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ausgezeichnete Steinkohlen (1887: im Ostrau-Karwiner Becken 26,5 Mill. metr. Ztr. Produktion), außerdem Braunkohlen, Eisenerz (45,700 metr. Ztr.) und Schwefelkies; der Hüttenbetrieb ergab 1887: 426,000 metr. Ztr. Frisch- und 17,847 Ztr. Gußroheisen. Die Zahl der Berg- u. Hüttenarbeiter belief sich auf 17,238, der Gesamtwert der Bergbau- und Hüttenproduktion auf 9,2 Mill. Gulden. Von hoher Bedeutung ist die schlesische Industrie, welche sich sowohl durch ihren Umfang als auch durch ihre Vielseitigkeit auszeichnet und als Hauptkategorien die Metall- und Maschinenindustrie, dann die Textilindustrie umfaßt.
Erstere beschäftigt 12 Eisenraffinier- und Walzwerke (insbesondere zu Trzinietz, Karlshütte und Buchbergsthal), 2 Kupferhütten, 12 Maschinenfabriken, eine Kratzenfabrik. Die Hauptzweige der Textilindustrie sind: Streichgarnspinnerei, Tuch- und Modestofffabrikation (zu Bielitz, Jägerndorf etc.: 92,000 Spindeln, 1900 Hand- und 1400 mechanische Webstühle), [* 2] Kammgarnspinnerei (Bielitz), Flachsgarnspinnerei (35,000 Spindeln), Leinenzwirnerzeugung (Engelsberg und Würbenthal), Leinen- und Halbleinenwarenerzeugung (Freiwaldau, Freudenthal, Bennisch u. a.: 4800 Hand-, 335 mechanische Stühle), Leinenbleicherei (Olbersdorf, Freiwaldau, Freudenthal etc.), Baumwollwarenfabrikation (Friedeck und Umgebung, Freudenthal: 3800 Hand-, 580 Maschinenstühle), Fabrikation von Bändern, Färberei, Druckerei, Appretur, Fabrikation von Strumpfwaren, Posamentierarbeiten, Knöpfen etc. Andre hervorragende Industriezweige sind: Fabrikation von chemischen Produkten (4 Fabriken, darunter die zu Hruschau und Petrowitz), Rübenzucker (9 Fabriken), Zuckerraffinerie (Troppau), [* 3] Mühlenbetrieb, Bierbrauerei [* 4] (44 Brauereien), Branntweinbrennerei (98 Unternehmungen), Spiritusraffinerie, Rosoglio-, Likör- und Rumerzeugung.
Diesen Hauptindustrien schließen sich an: die Erzeugung von Thonwaren, [* 5] Glas, [* 6] Schiefer, Granit- und Marmorwaren, Pottasche, Seife, Öl, Zündwaren, Farben, Koks, Kaffeesurrogaten, die Gerberei, die Fabrikation von Papier, Gummiwaren, die Erzeugung von Brettern, Papierholzstoff, Möbeln aus gebogenem Holz [* 7] (Teschen) und Drechslerwaren, Orgeln (Jägerndorf), endlich die Buchdruckerei und Lithographie. Der Gesamtwert der industriellen Produktion beläuft sich in günstigen Jahren auf mehr als 80 Mill. Guld. Mit den Landesprodukten und Fabrikaten wird auf Eisenbahn- und Wasserstraßen lebhafter Exporthandel getrieben. Die Nordbahn durchschneidet mit der Linie Wien-Oderberg-Krakau das Land; hieran schließen sich im westlichen Teil die Linien Schönbrunn-Troppau-Jägerndorf-Ziegenhals und Ziegenhals-Hannsdorf, im östlichen Teil die Linien Ostrau-Friedland, Oderberg-Jablunkau, Dzieditz-Bielitz und Friedland-Bielitz an.
Bildungsanstalten sind: 4 Obergymnasien, 2 Untergymnasien, 4 Oberrealschulen, 3 Lehrerbildungsanstalten, eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Gremialhandelsschule, eine Staatsgewerbeschule, 5 gewerbliche Fachschulen, 2 landwirtschaftliche Lehranstalten, ein evangelisches Alumneum, 5 Bürgerschulen und 468 Volksschulen. Der schlesische Landtag ist zusammengesetzt aus dem Fürstbischof von Breslau, [* 8] 9 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 2 der Handelskammer, 10 der Städte und Industrieorte und 9 Abgeordneten der Landgemeinden.
Für die Rechtspflege bestehen 24 Bezirksgerichte unter dem Landesgericht zu Troppau und dem Kreisgericht zu Teschen; das Oberlandesgericht zu Brünn [* 9] ist Oberinstanz. Hauptstadt ist Troppau. Das Wappen [* 10] s. auf Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«. [* 11]
Vgl. Peter, Das Herzogtum S. (Teschen 1884);
Sláma u. a., Österreichisch-S. (Prag [* 12] 1887);
»Spezial-Ortsrepertorium von S.« (hrsg. von der statistischen Zentralkommission, Wien [* 13] 1885).
Die politische Einteilung des Landes ist folgende:
Bezirke | Areal in QKilom. | Areal in QMeilen | Bevölkerung 1880 |
---|---|---|---|
Städte: | |||
Troppau | 11 | 0.20 | 20562 |
Bielitz | 5 | 0.09 | 13060 |
Friedek | 10 | 0.18 | 5912 |
Bezirkshauptmannschaften: | |||
Bielitz | 758 | 13.77 | 67333 |
Freistadt | 357 | 6.49 | 68276 |
Freiwaldau | 737 | 13.38 | 69251 |
Freudenthal | 592 | 10.75 | 51094 |
Jägerndorf | 532 | 9.67 | 62108 |
Teschen | 1152 | 20.92 | 113910 |
Troppau | 993 | 8.04 | 93969 |
Geschichte Schlesiens.
Nachdem die alten Bewohner Schlesiens, Lygier, Quaden u. a., in der Völkerwanderung nach Südwesten gewandert, erhielt S., dessen Name wohl von dem Flüßchen Sleza, der heutigen Lohe, einem Nebenfluß der Oder, abzuleiten ist, eine gemischte Bevölkerung, [* 14] indem sich neben den im Gebirge zurückgebliebenen Germanen im 6. Jahrh. auch slawische Stämme niederließen. Um 900 kam der auf dem rechten Ufer der Oder gelegene Teil von S. an Polen, das Land zwischen Oder und Bober 973 an Böhmen, [* 15] aber 999 gleichfalls an Polen, während das Gebiet westlich des Bober zur deutschen Lausitz und zu der Mark Meißen [* 16] gehörte.
Von Posen [* 17] her, wo Herzog Mieczyslaw I. 968 ein Bistum gründete, breitete sich das Christentum allmählich in S. aus; doch fällt die Errichtung des Bistums Breslau erst in das Jahr 1051. Ein Feldzug Kaiser Heinrichs V. 1109, der Boleslaw III. von Polen zwingen sollte, mit seinem Bruder zu teilen, scheiterte an den festen Burgen [* 18] Schlesiens, unter denen schon Beuthen [* 19] und Glogau [* 20] genannt werden. Als im 12. Jahrh. ein neuer Erbfolgestreit im piastischen Fürstenhaus ausbrach, gelang es Friedrich Barbarossa, 1163 für die Söhne des entthronten Wladislaw einen großen Teil Schlesiens als Entschädigung zu erwerben.
Sie sind die Stifter der schlesischen Piastendynastie, und zwar wurde von Boleslaw I. (s. Boleslaw 8) das Herzogtum Breslau (Niederschlesien), von Mieczyslaw Ratibor [* 21] (Oberschlesien) und von Konrad Glogau begründet. Als Konrad 1178 ohne Leibeserben starb, fiel sein Land an die Linie Breslau. Es fanden später in beiden Herzogtümern viele Teilungen statt. Dadurch wurde aber die friedliche Germanisierung des ganzen Landes durch zahlreiche deutsche Einwanderer, Mönche, Bürger und Bauern, nicht gestört. Unter den Herzögen Niederschlesiens sind hervorzuheben: Heinrich I., der Bärtige (gest. 1238), Gemahl der heil. Hedwig, der nach siegreichem Krieg 1233 die vormundschaftliche Regierung in Polen und die Herrschaft Krakau [* 22] erlangte und deutsche Ansiedelungen eifrig förderte, und sein Sohn Heinrich II., der Fromme (s. Heinrich 48), der in der Mongolenschlacht bei Liegnitz [* 23] 1241 fiel.
Durch Teilung Niederschlesiens (1241) entstanden die drei Herzogtümer Breslau, Liegnitz und Glogau; durch Teilung Oberschlesiens die Herzogtümer Teschen, Oppeln, [* 24] Ratibor, das um 1340 mit dem böhmischen Lehen Troppau vereinigt wurde, während sich von ¶
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diesem 1366 das Herzogtum Jägerndorf abtrennte. Bald ward jede nur irgend bedeutendere Stadt der Sitz eines Fürsten. Zu Anfang des 14. Jahrh. bestanden in S. 18 regierende Fürstenhäuser, nämlich: in Niederschlesien Brieg, [* 26] Breslau, Liegnitz, Schweidnitz, [* 27] Jauer, [* 28] Münsterberg, [* 29] Glogau, Steinau, Sagan, [* 30] Öls; [* 31]
in Oberschlesien Kosel, [* 32] Teschen, Beuthen, Falkenberg, Oppeln, Strehlitz, Ratibor und Troppau;
daneben noch ein bischöfliches Fürstentum, Neiße. [* 33]
König Johann von Böhmen wurde 1327 von sämtlichen Herzögen Oberschlesiens und von Breslau, 1329 von den meisten Herzögen Niederschlesiens als Oberherr anerkannt und wußte den König Kasimir d. Gr. von Polen 1335 zum Verzicht auf die Oberhoheit über S. zu bestimmen. Aus der Schutzherrschaft entwickelte sich bald die Lehnshoheit Böhmens. Kaiser Karl IV. erwarb durch seine Gemahlin Anna das Erbfolgerecht in den beiden Fürstentümern Jauer und Schweidnitz, welche die böhmische Lehnshoheit noch nicht anerkannt hatten, und brachte so ganz S. unter die Krone Böhmen und zum Deutschen Reich.
Doch ward S. als ein Ganzes angesehen, dessen allgemeine Angelegenheiten auf den sogen. Fürstentagen besorgt wurden. Den Herzögen von Liegnitz, Teschen, Oppeln und Ratibor erteilte Wladislaw 1498 und 1511 das Recht, in Ermangelung männlicher Nachkommen ihre Länder testamentarisch auf andre zu übertragen. Deshalb hielt sich Herzog Friedrich II. von Liegnitz, Brieg und Wohlau (s. Friedrich 26) für berechtigt, mit Joachim II. von Brandenburg [* 34] 1537 eine Erbverbrüderung zu schließen.
Aber König Ferdinand I., an den 1526 Böhmen übergegangen war, erklärte 1546 diese Abmachung für nichtig. Der Verbreitung der Reformation setzten die schlesischen Herzöge kein Hindernis entgegen, wohl aber die deutschen Kaiser aus dem Haus Habsburg, welche die an sie heimgefallenen Gebietsteile durch einen Oberlandeshauptmann regieren ließen. Besonders suchte Ferdinand II. die Schlesier zum alten Glauben zurückzuführen, und das widerstrebende, überwiegend protestantische Land hatte während des Dreißigjährigen Kriegs unsägliche Leiden [* 35] zu erdulden.
Damals verlor ein Hohenzoller, Johann Georg, sein Fürstentum Jägerndorf (s. d.), weil er Friedrich V. von der Pfalz angehangen. Die Jesuiten wurden 1648 förmlich aufgenommen, die evangelischen Kirchen, mit Ausnahme einiger kleiner Friedenskirchen zu Jauer, Schweidnitz und Glogau, dagegen geschlossen und ihr Vermögen eingezogen. Die Fürstentümer Münsterberg, Sagan, Oppeln und Ratibor wurden teils verkauft, teils verpfändet. Unter dem Kaiser Leopold I. wurde jenes harte Verfahren auch auf die Herzogtümer Liegnitz, Wohlau und Brieg ausgedehnt, die nach dem 1675 erfolgten Ableben des letzten piastischen Herzogs, Georg Wilhelm, an den Kaiser fielen.
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, dem diese Herzogtümer nach jenem Erbvertrag eigentlich gebührten, erhielt nur den Kreis [* 36] Schwiebus, [* 37] den Kurfürst Friedrich III. einer als Kurprinz eingegangenen Verpflichtung gemäß 1694 für 250,000 Gulden wieder an den Kaiser zurückgab. Durch die Altranstädter Konvention von 1707 und den kaiserlichen Rezeß von 1709 erhielten die Protestanten in S. neben der Teilnahme an öffentlichen Ämtern 128 Kirchen zurück und die Erlaubnis zur Erbauung von sechs neuen Kirchen (Gnadenkirchen) in Freistadt, Hirschberg, [* 38] Landeshut, Militsch, Sagan und Teschen.
Um so ungünstiger gestaltete sich die Lage der Protestanten unter Karl VI. Dennoch erkannten die schlesischen Stände 1720 die Pragmatische Sanktion und damit Maria Theresia als ihre künftige Landesherrin an. Doch machte Friedrich II. von Preußen, [* 39] als Maria Theresia 1740 ihrem Vater folgte, Ansprüche auf die schlesischen Fürstentümer Liegnitz, Brieg, Wohlau und Jägerndorf und bot Maria Theresia ein Bündnis gegen alle ihre Feinde an, wenn sie einen Teil Schlesiens abtrete.
Die ablehnende Haltung Österreichs veranlaßte Friedrich zu einem Einfall in S., welcher den erstem Schlesischen Krieg (s. d.) herbeiführte. Durch den Frieden zu Breslau ging ganz S., mit Ausnahme der Fürstentümer Teschen, Troppau, Jägerndorf und des kleinen Gebiets jenseit der Oppa, an Preußen über. Friedrich II. nahm durchgreifende Veränderungen in Verfassung, Verwaltung u. Rechtspflege des Landes vor; er stellte einen eignen Minister für S. an die Spitze der Verwaltung, errichtete zwei Kriegs- und Domänenkammern zu Breslau und Glogau, stellte Landräte an, teilte das Land in 48 Kreise [* 40] etc. Allen Religionsparteien ward völlige Religionsfreiheit gewährt. Neue und tiefe Wunden wurden S. durch den zweiten Schlesischen sowie durch den Siebenjährigen Krieg geschlagen, doch wußte Friedrich auch diese zu heilen. S. hat fortan seine Anhänglichkeit an Preußen oft bethätigt, so 1813 und noch 1866.
Vgl. Sommersberg, Scriptores rerum silesicarum (Leipz. 1729-32, 3 Bde.; dazu »Berichtigungen und Ergänzungen«, Bresl. 1790, 3 Bde.);
Stenzel, Scriptores rerum silesicarum (das. 1835-51, 5 Bde.);
»Codex diplomaticus Silesiae« (Berl. 1859 bis 1888, Bd. 1-13);
Stenzel und Tzschoppe, Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte etc. in S. (Hamb. 1832);
Stenzel, Geschichte Schlesiens (Berl. 1853, Bd. 1);
Grünhagen, Geschichte Schlesiens (Gotha [* 41] 1884-86, 2 Bde.);
Derselbe, Wegweiser durch die schlesischen Geschichtsquellen bis 1550 (Bresl. 1876);
Derselbe, Regesten zur schlesischen Geschichte (2. Aufl., das. 1880-84);
Grotefend, Stammtafel der schlesischen Fürsten bis 1740 (das. 1876);
»Acta publica«. Verhandlungen und Korrespondenzen der schlesischen Fürsten und Stände (hrsg. von Krebs, [* 42] das. 1865-85, Bd. 1-6);
»Lehns- und Besitzurkunden Schlesiens und seiner Fürstentümer im Mittelalter« (hrsg. von Grünhagen und Markgraf, Leipz. 1881-83, Bd. 1 u. 2);
Ziegler, Die Gegenreformation in S. (Halle [* 43] 1888);
Zimmermann, Vorgeschichtliche Karte von S. [* 44] (Bresl. 1879);
»Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens« (seit 1855);
»Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift«, Zeitschrift des Vereins für das Museum schlesischer Altertümer (seit 1864);
die seit 1862 aufs neue herausgegebenen »Schleschen Provinzialblätter« ^[richtig: »Schlesischen Provinzialblätter«] (gegründet 1785);
die »Jahresberichte« sowie die »Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur«.