mehr
zahlreicher als in irgend einer andern preußischen Provinz; in großer Menge wird dasselbe von Tönning, Husum, [* 2] Altona [* 3] und über Hamburg [* 4] nach England ausgeführt. Der Wildstand ist nicht bedeutend; Geflügel wird zahlreich gezogen, wilde Enten [* 5] werden in großer Zahl auf Föhr und Sylt gefangen. Die Fischerei [* 6] ist in der Ostsee (Kieler Sprotten) ergiebiger als in der Nordsee; im Schleswigschen Wattenmeer aber wird eine ansehnliche Austernzucht betrieben (etwa 50 Bänke).
Das Mineralreich liefert keine große Ausbeute. Von Wichtigkeit allein sind die großen Torflager, das Gips- und Steinsalzlager bei Segeberg sowie das Vorkommen von gutem Thon; Spuren von Braunkohlen und Erdöl [* 7] sind nachgewiesen. Größere Fabrikanstalten, wie Eisengießereien, Maschinen-, Tabaks-, Tuchfabriken etc., gibt es nur in den größern Städten (Tuchfabriken in Neumünster); der Schiffbau wird am Kieler Busen zu Gaarden und Ellerbeck, dann auch zu Altona und Flensburg [* 8] betrieben.
Der Hafenplätze an beiden Meeren und den zahlreichen schiffbaren Flüssen gibt es sehr viele; jedoch treten unter denselben nur Kiel, [* 9] Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg [* 10] besonders hervor. Die Anlage eines neuen, großen Hafens an der Westküste von S. bei Emerleff, in der Nähe von Hoyer, besonders zur Hebung [* 11] der Nordseefischerei sowie des Handels mit England, steht in Aussicht. Ein großer Teil des Schiffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz liegenden Städte Hamburg und Lübeck [* 12] besorgt.
Die Reederei von S. ist bedeutend; zu ihr gehörten 1886: 712 Schiffe, [* 13] darunter 556 Segelschiffe und 156 Dampfer, davon kamen auf das Ostseegebiet 316, auf das Nordseegebiet 396 Schiffe. Die größten Reedereiplätze sind: Altona, Apenrade, Blankenese, Elmshorn, [* 14] Flensburg, Kiel und Rendsburg. Die Eisenbahnen der Provinz sind meist Staatsbahnen. [* 15] Die wichtigsten Linien derselben sind: Altona-Kiel, Neumünster-Wamdrup, Neumünster-Oldesloe, Neumünster-Neustadt und Jübeck-Tönning ^[richtig: Jübek-Tönning]. Namhafte Privatbahnen sind die Holsteinische Marschbahn (Linie Elmshorn-Heide) und die Linien Heide-Ripen, Lübeck-Büchen und Kiel-Flensburg.
[Bildung, Verwaltung.]
Für die geistige
Bildung sorgen: eine
Universität zu
Kiel, 12 Gymnasien, 3 Realgymnasien,
eine
Oberrealschule, ein
Progymnasium, 2
Realschulen, 11 Realprogymnasien
, eine
Landwirtschaftsschule, 6 Schullehrerseminare,
eine
Marineakademie zu
Kiel, eine Kadettenanstalt zu
Plön, 3
Navigationsschulen, 2 Taubstummeninstitute etc.
In den deutschen
Reichstag entsendet die
Provinz 10, in das preußische Abgeordnetenhaus 19 Abgeordnete.
Militärisch gehört sie zum Bezirk des 9. Armeekorps. Die Provinzialstände bestehen (ohne Lauenburg) [* 16] aus 20 Vertretern des größern Grundbesitzes, 19 der Städte und 19 der Landgemeinden. Für die Justiz bestehen: ein Oberlandesgericht zu Kiel mit 3 Landgerichten. Der Oberpräsident hat seinen Sitz in Schleswig, [* 17] wo sich auch das Provinzialschulkollegium befindet, das Generalkommando des 9. Armeekorps, die Provinzialsteuer- und die Eisenbahndirektion sind in Altona. In Kiel befinden sich die Marinestation der Ostsee und das evangelisch-lutherische Konsistorium.
Der Bischof von Osnabrück [* 18] verwaltet die apostolische Präfektur für S. Hinsichtlich des Bergbaues ressortiert die Provinz vom Oberbergamt Klausthal, in Auseinandersetzungssachen von der Generalkommission zu Hannover. [* 19] Eine Oberpostdirektion ist in Kiel (ein Teil der Provinz untersteht der zu Hamburg). Ein gemeinsames Wappen [* 20] für die ganze Provinz ist noch nicht vorhanden. Holstein hat dasselbe Wappen wie Schaumburg-Lippe: ein ausgebreitetes, in drei Teile zerschnittenes Nesselblatt mit einem von Silber und Rot quergeteilten Schildchen, gegen welches, zwischen den drei Teilen des Nesselblattes, drei silberne Nägel [* 21] mit den Spitzen stehen.
Die Landschaft Stormarn führt im roten Feld einen silbernen Schwan mit einer goldenen Kette um den Hals, Dithmarschen im roten Feld einen geharnischten Reiter mit entblößtem Schwert auf silbernem Pferd, [* 22] Wagrien einen blauen Ochsenkopf in Gold. [* 23] Das Wappen von Schleswig bilden zwei blaue goldgekrönte Löwen [* 24] im goldenen Felde. Die Landesfarben (herkömmlich Blau, Rot, Weiß) sind amtlich noch nicht festgestellt. Eine Kreisordnung trat in Kraft. [* 25] Die Provinz bildet nur einen Regierungsbezirk (Schleswig) und wird in 22 Kreise [* 26] eingeteilt:
Kreise | QKilometer | QMeilen | Einwohner | Einw. auf 1 QKilom. |
---|---|---|---|---|
Altona (Stadtkreis) | 12 | 0.22 | 123352 | - |
Apenrade | 685 | 12.44 | 28347 | 41 |
Eckernförde | 788 | 14.31 | 38212 | 48 |
Eiderstedt | 331 | 5.99 | 16780 | 51 |
Flensburg | 1047 | 19.03 | 73789 | 70 |
Hadersleben | 1694 | 30.77 | 57211 | 34 |
Husum | 850 | 15.44 | 36489 | 43 |
Kiel (Stadtkreis) | 15 | 0.27 | 51706 | - |
Kiel (Landkreis) | 704 | 12.79 | 44043 | 62 |
Lauenburg (Herzogtum) | 1183 | 21.49 | 49861 | 42 |
Norderdithmarschen | 601 | 10.92 | 36627 | 61 |
Oldenburg | 837 | 15.60 | 44402 | 53 |
Pinneberg | 805 | 14.62 | 71433 | 89 |
Plön | 955 | 17.34 | 58126 | 61 |
Rendsburg | 1257 | 22.83 | 53955 | 43 |
Schleswig | 1056 | 19.18 | 62404 | 59 |
Segeberg | 1158 | 21.03 | 39956 | 35 |
Sonderburg | 442 | 8.03 | 32457 | 73 |
Steinburg | 936 | 17.00 | 62032 | 66 |
Stormarn | 927 | 16.84 | 73031 | 79 |
Süderdithmarschen | 746 | 13.55 | 40720 | 55 |
Tondern | 1812 | 32.73 | 55373 | 31 |
Vgl. Greve, Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Kiel 1844);
v. Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig (2. Aufl., Oldenb. i. H. 1854) und der Herzogtümer Holstein und Lauenburg (mit Biernatzki, 2. Aufl., das. 1855);
v. Osten, S. in geographischen und geschichtlichen Bildern (2. Aufl., Flensb. 1877);
Böger, Topographisches Handbuch für die Provinz S. (Kiel 1881);
Haas, Geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins (das. 1889);
P. Chr. Hansen, S., seine Wohlfahrtsbestrebungen etc. (das. 1882);
»Gemeindelexikon für die Provinz S.« (hrsg. vom Statistischen Büreau, Berl. 1888);
v. Wobeser, Statistik der Provinz S. (Altona 1887);
Michler, Kirchliche Statistik der Provinz S. (Kiel 1887, 2 Bde.);
Krüger, Organisation der Staats- und Selbstverwaltung in der Provinz S. (das. 1888);
Köppen, Kreis- und Provinzialordnung für S. (Schlesw. 1888);
Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz S. (Kiel 1886 ff.);
Reisehandbücher von Heinrich (das. 1885-88, 3 Tle.), Schmarje (Hamb. 1886) u. a.
Geschichte.
[Die schleswig-holsteinischen Linien.]
Die Geschichte des vereinigten S. beginnt mit dem Jahr 1386, in welchem Gerhard VI. die Grafschaft Holstein (s. d.) mit dem Herzogtum Schleswig (s. d.) unter seiner Herrschaft dauernd vereinigte. Nach dem Aussterben der Kieler Linie (1390) erwarb Gerhard 1403 ganz Holstein (mit Ausnahme des geringfügigen schauenburgischen Anteils), fiel aber 1404 im Kampf gegen die Dithmarschen. Sein Sohn Adolf VIII. erhielt die ¶
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Herrschaft über S. nach 30jährigem Kampf mit Dänemark [* 28] 1435 und empfahl, als der dänische Reichsrat nach König Christophs III. Tod (1448) ihm die dänische Krone anbot, statt seiner den Dänen seinen Schwestersohn, den Grafen Christian von Oldenburg, [* 29] der nun als Christian I. zum König von Dänemark gewählt wurde; doch mußte er zuvor die Constitutio Waldemariana beschwören, welche die Vereinigung von Dänemark und Schleswig unter Einem Herrn verbot (s. Holstein, Gesch., S. 663). Dennoch machte Christian I., als Adolf VIII. kinderlos starb und nur noch ein Sprößling des schauenburgischen Geschlechts, Graf Otto II., übrig war, der aber bloß in Holstein das Recht der Nachfolge beanspruchen konnte, sein Erbrecht auf Schleswig geltend, und da die Stände die Lande nicht wieder trennen wollten, wurde im März 1460 zu Ripen infolge des Beschlusses des »Rats von Holstein« König Christian I. zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein ausgerufen, seinen Nachkommen indes kein unbedingtes Erbrecht zugestanden.
Der König schwur, beide Lande in ihren Rechten und Freiheiten zu erhalten, und daß Schleswig und Holstein ewig zusammen und ungeteilt bleiben sollten. Alljährlich sollte der Landesherr in Holstein einen Landtag zu Bornhöved und in Schleswig zu Urnehöved halten, ohne dessen Zustimmung keine Bede aufgelegt, kein Krieg angefangen werden dürfe. In des Königs Abwesenheit sollten die Bischöfe von Schleswig und Lübeck mit fünf guten Männern aus jedem der verbundenen Länder alle Sachen richten und verabschieden; diese, ein Ausschuß der Stände, bildeten fortan den eigentlichen Rat.
Christian I. kaufte dem Grafen von Schauenburg seine Ansprüche auf S. für 41,500 Gulden ab, und nach dem Aussterben der Schauenburger (1640) fiel ihr Besitz an S. 1474 erhielt Christian von Kaiser Friedrich III. die Lehnshoheit über Dithmarschen bestätigt; zugleich wurden die vereinigten Lande Holstein, Dithmarschen und Stormarn zum Herzogtum erhoben. Die Dithmarschen wollten jedoch ihre Freiheit nicht einbüßen, und als König Johann (1482-1513) sie unterwerfen wollte, vernichteten sie im Februar 1500 bei Hemmingstedt sein stolzes Ritterheer.
Unter König Friedrich I. (1523-33) wurde die Reformation trotz anfänglichen Widerstandes der Bischöfe und der Dithmarschen, die 1559 durch die Schlacht bei Heide völlig unterworfen wurden, in S. eingeführt. Die Kirchenordnung von 1542 ordnete die Verhältnisse in Holstein: an die Spitze der Kirche trat ein Propst, ihm zur Seite ein Konsistorium;
die bischöfliche Gewalt fiel an den Landesherrn, die Wahl der Geistlichen an die Gemeinden;
die Mönchsklöster wurden aufgehoben, die begüterten Nonnenklöster auch evangelisch gemacht, aber als Zufluchtsstätten für die unversorgten Töchter des Adels bestehen gelassen.
Die Söhne Friedrichs I. teilten 1544 die Besitzungen des Hauses Oldenburg: König Christian III. begründete die königliche Linie, welche in Dänemark bis 1863 herrschte, Johann die Haderslebener, welche 1580 mit seinem Tod erlosch, und Adolf I. die Gottorper Linie. Eine neue Teilung zu Flensburg zwischen dem König Friedrich II. (1559-88) und seinem Oheim Adolf I. von Holstein-Gottorp ordnete auf längere Zeit den Besitzstand der beiden übrigbleibenden Linien, doch so, daß S. sehr zerstückelt wurde.
Zum königlichen Anteil gehörten in Schleswig unter anderm Alsen, Flensburg, Hadersleben, [* 30] in Holstein Segeberg, Plön und einige Klöster; zum herzoglichen in Schleswig Husum, Apenrade und Tondern, in Holstein Neumünster, Oldenburg und Fehmarn. 1582 trat Friedrich II. seinem Bruder Johann einige Besitzungen im Amt Hadersleben ab, und dieser begründete die nach einem Schloß benannte Linie S. Sonderburg. Sein Enkel Ernst Günther (1609-1639) stiftete die Linie S.-Sonderburg-Augustenburg, dessen Bruder August Philipp (1612-1675) die Linie S.-Beck-Glücksburg, welche sich seit 1825 Holstein-Sonderburg-Glücksburg nannte.
Andre von Johann von S.-Sonderburg abstammende Linien, wie S.-Franzhagen, S.-Glücksburg, S.-Plön, S.-Norburg, erloschen schon im 18. Jahrh. Holstein blieb deutsches Lehen, Schleswig dänisches; in der gemeinschaftlichen Regierung von S., welche fortan zwischen dem König und dem Gottorper Herzog wechselte, blieb ein Rest der alten Einheit erhalten, und das Recht auf dieselbe wurde bei jeder Thronbesteigung formell gewahrt. Im übrigen aber war der die Landtage beherrschende Adel nur auf seine Standesprivilegien und persönliche Vorteile bedacht.
In der Linie S.-Gottorp folgten auf Adolf I. (gest. 1586) erst zwei ältere Söhne und nach deren frühem Tod sein Sohn Johann Adolf (1590-1616). Dessen Sohn Friedrich III. (1616-59) hielt sich zwar während des Dreißigjährigen Kriegs neutral, konnte aber nach Christians IV. von Dänemark Niederlage bei Lutter (1626) den Einmarsch der Kaiserlichen in sein Land und dessen Verwüstung nicht hindern. Schon bei seinem Regierungsantritt hatte er die Stände zum Verzicht auf ihr Wahlrecht bewogen und mit Zustimmung Dänemarks und des Kaisers die Primogenitur bei seiner Linie eingeführt.
Nun verschaffte ihm auch sein Schwiegersohn, König Karl X. Gustav von Schweden, [* 31] 1658 im Frieden von Roeskilde die Souveränität seiner schleswigschen Besitzungen, welche im Frieden von Oliva 1660 seinem Sohn Christian Albrecht (1659-94) bestätigt wurde. Doch suchte Dänemark ihn zum Verzicht auf die Selbständigkeit Schleswigs zu zwingen, überzog ihn zu diesem Zweck mit Krieg und vertrieb ihn zweimal (1675 und 1683) aus dem Land; erst im Vertrag von Altona 1689 erhielt er es wieder.
Auch seinem Sohn Friedrich IV. (1694-1702) machte Dänemark die Souveränität streitig und erklärte ihm den Krieg; aber sein Schwager Karl XII. von Schweden, dessen ältere Schwester Hedwig Sophie er zur Gemahlin hatte, sicherte ihm 1700 durch den Frieden von Travendal den Besitz seiner Länder und wirkte ihm eine Geldentschädigung aus. Nach seinem Tod in der Schlacht bei Klissow führte sein Bruder Christian August für seinen unmündigen Sohn Karl Friedrich (1702-39) die Vormundschaft bis 1718. Christian August ernannte den Grafen Görtz zum Minister, der 1711 zum letztenmal die Landstände der Herzogtümer berief.
Nach der Niederlage Karls XII. bei Poltawa (1709) fiel der dänische König Friedrich IV. sofort über Gottorp her, verjagte 1713 den unmündigen Herzog und gab ihm im Frieden von 1720 nur seine holsteinischen Besitzungen zurück. Der gottorpsche Anteil an Schleswig wurde mit dem dänischen vereinigt und Friedrich IV., als ihrem nunmehr alleinigen »souveränen« Landesherrn, von den schleswigschen Ständen, auch den Linien Augustenburg und Glücksburg, schriftlich der Eid geleistet. Karl Friedrichs Sohn von Anna Petrowna, der Tochter Peters I. von Rußland, Karl Peter Ulrich (1739-62), für den Christian Augusts Sohn Adolf Friedrich, ¶