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hinterlassenen Papieren Schmidts unter dem Titel: »Neuere Geschichte der Deutschen« von Milbiller fortgesetzt (das. 1785-1808, 17 Bde.). Eine andre Ausgabe erschien zu Wien [* 2] als »Ältere Geschichte der Deutschen« (1783-93, 5 Bde.) und als »Neuere Geschichte der Deutschen« (1785-1808, 17 Bde.). Eine Fortsetzung dazu gab Dresch (»Geschichte Deutschlands [* 3] seit dem Rheinbund«, Ulm [* 4] 1824-30, 2 Bde.).
7) Wilhelm Adolf, namhafter Geschichtschreiber, geb. zu Berlin, [* 5] wurde 1840 Privatdozent, 1845 außerordentlicher Professor der Geschichte zu Berlin, 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments und 1851 Professor in Zürich [* 6] und 1860 in Jena. [* 7] 1874-76 war er nationalliberales Mitglied des deutschen Reichstags. Er starb in Jena. Von seinen Werken sind hervorzuheben: »Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im 1. Jahrhundert der Kaiserherrschaft und des Christentums« (Berl. 1847);
»Preußens [* 8] deutsche Politik« (das. 1850, 3. Aufl. 1867);
»Geschichte der preußisch-deutschen Unionsbestrebungen« (das. 1851);
»Der Aufstand in Konstantinopel [* 9] unter Justinian« (Zürich 1854);
»Zeitgenössische Geschichten« (Berl. 1859);
»Elsaß und Lothringen« (Leipz. 1859, 3. Aufl. 1870);
»Tableaux de la révolution française publiés sur les papiers inédits du département de la police secrète de Paris« [* 10] (das. 1867-70, 3 Bde.);
»Epochen und Katastrophen« (Berl. 1874);
»Pariser Zustände während der Revolutionszeit 1789-1800« (Jena 1874-76, 3 Bde.);
»Das Perikleische Zeitalter« (das. 1877-1879, 2 Bde.);
»Handbuch der griechischen Chronologie« (hrsg. von Rühl, das. 1888);
»Abhandlungen zur alten Geschichte« (Leipz. 1888).
Auch redigierte er 1844-48 die »Zeitschrift für die Geschichtswissenschaft« und besorgte die 8. Ausgabe von Beckers »Weltgeschichte« (Berl. 1860-63, 18 Bde.).
Vgl. Landwehr, Zur Erinnerung an A. S. (Berl. 1888).
[Litterarhistoriker.]
8) Heinrich Julian, namhafter Litterarhistoriker, geb. zu Marienwerder, [* 11] studierte in Königsberg [* 12] Geschichte und Philologie, bekleidete sodann 1842-46 eine Lehrerstelle an der Luisenstädtischen Realschule in Berlin, siedelte 1847 nach Leipzig [* 13] über, wo er Mitarbeiter an den »Grenzboten« ward und dann im Juli 1848 gemeinschaftlich mit Freytag die Redaktion dieser Zeitschrift übernahm. Vorher schon (Ende 1847) hatte er sein erstes größeres, bereits 1845 geschriebenes Werk, die »Geschichte der Romantik im Zeitalter der Revolution und Restauration« (Leipz. 1847),
veröffentlicht. Namentlich aber waren es die »Grenzboten«, die seinen Namen bald in den weitesten Kreisen bekannt machten. Diese Wochenschrift ward ein weit berufenes kritisches Blatt, [* 14] das Organ der Opposition gegen die Ausschreitungen des Jungen Deutschland [* 15] und ähnlicher Koterien und vertrat eine neue »realistische Poesie« mit viel Geist, oft freilich auch mit herbster und bedenklichster Einseitigkeit. Auch politische Bedeutung gewann sie, indem sie auf dem Felde der Staatswissenschaft und Diplomatie das Organ der großen konstitutionellen oder gemäßigt liberalen Partei der 50er Jahre, der sogen. Gothaer, wurde.
Die litterarische Kritik der »Grenzboten« hatte S. ausschließlich inne, und aus den Aufsätzen, die er für sie schrieb, entstanden allmählich zwei größere Werke, die »Geschichte der deutschen Nationallitteratur im 19. Jahrhundert« (Leipz. 1853, 2 Bde.) und die »Geschichte der französischen Litteratur seit der Revolution« (das. 1857; 2. umgearb. Aufl. 1873-74, 2 Bde.). Besondern Erfolg hatte das erstere Werk; es ward bald um einen Band: [* 16] »Jena und Weimar« [* 17] (1855),
erweitert und führte nun den Titel: »Geschichte der deutschen Litteratur seit Lessings Tod« (5. Aufl., Leipz. 1865-67, 3 Bde.). Unbestritten, selbst von seinen vielen Gegnern, sind Schmidts litterarischer Ernst, seine große Belesenheit und seine gediegene, universelle Bildung. Nachdem sich die Beziehungen Schmidts und Freytags zu den »Grenzboten« schon seit längerer Zeit gelockert hatten, trat S. 1861 ganz von der Redaktion der Zeitschrift zurück und übernahm zu Berlin die ihm von der Fraktion Vincke angetragene Redaktion der »Berliner [* 18] Allgemeinen Zeitung«, welche 1863 zu erscheinen aufhörte, worauf S. sich der litterarhistorischen Thätigkeit wieder ausschließlich zuwandte.
Seit 1878 im Genuß eines Ehrengehalts von 1500 Mk., den ihm der deutsche Kaiser zur Feier seines 60. Geburtstags ausgesetzt, starb er in Berlin. Sein Werk »Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland von Leibniz bis auf Lessings Tod, 1681-1781« (Leipz. 1861-1863, 2 Bde.) schließt sich, der Zeit nach rückwärts, seiner »Geschichte der Litteratur seit Lessings Tod« ergänzend an. Vereint erschienen diese Werke als »Geschichte der deutschen Litteratur von Leibniz bis auf unsre Zeit« (Berl. 1886 ff., 5 Bde.). Ferner erschienen von ihm: »Übersicht der englischen Litteratur im 19. Jahrhundert« (Sondersh. 1859);
»Schiller und seine Zeitgenossen« (Leipz. 1859);
»Die Notwendigkeit einer neuen Parteibildung« (Berl. 1866) und die geistvollen Essays: »Bilder aus dem geistigen Leben unsrer Zeit« (Leipz. 1870-74, 4 Bde.),
in denen der Kritiker sich der Litteratur der Gegenwart gegenüber billiger und anerkennender zeigte als in seiner »Grenzboten-Sturm- und Drangperiode«.
Verwandter Natur ist die Sammlung »Porträts aus dem 19. Jahrhundert« (Berl. 1878).
9) Erich, Litterarhistoriker, Sohn von S. 13), geb. zu Jena, studierte germanische Philologie und Litteraturgeschichte in Graz, [* 19] Jena und Straßburg, [* 20] habilitierte sich 1875 als Privatdozent für Litteraturgeschichte in Würzburg, [* 21] ward Ostern 1877 als außerordentlicher Professor der deutschen Philologie nach Straßburg, Herbst 1880 als ordentlicher Professor nach Wien berufen, von wo er 1885 als Direktor des Goethe-Archivs nach Weimar übersiedelte.
Ende 1886 erhielt er als Nachfolger W. Scherers die Professur für deutsche Sprache und Litteratur an der Universität zu Berlin. Er veröffentlichte: »Reinmar von Hagenau [* 22] und Heinrich von Rugge« (Straßb. 1874);
»Richardson, Rousseau und Goethe« (Jena 1875);
»Lenz und Klinger, zwei Dichter der Geniezeit« (Berl. 1879);
»H. L. Wagner, Goethes Jugendgenosse« (Jena 1875, 2. Aufl. 1879);
»Beiträge zur Kenntnis der Klopstockschen Jugendlyrik« nebst ungedruckten Oden Wielands (Straßb. 1880);
»Komödien vom Studentenleben aus dem 16. und 17. Jahrhundert« (Leipz. 1880);
»Lessing. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften« (Berl. 1884 ff., 2 Bde.) und »Charakteristiken«, gesammelte Aufsätze, Vorträge etc. (das. 1886).
Außerdem gab er »Elsässische Litteraturdenkmäler vom 14.-17. Jahrhundert« (mit E. Martin, Straßb. 1878 ff.) sowie neuerdings »Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt, nach der Göchhausenschen Abschrift« (Weim. 1888) heraus.
[Sprachforscher.]
10) Isaak Jakob, ausgezeichneter Kenner der mongolischen und tibetischen Sprache [* 23] und Litteratur, geb. 1779 in Deutschland, starb als russischer Staatsrat und Mitglied der Akademie zu Petersburg. [* 24] Unter seinen zahlreichen Schriften heben wir hervor: »Forschungen im Gebiet der ältesten religiösen, politischen und ¶
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litterarischen Bildungsgeschichte der Völker Mittelasiens vorzüglich der Mongolen und Tibetaner« (Petersb. 1824);
»Würdigung und Abfertigung der Klaprothschen sogen. Beleuchtung [* 26] und Widerlegung seiner Forschungen im Gebiet der Geschichte der Völker Mittelasiens« (Leipz. 1826);
Ausgabe und Übersetzung der 1662 in mongolischer Sprache verfaßten »Geschichte der Ostmongolen und ihres Fürstenhauses« (Petersb. 1829);
»Grammatik der mongolischen Sprache« (das. 1831);
»Mongolisch-deutsch-russisches Wörterbuch« (das. 1835);
»Die Thaten Gesser-Chans« (das. 1836, deutsch 1839);
»Grammatik der tibetanischen Sprache« (das. 1839);
»Tibetanisch-deutsches Wörterbuch« (das. 1841);
»Der Weise und der Thor«, Original und Übersetzung (das. 1843, 2 Bde.).
11) Moritz, namhafter Philolog, geb. zu Breslau, [* 27] vorgebildet in Schweidnitz, [* 28] studierte seit 1840 in Breslau und Berlin, wurde 1847 Lehrer in Schweidnitz, 1849 Oberlehrer in Öls, [* 29] 1857 außerordentlicher, 1869 ordentlicher Professor der klassischen Philologie in Jena, wo er starb. Er hat besondere Verdienste um die griechischen Grammatiker durch die Ausgaben von: »Didymi fragmenta« (Leipz. 1854),
»Hesychii lexicon« (Jena 1858-68, 5 Bde.; kleinere Ausg. 1863-64, 2 Tle.; 2. Aufl. 1867) und Arkadios' »Epitome« aus Herodians »Catholica prosodia« (das. 1860). Zu den griechischen Dichtern, deren Metrik er besondere Sorgfalt zuwandte, veröffentlichte er: »Diatribe in dithyrambum poetarumque dithyrambicorum reliquias« (Berl. 1845);
»Pindars olympische Siegesgesänge« (griech. u. deutsch, Jena 1869);
»Die Sophokleischen Chorgesänge rhythmiert« (das. 1870);
»Über den Bau der Pindarischen Strophen« (Leipz. 1882) sowie Ausgaben von Sophokles' »Oedipus tyrannus« (Jena 1871) und »Antigone« (das. 1880).
Inschriftlichen Studien entsprangen: »The Lycian inscriptions« (Jena 1868);
»Neue lykische Studien« (das. 1869);
»Die Inschrift von Idalion und das kyprische Syllabar« (das. 1874);
»Sammlung kyprischer Inschriften in epichorischer Schrift« (das. 1876).
Außerdem machen wir noch seine Ausgabe von Hyginus (Jena 1872) und Aristoteles' Schrift »Über die Dichtkunst« (griech. u. deutsch, das. 1875) namhaft.
12) Johannes, Sprachforscher, geb. zu Prenzlau, [* 30] studierte 1861-65 in Bonn [* 31] und Jena, habilitierte sich im Sommer 1868 zu Bonn für vergleichende Sprachwissenschaft, ward 1873 daselbst außerordentlicher Professor, bald darauf als Ordinarius nach Graz berufen und erhielt 1876 den durch Ebels Tod erledigten Lehrstuhl Bopps an der Universität zu Berlin, wo er 1884 auch zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: »Zur Geschichte des indogermanischen Vokalismus« (Weim. 1871-75, 2 Bde.);
»Die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen« (das. 1872).
Zahlreiche Abhandlungen von ihm enthalten Kuhns »Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung« und die »Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung«, deren Mitredakteur er seit 1875 ist.
[Naturforscher.]
13) Eduard Oskar, Zoolog, geb. zu Torgau, [* 32] studierte seit 1842 in Halle [* 33] und Berlin Naturwissenschaft und Mathematik, habilitierte sich 1847 in Jena für Zoologie und erhielt 1849 eine außerordentliche Professur. 1855 folgte er einem Ruf an die Universität Krakau, [* 34] ward 1857 nach Graz versetzt, wurde 1872 Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Straßburg und starb daselbst. S. widmete, sich namentlich dem Studium der niedern Tiere und seit 1862 vorzugsweise den Schwämmen, über welche er »Die Spongien des Adriatischen Meers« (Leipz. 1862, mit 3 Suppl. 1864-68),
»Grundzüge einer Spongienfauna des atlantischen Gebiets« (das. 1870) und »Spongien des Meerbusens von Mexiko« [* 35] (Jena 1880) veröffentlichte. Auch wurde unter seiner Leitung die künstliche Schwammzucht bei Lesina ins Leben gerufen. In seinem Werk »Deszendenzlehre und Darwinismus« (3. Aufl., Leipz. 1884) zeigte er sich als einen der entschiedensten Anhänger dieser Lehre. [* 36] Von seinen übrigen Schriften sind hervorzuheben: »Die rhabdocölen Strudelwürmer des süßen Wassers« (Jena 1858);
»Handbuch der vergleichenden Anatomie« (das. 1849; 9. Aufl., umgearbeitet von Lang, 1882),
dem sich der »Handatlas der vergleichenden Anatomie« (2. Aufl., das. 1854) und »Über die Entwickelung der vergleichenden Anatomie« (das. 1855) anschlossen;
ferner: »Lehrbuch der Zoologie« (Wien 1854) und »Leitfaden der Zoologie« (4. Aufl., das. 1882);
»Bilder aus dem Norden« [* 37] (Jena 1850);
»Das Mikroskop« [* 38] (Leipz. 1851);
»Goethes Verhältnis zu den organischen Naturwissenschaften« (Berl. 1853);
»Naturgeschichtliche Darstellungen« (Wien 1858);
»Das Alter der Menschheit und das Paradies« (mit Unger, das. 1866);
»Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewußten« (Leipz. 1876) und »Die Säugetiere in ihrem Verhältnis zur Vorwelt« (das. 1884).
Auch bearbeitete er die niedern Tiere für Brehms »Tierleben« (2. Aufl., Leipz. 1878).
14) Johann Friedrich Julius, Astronom, geb. zu Eutin, war 1842 Volontär bei Rümker in Hamburg, [* 39] 1845 auf der Sternwarte [* 40] Bilk, 1846 in Bonn thätig, 1853 Astronom auf der Sternwarte des Propstes v. Unbrechtsberg in Olmütz [* 41] und von 1858 bis zu seinem Tod, Direktor der Sternwarte zu Athen. [* 42] Seine Arbeiten erstrecken sich namentlich auf das Zodiakallicht, [* 43] die Sternschnuppen, die veränderlichen Sterne, die physische Beschaffenheit der Kometen [* 44] und den Mond, [* 45] auf welchem er 1866 das Verschwinden des Kraters Linné bemerkte.
Auch um die physische Geographie erwarb er sich hohe Verdienste. Außer zahlreichen Arbeiten in den »Astronomischen Nachrichten« und den »Publications de l'observatoire d'Athènes«, welche unter anderm wertvolle Beiträge zur physischen Geographie Griechenlands enthalten, schrieb er: »Resultate aus zehnjährigen Beobachtungen über Sternschnuppen« (Berl. 1852);
»Das Zodiakallicht« (Braunschw. 1856);
»Der Mond« (Leipz. 1856);
»Über Rillen auf dem Mond« (das. 1866);
»Die Eruption des Vesuv [* 46] 1855« (Wien u. Olmütz 1856);
»Vulkanstudien« (Leipz. 1874);
»Studien über Erdbeben« [* 47] (das. 1875).
Von Lohrmanns »Mondkarte« veranstaltete er eine neue Ausgabe mit Text (Leipz. 1877) und veröffentlichte selbst eine große Karte des Mondes nach eignen Beobachtungen (Berl. 1878, 25 Blatt).
Dichter und Schriftsteller.
15) Klamer Eberhard Karl, Dichter, geb. zu Halberstadt, [* 48] ward Kriegs-, später Domkommissar daselbst, gehörte noch zu Gleims Freundeskreis und starb Seine Dichtungen, die von einer milden und biedern Gesinnung zeugen, aber geringen poetischen Wert haben, sind vorzugsweise lyrischen Charakters, im übrigen Fabeln und Erzählungen, poetische Episteln etc. Auch hat er »Klopstock und seine Freunde«, Briefwechsel (Halberst. 1820),
herausgegeben. Schmidts »Leben und auserlesene Werke« erschienen in 3 Bänden (Stuttg. 1826-28).