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jeden Reichstag (von vier Monaten) 1200 Kr. Diäten. Was beide Kammern übereinstimmend beschließen, wird als Reichstagsbeschluß dem König zur Sanktion vorgelegt und erhält Gesetzeskraft, wenn der König es annimmt. Jede Frage, über welche beide Kammern sich nicht einigen, fällt für den bestehenden Reichstag aus, mit Ausnahme solcher, welche Staatsausgaben oder Bewilligungen oder die Verwaltung, die Einnahmen und Ausgaben der Bank und des Reichsschuldenkontors betreffen. In diesen Fällen stimmt jede Kammer über die gefaßten verschiedenen Beschlüsse ab, und die Meinung, welche dann die meisten der in beiden Kammern zusammengezählten Stimmen enthält, gilt als Reichstagsbeschluß.
Ohne Bewilligung des Reichstags kann von dem König keine Abgabe erhöht, keine Staatsanleihe gemacht, kein Kronbenefizium veräußert, kein Gebietsteil abgetreten werden. Der Reichstag hat gemeinschaftlich mit dem König die Macht, Gesetze zu geben, zu verändern, aufzuheben und zu interpretieren. Der Reichstag verwaltet allein die Reichsbank und das Reichsschuldenkontor; er ernennt in jedem dritten Jahr einen Ausschuß von 48 Mitgliedern, welcher prüft, ob alle Mitglieder des höchsten Tribunals ihre Pflicht erfüllt haben; auch kann er die Ratgeber des Königs in den Anklagestand vor dem Reichsgericht versetzen. Er ernennt einen Justizsachwalter (justitie-ombudsman), welcher in den Zeiten, wo der Reichstag nicht versammelt ist, die Richter und Beamten überwacht und die Freiheit des Einzelnen schützt, sowie er neben diesem Justizsachwalter ein Komitee von sechs Personen zum Schutz der Preßfreiheit ernennt.
Außer dieser Repräsentation wird jede Stadt durch eine Kommunalregierung sowie das Land jedes Läns laut Gesetz vom durch ein Landsting repräsentiert, zusammengesetzt aus den Städten von weniger als 25,000 Einw. und den Häradern oder Gerichtssprengeln des Läns. Das Landsting hat zu beraten und zu beschließen über Angelegenheiten des Läns, welche die allgemeine Haushaltung, die Entwickelung des Landbaues und der Gewerbe, die Anstalten zur Beförderung des Kommunikationswesens, Gesundheitspflege, Unterricht, allgemeine Sicherheit etc. betreffen. Das Landsting tritt alljährlich im September in der Hauptstadt des Läns zusammen und kann sechs Wochentage versammelt sein. Den Sprecher ernennt jedesmal der König.
Die
Staatsverwaltung hat ihren
Mittelpunkt in dem nur aus Schweden
[* 2] lutherischen
Glaubens gebildeten
Staatsrat, der aus zehn Mitgliedern
(sieben mit
Portefeuilles für
Justiz,
Auswärtiges,
Inneres,
Finanzen,
Krieg,
Marine, kirchliche Angelegenheiten und drei
konsultative
Staatsräte) besteht. Die alte
Einteilung in Götarike
(Gotland), Svearike und
Norrland sowie in
Landschaften oder
Provinzen ist zwar jetzt amtlich nicht mehr im
Gebrauch, wird aber in
Schriften und im
Munde des
Volkes beibehalten (s. jene Art.).
In administrativer Hinsicht verfällt
S. in eine Oberst
atthalterschaft
(Stockholm)
[* 3] und 24
Läns (Regierungsbezirke),
an deren
Spitze je ein
Landeshauptmann (landshofding) steht.
Jedes Län zerfällt wieder in Vogteien (fögderier, im ganzen 117) und Härader, die an der östlichen Küste Skeppslag (Schiffsgenossenschaften) genannt werden, während in den sechs nördlichsten Läns die Tingslag (Gerichtsgenossenschaften) an die Stelle der Härader treten. Die Verwaltung führt in den Städten der Magistrat, an dessen Spitze ein Bürgermeister steht, in den ländlichen Ortschaften der Gemeindevorstand (kommunalnämnd). Oberste Justizbehörde ist das Tribunal des Königs (konungens högsta domstol), welches aus 16 vom König ernannten Gerichtsräten besteht.
Appellationsgerichte sind drei Hofgerichte:
1) Svea-Hofgericht in Stockholm für Svearike, Norrland und Gotland, 2) Göta-Hofgericht in Jönköping [* 4] und 3) das Hofgericht für Schonen und Blekinge in Christianstad. In erster Instanz entscheiden in den Städten (mit Ausnahme von Trelleborg, Borgholm, Skellefteå und Haparanda, die noch unter dem Landgericht stehen) die Rathausgerichte, auf dem Land aber die (116) Häradsgerichte, von denen jeder Gerichtssprengel (domsaga) eins hat, das aus einem von dem König ernannten Richter (häradshöfding) und zwölf von den landbesitzenden Bauern aus ihrer Mitte gewählten Beisitzern (nämndemän) besteht. Geschwornengerichte urteilen nur in Preßangelegenheiten.
Was die Finanzen Schwedens anlangt, so betragen nach dem Budget für 1889 (laut Angabe des Gothaischen »Jahrbuchs«) die ordentlichen Einnahmen 18,929,000 Kr. (darunter Eisenbahnen [netto] 6 Mill., Grundsteuern 4,43 Mill., Kopfgeld ⅔ Mill., Staatsländereien 2,7 Mill. Kr.), die außerordentlichen Einnahmen 65,280,000 Kr. (darunter Zölle 36 Mill., Branntweinsteuer 15 Mill., Einkommensteuer 3,6 Mill.), die Stempelsteuer 3,5 Mill. Kr., in Summa, mit Einschluß eines Überschusses aus den Vorjahren im Betrag von 3,5 Mill. Kr.: 87,681,000 Kr. Dem gegenüber betragen die ordentlichen Ausgaben 65,493,411 Kr. (Armee 19,9 Mill., Marine 6 Mill., Kultus und Unterricht 11,5 Mill.), die außerordentlichen Ausgaben 9,368,589 Kr., die Ausgaben des Reichsschuldenkontors 10,955,000 Kr., in Summa: 87,681,000 Kr. Die Staatsschulden, erst in den letzten Jahrzehnten besonders für den Bau der Eisenbahnen kontrahiert, beliefen sich auf 21,23 Mill. Kr. inländische und 224,74 Mill. Kr. ausländische Schuld, in Summa: 246 Mill. Kr. Dieser Schuld steht ein bedeutendes Aktivvermögen (Fonds, Domänen, Forsten, Eisenbahnen) des Staats gegenüber, dessen Überschuß Ende 1885: 127 Mill. Kr. betrug. Ungünstiger sind die Finanzverhältnisse der Kommunen, zumal der Städte. 1884 beliefen sich die Einnahmen auf 52,8 Mill. Kr. (in den Städten 29,4 Mill.), die Ausgaben auf 59,7 Mill. Kr. (in den Städten 36 Mill.); den Schulden im Betrag von 119,8 Mill. Kr. (in den Städten 106,7 Mill.) standen an Aktiven 198,8 Mill. Kr. (in den Städten 140,7 Mill.) gegenüber.
Heer und Flotte, Wappen etc.
Das schwedische Militär umfaßt fünf verschiedene Klassen von Wehrleuten, von denen die beiden ersten das stehende Heer bilden:
1) angeworbene Truppen (värfvade), aus Freiwilligen mit zwei- bis sechsjähriger Dienstzeit bestehend;
2) »eingeteilte« Truppen (indelta),
welche teils von Grundbesitzern des Landes, teils aus den Krongütern außer ihrem »Torp« (Wohnhaus [* 5] mit Acker etc.) einen jährlichen Lohn an Geld oder Produkten und, wenn zum Dienst berufen, von der Krone ihren Sold erhalten. Nach ihrer Ausbildung als Rekruten werden diese Truppen jährlich einmal zusammenberufen und 30-36 Tage hindurch geübt; außerdem nehmen abwechselnd alle Truppen an den großen, seit 1873 stattfindenden Herbstmanövern teil. Der Soldat dient so lange, als er tüchtig ist. Neben diesem stehenden Heer gibt es 3) eine Landwehr (beväring), in der jeder Schwede vom 21. Lebensjahr ab auf die Dauer von 12 Jahren (6 in der aktiven Armee, 6 in der Reserve) dienen muß; im Frieden werden die beiden jüngsten Jahrgänge der Infanterie innerhalb zwei Jahren auf zusammen ¶
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42 Tage einberufen;
4) die Miliz von Gotland, die aber nicht außerhalb der Insel zu dienen braucht, und 5) die seit 1861 bestehenden freiwilligen Schützenvereine (1886: 8618 Mann stark). Der Formation nach besteht die Infanterie aus 2 Leibgarderegimentern, 2 Leibgrenadierregimentern, 2 Leibgrenadierbataillonen, 17 Infanterieregimentern und 4 Jägerbataillonen (jedes Regiment im Frieden zu 2 Bataillonen à 4 Kompanien, im Krieg zu 3 Bataillonen); die Kavallerie aus 1 Regiment berittener Leibgarde, 4 Husaren- und 2 Dragonerregimentern, 1 Jägerkorps zu Pferde, [* 7] zusammen 47 Eskadrons.
Die Artillerie umfaßt 3 Regimenter von zusammen 30 Batterien (22 fahrende, 6 reitende, 2 Fußbatterien), dazu 6 Festungskompanien, eine Reserveartillerie von 9 Batterien, 1 Feuerwerkerkorps und 3 Batterien in Gotland. Ein Artillerieregiment wird in 5 Divisionen à 2 Batterien, eine Batterie in 3 Abteilungen zu je 2 Kanonen geteilt. Die Genietruppen bestehen aus 1 Pontonierbataillon, 1 Sappeurbataillon und 1 Feldtelegraphenkompanie. Endlich besteht 1 Trainbataillon.
Von diesen Truppen gehören die 3 Leibgarderegimenter (darunter das zu Pferde), 1 Jägerbataillon, 1 Husarenregiment, die 3 Artillerieregimenter, die Genie- und Traintruppen zu den angeworbenen, die übrigen zu den »eingeteilten« Truppen. Der Bestand der schwedischen Landmacht war 1888 an Linientruppen: 1732 Offiziere, 477 Beamte, 1510 Unteroffiziere, 1550 Spielleute, 33,020 Soldaten, zusammen 38,289 Mann mit 246 Kanonen und 6178 Pferden;
ferner an Reservetruppen (beväring): 156,288 Mann, in Summa 194,577 Mann.
Was die Seemacht betrifft, so geht damit seit 1860 eine zeitgemäße Reorganisation vor. Die Stärke [* 8] derselben war 1888: 64 Dampfer von 27,350 Pferdekräften und 6 Segelschiffe mit zusammen 150 Kanonen und 4109 Mann. Darunter waren 5 Korvetten (61 Kanonen), 1 Fregatte (16 Kanonen), 15 Panzerkanonenboote, 16 Kanonenschaluppen und 18 Torpedofahrzeuge. Das Personal der schwedischen Flotte besteht seit der Reorganisation vom aus der »königlichen Flotte«, der »Reserve« und der »Seewehr« (sjöbeväring). Die königliche Flotte umfaßt 176 Offiziere (darunter 1 Vizeadmiral, 3 Konteradmirale, 6 Kommandeure). Die Reserve besteht zur Zeit aus 77 Offizieren, 81 Unteroffizieren und 9 Ingenieuren. Die Seewehr umfaßt ca. 50,000 Mann.
Seit dem Verkauf von St.-Barthélemy an Frankreich (1877) besitzt S. keine Kolonien.
[Wappen, Orden etc.]
Das Unionswappen ist ein vertikal in zwei Hälften geteilter Schild, [* 9] von denen die linke, horizontal in zwei Teile geteilte Hälfte auf blauem Grunde die beiden schwedischen Wappen [* 10] (s. unten), die rechte Hälfte aber auf rotem Grunde das norwegische Wappen, einen aufrecht stehenden, gekrönten goldenen Löwen, [* 11] der mit den Vordertatzen die Hellebarde oder Streitaxt des heil. Olaf trägt, mit der goldenen Krone darüber, enthält. Der Schild wird gehalten von zwei aufrecht stehenden, gekrönten, züngelnden Löwen mit doppelten Schwänzen.
Das schwedische Reichswappen (s. Tafel »Wappen«) ist ein blauer, ebenfalls von zwei Löwen gehaltener Schild, quadriert durch ein schmales gelbes Kreuz; [* 12] in den Feldern oben zur Linken und unten zur Rechten ist das schwedische Wappen (drei Kronen) [* 13] und in den beiden andern das gotische (ein über drei weiße Ströme springender Löwe) angebracht; der Herzschild hat die Wappen der Häuser Wasa und Pontecorvo. Die Landesfarben sind Blau und Gelb. Die Flagge (s. Tafel »Flaggen«) [* 14] ist blau, durch ein stehendes gelbes Kreuz in vier Quadrate geteilt; auf dem obern innern Quadrat aber befindet sich seit der Vereinigung mit Norwegen das Unionszeichen, bis 1844 aus einem schiefen weißen Kreuz in rotem Feld bestehend, seitdem aber aus einem rechtwinkeligen Kreuz, dessen senkrechter Strich blau mit weißen Rändern, der horizontale aber gelb ist; die vier dadurch gebildeten Felder werden durch diagonale Linien in acht abwechselnd blaue und rote Dreiecke geteilt. S. hat fünf Ritterorden: den Seraphinen- (gestiftet 1285, erneuert 1748), Schwert-, Nordstern- (beide 1748 gestiftet), Wasaorden (seit 1772, s. Tafel »Orden«, [* 15] Fig. 17) und den Orden Karls XIII. (seit 1811);
letzterer wird nur dem höchsten Grade des Freimaurerordens erteilt.
[Geographische Litteratur.]
Tuneld, Geographie öfver konungariket Sverige (Stockh. 1827-33, 5 Bde.);
Dahlmann, Inledning till Sveriges physikalska geographie (das. 1857);
Hofberg, Illustrerad Sverige (das. 1875);
Agardh und Ljungberg, Statsökonomisk statistik öfver Sverige (Karlstad 1852-62, 4 Bde.);
Thomée, Statistik (Stockh. 1859-61);
Törnebohm, Geognosie der schwedischen Hochgebirge (das. 1873);
Almquist, La Suède, ses progrès sociaux etc. (das. 1879);
Jonas, S. und seine Entwickelung (Berl. 1875);
Sidenbladh, Royaume de Suède, exposé statistique (Stockh. 1878);
Rosenberg, Geografiskt-statistiskt handlexicon öfver Sverige (das. 1882-1883, 2 Bde.);
Aschehoug, Staatsrecht der vereinigten Königreiche S. und Norwegen (Freiburg [* 16] 1887);
Dahl, Der Handelsverkehr Schwedens mit dem Ausland 1829-79 (Stockh. 1884).
Eine Hauptquelle für die Kenntnis Schwedens ist die vom statistischen Zentralbüreau seit 1862 herausgegebene Zeitschrift »Statistisk Tidsskrift«; als besonderes Heft erscheint »Sveriges officiela statistik i sammandrag«; deutsche Reisehandbücher von Nielsen (5. Aufl., Leipz. 1887), Bädeker (3. Aufl., das. 1885). Kartenwerke: Eine topographische Karte in 1:100,000 wird seit 1859 publiziert, für die Läns teilweise auch in 1:200,000 (seit 1874), doch beziehen sich dieselben nur auf Südschweden;
ferner M. Roth, Geografisk Atlas [* 17] öfver Sverige (1:400,000, seit 1878);
»Generalkarta öfver Sverige« (1:1,000,000, 3 Blatt, [* 18] seit 1870);
»Geologische Übersichtskarten« von Angelin (über Schonen, 1861-68) und Olbers (über Westschweden, 1858-67);
Forsell, Geognostisk karta öfver södra Sverige (1863, 18 Blatt).
Geschichte.
Schweden unter einheimischen Königen im Mittelalter.
Die älteste Geschichte Schwedens ist dunkel und sagenhaft. Die Urbevölkerung, finnische Stämme, wurde von kriegerischen germanischen Stämmen nach und nach in die unwirtbaren Gegenden des Nordens verdrängt. Die Einwanderer im Süden, in Schonen und Gotland, gehörten dem gotischen Volk an, während die am Mälarsee seßhaften und von da über das nördliche und südliche Küstenland verbreiteten Svea (Schweden) hießen. Beide Stämme hatten als Mittelpunkt ihres Königtums und ihrer Religion ein gemeinsames Heiligtum in Sigtuna am Mälarsee, dann in Upsala. [* 19] Unter dem Oberkönig, aus dem Geschlecht der Ynglinger, der zugleich Oberpriester war und in der Volksgemeinde (alljärharthing) zu Upsala den Vorsitz hatte, standen Gaukönige an der Spitze der Fylken (Stämme), welche die Macht desselben immer mehr einschränkten. Wilde Kämpfe ¶