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Hiermit war der Krieg eröffnet, noch ehe der Bund die Aufnahme genehmigte (12. April).
Die aus den schleswig-holsteinischen Truppen und Freischaren gebildete schleswig-holsteinische Armee rückte unter dem Prinzen Friedrich von Augustenburg in Schleswig [* 2] bis über Flensburg [* 3] vor, mußte sich aber nach dem unglücklichen Gefecht bei Bau (9. April) wieder zurückziehen, so daß die Dänen 11. April die Stadt Schleswig besetzen konnten. Nun eilten aber preußische und andre deutsche Bundestruppen unter General Wrangel den Herzogtümern zu Hilfe, schlugen die Dänen 23. April bei Schleswig und 24. April bei Översee und zwangen sie zur Räumung des Festlandes von Schleswig. Nachdem Wrangel Südjütland mit Fredericia eine Zeitlang besetzt gehalten, besiegte er die Dänen 5. Juni bei Düppel. [* 4] Aber da Deutschland [* 5] keine Kriegsflotte besaß, konnte es die Blockade seiner Seehäfen nicht hindern, wodurch der Handel schwere Verluste erlitt. Überdies nahmen Rußland und England eine drohende Haltung zu gunsten der Dänen ein. Unter diesen Umständen nahm Preußen, [* 6] dem die deutsche Zentralgewalt die Regelung der schleswig-holsteinischen Frage überlassen hatte, die Vermittelung Schwedens für Verhandlungen mit Dänemark [* 7] an, die 26. Aug. zum Waffenstillstand von Malmö [* 8] führten; derselbe, auf sieben Monate abgeschlossen, hob alle seit dem 17. März in S. erlassenen Gesetze und Verordnungen auf und ersetzte die provisorische Regierung durch eine neue, an deren Spitze der als Dänenfreund gehaßte Graf Karl Moltke trat. Die Frankfurter Nationalversammlung verwarf anfangs den Waffenstillstand, genehmigte ihn indes in zweiter Beratung nach den heftigsten Debatten 17. Sept., und auch die Schleswig-Holsteiner fügten sich geduldig in die Notwendigkeit; doch gaben sie sich 15. Sept. noch ein neues Staatsgrundgesetz.
Da die Friedensverhandlungen mit Dänemark, die Bunsen als Reichsgesandter leitete, kein Ergebnis hatten, wurde der Krieg nach Ablauf [* 9] des Waffenstillstandes erneuert; die Regierung des Grafen Moltke löste sich auf, und die Frankfurter Zentralgewalt übertrug die oberste Gewalt einer Statthalterschaft unter Beseler und Graf Reventlow-Preetz. Schon 3. April besetzten die Dänen Hadersleben, [* 10] während 45,000 Mann deutsche Truppen unter General v. Prittwitz in Schleswig einrückten.
Als ein dänisches Geschwader in der Bucht von Eckernförde erschien, wurde von einigen am Strand aufgefahrenen Batterien das Linienschiff Christian VIII. in Brand geschossen und die Fregatte Gefion nach Vernichtung ihres Steuerruders zur Ergebung gezwungen. Nicht lange darauf, 13. April, erstürmten die bayrischen und sächsischen Truppen die Düppeler Schanzen. Aber aus Rücksicht auf die Mächte erhielt Prittwitz den Befehl, nur S. besetzt zu halten, darüber hinaus jedoch nicht angriffsweise vorzugehen. In Jütland drangen daher nur die Schleswig-Holsteiner unter General v. Bonin ein, schlugen die Dänen 23. April bei Kolding und 7. Mai bei Gudsoe und begannen die Belagerung von Fredericia.
Nachdem sie mehrere Ausfälle siegreich zurückgeschlagen hatten, wurden sie in der Nacht vom 5. zum 6. Juli von den Dänen, die infolge der Unthätigkeit Prittwitz' ihre ganze Macht in Fredericia hatten vereinigen können, mit überlegenen Streitkräften überfallen und nach blutigem Kampf zum Weichen gezwungen, worauf die Belagerung von Fredericia aufgegeben werden mußte. Inzwischen hatte Preußen 10. Juli eigenmächtig einen neuen Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen, nach welchem in Holstein die Statthalterschaft bestehen bleiben, Schleswig aber von einer dreiköpfigen Landesregierung unter dem Vorsitz eines englischen Kommissars im Namen des Königs von Dänemark regiert und im Norden [* 11] von schwedisch-norwegischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt werden sollte. Diesem Waffenstillstand folgte der Friede zwischen Preußen und Dänemark, den Preußen zugleich im Namen des Bundes unterzeichnete; derselbe überließ es dem König von Dänemark, alle zur Bewältigung des Widerstandes in S. dienlichen Mittel zu gebrauchen, und verhieß die Einführung einer alle Staaten der dänischen Monarchie umfassenden Erbfolgeordnung.
Die Herzogtümer versuchten nach dem Abzug der preußischen und schwedischen Truppen sich direkt mit Dänemark zu verständigen, und als dies am Übermut und Nationalhaß der Dänen scheiterte, beschlossen sie, mit eignen Kräften den Kampf fortzusetzen. Mit einer Armee von 30,000 Mann, aus Schleswig-Holsteinern und deutschen Freiwilligen bestehend, rückte General Willisen in das nördliche Schleswig ein, versäumte es aber, die beiden dänischen Heere, die von Jütland und von Alsen kamen, durch rasches Vordringen an ihrer Vereinigung zu hindern, und lieferte ihnen südlich von Flensburg bei Idstedt 24. und 25. Juli eine Schlacht, welche nach anfänglichem Sieg der Schleswig-Holsteiner mit ihrer Niederlage und dem Rückzug hinter die Eider endete.
Die Dänen unter General Krogh besetzten Schleswig wieder, und die Angriffe auf Missunde (12. Sept.) und Friedrichstadt (4. Okt.), zu denen sich Willisen nach längerer Unthätigkeit wegen des schlechten Wetters aufraffte, wurden mit empfindlichem Verlust zurückgeschlagen. Willisen dankte daher 7. Dez. ab, und General v. d. Horst trat an seine Stelle. Aber schon war es zu spät. In Olmütz [* 12] hatte sich Preußen 29. Nov. der von Rußland unterstützten Forderung Österreichs, daß die Revolution wie in Kurhessen, so auch in S. unterdrückt würde, unterworfen. Eine österreichisch-preußische Pacifikationskommission wurde nach Holstein gesandt, der ein österreichisches Armeekorps folgte. Die Kommission forderte unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten, und die Landesversammlung fügte sich in Erkenntnis der Unmöglichkeit weitern Widerstandes. Sie ging auseinander, die Statthalter legten ihr Amt nieder, und die Armee wurde aufgelöst. Die Österreicher besetzten Holstein, die Dänen Schleswig mit Rendsburg. [* 13] Im Namen des dänischen Königs und im Auftrag des Deutschen Bundes setzte die Kommission das Grundgesetz vom außer Kraft [* 14] und ernannte für Holstein eine oberste Zivilbehörde, während in Schleswig der dänische Kommissar Tillisch eine Gewaltherrschaft errichtete. Das Amnestiedekret vom schloß die herzogliche Familie von Augustenburg, die Mitglieder der provisorischen Regierung, der Statthalterschaft und des Obergerichts sowie zahlreiche Beamte aus. Die deutschen Mächte versicherten zwar, die Rechte der Herzogtümer schützen zu wollen, unterzeichneten aber das Londoner Protokoll, welches die Integrität der dänischen Monarchie für ein europäisches Interesse erklärte und die Erbfolge in allen ihren Teilen dem Prinzen Christian von S.-Sonderburg-Glücksburg zusicherte; die Rechte der Herzogtümer auf Selbständigkeit und Zusammengehörigkeit wurden von Österreich [* 15] und Preußen in allgemeinen Ausdrücken gewahrt, und Dänemark gab in Bezug hierauf ebenso allgemein gehaltene Versprechungen. ¶
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Die dänische Gewaltherrschaft.
Dieser schmähliche Ausgang der schleswig-holsteinischen Erhebung, die zugleich als eine nationaldeutsche Sache angesehen worden war, erregte in Deutschland zugleich Erbitterung und Beschämung. Wenn auch die Hauptschuld auf Preußen fiel, dessen König die preußische Macht umso weniger für S. einzusetzen geneigt war, als er im Grunde dessen Erhebung als revolutionär verabscheute, so war doch auch der Mangel einer einheitlichen Organisation Deutschlands [* 17] Ursache der deutschen Niederlage gewesen, und das unglückliche Schicksal Schleswig-Holsteins bildete fortan einen Stachel, der das deutsche Nationalbewußtsein weckte und reizte. Es erschien als eine unauslöschliche Schande für das ganze deutsche Volk, daß es zusehen mußte, wie die Dänen in S. hausten.
Sie betrachteten dasselbe als erobertes Land, das durch seine »Rebellion« alle seine Rechte verwirkt habe. Eine Menge von Beamten, auch acht Kieler Professoren, wurden verjagt; das ganze reiche Kriegsmaterial wurde als Siegesbeute nach Dänemark geschafft, den entlassenen Offizieren und Mannschaften jede Pension verweigert. Jedes Herzogtum erhielt durch Erlaß vom besondere Minister und Landstände. Diesen, die für Schleswig in Flensburg, für Holstein in Itzehoe zusammentraten, wurden im Oktober 1853 die Entwürfe der neuen Provinzialverfassungen vorgelegt; danach bildete Schleswig ein unzertrennliches Glied [* 18] des dänischen Reichs, Holstein einen selbständigen Teil der dänischen Monarchie, der mit derselben durch das Thronfolgegesetz vom auf immer vereinigt sei.
Obwohl beide Entwürfe von den Ständen verworfen wurden, wurden sie doch als gültige Verfassungen für Schleswig 15. Febr., für Holstein publiziert. Ebenso wurde die vom dänischen Reichstag beschlossene Gesamtstaatsverfassung den Herzogtümern ohne weiteres aufgedrungen. In dem gemeinschaftlichen Reichsrat war S. zur Minderheit verurteilt; bei der Steuerbewilligung und der Feststellung des Staatshaushalts waren seine Interessen nicht gewahrt, seine Domänen wurden für den Gesamtstaat in Anspruch genommen.
Armee und Flotte, Zoll, Post, Münze etc. waren fortan dänisch. Zwischen Schleswig und Holstein dagegen wurden möglichst viele Schranken aufgerichtet, das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht in Kiel [* 19] aufgehoben. In Nordschleswig oder »Südjütland« wurden die deutschen Geistlichen und Lehrer durch Dänen ersetzt und das Dänische als Kirchen- und Schulsprache rein deutschen Gemeinden aufgedrängt. Unter dem Beifall des dänischen Volkes, besonders der Bevölkerung [* 20] Kopenhagens, unterdrückten die dänischen Beamten, geschützt durch dänisches Militär, mit kleinlichem Haß jede Regung deutschen Nationalbewußtseins und erstickten jeden »Schmerzensschrei des verlassenen Bruderstammes«.
Indes die Herzogtümer wahrten mit männlicher Festigkeit [* 21] ihre Rechte. Im dänischen Reichsrat verlangten 1856 elf deutsche Mitglieder, an ihrer Spitze Scheel-Plessen, daß die Gesamtstaatsverfassung den Ständen der Herzogtümer vorgelegt werde, und als diese Forderung von den Dänen zurückgewiesen ward, protestierten sie gegen die Gültigkeit der Verfassung. Dies veranlaßte Österreich und Preußen, bei Dänemark die 1851 und 1852 eingegangenen Verpflichtungen in Erinnerung zu bringen und nach längerm fruchtlosen Notenwechsel sich an den Deutschen Bund zu wenden.
Dieser erklärte daß die Gesamtstaatsverfassung sowie ein Teil der Provinzialverfassung für Holstein und Lauenburg [* 22] nicht als rechtsgültig zu betrachten und zu beseitigen seien, weil sie mit den Grundsätzen des Bundesrechts und mit den Zusagen von 1851 und 1852 in Widerspruch ständen. Aber erst als der Bund mit Exekution drohte, wurde die Gesamtstaatsverfassung für Holstein und Lauenburg außer Wirksamkeit gesetzt, jedoch zugleich erklärt, daß die Minister für Auswärtiges, Krieg, Marine und Finanzen auch in betreff Holsteins nur dem König verantwortlich seien. Es blieb daher der bisherige Zustand bestehen, nur daß Holstein und Lauenburg im Reichsrat gar nicht vertreten und Schleswig den Danisierungsgelüsten der eiderdänischen Partei erst recht preisgegeben war.
Jeden Antrag auf Verständigung über eine neue Gesamtstaatsverfassung erwiderten die holsteinischen Stände mit der Forderung voller Selbständigkeit und dem Hinweis auf das alte Recht der Verbindung mit Schleswig, ohne deren Herstellung kein wahrer Friede in S. möglich sei. Unter diesen Umständen gab König Friedrich VII. den Gedanken einer im Interesse der Dynastie erwünschten Gesamtmonarchie auf und schloß sich ganz der eiderdänischen Partei an, die schon lange, um Schleswig völlig einverleiben zu können, vorgeschlagen hatte, Holstein aus dem Gesamtstaat auszuscheiden, aber durch Beschränkung der Stände Dänemark ganz dienstbar zu machen. Zu diesem Zweck schied eine königliche Bekanntmachung vom Holstein und Lauenburg aus dem Gesamtstaat aus und setzte die Rechte der holsteinischen Stände auf das geringste Maß herab. Dagegen wurde im Herbste dem Reichsrat der Entwurf einer eiderdänischen Verfassung vorgelegt und von diesem 13. Nov. angenommen, welcher Schleswig völlig mit Dänemark verschmolz. Gegen die Verordnung vom 30. März hatte der Bund indes Einspruch erhoben, ihre Zurücknahme gefordert und, als diese nicht erfolgte, die Exekution in Holstein und Lauenburg beschlossen.
Der deutsch-dänische Krieg.
Da starb König Friedrich VII., und mit ihm erlosch die königliche Linie des Hauses Oldenburg. [* 23] Dem Londoner Protokoll gemäß folgte Christian von Glücksburg als Christian IX. auf dem Thron. [* 24] In den Herzogtümern, welche das Londoner Protokoll nie anerkannt hatten, wurde aber nicht er als rechtmäßiger Erbe angesehen, sondern der Prinz Friedrich von Augustenburg, dessen Vater, Herzog Christian, zwar beim Verkauf seiner Güter an Dänemark sich verpflichtet hatte, nichts gegen das Londoner Protokoll zu unternehmen, der selbst aber nie seine Zustimmung hierzu gegeben hatte.
Prinz Friedrich erklärte also 19. Nov. seinen Regierungsantritt als Herzog Friedrich VIII. von S., und dieser Akt wurde nicht bloß in S., sondern in ganz Deutschland mit Jubel begrüßt, da durch die Anerkennung des augustenburgischen Erbrechts S. von Dänemark getrennt und dem Deutschtum gerettet wurde. Der Bundestag, an welchen sich Friedrich VIII. um Anerkennung seines Rechts wandte, während der dänische Gesandte seine neue Vollmacht für Christian VIII. vorlegte, beschloß die einstweilige Suspension der holstein-lauenburgischen Stimme und 7. Dez. die Ausführung der Bundesexekution. Auf die Ankündigung derselben (12. Dez.) befahl die dänische Regierung die Räumung Holsteins durch ihre Truppen, und 23. Dez. rückten 12,000 Sachsen [* 25] und Hannoveraner unter dem sächsischen General Hake in Holstein ein. Kaum waren die Dänen abgezogen, als Herzog Friedrich überall als Landesherr ausgerufen und von einer großen Volksversammlung in Elmshorn [* 26] 27. Dez. ¶