillstand von 1629 den Besitz von Esthland, [* 5] Livland und Kurland, von denen es im Frieden von Stuhmsdorf (1635) Kurland wieder abtrat.
Gustav Adolf hatte damit den Grund zu einer schwedischen Großmacht gelegt, welche die Ostsee beherrschte, und nahm, um diese zu behaupten und zu vermehren, ferner um die Herrschaft seiner Dynastie gegen einen Versuch der polnischen Wasas, mit Hilfe des übermächtigen Katholizismus auf den Thron von S. zu gelangen, zu sichern, 1630 mit Zustimmung des Reichstags den Kampf gegen das katholische Habsburg in Deutschland [* 6] aus. Seine unerwarteten Erfolge erweckten in ihm den Gedanken, auch die deutschen Ostseeküsten zu erwerben und die evangelischen Stände des Deutschen Reichs zu einem Bund unter schwedischer Hegemonie zu vereinigen. Sein Heldentod bei Lützen [* 7] machte letzterm Plan allerdings ein Ende.
Aber auch unter seiner Nachfolgerin, der fünfjährigen Christine (1632-54), wurde durch Oxenstiernas weise Leitung der auswärtigen Politik und die Tüchtigkeit der schwedischen Feldherren und Truppen das schwedische Machtinteresse gewahrt. Im Innern freilich begünstigten die vom Reichstag eingesetzte vormundschaftliche Regierung (bis 1644), die neue Verfassung vom und der durch Christinens Freigebigkeit und die Kriegskosten notwendig gewordene Verkauf der Domänen, der nur an Edelleute erfolgen durfte, das Emporkommen des Adels.
Torstenssons Siege vergrößerten im Frieden von Brömsebro (1645) S. auf Dänemarks Kosten durch Jemtland u. Herjeådalen, die Inseln Gotland und Ösel, sowie Halland (auf 30 Jahre) und befreiten die schwedischen Schiffe [* 8] von dem Sundzoll. Der Westfälische Friede aber verschaffte S. 1648 Vorpommern und Rügen mit den Odermündungen, Wismar, [* 9] die Stifter Bremen [* 10] und Verden [* 11] mit den Mündungen der Elbe und Weser, die deutsche Reichsstandschaft und das Recht der Garantie des Westfälischen Friedens. S. wurde hierdurch der Beherrscher der Ostsee und neben Frankreich der mächtigste Militärstaat Europas. Der Dreißigjährige Krieg hatte die allerdings noch geringe Bevölkerung [* 12] (kaum 2 Mill.) wenig geschwächt, die ungeheure aus Deutschland fortgeschleppte Beute den Adel außerordentlich bereichert, freilich auch Eigennutz und Habgier in ihm erweckt, so daß der sittliche Schwung, den Gustav Adolf der Nation eingeflößt, bald wieder verloren ging.
Die Regierung der Könige aus dem Haus Pfalz-Zweibrücken.
Nachdem Christine im Juni 1654 die Krone zu gunsten ihres Vetters Karl X. Gustav (1654-60), Pfalzgrafen von Zweibrücken, [* 13] niedergelegt hatte, verwickelte dieser das Land 1655 zunächst in einen Krieg mit Polen, dessen König aus dem Haus Wasa, Johann Kasimir, Karls X. Thronbesteigung nicht anerkennen wollte, drang tief in Polen ein, siegte 28.-30. Juli 1656 im Bund mit Brandenburg [* 14] über das polnische Heer bei Warschau, [* 15] ward dann aber auch von Rußland und Dänemark angegriffen. Letzteres zwang er durch den kühnen und denkwürdigen Zug über das Eis der [* 16] Belte 1658 zum Frieden von Roeskilde, in welchem S. Schonen, Halland, Blekinge, Bohuslän und Trondhjemlän sowie die Inseln Hven und Bornholm erwarb, womit es in den vollen Besitz seines Kontinents gelangte. Während des von ¶
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neuem ausgebrochenen Kriegs starb Karl X. und die darauf für seinen unmündigen Sohn Karl XI. (1660-97) eingesetzte vormundschaftliche Regierung schloß mit Polen den Frieden von Oliva, in welchem der König von Polen seine Ansprüche auf die schwedische Krone aufgab, mit Dänemark 26. Juni den Frieden von Kopenhagen, [* 18] in welchem Drontheim und Bornholm an Dänemark zurückgegeben wurden, und mit Rußland 1661 den Frieden von Kardis, welcher den Frieden von Stolbowa bestätigte.
Die vormundschaftliche Regierung, an deren Spitze zwar die verwitwete Königin, Hedwig Eleonore von Holstein-Gottorp, stand, in welcher aber der Reichskanzler Graf Magnus de la Gardie und der Reichsdrost Graf Per Brahe den herrschenden Einfluß besaßen, verwaltete das Reich durchaus eigennützig: die Mitglieder suchten sich und dem Adel, dessen Macht und Übermut immer mehr stiegen, soviel wie möglich von den Einkünften des Reichs zuzuwenden und alle Abgaben von sich ab auf die nichtadligen Stände zu wälzen;
die Finanzen gerieten in größte Unordnung;
das Kriegsheer, die Flotte und die Festungen verfielen.
Die auswärtige Politik hing ganz von den Subsidien und Geschenken ab, welche die fremden Mächte zahlten, und nach einigen Schwankungen, nachdem S. 1668 mit England und den Niederlanden die Tripelallianz gegen Ludwig XIV. abgeschlossen, trat die Regentschaft ganz in den Sold Frankreichs, auf dessen Verlangen S. 1674 einen ganz unberechtigten Angriff auf Brandenburg unternahm und dadurch zur Teilnahme an dem großen Krieg auf seiten Frankreichs fortgerissen wurde. Im Kampf mit Brandenburg und Dänemark (1675-79) traten die Schäden und Mängel des Staatswesens, welche die Unfähigkeit und die Selbstsucht der Regentschaft verschuldet hatten, in so erschreckender Weise hervor, daß die schwedische Armee und Flotte Niederlage auf Niederlage erlitt, S. seinen Kriegsruhm verlor und vor empfindlichen Gebietsverlusten bei den Friedensschlüssen von St.-Germain und Fontainebleau auf beschämende Art nur durch seinen mächtigen Verbündeten bewahrt wurde. In jenen Tagen des Unglücks und der Demütigung reifte in dem jungen König, der 1672 die Regierung selbst angetreten hatte, der Entschluß, der aristokratischen Mißwirtschaft, welche S. an den Rand des Verderbens gebracht hatte, ein Ende zu machen und das Staatswesen auf starken und gesunden Grundlagen wieder aufzurichten.
Indem er sich von den Welthändeln möglichst zurückzog, widmete er seine ganze Kraft [* 19] der innern Verwaltung, wobei ihn der tüchtige Minister Gyllenstjerna unterstützte. Nachdem ihm die Reichstage von 1680 und 1682 fast unbeschränkte Macht erteilt hatten, forderte er die Vormünder zur Rechenschaft über ihre Verwaltung vor und zog durch die Reduktion, welche Claes Fleming leitete, die der Krone abhanden gekommenen Güter mit rücksichtsloser Strenge wieder ein, wodurch die Krone 3 Mill. Rthlr. jährliche Rente gewann, alle Lehnsgrafschaften und Baronien verschwanden und die Macht des Adels einen schweren Stoß erlitt.
Auch führte Karl 1683 die militärische Einrichtung der »Indelta« ein. Die Flotte wurde in guten Stand gesetzt und der Kriegshafen Karlskrona [* 20] angelegt. Dabei bezahlte Karl 29 Mill. Rthlr. Reichsschulden, verminderte außerdem durch eine gewaltsame Zinsreduktion und Anrechnung der gezahlten Zinsen den Rest der Staatsschuld auf die Hälfte und hinterließ dennoch einen Staatsschatz von 8 Mill. Angesichts dieser Erfolge erkannte der Reichstag von 1693 ausdrücklich die absolute Herrschergewalt des Königs an, der den Reichstag zu berufen und zu befragen nicht verpflichtet sei.
Als nach Karls XI. Tod sein erst 15jähriger Sohn Karl XII. (1697-1718), der aber schon im November 1697 von den Reichsständen für volljährig erklärt wurde, den Thron bestieg, glaubten die auf Schwedens Macht neidischen Nachbarn, Rußland, Polen und Dänemark, die Zeit gekommen, es seiner wichtigsten auswärtigen Provinzen zu berauben, und schlossen 1699 eine Koalition gegen S. Mit dem Angriff auf Kopenhagen, mit dem Karl XII. seinen Feinden zuvorkam, begann der Nordische Krieg (s. d.), welcher Schwedens Macht stürzen sollte.
Der Krieg begann glücklich für S., sowohl gegen Dänemark als gegen Rußland und Polen, und gab den schwedischen Waffen [* 21] ihren bei Fehrbellin [* 22] verlornen Ruf wieder, strengte aber die finanziellen und militärischen Kräfte der Nation übermäßig an. Von 1700 bis zur unglücklichen Schlacht bei Poltawa stellte S. 400,000 Mann ins Feld, und auch nach dieser Katastrophe vermochte es noch eine trefflich organisierte Armee von 70,000 Mann aufzubringen, da die dem schwedischen Nationalcharakter eigne Ausdauer und Treue das Volk zu so gewaltigen Anstrengungen fähig und geneigt machte.
Aber der Starrsinn des Königs, der 1709-14 hartnäckig in der Türkei [* 23] blieb, um diese zum Kriege gegen Rußland zu zwingen, während von allen Seiten feindliche Heere über die schwedischen Lande hereinbrachen, erschöpfte auch die unermüdliche Opferwilligkeit seines Volkes und vereitelte alle Bemühungen des Grafen Görz, [* 24] die Finanzen in Ordnung zu bringen und durch einen Separatfrieden mit dem mächtigsten Feind, Rußland, der übrigen Herr zu werden. Auf einem seiner planlosen Kriegszüge gegen Norwegen [* 25] fand Karl XII. vor Frederikshald einen gewaltsamen Tod.
Die Adelsherrschaft.
Ein Rückschlag zu gunsten der lange Unterdrückten, aber keineswegs vernichteten Aristokratie war nach dem unglücklichen Verlauf des Kriegs unvermeidlich. Entschlossen, die absolute Königsgewalt zu beseitigen und die alte ständische Verfassung mit dem Übergewicht des Adels wiederherzustellen, erkannte der Adel das Reichsgesetz, nach welchem der Sohn der ältesten Schwester Karls, der Herzog Karl Friedrich von Holstein, den Thron erben sollte, nicht an und huldigte sogleich der jüngern Schwester Karls, Ulrike Eleonore, unter der Bedingung, daß sie durch eine Wahlkapitulation der unumschränkten königlichen Gewalt entsage und in die Änderung der Verfassung willige.
Diese wurde im Februar 1719 vom Reichstag unter dem Einfluß des Adels beschlossen und bestimmte, daß die höchste Gewalt an einen Reichsrat (Senat), in welchem die Krone nur zwei Stimmen und der Adel die Mehrheit hatte, und welcher allein dem Reichstag verantwortlich war, übergehen, dieser alle Ämter besetzen und sich auch ohne Zustimmung der Krone um die Rechte und Freiheiten des Reichs bekümmern solle. Nach Anerkennung der neuen oligarchischen Verfassung wurde Ulrike Eleonore zur Königin gewählt und auch ihrem Gemahl, dem Erbprinzen Friedrich von Hessen, [* 26] die Königswürde beigelegt. Nachdem der dem Adel verhaßte Minister Görz nach einem höchst willkürlichen Prozeß hingerichtet worden beeilte sich der Reichsrat, mit den Feinden Frieden zu schließen, wobei er vor allem auf Geldzahlungen bedacht war, damit dem Adel nicht Opfer für Herstellung der ¶