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Bischof von Lübeck, [* 2] bis 1745 die Vormundschaft führte, wurde 1742 von der Kaiserin Elisabeth zum russischen Thronfolger erklärt und bestieg 1762 als Peter III. den russischen Thron, [* 3] während Adolf Friedrich 1751 König von Schweden [* 4] wurde. Im Besitz zweier fremder Throne hatte das Haus S.-Gottorp kein Interesse mehr an der Mitherrschaft in S., und im Namen des russischen Großfürsten Paul, des Sohns von Peter III. (des nachmaligen Zaren Paul I.), verzichtete Rußland 1767 auf dieselbe im Vertrag zu Kopenhagen, [* 5] der vom Großfürsten Paul nach erlangter Majorennität 1773 bestätigt wurde.
Der gottorpsche Anteil an S., sowohl der 1721 von Dänemark [* 6] besetzte als der noch bei der herzoglichen Linie verbliebene, wurde an den König Christian VII. von Dänemark überlassen, der dafür die Grafschaften Oldenburg [* 7] und Delmenhorst abtrat. Dieselben, zum Herzogtum Oldenburg erhoben, erhielt Friedrich August, Fürstbischof von Lübeck, Christian Augusts zweiter Sohn, der nun die jüngere Linie S.-Gottorp oder Oldenburg begründete (s. Oldenburg, Geschichte, S. 366).
Die Herrschaft Dänemarks.
Dänemark war also seit 1773 im Besitz von ganz S., dessen Adel am Hof [* 8] zu Kopenhagen und im dänischen Beamtentum stark vertreten war und eine einflußreiche Rolle spielte und daher einer weitern Verschmelzung der Herzogtümer mit Dänemark zunächst keinen Widerstand entgegensetzte. Als das Deutsche Reich [* 9] sich 1806 auflöste, wurde Holstein »als ungetrennter Teil« mit der dänischen Monarchie verbunden, wenngleich den Nebenlinien die Eventualerbfolge von neuem bestätigt wurde, ein dänisches Gesetzbuch und das dänische Münzsystem in Holstein eingeführt, die dänische Sprache zur offiziellen für den Verkehr mit Kopenhagen erklärt.
Auf dem Wiener Kongreß wurden die Herzogtümer Holstein und Lauenburg, [* 10] das Dänemark für das abgetretene Norwegen erhalten hatte, Teile des Deutschen Bundes, Schleswig [* 11] aber nicht. Dies veranlaßte die Prälaten und Ritterschaft Holsteins, das Recht der gemeinschaftlichen Verfassung Holsteins und Schleswigs in Kopenhagen geltend zu machen. Dort aber hatte nach den Unglücksfällen und Verlusten, welche Dänemark in den Napoleonischen Kriegen betroffen hatten, die frühere deutschfreundliche Richtung einer nationaldänischen Politik Platz gemacht, welche die völlige Verschmelzung, wenn nicht aller drei Herzogtümer, doch wenigstens Schleswigs sich zum Ziel setzte.
Das Gesuch der Holsteiner wurde daher abgelehnt, und als sie sich 1822 an den Deutschen Bund wandten, wurde zwar von diesem ihr Recht anerkannt, aber bloß eine beruhigende Erklärung abgegeben. Als U. Lornsen 1830 in der Flugschrift »Das Verfassungswerk in S.« für die Rechte der Herzogtümer eintrat, wurde er verhaftet und eine Kommission zur Untersuchung dieser Umtriebe eingesetzt. Doch führte König Friedrich VI. 1831 beratende Provinzialstände für jedes Herzogtum ein.
Dagegen wurden die Herzogtümer in finanzieller Beziehung geschädigt, mit vier Neunteln der Steuern der Gesamtmonarchie belastet, und die 5 Mill. Thlr., die sie für die dänische Reichsbank beigesteuert hatten, als dieselbe 1838 in eine dänische Privatbank umgewandelt wurde, derselben gelassen. Unter Christian VIII. wurden 1842 die alten schleswig-holsteinischen Regimenter aufgehoben, neue mit dänischen Fahnen gebildet und diese zum Teil in die dänischen Lande verlegt; die Offiziere avancierten durch die ganze Armee.
Die Bevölkerung [* 12] von S. ließ sich diese Maßregeln gefallen, da die königliche Linie außer dem König nur noch dessen Sohn, den Kronprinzen Friedrich, als männliche Mitglieder zählte und im Fall ihres Erlöschens die Herzogtümer an den Herzog Christian von Augustenburg, Dänemark aber an die weibliche Linie fielen, S. also selbständig wurde. Dies aber wollten die eifrigen Dänen gerade verhindern, und auf der dänischen Ständeversammlung zu Roeskilde im Herbst 1844 stellte der Kopenhagener Bürgermeister A. Ussing den Antrag, den König zu bitten, »daß er die dänische Monarchie, d. h. Dänemark, S. und Lauenburg, für ein einziges, unzertrennliches Reich erkläre, das ungeteilt nach dem dänischen Königsgesetz vererbt werden müsse«.
Der Minister v. Örsted trat diesem Antrag im wesentlichen bei, und Christian VIII. erließ den »offenen Brief«, welcher verkündete, daß auf Grund genauer Untersuchung der Erbfolgefrage Schleswig u. Lauenburg unzweifelhaft als der Krone Dänemark gehörig zu betrachten und nach den allgemeinen dänischen Erbgesetzen zu vererben seien, und daß der König dies Recht seiner Krone mit aller Macht durchsetzen wolle. Gegen diese Erklärung, welche also das eventuelle Erbrecht der augustenburgischen Linie nur für Holstein anerkannte und den Herzogtümern nur die Wahl zwischen Trennung oder gemeinsamer Unterwerfung unter das dänische Gesetz ließ, erhob sich in S. ein Sturm der Entrüstung. Sowohl die Stände beider Herzogtümer als Volksversammlungen wahrten energisch das Recht auf gemeinschaftliche Verfassung und die Erbfolge im Mannesstamm. In ganz Deutschland [* 13] wurde das Vorgehen der Schleswig-Holsteiner mit Begeisterung begrüßt.
Die Erhebung Schleswig-Holsteins.
König Friedrich VII., der am seinem Vater Christian VIII. folgte, ordnete 28. Jan. die Wahl von gemeinschaftlichen Ständen Dänemarks und der Herzogtümer an. Die Wahlmänner von S. beschlossen 18. Febr., mit Vorbehalt der Rechte zu wählen. Inzwischen steigerte aber die Kunde von der Februarrevolution und den Märzereignissen in Deutschland die Erregung, und Deputierte der schleswig-holsteinischen Stände beschlossen 18. März in Rendsburg, [* 14] in Kopenhagen Berufung eines schleswig-holsteinischen Landtags, Bewilligung einer gemeinschaftlichen Verfassung für die Herzogtümer und Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund zu verlangen.
Die Deputation kam in Kopenhagen 22. März an, als man dort eben die Einverleibung Schleswigs in Dänemark verlangt und der König sie zugesagt hatte, und erhielt daher unter beruhigenden Versicherungen den Bescheid, daß »eine unzertrennliche Verbindung Schleswigs mit Dänemark hergestellt«, sonst die Wünsche Holsteins berücksichtigt werden sollten. Noch vor Bekanntwerden dieser Antwort sagte sich Kiel [* 15] 23. März von der Herrschaft Dänemarks los, und 24. März wurde in Rendsburg eine provisorische Regierung (Graf Friedrich Reventlow, Prinz Friedrich von Augustenburg-Noer u. a.) unter Führung Beselers eingesetzt, die überall, auch von den Truppen, anerkannt wurde. Diese, ermutigt durch ein Schreiben Friedrich Wilhelms IV. von Preußen [* 16] vom 24. März, welches für die Selbständigkeit der Herzogtümer und die rechtmäßige Erbfolge eintrat, berief zum 3. April eine schleswig-holsteinische Landesversammlung nach Rendsburg und suchte 26. März beim Deutschen Bund um die Aufnahme Schleswigs in den Bund nach, welche Friedrich VII. 24. März mit den Waffen [* 17] zu verhindern erklärt hatte. ¶
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Hiermit war der Krieg eröffnet, noch ehe der Bund die Aufnahme genehmigte (12. April).
Die aus den schleswig-holsteinischen Truppen und Freischaren gebildete schleswig-holsteinische Armee rückte unter dem Prinzen Friedrich von Augustenburg in Schleswig bis über Flensburg [* 19] vor, mußte sich aber nach dem unglücklichen Gefecht bei Bau (9. April) wieder zurückziehen, so daß die Dänen 11. April die Stadt Schleswig besetzen konnten. Nun eilten aber preußische und andre deutsche Bundestruppen unter General Wrangel den Herzogtümern zu Hilfe, schlugen die Dänen 23. April bei Schleswig und 24. April bei Översee und zwangen sie zur Räumung des Festlandes von Schleswig. Nachdem Wrangel Südjütland mit Fredericia eine Zeitlang besetzt gehalten, besiegte er die Dänen 5. Juni bei Düppel. [* 20] Aber da Deutschland keine Kriegsflotte besaß, konnte es die Blockade seiner Seehäfen nicht hindern, wodurch der Handel schwere Verluste erlitt. Überdies nahmen Rußland und England eine drohende Haltung zu gunsten der Dänen ein. Unter diesen Umständen nahm Preußen, dem die deutsche Zentralgewalt die Regelung der schleswig-holsteinischen Frage überlassen hatte, die Vermittelung Schwedens für Verhandlungen mit Dänemark an, die 26. Aug. zum Waffenstillstand von Malmö [* 21] führten; derselbe, auf sieben Monate abgeschlossen, hob alle seit dem 17. März in S. erlassenen Gesetze und Verordnungen auf und ersetzte die provisorische Regierung durch eine neue, an deren Spitze der als Dänenfreund gehaßte Graf Karl Moltke trat. Die Frankfurter Nationalversammlung verwarf anfangs den Waffenstillstand, genehmigte ihn indes in zweiter Beratung nach den heftigsten Debatten 17. Sept., und auch die Schleswig-Holsteiner fügten sich geduldig in die Notwendigkeit; doch gaben sie sich 15. Sept. noch ein neues Staatsgrundgesetz.
Da die Friedensverhandlungen mit Dänemark, die Bunsen als Reichsgesandter leitete, kein Ergebnis hatten, wurde der Krieg nach Ablauf [* 22] des Waffenstillstandes erneuert; die Regierung des Grafen Moltke löste sich auf, und die Frankfurter Zentralgewalt übertrug die oberste Gewalt einer Statthalterschaft unter Beseler und Graf Reventlow-Preetz. Schon 3. April besetzten die Dänen Hadersleben, [* 23] während 45,000 Mann deutsche Truppen unter General v. Prittwitz in Schleswig einrückten.
Als ein dänisches Geschwader in der Bucht von Eckernförde erschien, wurde von einigen am Strand aufgefahrenen Batterien das Linienschiff Christian VIII. in Brand geschossen und die Fregatte Gefion nach Vernichtung ihres Steuerruders zur Ergebung gezwungen. Nicht lange darauf, 13. April, erstürmten die bayrischen und sächsischen Truppen die Düppeler Schanzen. Aber aus Rücksicht auf die Mächte erhielt Prittwitz den Befehl, nur S. besetzt zu halten, darüber hinaus jedoch nicht angriffsweise vorzugehen. In Jütland drangen daher nur die Schleswig-Holsteiner unter General v. Bonin ein, schlugen die Dänen 23. April bei Kolding und 7. Mai bei Gudsoe und begannen die Belagerung von Fredericia.
Nachdem sie mehrere Ausfälle siegreich zurückgeschlagen hatten, wurden sie in der Nacht vom 5. zum 6. Juli von den Dänen, die infolge der Unthätigkeit Prittwitz' ihre ganze Macht in Fredericia hatten vereinigen können, mit überlegenen Streitkräften überfallen und nach blutigem Kampf zum Weichen gezwungen, worauf die Belagerung von Fredericia aufgegeben werden mußte. Inzwischen hatte Preußen 10. Juli eigenmächtig einen neuen Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen, nach welchem in Holstein die Statthalterschaft bestehen bleiben, Schleswig aber von einer dreiköpfigen Landesregierung unter dem Vorsitz eines englischen Kommissars im Namen des Königs von Dänemark regiert und im Norden [* 24] von schwedisch-norwegischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt werden sollte. Diesem Waffenstillstand folgte der Friede zwischen Preußen und Dänemark, den Preußen zugleich im Namen des Bundes unterzeichnete; derselbe überließ es dem König von Dänemark, alle zur Bewältigung des Widerstandes in S. dienlichen Mittel zu gebrauchen, und verhieß die Einführung einer alle Staaten der dänischen Monarchie umfassenden Erbfolgeordnung.
Die Herzogtümer versuchten nach dem Abzug der preußischen und schwedischen Truppen sich direkt mit Dänemark zu verständigen, und als dies am Übermut und Nationalhaß der Dänen scheiterte, beschlossen sie, mit eignen Kräften den Kampf fortzusetzen. Mit einer Armee von 30,000 Mann, aus Schleswig-Holsteinern und deutschen Freiwilligen bestehend, rückte General Willisen in das nördliche Schleswig ein, versäumte es aber, die beiden dänischen Heere, die von Jütland und von Alsen kamen, durch rasches Vordringen an ihrer Vereinigung zu hindern, und lieferte ihnen südlich von Flensburg bei Idstedt 24. und 25. Juli eine Schlacht, welche nach anfänglichem Sieg der Schleswig-Holsteiner mit ihrer Niederlage und dem Rückzug hinter die Eider endete.
Die Dänen unter General Krogh besetzten Schleswig wieder, und die Angriffe auf Missunde (12. Sept.) und Friedrichstadt (4. Okt.), zu denen sich Willisen nach längerer Unthätigkeit wegen des schlechten Wetters aufraffte, wurden mit empfindlichem Verlust zurückgeschlagen. Willisen dankte daher 7. Dez. ab, und General v. d. Horst trat an seine Stelle. Aber schon war es zu spät. In Olmütz [* 25] hatte sich Preußen 29. Nov. der von Rußland unterstützten Forderung Österreichs, daß die Revolution wie in Kurhessen, so auch in S. unterdrückt würde, unterworfen. Eine österreichisch-preußische Pacifikationskommission wurde nach Holstein gesandt, der ein österreichisches Armeekorps folgte. Die Kommission forderte unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten, und die Landesversammlung fügte sich in Erkenntnis der Unmöglichkeit weitern Widerstandes. Sie ging auseinander, die Statthalter legten ihr Amt nieder, und die Armee wurde aufgelöst. Die Österreicher besetzten Holstein, die Dänen Schleswig mit Rendsburg. Im Namen des dänischen Königs und im Auftrag des Deutschen Bundes setzte die Kommission das Grundgesetz vom außer Kraft [* 26] und ernannte für Holstein eine oberste Zivilbehörde, während in Schleswig der dänische Kommissar Tillisch eine Gewaltherrschaft errichtete. Das Amnestiedekret vom schloß die herzogliche Familie von Augustenburg, die Mitglieder der provisorischen Regierung, der Statthalterschaft und des Obergerichts sowie zahlreiche Beamte aus. Die deutschen Mächte versicherten zwar, die Rechte der Herzogtümer schützen zu wollen, unterzeichneten aber das Londoner Protokoll, welches die Integrität der dänischen Monarchie für ein europäisches Interesse erklärte und die Erbfolge in allen ihren Teilen dem Prinzen Christian von S.-Sonderburg-Glücksburg zusicherte; die Rechte der Herzogtümer auf Selbständigkeit und Zusammengehörigkeit wurden von Österreich [* 27] und Preußen in allgemeinen Ausdrücken gewahrt, und Dänemark gab in Bezug hierauf ebenso allgemein gehaltene Versprechungen. ¶