mehr
Verkehr hatten, war der Wohnsitz und das Eigentum eines Stammes oder Clans mit patriarchalischer Regierung, einer Art von erblicher Monarchie, die mehr auf Gewohnheit gegründet und durch allgemeine Einwilligung bestätigt, als durch Gesetze geregelt war. Cromwell zwang die Clans, die Waffen [* 2] niederzulegen und Bürgschaft für friedliches Betragen zu leisten. Nach der Wiederherstellung des Hauses Stuart befestigte sich die alte Stammverfassung aufs neue. Aber die Gefahren, die der 1715 für das vertriebene Haus Stuart ausgebrochene Aufstand drohend gezeigt hatte, führten zu verschiedenen Maßregeln, um die Macht der Stammeshäupter zu brechen.
Durch die sogen. Clanakte wurde das Eigentum des Lehnsmannes, der in einem Aufstand die Waffen ergriffen hatte, dem treu gebliebenen Lehnsherrn und umgekehrt dem pflichtgetreuen Lehnsmann das unbeschränkte Eigentumsrecht über seine Ländereien zugesprochen, wenn sein Lehnsherr sich empört hatte. Die Häuptlinge boten alles auf, ihre bedrohte Gewalt zu behaupten und den Neuerungen entgegenzuarbeiten, wodurch die Regierung die Bande des Clanverhältnisses zu lockern suchte.
Der Aufstand von 1745 war eine Folge des heimlichen Grolles der Hochländer und der Anreizungen von außen. Der für jene unglückliche Ausgang des Kampfes gab der Regierung Anlaß, die patriarchalische Verfassung der Hochländer 1747 aufzuheben, die Entwaffnung derselben streng zu vollziehen und selbst die Volkstracht zu verbieten. Obwohl das Verbot 1782 wieder aufgehoben wurde, hat sich die alte Volkstracht allmählich verloren und ist nur noch in einigen Gegenden, jedoch mit der Tracht der Niederschottländer vermischt und nur unter der niedern Volksklasse, üblich.
Diese Tracht besteht aus einem Kilt, der die nackten Schenkel umgibt, einer Weste, kurzer Jacke, einem über der linken Schulter hängenden gewürfelten Plaid oder Tartan, dessen Muster und Farben je nach den Clans verschieden sind, und einer Mütze (bonnet). Man rühmt dem Hochschotten Mut und Freiheitsliebe, Anhänglichkeit an die Heimat, Gastfreiheit, Redlichkeit im Privatverkehr und Treue gegen das Haupt seines Stammes nach. Dabei ist er aber voll von Vorurteilen und Aberglauben.
In den Hochlanden herrscht jetzt vollständiger Friede. Die Niederschotten erinnern in ihrem Äußern an die Nordgermanen. Von mittlerer Größe und kräftig gebaut, sind sie hager, haben verhältnismäßig lange Beine, hervorstehende Backenknochen und hell blickende Augen. Sie sind verständig und besonnen und dabei ausdauernd in allem, was sie unternehmen. Selbst in der Fremde bewahren sie die Anhänglichkeit an ihr Vaterland und ihre Stammesgenossen. Im Umgang sind sie zugänglicher als die Engländer und von größerer Geselligkeit. Ihre Sparsamkeit artet aber oft in Geiz, ihre Vorsicht in Mißtrauen aus. Die skandinavischen Elemente der Bevölkerung [* 3] sind jetzt ganz in den Schotten aufgegangen.
Landeskirche ist die presbyterianische (s. Schottische Kirche), der 45 Proz. der Bevölkerung angehören. Sie zählt 1671 Gemeinden und 571,000 Mitglieder. Ausgeschieden aus ihr sind die Free Kirk (1118 Gemeinden mit 331,055 Mitgliedern) und die United Presbyterian Church (569 Gem. mit 182,063 Mitgl.). Die protestantisch-bischöfliche Kirche (unter 7 Bischöfen) hat unter den obern Ständen einigen Anhang und infolgedessen auch Einfluß. Die Katholiken unter 6 Bischöfen bilden jetzt 9 Proz. der Bevölkerung. Außer den Iren in den Städten gehören zu ihnen auch die Bewohner der Inseln Barra, Süd-Uist, Eigg und Canna und von einigen abgelegenen Thälern in Inverneßshire. - Für Volksbildung war in S. lange gesorgt, ehe man noch in England daran dachte, und bereits 1696 wurde jeder Gemeinde befohlen, eine Schule zu errichten, was auch wirklich geschah, wenn auch ein Schulzwang für Kinder von 5-13 Jahren erst 1872 eingeführt wurde.
Wenn von 100 der Erwachsenen 1884: 9 Proz. immer noch nicht schreiben können, so liegt das wesentlich an dem irischen Element der Bevölkerung. Die vier Universitäten (zu Edinburg, [* 4] Glasgow, [* 5] Aberdeen [* 6] und St. Andrews) wurden 1887 von 6810 Studenten besucht und schließen sich in ihrer Einrichtung mehr den deutschen Hochschulen an, als dies mit den Universitäten Englands der Fall ist. Neben ihnen bestehen noch 4 Schulen für Ärzte, 3 Veterinärschulen, zahlreiche Seminare für Geistliche und Lehrer, 13 Kunstschulen, eine landwirtschaftliche Akademie und in jeder Stadt von Bedeutung wenigstens ein Gymnasium (s. Großbritannien, [* 7] S. 765).
[Nahrungszweige.]
Die
Landwirtschaft hat in Südschottland
einen so hohen Aufschwung genommen, daß sie selbst die
englische überflügelt hat.
Noch um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts zeigte man bei
Edinburg ein kleines Weizenfeld als Kuriosität,
jetzt aber wird diese
Frucht auf 27,800
Hektar angebaut und gedeiht längs der
Küste bis zum
Dornoch
Firth.
In den Hügellandschaften
baut man indes nur
Hafer,
[* 8]
Gerste
[* 9] und
Roggen, und aus
Hafer bereitet der Landmann meist sein
Brot.
[* 10] Von der
gesamten Oberfläche sind 1888: 16,5 Proz. unter dem
Pflug,
[* 11] 8,5 bestehen aus
Wiesen, 6,1 aus
Weiden, und 4,5 Proz. sind
Wald.
Von ungemeiner Wichtigkeit ist die Viehzucht, [* 12] in den Hügellandschaften namentlich die Schafzucht, während die ebenern Gegenden England sein bestes Schlachtvieh liefern. Allbekannt sind die kleinen hochländischen Pferde. [* 13] Im J. 1887 zählte man 189,787 Acker- und Zuchtpferde, 1,110,260 Rinder, [* 14] 6,730,567 Schafe [* 15] und 154,559 Schweine. [* 16] Noch mehr als in England befindet sich das Land in den Händen von Großgrundbesitzern. Es teilten sich in dasselbe 1877: 132,131 Besitzer, von denen indes 171 über die Hälfte (58,2 Proz.) des gesamten Areals ihr eigen nannten, unter ihnen voran der Herzog von Sutherland mit 5498 qkm, die wüsten Strecken seines Gebiets ungerechnet.
Die Durchschnittsgröße der (1888) 82,193 Pachtgüter beträgt 24 Hektar (ohne Wald). In den Wäldern wurde nach Niederwerfung der Hochlande arg gehaust, in neuerer Zeit hat man aber mit Erfolg den angerichteten Schaden teilweise wieder gutgemacht. Wild ist in den nördlichen Gegenden noch in Menge vorhanden. Hirsche [* 17] und Rehe, auch Wildschweine, sind nichts Seltenes. Iltisse, Marder, [* 18] wilde Katzen [* 19] und Füchse finden sich in den dichten Waldungen häufig. Die Fischerei [* 20] ist bei der großen Küstenausdehnung sehr bedeutend; der Ertrag des Heringsfanges ist durch die Verbesserung des Einsalzens bedeutend gestiegen. Im Durchschnitt der letzten Jahre beschäftigten die Fischereien 15,000 Boote und 52,000 Menschen; gewonnen wurden 1,830,000 Faß [* 21] Heringe (zu 900 Stück), 15,000 Ton. Kabeljau u. dgl., 23,000 T. Seezungen, 18,000 T. andre Fische, [* 22] insgesamt im Wert von 2½ Mill. Pfd. Sterl. Allein die 1887 von den Häfen ins Binnenland expedierten Fische hatten einen Wert von 1,396,963 Pfd. Sterl. Der Walfischfang an der Küste von Grönland und in der Davisstraße wird von S. aus eifrig betrieben. Lachs, der sich häufig in den Flüssen und Seen findet, wird in Eis [* 23] gepackt nach London [* 24] gebracht. Ziemlich reich ist das Land an Mineralien, [* 25] namentlich an Steinkohlen und Eisen, [* 26] in dem Landstrich, der sich zwischen ¶
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Forth und Clyde ausbreitet. Silberhaltiges Blei [* 28] wird in den Louther Hills gewonnen, etwas Kupfer [* 29] beim Loch Tay. Reich ist das Land an Bau- und Schiefersteinen; Marmor, Granit und Basalt sind Gegenstand der Ausfuhr. Torf kommt in großen Strecken vor. Salz [* 30] wird durch Sieden von Seewasser gewonnen. Im J. 1887 wurden 21,484,976 Ton. Steinkohlen gefördert und aus einheimischen Erzen hergestellt 932,240 T. Eisen, 2821 T. Blei und 26 T. Zink. Sehr wichtig ist die Industrie, die ihre Hauptsitze in Glasgow, Paisley, Dundee [* 31] und dem großen Kohlenbecken hat. Im J. 1881 beschäftigte die Textilindustrie 201,867 Arbeiter, Eisen- und Stahlwerke 38,309, der Maschinenbau 32,730, der Schiffbau 18,492, Papiermühlen 7975, Druckereien 7775, chemische Fabriken 2377, Töpfereien 3171, Glashütten 1665, Brauereien u. Brennereien 2811 Arbeiter etc. Die 776 Textilfabriken beschäftigten 1885: 152,279 Arbeiter (einschl. 106,839 weiblichen Geschlechts) und waren mit 2,369,104 Spindeln und 72,279 mechanischen Webstühlen ausgerüstet. Davon kamen auf Baumwollwarenfabriken 37,167 Arbeiter, 1,149,514 Spindeln, 29,689 Webstühle; [* 32]
auf Leinenfabriken 39,086 Arb., 243,273 Spindeln, 21,626 Webstühle;
auf Jutefabriken 36,269 Arb., 235,429 Spindeln, 10,856 Webstühle;
auf Wollwarenfabriken 33,025 Arb., 705,017 Spindeln, 9380 Webstühle.
Über Handel und Schiffahrt s. Großbritannien, S. 770 f.
[Verfassung und Verwaltung.]
Die politische Verfassung Schottlands
hat seit der Union, besonders in neuern Zeiten,
mehrere Verbesserungen erhalten. S. bildet ein selbständiges Königreich, ist aber seit der Unionsakte vom mit
England vereinigt unter dem Gesamttitel Großbritannien. Die administrative Einteilung in 32 Grafschaften (shires) ist aus der
Tabelle S. 612 ersichtlich. In das Oberhaus sendet S. 16 Peers, die für jedes Parlament aus dem gesamten
hohen Adel des Landes gewählt werden, in das Unterhaus 72 Abgeordnete. S. hat seine eignen Gerichtshöfe, von welchen in allen
bürgerlichen Rechtssachen die Berufung an das Oberhaus geht.
Oberstes Gericht ist der High Court of Justice, mit 13 Richtern besetzt, welcher als Court of Session in Zivilsachen, als High Court of Justiciary in Kriminalsachen entscheidet. Die niedern Gerichte in den Grafschaften werden von den Sheriffs und Friedensrichtern und in den Städten von den Baillies abgehalten, haben jedoch einen beschränkten Wirkungskreis. Die Staatseinkünfte stehen jetzt unter der Verwaltung der in London befindlichen Finanzbehörden.
Vgl. außer den ältern Werken von Chalmers, Playfair, Mac Culloch, Kohl, Spohr, Carus u. a.: Rogers, Scotland, social and domestic (Lond. 1869);
Hunnewell, The lands of Scott (Edinb. 1871);
Braids »County Directory of Scotland« (jährlich);
Murray, Handbook for Scotland (5. Aufl., Lond. 1884);
A. Geikie, Scenery of Scotland, viewed in connection with its physical geology (2. Aufl., das. 1887).
Eine geologische Karte von S. entwarf Geikie (Edinb. 1887), eine hypsographische Bartholomew (das. 1887).
Geschichte.
Der Teil der Insel Britannien, welcher nördlich von den Busen des Forth und des Clyde liegt, war den Römern seit dem 1. Jahrh.
n. Chr. unter dem Namen Kaledonien bekannt und führte daneben seit früher Zeit noch den keltischen Namen
Albu oder Alban (lat. Albania). Der Name Scotia (Scotland) war in den ältern Perioden auf Irland beschränkt; vom 10. Jahrh. ab
wurde er auch von dem Teil Schottlands
gebraucht, welcher im Süden von dem Firth
of Forth, im N. von dem Moray Firth begrenzt
wird; erst seit dem 13. Jahrh. verdrängte er die ältern Bezeichnungen völlig und kam für
das ganze heutige S. in Übung.
Auf eine vorhistorische (iberische?) Urbevölkerung folgten in S., wie in ganz Britannien, die Kelten, welche in zwei Stämme, den britischen und den gadhelischen, zerfielen; dem letztern gehören die Pikten (die »Bemalten«, irisch Cruithnigh) im heutigen S. und die Skoten in Irland an. Als die Römer [* 33] unter Kaiser Claudius das südliche Britannien eroberten, wurde der noch unabhängige Norden [* 34] Britannia barbara oder Kaledonien genannt. Erst Agricola, seit 78 n. Chr. römischer Statthalter in Britannien, dehnte seine Herrschaft auch auf das letztere aus, indem er seit 80 wiederholte Feldzüge dahin machte und die Kaledonier in den Grampianbergen schlug.
Doch gingen seine Eroberungen nach seiner Abberufung (85) größtenteils wieder verloren: die Grenze der Römerherrschaft in Britannien bildete eine Linie vom Solway Firth im W. bis zur Mündung des Tyne im O.;
diese ließ Kaiser Hadrian bei einem Besuch in Britannien 122 durch einen mit Kastellen und Wachttürmen versehenen Wall gegen die Einfälle der Barbaren des Nordens decken.
Erst 142 wurde durch den Legaten Q. Lollius Urbicus unter Antoninus Pius noch ein zweiter, nördlicherer Grenzwall zwischen den Busen des Forth und Clyde errichtet, welchen Kaiser Severus, nachdem er 208-211 mehrere glückliche Feldzüge gegen die Kaledonier unternommen hatte, neu befestigte. Trotzdem bot derselbe gegen die seit 360 immer erneuerten Angriffe der nördlichen Völker keinen ausreichenden Schutz, und seit 409 die römischen Legionen abberufen waren, schien die Provinz rettungslos den Einfällen derselben preisgegeben.
Die wilden Kämpfe, welche die nun folgende Invasion Britanniens durch die Angelsachsen hervorrief, sind in fast undurchdringliches Dunkel gehüllt; zu Anfang des 7. Jahrh., als dasselbe sich zu lichten beginnt, zerfällt das heutige S. in vier verschiedene Reiche. Der Nordwesten war das Reich der aus Irland eingewanderten Skoten von Dalriada, begründet durch Fergus, den Sohn des Erc, und seine Brüder Loarn und Angus; es reichte im Süden bis an den Firth of Clyde, im O. bis an die sogen. Drumalbangebirge.
Östlich davon dehnte sich das Reich der Pikten aus, dessen Südgrenze der Forth war. Die südlichen Lande waren durch das Königreich der Briten von Alclyde (dazu gehören Cumberland und Westmoreland in England und die Grafschaften Dumfries, Ayr, Renfrew, Lanark und Peebles in S.) im W. und durch das Königreich der Angeln von Bernicia im O. eingenommen, welches sich nördlich bis zum Forth erstreckte. Schon in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. hatte das Christentum durch den heil. Columban auch bei den Pikten Eingang gefunden; sie sowie die Skoten gehörten der irisch-christlichen Kirche an, deren Oberhaupt der Abt auf der Insel Hy oder Jona war. Im Anfang des 8. Jahrh. aber sagte sich Nectan, König der Pikten, deren Hauptstadt schon damals Scone gewesen zu sein scheint, von der irischen Kirche los und ordnete sich dem römischen Papst unter, worauf er 717 die Columbanische Geistlichkeit aus dem Piktenland vertrieb. 844 bemächtigte sich der Skotenkönig Kenneth Mac Alpin, der mütterlicherseits von piktischer Abkunft war, des Throns von Scone; das vereinigte Reich hieß seit dem Anfang des 10. Jahrh. Königreich Alban; es wurde schon seit dem Beginn des 9. Jahrh. von den ¶