Fehmarn erworben, mußte sie aber 1295 an Dänemark wieder ausliefern. Als Herzog Erich II. (seit 1312) 1325 starb, nahm König
Christoph II. die Vormundschaft über den minderjährigen Waldemar V. in Anspruch, wurde aber von Erichs Schwager, dem Grafen Gerhard
III. von Holstein, selbst aus seinem Königreich vertrieben. Herzog Waldemar V. von S. wurde dann 1326 zum
König von Dänemark erhoben und trat das Herzogtum an Gerhard von Holstein als dänisches Lehen ab. Durch die Constitutio Waldemariana
ward zugleich ausgesprochen, daß in Zukunft S. mit Dänemark nicht vereinigt werden dürfe.
Als 1330 Waldemar den dänischen Thron wieder verlor, gab Gerhard das Herzogtum an Waldemar zurück, ließ
sich aber die Constitutio Waldemariana und die Nachfolge seines Hauses im Herzogtum bestätigen. Herzog Waldemar nahm 1360 seinen
Sohn Heinrich zum Mitregenten an. Dieser, seit 1364 alleiniger Herzog, trat dem großen Bund gegen Dänemark 1368 bei, doch nur,
weil er völlig unter holsteinischem Einfluß stand, wie ja auch sein Land zum Teil von Holstein besetzt
war.
Als er 1375 ohne Leibeserben starb, erhoben die Grafen Heinrich und Klaus von Holstein Ansprüche auf das Herzogtum, konnten aber
während der nach König Waldemars Tod eintretenden Thronstreitigkeiten die Anerkennung Dänemarks nicht erreichen; erst wurde
Graf Gerhard VI. von Holstein zu Nyborg mit dem Herzogtum belehnt und das Recht der Erbfolge seinem Haus zugesichert.
Seitdem gab es ein Schleswig-Holstein. Die fernere Geschichte Schleswigs s. unter Schleswig-Holstein, S. 523.
2) Ehemals ein Bistum im Herzogtum S., wurde 948 von König Otto d. Gr. errichtet und gehörte zunächst zur
Erzdiözese Hamburg-Bremen, seit 1104 zum Erzbistum Lund in Schweden. Nach dem Tode des letzten katholischen Bischofs Gottfried
(1541) folgten noch fünf evangelische Bischöfe. 1643 wurde das Bistum aufgehoben, sein Gebiet war schon früher von Dänemark
eingezogen.
[* ] Hauptstadt der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, in einem Halbkreis am Westende der Schlei gelegen,
Knotenpunkt der Linie Neumünster-Wamdrup der Preußischen Staatsbahn und der Eisenbahn S.-Angeln, ist über 4 km lang und besteht
aus den drei seit 1711 miteinander verbundenen Städten Friedrichsberg (vormals Kratzenberg) westlich, Lollfuß (Fußsteig
zur Kapelle des heil. Lollus) und Altstadt nördlich der Schlei. An letztere schließt sich dann noch südöstlich der
Stadtteil Holm (d. h. Insel).
Unter den kirchlichen Gebäuden (3 evangel. Kirchen, eine katholische und eine Baptistenkapelle) sind besonders der gotische
Dom (nach dem Brand von 1440 neu erbaut) mit dem Marmordenkmal des Königs Friedrich I. von Dänemark (von 1555) und einem mit
kunstvoller Holzschnitzerei (385 Hauptfiguren) versehenen Altarschrein (ein Werk Hans Brüggemanns von 1521)
bemerkenswert. Von andern Gebäuden ist nur das auf einer Insel zwischen der Schlei und dem Burgsee liegende Schloß Gottorf
(Residenz der Herzöge bis 1713, gegenwärtig Kaserne) hervorzuheben. Die Bevölkerung belief sich 1885 mit der Garnison (ein
Infanteriebat. Nr. 84 und ein Husarenreg. Nr. 16) auf
15,187 Seelen, meist Evangelische, welche Leder-, Zündwaren-, Dachpappen- und Maschinenfabrikation, Eisengießerei,
Schiffbau, Fischerei, Bierbrauerei und Schiffahrt betreiben. S. ist Sitz des Oberpräsidiums,
des Provinzialschulkollegiums,
eines Generalsuperintendenten und einer Regierung für die Provinz Schleswig-Holstein, einer Kirchenpropstei für die Propstei
Gottorf, eines Landratamtes für den Kreis S. und hat ein Staatsarchiv, ein Amtsgericht, ein Gymnasium, ein
adliges lutherisches Fräuleinstift (St. Johannis) mit reichen Besitzungen, 2 Taubstummenanstalten, eine Provinzialirrenanstalt,
eine Idiotenanstalt etc. In der Nähe des ehemaligen Danewerks (s. d.) und an der Südostseite der Schlei der reizende Landsitz
Luisenlund, nach N. das Dorf St. Jürgen, auf dem Weg dahin ein Denkmal für den Maler Carstens. - Die
Stadt war schon 808 ein wichtiger Handelsort. In dem nahen Haddeby erbaute Ansgar die erste christliche Kirche in Dänemark; 948 ward
in S. ein Bistum errichtet, und um 1200 erhielt der Ort Stadtrechte. In den Kriegen zwischen den Deutschen und Dänen 1848-64 war
S. durch das Danewerk ein wichtiger Platz, den die Dänen nach dem Schleiübergang der Preußen
räumten.
Vgl. Sach, Geschichte der Stadt S. (Schlesw. 1875). -
Der Regierungsbezirk S. umfaßt die ganze Provinz Schleswig-Holstein (s. d.).
preuß. Provinz zwischen der Nord- und Ostsee, ist gebildet aus
den bis 1864 zu Dänemark gehörigen Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg, von denen die beiden
erstern Österreich im Prager Frieden an Preußen abtrat, während Lauenburg, wiewohl bereits im Vertrag von Gastein
(1865) von Österreich an die Krone Preußen überlassen, erst 1876 als »Kreis Herzogtum Lauenburg« dem preußischen Staat einverleibt
und zur Provinz S. geschlagen wurde. Die Provinz grenzt im N. an Jütland, im O. an die Ostsee, an das oldenburgische
Fürstentum Lübeck, an Lübeck und Mecklenburg, im Süden an Hamburg und die Provinz Hannover, im W. an die Nordsee und hat einen
Flächeninhalt von 18,841 qkm (342,19 QM.).
[Bodenbeschaffenheit, Klima.]
S. liegt im Norddeutschen Tiefland, ist aber nicht vollständig eben, da
es von dem Norddeutschen Landrücken in der Nähe der Ostsee durchzogen wird, auf dem in Holstein der Bungsberg (158 m) und der
Pielsberg (127 m), in Schleswig die Hüttener Berge (109 m), südöstlich von Schleswig, die höchsten Punkte sind.
Von älterm Gestein ist nur Gips der Zechsteinformation bekannt, unter dem in neuester Zeit das Steinsalzlager bei Segeberg
und Stipsdorf in einer Tiefe von 148 und 97 m erbohrt worden ist.
Kreide ist an einigen Punkten in der Tiefe nachgewiesen, und die Tertiärformation ist als Unterlage vielfach verbreitet (Morsumer
Kliff auf Sylt). An der Oberfläche erscheinen aber fast nur diluviale und alluviale Ablagerungen. Das
Diluvium zerfällt hier in den Geschiebethon, Geschiebesand und die Ahlformation. Der Geschiebethon umfaßt die fruchtbare
Landschaft an der Ostsee sowie die Ostseeinseln Alsen und Fehmarn, der Geschiebesand, weniger fruchtbar, aber doch noch guten
Roggenboden aufweisend, den Kern des Landrückens, die Ahlformation oder Geest die weite, ebene und größere
westliche Hälfte des Landes. Die letztere, in Holstein 30-45, in Schleswig 15-22 (in Jütland bis 90) km breit, besteht aus
einem braunen, losen Sandstein (Sandahl) oder aus einer Mischung von Sand und kleinen Steinen (Steinahl), welche Massen
auf einer guten Erdschicht liegen, aber von einer unfruchtbaren, weißen Sandschicht von 0,3-0,6
m Dicke bedeckt sind. Sand und Ahl tragen meist nur Heidekraut, während die tiefer liegenden Landstriche mit Mooren ausgefüllt
sind, die besonders ausgedehnt längs der Marschen liegen. Diese, dem Alluvium angehörig, enthalten einen überaus fruchtbaren,
aus dem Schlamm der Nordsee gebildeten Boden, erstrecken sich längs der Westseite von der schönen Hügelkette
von Blankenese (Süllberg 91 m) bis Hoyer in Nordschleswig in einer Breite von 7-22 km, haben nirgends mehr als 5 m Meereshöhe,
liegen zuweilen noch unter dem Meeresspiegel (Wilstermarsch) und werden gegen die Wasserfluten durch 8 m
hohe Deiche geschützt, die oftmals auch landeinwärts Distrikte umschließen (Köge).
Nur zweimal weichen die Deiche einem Steilufer: bei St. Peter auf Eiderstedt (Hitzbank) und bei Schobüll im N. von Husum. Die
Marsch erweitert sich seewärts noch beständig durch Absetzung des fetten Schlammes, und neue Eindeichungen stehen bevor;
die letzte größere Eindeichung fand 1857 statt (Friedrichskog). Der Flugsand, diese große Plage Jütlands,
gehört ebenfalls dem Alluvium an und bildet Dünen auf den äußern Inseln der Nordsee, namentlich auf Sylt.
Die Ostsee bespült S. in einer Länge von 375 km. Die Küste an derselben ist vorzugsweise steil, Dünen fehlen fast gänzlich.
Lange, schmale und in der Regel tiefe Busen (Föhrden) gehen weit in das Land hinein, von denen mehrere vortreffliche Häfen
abgeben: die Neustädter Bucht, die Busen von Kiel (24 km lang, im Innern 2-3 km breit und 10 m tief) und Eckernförde, die flache
Schlei, die Busen von Flensburg, Apenrade und Hadersleben. Zwischen diesen Busen liegen eine Reihe von Halbinseln:
Wagrien zwischen der Neustädter Bucht und dem Kieler Busen, die Dänische Wohld zwischen dem Kieler und Eckernförder Busen, Schwansen
zwischen dem letztern und der Schlei, Angeln zwischen der Schlei und dem Flensburger Busen, Sundewitt nördlich von letzterm u. a.
Neben der Halbinsel Sundewitt liegt die Insel Alsen, vom Festland durch den im Süden nur 250 m, im N. 4 km
breiten Alsensund getrennt, während von der Nordostseite von Holstein die Insel Fehmarn durch den 320 m breiten und 3 m tiefen
Fehmarnsund geschieden ist.
Die Nordsee bespült die Provinz von der Elbmündung bis zur jütischen Grenze. Am weitesten in dieselbe
hinaus geht hier die Halbinsel Eiderstedt im südlichen Schleswig. Im Süden derselben befinden sich die busenartig erweiterte
Mündung der Eider und die Bucht von Meldorf, von denen diese in das Land Dithmarschen einschneidet und durch den Friedrichskog
von der Elbmündung geschieden ist. Nördlich von Eiderstedt breitet sich das Schleswigsche Wattenmeer
mit seinen zahlreichen Inseln und Untiefen, die zur Ebbezeit wasserfrei sind, aus; da sind im Süden die eingedeichten Inseln
Nordstrand und Pellworm vor Husum, dann folgen die kleinen, uneingedeichten Halligen, weiter die Insel Föhr, unter dem Schutz der
dünenreichen Insel Amrum, endlich die Inseln Sylt und Röm, beide ebenfalls Dünen enthaltend.
Innerhalb des Wattenmeers befinden sich zwischen den Inseln und Watten eine Anzahl von Tiefen, welche kleinern oder größern
Schiffen die Einfahrt gestatten: Süder- und Norder-Piep, in der Richtung auf Meldorf, die Eider, nach dem Hafen von Tönning,
der Heverstrom, nach Husum hinauf, die Süder- und Norderaue, zwischen den nördlichen Halligen und Föhr,
das Fahrtrapptief, zwischen Föhr und Sylt, das Lister Tief, zwischen Sylt
und Röm. Elbe und Eider sind die Hauptflüsse.
Die Elbe begrenzt die Provinz gegen Hannover in einer Länge von 103 km und empfängt aus Süden die Delvenau
(Stecknitzkanal), die Bille und Alster, beide im Hamburgischen mündend, die Pinnau, Krückau, den Rhin und die Stör mit der
Brame. Die Eider durchfließt etwa die Mitte des Landes und empfängt rechts die Sorge und Treene, links die Jevenau, Helderau
und Gieselau. Von den übrigen Flüssen münden die Husumer Au, die Scholmer Au, die Widau und Brede Au in
das Schleswigsche Wattenmeer, die Schwentine in den Kieler Busen und die Trave außerhalb der Provinz in die Lübecker Bucht.
Alle diese Flüsse sind auf kürzere oder längere Strecken schiffbar. Unter den Kanälen sind zu nennen: der 1888 im Bau begonnene
Nord-Ostseekanal, 98 km lang;
der 32 km lange Eiderkanal, zwischen der Eider und dem Kieler Busen;
der Stecknitzkanal
oder die kanalisierte Delvenau, 56 km lang, zwischen Elbe und Trave;
der Kudenseer Kanal, 15 km lang, zwischen der Holstenau
und Elbe bei St. Margarethen;
die Süderbootfahrt, im Kreis Eiderstedt von Garding zur Eider (6 km), und der
Tondernsche Kanal, von Tondern zur Widau.
Zahlreiche Landseen finden sich in der fruchtbaren Hügellandschaft des nordöstlichen
Holstein: der Plöner und der Selenter See die größten, der Weseker See unweit Oldenburg, der Warder See an der obern Trave, der
Bothkamper, Westen- und Flemhuder See an der obern Eider. Im Lauenburgischen liegen der Ratzeburger und der
Schallsee, im Schleswigschen der Wittensee, unweit der Eider, und der Bottschlotter und Gotteskogsee in den westlichen Marschen.
Das Klima ist durch die Einwirkung der Meere gemäßigt; die jährliche Durchschnittswärme beträgt in Kiel 8,1, Altona 9,1,
Husum 8,21° C., die jährliche Regenmenge 63-77 cm.
[Bevölkerung, Erwerbszweige.]
Die Bevölkerung belief sich 1885 auf 1,150,306 (61 auf 1 qkm), worunter 1,131,899 Evangelische,
12,217 Katholiken, 2215 sonstige Christen, 3544 Juden etc. Die Einwohner sind größtenteils Deutsche, die sich meist der plattdeutschen
Mundart bedienen, und zu denen auch die Friesen an der westlichen Küste und auf den Inseln des Wattenmeers
zu rechnen sind. Im N. von Flensburg und Tondern sind die Dänen, etwa 140,000 in der ganzen Provinz, vorherrschend. Es gibt 54 Städte, 1804 Landgemeinden
und 358 Gutsbezirke.
Die Haupterwerbszweige der Bewohner sind: Landwirtschaft, Viehzucht, Schiffbau und Schiffahrt. Von der Gesamtfläche kommen 58,3
Proz. auf Ackerland und Gärten, 10,8 auf Wiesen, 17,7 auf Weiden, 6,4 Proz. auf Waldungen. Die fruchtbarsten
Äcker sind in der Marsch des Kreises Steinburg (Wilster), in den Kreisen Eiderstedt, Norderdithmarschen, Oldenburg, Süderdithmarschen
und Sonderburg. Getreide, besonders Weizen, wird zur Ausfuhr gewonnen; Garten und Obstbau blühen in der Umgegend von Altona und
Hamburg, unterstützt durch die große Baumschule zu Klein-Flottbeck; einen Ruf haben die Gravensteiner Äpfel.
Vortreffliche Fettweiden in den westlichen Marschländern sind die Grundlage für eine bedeutende Rindviehzucht. Die Holzungen
haben einen geringen Umfang und bestehen vorwiegend aus Laubhölzern; an ihre Stelle treten in dem östlichen Teil der Provinz
die Hecken, welche die Koppeln einschließen. Nach der Viehzählung von 1883 hatte S. 156,534 Pferde, 727,505
Stück Rindvieh, 320,768 Schafe, 268,061 Schweine und 42,580 Ziegen. Für die Hebung der Pferdezucht besteht ein Landgestüt zu
Traventhal. Das Rindvieh ist von vorzüglicher Rasse und verhältnismäßig
mehr
zahlreicher als in irgend einer andern preußischen Provinz; in großer Menge wird dasselbe von Tönning, Husum, Altona und über
Hamburg nach England ausgeführt. Der Wildstand ist nicht bedeutend; Geflügel wird zahlreich gezogen, wilde Enten werden in
großer Zahl auf Föhr und Sylt gefangen. Die Fischerei ist in der Ostsee (Kieler Sprotten) ergiebiger als
in der Nordsee; im Schleswigschen Wattenmeer aber wird eine ansehnliche Austernzucht betrieben (etwa 50 Bänke).
Das Mineralreich liefert keine große Ausbeute. Von Wichtigkeit allein sind die großen Torflager, das Gips- und Steinsalzlager
bei Segeberg sowie das Vorkommen von gutem Thon; Spuren von Braunkohlen und Erdöl sind nachgewiesen. Größere
Fabrikanstalten, wie Eisengießereien, Maschinen-, Tabaks-, Tuchfabriken etc., gibt es nur in den größern Städten (Tuchfabriken
in Neumünster); der Schiffbau wird am Kieler Busen zu Gaarden und Ellerbeck, dann auch zu Altona und Flensburg betrieben.
Der Hafenplätze an beiden Meeren und den zahlreichen schiffbaren Flüssen gibt es sehr viele; jedoch treten
unter denselben nur Kiel, Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg besonders hervor. Die Anlage eines neuen, großen Hafens an der
Westküste von S. bei Emerleff, in der Nähe von Hoyer, besonders zur Hebung der Nordseefischerei sowie des Handels mit England,
steht in Aussicht. Ein großer Teil des Schiffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz
liegenden Städte Hamburg und Lübeck besorgt.
Die Reederei von S. ist bedeutend; zu ihr gehörten 1886: 712 Schiffe, darunter 556 Segelschiffe und 156 Dampfer, davon kamen
auf das Ostseegebiet 316, auf das Nordseegebiet 396 Schiffe. Die größten Reedereiplätze sind: Altona, Apenrade, Blankenese,
Elmshorn, Flensburg, Kiel und Rendsburg. Die Eisenbahnen der Provinz sind meist Staatsbahnen. Die wichtigsten
Linien derselben sind: Altona-Kiel, Neumünster-Wamdrup, Neumünster-Oldesloe, Neumünster-Neustadt und Jübeck-Tönning ^[richtig:
Jübek-Tönning]. Namhafte Privatbahnen sind die Holsteinische Marschbahn (Linie Elmshorn-Heide) und die Linien Heide-Ripen,
Lübeck-Büchen und Kiel-Flensburg.
[Bildung, Verwaltung.]
Für die geistige Bildung sorgen: eine Universität zu Kiel, 12 Gymnasien, 3 Realgymnasien,
eine Oberrealschule, ein Progymnasium, 2 Realschulen, 11 Realprogymnasien, eine Landwirtschaftsschule, 6 Schullehrerseminare,
eine Marineakademie zu Kiel, eine Kadettenanstalt zu Plön, 3 Navigationsschulen, 2 Taubstummeninstitute etc. In den deutschen
Reichstag entsendet die Provinz 10, in das preußische Abgeordnetenhaus 19 Abgeordnete.
Militärisch gehört sie zum Bezirk des 9. Armeekorps. Die Provinzialstände bestehen (ohne Lauenburg) aus 20 Vertretern
des größern Grundbesitzes, 19 der Städte und 19 der Landgemeinden. Für die Justiz bestehen: ein Oberlandesgericht zu Kiel
mit 3 Landgerichten. Der Oberpräsident hat seinen Sitz in Schleswig, wo sich auch das Provinzialschulkollegium befindet, das
Generalkommando des 9. Armeekorps, die Provinzialsteuer- und die Eisenbahndirektion sind in Altona. In Kiel
befinden sich die Marinestation der Ostsee und das evangelisch-lutherische Konsistorium.
Der Bischof von Osnabrück verwaltet die apostolische Präfektur für S. Hinsichtlich des Bergbaues ressortiert die Provinz vom
Oberbergamt Klausthal, in Auseinandersetzungssachen von der Generalkommission zu Hannover. Eine Oberpostdirektion ist in Kiel (ein
Teil der Provinz untersteht der zu Hamburg). Ein gemeinsames Wappen für die ganze Provinz ist noch nicht
vorhanden. Holstein hat dasselbe Wappen wie Schaumburg-Lippe: ein ausgebreitetes, in drei Teile zerschnittenes Nesselblatt mit
einem von Silber und Rot quergeteilten Schildchen, gegen welches, zwischen den drei Teilen des Nesselblattes, drei
silberne
Nägel mit den Spitzen stehen.
Die Landschaft Stormarn führt im roten Feld einen silbernen Schwan mit einer goldenen Kette um den Hals, Dithmarschen im roten
Feld einen geharnischten Reiter mit entblößtem Schwert auf silbernem Pferd, Wagrien einen blauen Ochsenkopf in Gold. Das Wappen
von Schleswig bilden zwei blaue goldgekrönte Löwen im goldenen Felde. Die Landesfarben (herkömmlich Blau,
Rot, Weiß) sind amtlich noch nicht festgestellt. Eine Kreisordnung trat in Kraft. Die Provinz bildet nur einen Regierungsbezirk
(Schleswig) und wird in 22 Kreise eingeteilt:
Kreise
QKilometer
QMeilen
Einwohner
Einw. auf 1 QKilom.
Altona (Stadtkreis)
12
0.22
123352
-
Apenrade
685
12.44
28347
41
Eckernförde
788
14.31
38212
48
Eiderstedt
331
5.99
16780
51
Flensburg
1047
19.03
73789
70
Hadersleben
1694
30.77
57211
34
Husum
850
15.44
36489
43
Kiel (Stadtkreis)
15
0.27
51706
-
Kiel (Landkreis)
704
12.79
44043
62
Lauenburg (Herzogtum)
1183
21.49
49861
42
Norderdithmarschen
601
10.92
36627
61
Oldenburg
837
15.60
44402
53
Pinneberg
805
14.62
71433
89
Plön
955
17.34
58126
61
Rendsburg
1257
22.83
53955
43
Schleswig
1056
19.18
62404
59
Segeberg
1158
21.03
39956
35
Sonderburg
442
8.03
32457
73
Steinburg
936
17.00
62032
66
Stormarn
927
16.84
73031
79
Süderdithmarschen
746
13.55
40720
55
Tondern
1812
32.73
55373
31
Vgl. Greve, Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Kiel 1844);
v. Schröder, Topographie des Herzogtums
Schleswig (2. Aufl., Oldenb. i. H.
1854) und der Herzogtümer Holstein und Lauenburg (mit Biernatzki, 2. Aufl., das. 1855);
v. Osten, S. in geographischen und geschichtlichen
Bildern (2. Aufl., Flensb. 1877);
Böger, Topographisches Handbuch für die Provinz S. (Kiel 1881);
P. Chr. Hansen, S., seine Wohlfahrtsbestrebungen etc. (das.
1882);
»Gemeindelexikon für die Provinz S.« (hrsg. vom Statistischen Büreau, Berl. 1888);
v. Wobeser, Statistik der Provinz
S. (Altona 1887);
Michler, Kirchliche Statistik der Provinz S. (Kiel 1887, 2 Bde.);
Krüger, Organisation der
Staats- und Selbstverwaltung in der Provinz S. (das. 1888);
Köppen, Kreis- und Provinzialordnung für S. (Schlesw. 1888);
Haupt,
Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz S. (Kiel 1886 ff.);
Reisehandbücher von Heinrich (das. 1885-88, 3 Tle.), Schmarje (Hamb.
1886) u. a.
Geschichte.
[Die schleswig-holsteinischen Linien.]
Die Geschichte des vereinigten S. beginnt mit dem Jahr 1386, in
welchem Gerhard VI. die Grafschaft Holstein (s. d.) mit dem Herzogtum Schleswig (s. d.) unter seiner Herrschaft dauernd vereinigte.
Nach dem Aussterben der Kieler Linie (1390) erwarb Gerhard 1403 ganz Holstein (mit Ausnahme des geringfügigen schauenburgischen
Anteils), fiel aber 1404 im Kampf gegen die Dithmarschen. Sein Sohn Adolf VIII. erhielt die
mehr
Herrschaft über S. nach 30jährigem Kampf mit Dänemark 1435 und empfahl, als der dänische Reichsrat nach König Christophs
III. Tod (1448) ihm die dänische Krone anbot, statt seiner den Dänen seinen Schwestersohn, den Grafen Christian von Oldenburg,
der nun als Christian I. zum König von Dänemark gewählt wurde; doch mußte er zuvor die Constitutio Waldemariana
beschwören, welche die Vereinigung von Dänemark und Schleswig unter Einem Herrn verbot (s. Holstein, Gesch., S. 663). Dennoch
machte Christian I., als Adolf VIII. kinderlos starb und nur noch ein Sprößling des schauenburgischen Geschlechts,
Graf Otto II., übrig war, der aber bloß in Holstein das Recht der Nachfolge beanspruchen konnte, sein Erbrecht
auf Schleswig geltend, und da die Stände die Lande nicht wieder trennen wollten, wurde im März 1460 zu Ripen infolge des Beschlusses
des »Rats von Holstein« König Christian I. zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein ausgerufen, seinen Nachkommen
indes kein unbedingtes Erbrecht zugestanden.
Der König schwur, beide Lande in ihren Rechten und Freiheiten zu erhalten, und daß Schleswig und Holstein ewig zusammen und
ungeteilt bleiben sollten. Alljährlich sollte der Landesherr in Holstein einen Landtag zu Bornhöved und in Schleswig zu Urnehöved
halten, ohne dessen Zustimmung keine Bede aufgelegt, kein Krieg angefangen werden dürfe. In des Königs
Abwesenheit sollten die Bischöfe von Schleswig und Lübeck mit fünf guten Männern aus jedem der verbundenen Länder alle Sachen
richten und verabschieden; diese, ein Ausschuß der Stände, bildeten fortan den eigentlichen Rat.
Christian I. kaufte dem Grafen von Schauenburg seine Ansprüche auf S. für 41,500 Gulden ab, und nach dem
Aussterben der Schauenburger (1640) fiel ihr Besitz an S. 1474 erhielt Christian von Kaiser Friedrich III. die Lehnshoheit über
Dithmarschen bestätigt; zugleich wurden die vereinigten Lande Holstein, Dithmarschen und Stormarn zum Herzogtum erhoben. Die
Dithmarschen wollten jedoch ihre Freiheit nicht einbüßen, und als König Johann (1482-1513) sie unterwerfen
wollte, vernichteten sie im Februar 1500 bei Hemmingstedt sein stolzes Ritterheer.
Unter König Friedrich I. (1523-33) wurde die Reformation trotz anfänglichen Widerstandes der Bischöfe und der Dithmarschen,
die 1559 durch die Schlacht bei Heide völlig unterworfen wurden, in S. eingeführt. Die Kirchenordnung von 1542 ordnete
die Verhältnisse in Holstein: an die Spitze der Kirche trat ein Propst, ihm zur Seite ein Konsistorium;
die bischöfliche Gewalt
fiel an den Landesherrn, die Wahl der Geistlichen an die Gemeinden;
die Mönchsklöster wurden aufgehoben, die begüterten Nonnenklöster
auch evangelisch gemacht, aber als Zufluchtsstätten für die unversorgten Töchter des Adels bestehen
gelassen.
Die Söhne Friedrichs I. teilten 1544 die Besitzungen des Hauses Oldenburg: König Christian III. begründete die königliche
Linie, welche in Dänemark bis 1863 herrschte, Johann die Haderslebener, welche 1580 mit seinem Tod erlosch, und Adolf I. die Gottorper
Linie. Eine neue Teilung zu Flensburg zwischen dem König Friedrich II. (1559-88) und seinem
Oheim Adolf I. von Holstein-Gottorp ordnete auf längere Zeit den Besitzstand der beiden übrigbleibenden Linien, doch so, daß
S. sehr zerstückelt wurde.
Zum königlichen Anteil gehörten in Schleswig unter anderm Alsen, Flensburg, Hadersleben, in Holstein Segeberg, Plön und einige
Klöster; zum herzoglichen in Schleswig Husum, Apenrade und Tondern, in Holstein Neumünster, Oldenburg und
Fehmarn. 1582 trat Friedrich II. seinem Bruder Johann einige Besitzungen im Amt Hadersleben ab, und dieser begründete die nach
einem Schloß benannte Linie S. Sonderburg. Sein Enkel Ernst Günther (1609-1639) stiftete die Linie S.-Sonderburg-Augustenburg,
dessen Bruder August Philipp (1612-1675) die Linie S.-Beck-Glücksburg, welche sich seit 1825 Holstein-Sonderburg-Glücksburg
nannte.
Andre von Johann von S.-Sonderburg abstammende Linien, wie S.-Franzhagen, S.-Glücksburg, S.-Plön, S.-Norburg, erloschen schon
im 18. Jahrh. Holstein blieb deutsches Lehen, Schleswig dänisches; in der gemeinschaftlichen Regierung von S., welche fortan
zwischen dem König und dem Gottorper Herzog wechselte, blieb ein Rest der alten Einheit erhalten, und
das Recht auf dieselbe wurde bei jeder Thronbesteigung formell gewahrt. Im übrigen aber war der die Landtage beherrschende
Adel nur auf seine Standesprivilegien und persönliche Vorteile bedacht.
In der Linie S.-Gottorp folgten auf Adolf I. (gest. 1586) erst zwei ältere Söhne und nach deren frühem
Tod sein Sohn Johann Adolf (1590-1616). Dessen Sohn Friedrich III. (1616-59) hielt sich zwar während des Dreißigjährigen Kriegs
neutral, konnte aber nach Christians IV. von Dänemark Niederlage bei Lutter (1626) den Einmarsch der Kaiserlichen in sein Land
und dessen Verwüstung nicht hindern. Schon bei seinem Regierungsantritt hatte er die Stände zum Verzicht
auf ihr Wahlrecht bewogen und mit Zustimmung Dänemarks und des Kaisers die Primogenitur bei seiner Linie eingeführt.
Nun verschaffte ihm auch sein Schwiegersohn, König Karl X. Gustav von Schweden, 1658 im Frieden von Roeskilde die Souveränität
seiner schleswigschen Besitzungen, welche im Frieden von Oliva 1660 seinem Sohn Christian Albrecht (1659-94)
bestätigt wurde. Doch suchte Dänemark ihn zum Verzicht auf die Selbständigkeit Schleswigs zu zwingen, überzog ihn zu diesem
Zweck mit Krieg und vertrieb ihn zweimal (1675 und 1683) aus dem Land; erst im Vertrag von Altona 1689 erhielt er es wieder.
Auch seinem Sohn Friedrich IV. (1694-1702) machte Dänemark die Souveränität streitig und erklärte ihm
den Krieg; aber sein Schwager Karl XII. von Schweden, dessen ältere Schwester Hedwig Sophie er zur Gemahlin hatte, sicherte ihm 1700 durch
den Frieden von Travendal den Besitz seiner Länder und wirkte ihm eine Geldentschädigung aus. Nach seinem Tod in der Schlacht
bei Klissow führte sein Bruder Christian August für seinen unmündigen Sohn Karl Friedrich (1702-39) die Vormundschaft
bis 1718. Christian August ernannte den Grafen Görtz zum Minister, der 1711 zum letztenmal die Landstände der Herzogtümer berief.
Nach der Niederlage Karls XII. bei Poltawa (1709) fiel der dänische König Friedrich IV. sofort über Gottorp
her, verjagte 1713 den unmündigen Herzog und gab ihm im Frieden von 1720 nur seine holsteinischen Besitzungen zurück. Der
gottorpsche Anteil an Schleswig wurde mit dem dänischen vereinigt und Friedrich IV., als ihrem nunmehr alleinigen
»souveränen« Landesherrn, von den schleswigschen Ständen, auch den Linien Augustenburg und Glücksburg,
schriftlich der Eid geleistet. Karl Friedrichs Sohn von Anna Petrowna, der Tochter Peters I. von Rußland, Karl Peter Ulrich (1739-62),
für den Christian Augusts Sohn Adolf Friedrich,
mehr
Bischof von Lübeck, bis 1745 die Vormundschaft führte, wurde 1742 von der Kaiserin Elisabeth zum russischen Thronfolger erklärt
und bestieg 1762 als Peter III. den russischen Thron, während Adolf Friedrich 1751 König von Schweden wurde. Im Besitz zweier
fremder Throne hatte das Haus S.-Gottorp kein Interesse mehr an der Mitherrschaft in S., und im Namen des
russischen Großfürsten Paul, des Sohns von Peter III. (des nachmaligen Zaren Paul I.), verzichtete Rußland 1767 auf dieselbe
im Vertrag zu Kopenhagen, der vom Großfürsten Paul nach erlangter Majorennität 1773 bestätigt wurde.
Der gottorpsche Anteil an S., sowohl der 1721 von Dänemark besetzte als der noch bei der herzoglichen
Linie verbliebene, wurde an den König Christian VII. von Dänemark überlassen, der dafür die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst
abtrat. Dieselben, zum Herzogtum Oldenburg erhoben, erhielt Friedrich August, Fürstbischof von Lübeck, Christian Augusts zweiter
Sohn, der nun die jüngere Linie S.-Gottorp oder Oldenburg begründete (s. Oldenburg, Geschichte, S. 366).
Die Herrschaft Dänemarks.
Dänemark war also seit 1773 im Besitz von ganz S., dessen Adel am Hof zu Kopenhagen und im dänischen Beamtentum stark vertreten
war und eine einflußreiche Rolle spielte und daher einer weitern Verschmelzung der Herzogtümer mit Dänemark zunächst keinen
Widerstand entgegensetzte. Als das Deutsche Reich sich 1806 auflöste, wurde Holstein »als ungetrennter
Teil« mit der dänischen Monarchie verbunden, wenngleich den Nebenlinien die Eventualerbfolge von neuem bestätigt wurde, ein
dänisches Gesetzbuch und das dänische Münzsystem in Holstein eingeführt, die dänische Sprache zur offiziellen für den
Verkehr mit Kopenhagen erklärt.
Auf dem Wiener Kongreß wurden die Herzogtümer Holstein und Lauenburg, das Dänemark für das abgetretene
Norwegen erhalten hatte, Teile des Deutschen Bundes, Schleswig aber nicht. Dies veranlaßte die Prälaten und Ritterschaft Holsteins,
das Recht der gemeinschaftlichen Verfassung Holsteins und Schleswigs in Kopenhagen geltend zu machen. Dort aber hatte nach den
Unglücksfällen und Verlusten, welche Dänemark in den Napoleonischen Kriegen betroffen hatten, die frühere
deutschfreundliche Richtung einer nationaldänischen Politik Platz gemacht, welche die völlige Verschmelzung, wenn nicht aller
drei Herzogtümer, doch wenigstens Schleswigs sich zum Ziel setzte.
Das Gesuch der Holsteiner wurde daher abgelehnt, und als sie sich 1822 an den Deutschen Bund wandten, wurde zwar von
diesem ihr Recht anerkannt, aber bloß eine beruhigende Erklärung abgegeben. Als U. Lornsen 1830 in der Flugschrift »Das Verfassungswerk
in S.« für die Rechte der Herzogtümer eintrat, wurde er verhaftet und eine Kommission zur Untersuchung dieser Umtriebe eingesetzt.
Doch führte König Friedrich VI. 1831 beratende Provinzialstände für jedes Herzogtum ein.
Dagegen wurden die Herzogtümer in finanzieller Beziehung geschädigt, mit vier Neunteln der Steuern der Gesamtmonarchie belastet,
und die 5 Mill. Thlr., die sie für die dänische Reichsbank beigesteuert hatten, als dieselbe 1838 in eine dänische Privatbank
umgewandelt wurde, derselben gelassen. Unter Christian VIII. wurden 1842 die alten schleswig-holsteinischen Regimenter aufgehoben,
neue mit dänischen Fahnen gebildet und diese zum Teil in die dänischen Lande verlegt; die Offiziere avancierten durch die
ganze Armee.
Die Bevölkerung von S. ließ sich diese
Maßregeln gefallen, da die königliche Linie außer dem König nur noch dessen Sohn,
den Kronprinzen Friedrich, als männliche Mitglieder zählte und im Fall ihres Erlöschens die Herzogtümer
an den Herzog Christian von Augustenburg, Dänemark aber an die weibliche Linie fielen, S. also selbständig wurde. Dies aber wollten
die eifrigen Dänen gerade verhindern, und auf der dänischen Ständeversammlung zu Roeskilde im Herbst 1844 stellte der Kopenhagener
Bürgermeister A. Ussing den Antrag, den König zu bitten, »daß er die dänische Monarchie, d. h. Dänemark,
S. und Lauenburg, für ein einziges, unzertrennliches Reich erkläre, das ungeteilt nach dem dänischen Königsgesetz vererbt
werden müsse«.
Der Minister v. Örsted trat diesem Antrag im wesentlichen bei, und Christian VIII. erließ den »offenen Brief«, welcher
verkündete, daß auf Grund genauer Untersuchung der Erbfolgefrage Schleswig u. Lauenburg unzweifelhaft
als der Krone Dänemark gehörig zu betrachten und nach den allgemeinen dänischen Erbgesetzen zu vererben seien, und daß
der König dies Recht seiner Krone mit aller Macht durchsetzen wolle. Gegen diese Erklärung, welche also das eventuelle Erbrecht
der augustenburgischen Linie nur für Holstein anerkannte und den Herzogtümern nur die Wahl zwischen Trennung
oder gemeinsamer Unterwerfung unter das dänische Gesetz ließ, erhob sich in S. ein Sturm der Entrüstung. Sowohl die Stände
beider Herzogtümer als Volksversammlungen wahrten energisch das Recht auf gemeinschaftliche Verfassung und die Erbfolge im Mannesstamm.
In ganz Deutschland wurde das Vorgehen der Schleswig-Holsteiner mit Begeisterung begrüßt.
Die Erhebung Schleswig-Holsteins.
König Friedrich VII., der am seinem Vater Christian VIII. folgte, ordnete 28. Jan. die Wahl von gemeinschaftlichen Ständen
Dänemarks und der Herzogtümer an. Die Wahlmänner von S. beschlossen 18. Febr., mit Vorbehalt der Rechte zu wählen.
Inzwischen steigerte aber die Kunde von der Februarrevolution und den Märzereignissen in Deutschland die Erregung, und Deputierte
der schleswig-holsteinischen Stände beschlossen 18. März in Rendsburg, in Kopenhagen Berufung eines schleswig-holsteinischen Landtags,
Bewilligung einer gemeinschaftlichen Verfassung für die Herzogtümer und Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund zu verlangen.
Die Deputation kam in Kopenhagen 22. März an, als man dort eben die Einverleibung Schleswigs in Dänemark verlangt
und der König sie zugesagt hatte, und erhielt daher unter beruhigenden Versicherungen den Bescheid, daß »eine unzertrennliche
Verbindung Schleswigs mit Dänemark hergestellt«, sonst die Wünsche Holsteins berücksichtigt werden sollten. Noch vor Bekanntwerden
dieser Antwort sagte sich Kiel 23. März von der Herrschaft Dänemarks los, und 24. März wurde in Rendsburg eine
provisorische Regierung (Graf Friedrich Reventlow, Prinz Friedrich von Augustenburg-Noer u. a.) unter Führung Beselers eingesetzt,
die überall, auch von den Truppen, anerkannt wurde. Diese, ermutigt durch ein Schreiben Friedrich Wilhelms IV. von Preußen
vom 24. März, welches für die Selbständigkeit der Herzogtümer und die rechtmäßige Erbfolge eintrat, berief
zum 3. April eine schleswig-holsteinische Landesversammlung nach Rendsburg und suchte 26. März beim Deutschen Bund um die Aufnahme Schleswigs
in den Bund nach, welche Friedrich VII. 24. März mit den Waffen zu verhindern erklärt hatte.
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Hiermit war der Krieg eröffnet, noch ehe der Bund die Aufnahme genehmigte (12. April).
Die aus den schleswig-holsteinischen Truppen und Freischaren gebildete schleswig-holsteinische Armee rückte unter dem Prinzen
Friedrich von Augustenburg in Schleswig bis über Flensburg vor, mußte sich aber nach dem unglücklichen Gefecht bei Bau (9. April) wieder
zurückziehen, so daß die Dänen 11. April die Stadt Schleswig besetzen konnten. Nun eilten aber preußische
und andre deutsche Bundestruppen unter General Wrangel den Herzogtümern zu Hilfe, schlugen die Dänen 23. April bei Schleswig und 24. April bei
Översee und zwangen sie zur Räumung des Festlandes von Schleswig. Nachdem Wrangel Südjütland mit Fredericia
eine Zeitlang besetzt gehalten, besiegte er die Dänen 5. Juni bei Düppel. Aber da Deutschland keine Kriegsflotte besaß, konnte
es die Blockade seiner Seehäfen nicht hindern, wodurch der Handel schwere Verluste erlitt. Überdies nahmen Rußland und England
eine drohende Haltung zu gunsten der Dänen ein. Unter diesen Umständen nahm Preußen, dem die deutsche
Zentralgewalt die Regelung der schleswig-holsteinischen Frage überlassen hatte, die Vermittelung Schwedens für Verhandlungen
mit Dänemark an, die 26. Aug. zum Waffenstillstand von Malmö führten; derselbe, auf sieben Monate abgeschlossen, hob alle seit
dem 17. März in S. erlassenen Gesetze und Verordnungen auf und ersetzte die provisorische Regierung durch eine
neue, an deren Spitze der als Dänenfreund gehaßte Graf Karl Moltke trat. Die Frankfurter Nationalversammlung verwarf anfangs
den Waffenstillstand, genehmigte ihn indes in zweiter Beratung nach den heftigsten Debatten 17. Sept., und auch die Schleswig-Holsteiner
fügten sich geduldig in die Notwendigkeit; doch gaben sie sich 15. Sept. noch ein neues Staatsgrundgesetz.
Da die Friedensverhandlungen mit Dänemark, die Bunsen als Reichsgesandter leitete, kein Ergebnis hatten, wurde der Krieg nach
Ablauf des Waffenstillstandes erneuert; die Regierung des Grafen Moltke löste sich auf, und die Frankfurter Zentralgewalt
übertrug die oberste Gewalt einer Statthalterschaft unter Beseler und Graf Reventlow-Preetz. Schon 3. April besetzten
die Dänen Hadersleben, während 45,000 Mann deutsche Truppen unter General v. Prittwitz in Schleswig einrückten.
Als ein dänisches Geschwader in der Bucht von Eckernförde erschien, wurde von einigen am Strand aufgefahrenen Batterien das
Linienschiff Christian VIII. in Brand geschossen und die Fregatte Gefion nach Vernichtung ihres Steuerruders
zur Ergebung gezwungen. Nicht lange darauf, 13. April, erstürmten die bayrischen und sächsischen Truppen die Düppeler Schanzen.
Aber aus Rücksicht auf die Mächte erhielt Prittwitz den Befehl, nur S. besetzt zu halten, darüber hinaus jedoch nicht angriffsweise
vorzugehen. In Jütland drangen daher nur die Schleswig-Holsteiner unter General v. Bonin ein, schlugen
die Dänen 23. April bei Kolding und 7. Mai bei Gudsoe und begannen die Belagerung von Fredericia.
Nachdem sie mehrere Ausfälle siegreich zurückgeschlagen hatten, wurden sie in der Nacht vom 5. zum 6. Juli von den Dänen, die
infolge der Unthätigkeit Prittwitz' ihre ganze Macht in Fredericia hatten vereinigen können, mit überlegenen
Streitkräften überfallen und nach blutigem Kampf zum Weichen gezwungen, worauf die Belagerung von Fredericia aufgegeben werden
mußte. Inzwischen hatte Preußen 10. Juli eigenmächtig einen neuen Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen, nach welchem
in
Holstein die Statthalterschaft bestehen bleiben, Schleswig aber von einer dreiköpfigen Landesregierung unter
dem Vorsitz eines englischen Kommissars im Namen des Königs von Dänemark regiert und im Norden von schwedisch-norwegischen,
im Süden von preußischen Truppen besetzt werden sollte. Diesem Waffenstillstand folgte der Friede zwischen Preußen
und Dänemark, den Preußen zugleich im Namen des Bundes unterzeichnete; derselbe überließ es dem König
von Dänemark, alle zur Bewältigung des Widerstandes in S. dienlichen Mittel zu gebrauchen, und verhieß die Einführung einer
alle Staaten der dänischen Monarchie umfassenden Erbfolgeordnung.
Die Herzogtümer versuchten nach dem Abzug der preußischen und schwedischen Truppen sich direkt mit Dänemark zu verständigen,
und als dies am Übermut und Nationalhaß der Dänen scheiterte, beschlossen sie, mit eignen Kräften den
Kampf fortzusetzen. Mit einer Armee von 30,000 Mann, aus Schleswig-Holsteinern und deutschen Freiwilligen bestehend, rückte
General Willisen in das nördliche Schleswig ein, versäumte es aber, die beiden dänischen Heere, die von Jütland und von Alsen
kamen, durch rasches Vordringen an ihrer Vereinigung zu hindern, und lieferte ihnen südlich von Flensburg
bei Idstedt 24. und 25. Juli eine Schlacht, welche nach anfänglichem Sieg der Schleswig-Holsteiner mit ihrer Niederlage und dem
Rückzug hinter die Eider endete.
Die Dänen unter General Krogh besetzten Schleswig wieder, und die Angriffe auf Missunde (12. Sept.) und Friedrichstadt (4. Okt.),
zu denen sich Willisen nach längerer Unthätigkeit wegen des schlechten Wetters aufraffte, wurden mit empfindlichem Verlust
zurückgeschlagen. Willisen dankte daher 7. Dez. ab, und General v. d. Horst trat an seine Stelle. Aber schon war es zu spät. In
Olmütz hatte sich Preußen 29. Nov. der von Rußland unterstützten Forderung Österreichs, daß die Revolution
wie in Kurhessen, so auch in S. unterdrückt würde, unterworfen. Eine österreichisch-preußische Pacifikationskommission
wurde nach Holstein gesandt, der ein österreichisches Armeekorps folgte. Die Kommission forderte unverzügliche Einstellung
der Feindseligkeiten, und die Landesversammlung fügte sich in Erkenntnis der Unmöglichkeit weitern Widerstandes. Sie ging auseinander,
die Statthalter legten ihr Amt nieder, und die Armee wurde aufgelöst. Die Österreicher besetzten Holstein,
die Dänen Schleswig mit Rendsburg. Im Namen des dänischen Königs und im Auftrag des Deutschen Bundes setzte die Kommission das
Grundgesetz vom außer Kraft und ernannte für Holstein eine oberste Zivilbehörde, während
in Schleswig der dänische Kommissar Tillisch eine Gewaltherrschaft errichtete. Das Amnestiedekret vom schloß die
herzogliche Familie von Augustenburg, die Mitglieder der provisorischen Regierung, der Statthalterschaft und des Obergerichts
sowie zahlreiche Beamte aus. Die deutschen Mächte versicherten zwar, die Rechte der Herzogtümer schützen zu wollen, unterzeichneten
aber das Londoner Protokoll, welches die Integrität der dänischen Monarchie für ein europäisches
Interesse erklärte und die Erbfolge in allen ihren Teilen dem Prinzen Christian von S.-Sonderburg-Glücksburg zusicherte; die
Rechte der Herzogtümer auf Selbständigkeit und Zusammengehörigkeit wurden von Österreich und Preußen in allgemeinen Ausdrücken
gewahrt, und Dänemark gab in Bezug hierauf ebenso allgemein gehaltene Versprechungen.
mehr
Die dänische Gewaltherrschaft.
Dieser schmähliche Ausgang der schleswig-holsteinischen Erhebung, die zugleich als eine nationaldeutsche Sache angesehen worden
war, erregte in Deutschland zugleich Erbitterung und Beschämung. Wenn auch die Hauptschuld auf Preußen fiel, dessen König
die preußische Macht umso weniger für S. einzusetzen geneigt war, als er im Grunde dessen Erhebung als
revolutionär verabscheute, so war doch auch der Mangel einer einheitlichen Organisation Deutschlands Ursache der deutschen
Niederlage gewesen, und das unglückliche Schicksal Schleswig-Holsteins bildete fortan einen Stachel, der das deutsche Nationalbewußtsein
weckte und reizte. Es erschien als eine unauslöschliche Schande für das ganze deutsche Volk, daß es zusehen mußte, wie
die Dänen in S. hausten.
Sie betrachteten dasselbe als erobertes Land, das durch seine »Rebellion«
alle seine Rechte verwirkt habe. Eine Menge von Beamten, auch acht Kieler Professoren, wurden verjagt; das ganze reiche Kriegsmaterial
wurde als Siegesbeute nach Dänemark geschafft, den entlassenen Offizieren und Mannschaften jede Pension verweigert. Jedes Herzogtum
erhielt durch Erlaß vom besondere Minister und Landstände. Diesen, die für Schleswig in Flensburg, für Holstein in
Itzehoe zusammentraten, wurden im Oktober 1853 die Entwürfe der neuen Provinzialverfassungen vorgelegt; danach bildete Schleswig
ein unzertrennliches Glied des dänischen Reichs, Holstein einen selbständigen Teil der dänischen Monarchie, der mit
derselben durch das Thronfolgegesetz vom auf immer vereinigt sei.
Obwohl beide Entwürfe von den Ständen verworfen wurden, wurden sie doch als gültige Verfassungen für Schleswig 15. Febr., für
Holstein publiziert. Ebenso wurde die vom dänischen Reichstag beschlossene Gesamtstaatsverfassung den Herzogtümern ohne
weiteres aufgedrungen. In dem gemeinschaftlichen Reichsrat war S. zur Minderheit verurteilt; bei der Steuerbewilligung
und der Feststellung des Staatshaushalts waren seine Interessen nicht gewahrt, seine Domänen wurden für den Gesamtstaat in
Anspruch genommen.
Armee und Flotte, Zoll, Post, Münze etc. waren fortan dänisch. Zwischen Schleswig und Holstein dagegen wurden möglichst
viele Schranken aufgerichtet, das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht in Kiel aufgehoben. In Nordschleswig oder »Südjütland«
wurden die deutschen Geistlichen und Lehrer durch Dänen ersetzt und das Dänische als Kirchen- und Schulsprache rein deutschen
Gemeinden aufgedrängt. Unter dem Beifall des dänischen Volkes, besonders der Bevölkerung Kopenhagens, unterdrückten die dänischen
Beamten, geschützt durch dänisches Militär, mit kleinlichem Haß jede Regung deutschen Nationalbewußtseins
und erstickten jeden »Schmerzensschrei des verlassenen Bruderstammes«.
Indes die Herzogtümer wahrten mit männlicher Festigkeit ihre Rechte. Im dänischen Reichsrat verlangten 1856 elf deutsche Mitglieder,
an ihrer Spitze Scheel-Plessen, daß die Gesamtstaatsverfassung den Ständen der Herzogtümer vorgelegt werde, und als diese
Forderung von den Dänen zurückgewiesen ward, protestierten sie gegen die Gültigkeit der Verfassung. Dies
veranlaßte Österreich und Preußen, bei Dänemark die 1851 und 1852 eingegangenen Verpflichtungen in Erinnerung zu bringen
und nach längerm fruchtlosen Notenwechsel sich an den Deutschen Bund zu wenden.
Dieser erklärte daß die Gesamtstaatsverfassung sowie ein Teil der Provinzialverfassung für
Holstein und
Lauenburg nicht als rechtsgültig zu betrachten und zu beseitigen seien, weil sie mit den Grundsätzen des Bundesrechts
und mit den Zusagen von 1851 und 1852 in Widerspruch ständen. Aber erst als der Bund mit Exekution drohte, wurde die Gesamtstaatsverfassung für
Holstein und Lauenburg außer Wirksamkeit gesetzt, jedoch zugleich erklärt, daß die Minister für Auswärtiges,
Krieg, Marine und Finanzen auch in betreff Holsteins nur dem König verantwortlich seien. Es blieb daher der bisherige Zustand
bestehen, nur daß Holstein und Lauenburg im Reichsrat gar nicht vertreten und Schleswig den Danisierungsgelüsten der eiderdänischen
Partei erst recht preisgegeben war.
Jeden Antrag auf Verständigung über eine neue Gesamtstaatsverfassung erwiderten die holsteinischen Stände mit der Forderung
voller Selbständigkeit und dem Hinweis auf das alte Recht der Verbindung mit Schleswig, ohne deren Herstellung kein wahrer
Friede in S. möglich sei. Unter diesen Umständen gab König Friedrich VII. den Gedanken einer im Interesse
der Dynastie erwünschten Gesamtmonarchie auf und schloß sich ganz der eiderdänischen Partei an, die schon lange, um Schleswig
völlig einverleiben zu können, vorgeschlagen hatte, Holstein aus dem Gesamtstaat auszuscheiden, aber durch Beschränkung
der Stände Dänemark ganz dienstbar zu machen. Zu diesem Zweck schied eine königliche Bekanntmachung vom Holstein
und Lauenburg aus dem Gesamtstaat aus und setzte die Rechte der holsteinischen Stände auf das geringste Maß herab. Dagegen
wurde im Herbste dem Reichsrat der Entwurf einer eiderdänischen Verfassung vorgelegt und von diesem 13. Nov. angenommen, welcher
Schleswig völlig mit Dänemark verschmolz. Gegen die Verordnung vom 30. März hatte der Bund indes Einspruch
erhoben, ihre Zurücknahme gefordert und, als diese nicht erfolgte, die Exekution in Holstein und Lauenburg beschlossen.
Der deutsch-dänische Krieg.
Da starb König Friedrich VII., und mit ihm erlosch die königliche Linie des Hauses Oldenburg. Dem Londoner
Protokoll gemäß folgte Christian von Glücksburg als Christian IX. auf dem Thron. In den Herzogtümern, welche das Londoner Protokoll
nie anerkannt hatten, wurde aber nicht er als rechtmäßiger Erbe angesehen, sondern der Prinz Friedrich von Augustenburg, dessen
Vater, Herzog Christian, zwar beim Verkauf seiner Güter an Dänemark sich verpflichtet hatte, nichts gegen
das Londoner Protokoll zu unternehmen, der selbst aber nie seine Zustimmung hierzu gegeben hatte.
Prinz Friedrich erklärte also 19. Nov. seinen Regierungsantritt als Herzog Friedrich VIII. von S., und dieser Akt wurde nicht bloß
in S., sondern in ganz Deutschland mit Jubel begrüßt, da durch die Anerkennung des augustenburgischen
Erbrechts S. von Dänemark getrennt und dem Deutschtum gerettet wurde. Der Bundestag, an welchen sich Friedrich VIII. um Anerkennung
seines Rechts wandte, während der dänische Gesandte seine neue Vollmacht für Christian VIII. vorlegte, beschloß die einstweilige
Suspension der holstein-lauenburgischen Stimme und 7. Dez. die Ausführung der Bundesexekution. Auf die Ankündigung
derselben (12. Dez.) befahl die dänische Regierung die Räumung Holsteins durch ihre Truppen, und 23. Dez. rückten 12,000 Sachsen
und Hannoveraner unter dem sächsischen General Hake in Holstein ein. Kaum waren die Dänen abgezogen, als Herzog Friedrich überall
als Landesherr ausgerufen und von einer großen Volksversammlung in Elmshorn 27. Dez.
mehr
zum Erscheinen in S. eingeladen wurde, während eine Versammlung von 500 Abgeordneten deutscher Ständeversammlungen in Frankfurt 31. Dez. sich
einstimmig für das Recht des Augustenburgers erklärte und den Sechsunddreißigerausschuß einsetzte, um dasselbe zur Anerkennung
zu bringen. Ende Dezember traf Herzog Friedrich in S. ein und nahm in Kiel 30. Dez. seine Residenz, bildete auch
ein Kabinett, respektierte aber die Bundesexekution und ihre Verwaltung.
Bei der Entschiedenheit, mit der sich in Kammern, Vereinen und Volksversammlungen, auch in Preußen, das deutsche Volk und mehrere
hervorragende Fürsten für das Recht des Herzogs Friedrich und die sofortige Losreißung der Herzogtümer von Dänemark ausgesprochen
hatten, erregte es das höchste Befremden, ja Entrüstung, als Österreich und Preußen erklärten, daß
sie sich an das Londoner Protokoll für gebunden erachteten, und vom Bunde die Ausweisung des Herzogs aus S. verlangten, die abgelehnt
wurde.
Man durchschaute nicht den Plan der von Bismarck geleiteten Politik der deutschen Großmächte, der allerdings
die verblendete Hartnäckigkeit der Dänen zur Voraussetzung hatte, und war in Erinnerung an die Schmach von 1851 ganz von dem
Argwohn beherrscht, daß dieselben auch diesmal nur S. an Dänemark ausliefern wollten. Der Bund weigerte sich daher 14. Jan., sich
den weitern Schritten Österreichs und Preußens anzuschließen, und diese gingen nun allein vor. Da Christian
IX. unter dem Druck des Kopenhagener Pöbels die Verfassung für Dänemark und Schleswig sanktioniert hatte, forderten
die deutschen Mächte daß diese den Vereinbarungen von 1851 und 1852 widersprechende Verfassung binnen 48 Stunden
außer Kraft gesetzt werde, widrigenfalls sie Schleswig als Pfand besetzen müßten. Im Vertrauen auf die
früher bewiesene Schwäche und Uneinigkeit Deutschlands und die Hilfe der fremden Mächte, besonders Englands, dessen Minister
Lord John Russell für das Londoner Protokoll und die Integrität der dänischen Monarchie in Noten lebhaft eintrat, wies Dänemark
die Forderung Österreichs und Preußens 18. Jan. einfach ab, worauf diese erklärten, daß sie das Londoner
Protokoll auch nicht mehr als bindend erachteten, und ihre Truppen, 28,500 Österreicher unter Gablenz und 43,500 Preußen unter
Prinz Friedrich Karl, in Holstein einmarschieren ließen; den Oberbefehl erhielt der Feldmarschall v. Wrangel (Deutsch-dänischer
Krieg).
Der Plan der verbündeten Truppen, welche 1. Febr. die Grenze von Schleswig überschritten, war: mit den Flügeln
(preußischen Truppen) die Stellung der 30,000 Mann starken Dänen hinter dem Danewerk zu umgehen und ihnen den Rückzug abzuschneiden.
Jedoch der unglückliche Angriff des Prinzen Friedrich Karl auf Missunde (1. Febr.) und das stürmische Vorgehen der Österreicher
im Zentrum bei Overselk (3. Febr.) machte den dänischen Befehlshaber Meza auf die drohende Gefahr aufmerksam, und er entzog sich
derselben, indem er in der Nacht vom 5. zum 6. Febr. das Danewerk räumte. Prinz Friedrich Karl, der bei Arnis die Schlei überschritt,
kam nun zu spät, und nur die Österreicher erreichten die Dänen 6. Febr. noch südlich von Flensburg bei Översee
und brachten ihnen empfindliche Verluste bei. Die dänische Armee zog sich teils in die Düppeler Schanzen, teils nach Jütland
zurück. Die preußische Gardedivision folgte bis zur Nordgrenze Schleswigs und besetzte 19. Febr. Kolding.
Da die preußische Heeresleitung es versäumte, die Düppeler Schanzen sofort
erstürmen zu lassen, und
sich für eine förmliche Belagerung entschied, für welche das Material erst herangeschafft werden mußte, Österreich aber
gegen ein Vordringen in Jütland zunächst Bedenken erhob, so gerieten die Kriegsunternehmungen ins Stocken. Zum Glück lehnte
Napoleon III. eine bewaffnete Einmischung zu gunsten Dänemarks, die England vorschlug, ab. England allein
wollte nichts thun, und Rußland war durch den polnischen Aufstand, in welchem ihm Preußen überdies wichtige Dienste geleistet
hatte, in Anspruch genommen. So gab Österreich seine Zustimmung zur energischen Fortsetzung des Kriegs.
Während 7. März die Verbündeten die Grenze Jütlands überschritten, wurde Mitte März die Beschießung, 28. März der
förmliche Angriff auf die Düppeler Schanzen (s. Düppel) durch Parallelen eröffnet und nach einer Reihe von Gefechten 18. April der
Sturm unternommen, bei dem die Dänen unter großen Verlusten aus den Schanzen vertrieben wurden und sich nach Alsen zurückziehen
mußten; die preußische Armee erlitt einen Verlust von 1200 Mann an Toten und Verwundeten. Darauf wurde
Jütland bis zum Limfjord besetzt; Fredericia räumten die Dänen ohne Schwertstreich (28. April). Dem besetzten dänischen Gebiet
wurde eine Kontribution von 650,000 Thlr. auferlegt zum Ersatz für den Schaden, den die Blockade der deutschen Seehäfen und
die Aufbringung deutscher Schiffe durch dänische Kreuzer verursacht hatten; denn obwohl die Preußen 10. März bei
Jasmund in Rügen und die Österreicher 9. Mai bei Helgoland einen Angriff auf die dänische Flotte gewagt hatten, war die Übermacht
zur See doch noch auf dänischer Seite.
Auf Englands Betreiben wurde 25. April die Londoner Konferenz eröffnet, um eine friedliche Lösung der schleswig-holsteinischen
Frage zu versuchen; der Deutsche Bund war auf derselben durch Beust vertreten. Sie brachte 12. Mai einen Waffenstillstand, nicht
aber eine Vereinbarung über S. zu stande. Die deutschen Mächte schlugen 17. Mai eine reine Personalunion zwischen Dänemark
und S. vor. Dieselbe wurde aber von Dänemark ebenso zurückgewiesen wie eine Teilung Schleswigs nach der
Sprachgrenze nördlich von Flensburg.
Preußen und Österreich sagten sich daher offen vom Londoner Protokoll los und verlangten 28. Mai im Verein mit Beust die vollständige
Trennung der Herzogtümer von Dänemark und ihre Vereinigung zu Einem Staat unter dem Erbprinzen von Augustenburg.
Da die dänische Regierung dies erst recht ablehnte, ging die Konferenz 25. Juni unverrichteter Sache auseinander. Der Krieg begann
von neuem, und in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni die Preußen unter Herwarth v. Bittenfeld über den Alsensund und eroberten
die Insel Alsen nach kurzem Kampf; der Rest der dänischen Armee rettete sich nach Fünen.
Nun wurde das Land nördlich von Limfjord bis zum Kap Skagen besetzt und die Dänen von den friesischen Inseln vertrieben. Alles
war für eine Landung der Verbündeten in Fünen und Seeland vorbereitet. Keine Hoffnung der Dänen auf fremde Hilfe erfüllte sich,
und so gaben sie den weitern Widerstand auf. Die Feindseligkeiten wurden 20. Juli eingestellt und 1. Aug. zu
Wien die Friedenspräliminarien abgeschlossen; der definitive Friede von Wien wurde 30. Okt. unterzeichnet. König Christian IX.
trat in demselben seine Rechte auf Schleswig, von dem nur kleine Striche an der Nordgrenze zu Dänemark geschlagen
wurden, Holstein und Lauenburg an Österreich und Preußen zu freier Verfügung ab; die Kriegskosten und 20 Mill.
mehr
Thlr. von der dänischen Staatsschuld wurden S. aufgebürdet.
Die Vereinigung mit Preußen.
So war die Losreißung der Herzogtümer von Dänemark erreicht. Nun entstand aber die Frage, was mit ihnen geschehen sollte.
Die deutsche Bevölkerung in S., welche den kriegerischen Ereignissen mit geteilten Gefühlen der Freude über die Niederlagen
der Dänen und des Mißtrauens gegen die Absichten der Großmächte zugeschaut hatte, wünschte nicht
nur die Herrschaft des Augustenburgers, sondern betrachtete sie als selbstverständlich. Die deutschen Regierungen und das
deutsche Volk sahen sie auch als die beste und die gerechteste Lösung an. Preußen, mit dem Österreich vorläufig noch Hand
in Hand ging, war aber nicht geneigt, die mit seinem Blut eroberten Herzogtümer ohne weiteres auszuliefern,
damit sie ein Mittelstaat wie Hannover würden und wie dieses den militärischen wie den kommerziellen Interessen Preußens
alle möglichen Hindernisse in den Weg legten.
Zunächst setzte es sich in den völligen Besitz von S., indem es Hannover und Sachsen aufforderte,
ihre Truppen aus Holstein zurückzuziehen, was Hannover sofort, Sachsen erst auf einen dem Bund abgenötigten Befehl that; 7. Dez. übergaben
die Bundeskommissare den österreichisch-preußischen Zivilkommissaren Holstein und Lauenburg. Sodann wurde das ausschließliche
Erbrecht des Erbprinzen von Augustenburg angezweifelt, obwohl die juristischen Fakultäten von 16 Universitäten
es anerkannten, und der Großherzog von Oldenburg, dem der Kaiser von Rußland seine Ansprüche abgetreten, und der Prinz Friedrich von
Hessen wurden veranlaßt, als Prätendenten aufzutreten; ja, für das Haus Hohenzollern selbst wurden Ansprüche erhoben. Ein
Gutachten der preußischen Kronsyndici erklärte endlich 1865 die Ansprüche des Erbprinzen Friedrich als
beseitigt durch den Verzicht seines Vaters und die deutschen Großmächte als die Rechtsnachfolger Dänemarks in S. und also
die rechtmäßigen Besitzer. Dennoch würde Bismarck den Herzog Friedrich anerkannt haben, wenn derselbe die preußischen Forderungen
angenommen hätte: nämlich seine Armee und Marine mit der preußischen zu vereinigen, Sonderburg,
Rendsburg und Friedrichsort von preußischen Truppen besetzen zu lassen, das für einen Nordostseekanal erforderliche Gebiet
abzutreten, sich dem Zollverein anzuschließen und Post und Telegraphenwesen an Preußen abzugeben.
Auch Österreich lehnte diese Bedingungen 5. März ab und nahm seit dem Rücktritt Rechbergs, den Mensdorff ersetzte, überhaupt
eine andre Stellung in der schleswig-holsteinischen Frage ein. Der Plan, die Februarbedingungen einer Landesversammlung
vorzulegen, von dem Bismarck Erfolg hoffte, da aus S. selbst Kundgebungen zu gunsten Preußens erfolgt waren, scheiterte daran,
daß Österreich und Preußen sich über den Wahlmodus nicht einigen konnten.
Noch einmal kam es zwischen Österreich und Preußen zu einer Verständigung durch die Gasteiner Konvention
vom nach welcher der Besitz der Herzogtümer beiden Mächten gemeinsam bleiben, die Verwaltung von Holstein aber
Österreich, die von Schleswig Preußen zustehen solle, das außerdem den Kieler Hafen, die Mitbesetzung von Rendsburg und die
Oberaufsicht über den zu erbauenden Nordostseekanal erhielt; Lauenburg wurde gegen 2½ Mill. dänische
Thlr. von Österreich an den König von Preußen abgetreten.
Während Manteuffel in Schleswig ein strenges Regiment führte und allen augustenburgischen Demonstrationen scharf
entgegentrat,
ließ Gablenz in Holstein Proteste von Vereinen und Versammlungen gegen die Gasteiner Konvention zu, duldete die Nebenregierung
des Erbprinzen Friedrich in Kiel und verhinderte es nicht, daß die Forderung laut wurde, daß eine schleswig-holsteinische
Ständeversammlung einberufen werde. Die Klagen der preußischen Regierung hierüber ließ Österreich unbeachtet, und, zum Entscheidungskampf
mit Preußen entschlossen, gab es seine bisherige Politik auf und entschied sich für den Augustenburger, indem es dem
preußischen Kabinett den Vorschlag machte, ihre Rechte auf S. demjenigen Prätendenten abzutreten, den der
Bund als den berechtigtsten anerkenne.
Als Preußen hierauf nicht einging, übertrug Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Frage 1. Juni dem Deutschen
Bund und berief die holsteinischen Stände für den 11. Juni nach Itzehoe. Dies erklärte Preußen für einen Bruch der
Gasteiner Konvention und ließ seine Truppen von Schleswig in Holstein einmarschieren, womit der Krieg zwischen Österreich und
Preußen ausbrach (s. Preußisch-deutscher Krieg). In dem denselben beendenden Prager Frieden vom trat Österreich S.
an Preußen ab, doch mit der von Napoleon III. durchgesetzten Einschränkung (Art. 5), daß, wenn die Bevölkerung
von Nordschleswig den Wunsch, mit Dänemark vereinigt zu werden, durch ein freies Votum ausdrücke, Nordschleswig an Dänemark
abgetreten werden solle.
Durch Vertrag vom erwarb Preußen die Ansprüche des Hauses S.-Gottorp vom Großherzog von Oldenburg durch die Zahlung
von 1 Mill. Thlr. und die Abtretung von Ahrensböck. Auf Grund des Gesetzes vom und des königlichen
Patents vom ward die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen vollzogen. Die preußische Verfassung
trat in Kraft, die im Wiener Frieden auf S. gefallenen Kriegskosten und Staatsschulden übernahm Preußen. S. bildete
fortan eine Provinz des preußischen Staats, mit der am auch Lauenburg als ein Kreis derselben vereinigt wurde. Der
Artikel 5 des Prager Friedens wurde, nachdem fruchtlose Verhandlungen mit Frankreich und Dänemark über die Ausführung desselben
gepflogen worden waren, im Oktober 1878 im Einverständnis mit Österreich aufgehoben.
Die Vereinigung mit Preußen als Schlußergebnis der fast 20jährigen stürmischen Ereignisse wurde in
S. zumeist nicht mit Freude begrüßt, da nicht bloß die deutsche Nationalität, sondern auch die politische Selbständigkeit
der Herzogtümer das Ziel ihrer Patrioten gewesen war. Die Beseitigung des Erbprinzen von Augustenburg wurde als eine Rechtsverletzung
angesehen. Überdies fügte sich die Eigenart der Schleswig-Holsteiner schwer in die ungewohnten Einrichtungen
und Formen des preußischen Staats und seines Beamtentums.
Auch hier wirkten die großen Ereignisse von 1870/71 versöhnend. Nach der Herstellung geordneter, gesicherter Verhältnisse
nahmen Handel und Industrie in S. einen großen Aufschwung; namentlich Altona und Kiel, der bedeutendste Kriegshafen des
Deutschen Reichs, wuchsen mächtig heran. Die Schleswig-Holsteiner lernten den Vorzug würdigen, der darin besteht, einem mächtigen
nationalen Staatswesen anzugehören, das sie vor jeder Wiederkehr der Fremdherrschaft schützte. Und auch die Vermählung
(1881) des dereinstigen Erben der deutschen und preußischen Krone, des Prinzen Wilhelm (jetzigen Kaisers Wilhelm II.), mit der
ältesten Tochter
mehr
Friedrichs von Augustenburg, Prinzessin Viktoria, trug dazu bei, trübe Erinnerungen der Vergangenheit in Vergessenheit zu bringen.
Den Agitationen der Dänen in Nordschleswig trat die Regierung mit Entschiedenheit entgegen.
[Litteratur.]
»Urkundensammlung« (Kiel 1839 ff.),
»Quellensammlung« (das. 1862) und »Regesten und Urkunden« (Hamburg 1886 ff.)
der Schleswig-holstein-lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte (seit 1833);
Christiani,
Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Flensb. 1775-79, 4 Bde.;
bis 1460);
hierzu dessen »Geschichte etc. unter dem oldenburgischen
Haus« (Kiel 1781, 2 Bde.) und als Fortsetzung Hegewisch, Geschichte Schleswigs und Holsteins etc. 1588-1694 (das. 1801-1802, 2 Bde.),
bis 1808 fortgeführt von P. v. Kobbe (Altona 1834);
Waitz, Schleswig-Holsteins Geschichte (Götting. 1851-54, 2 Bde.);