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die Hebung [* 2] der Pferdezucht [* 3] bestehen Landgestüte zu Leubus und Kosel. [* 4] Die Rindviehzucht blüht in der fruchtbaren Landschaft zwischen Liegnitz [* 5] und Ratibor; [* 6] sie ist aber auch in den Gebirgskreisen bedeutend, weniger in den sandigen Gegenden auf der rechten Oderseite und an der Schwarzen Elster. [* 7] Für die Zucht von edlen Schafen bildet S. seit Anfang dieses Jahrhunderts mit seinen großen Gütern den Ausgangspunkt für die andern preußischen Provinzen (Eckersdorf, Rogau, Kuchelna); deshalb sind auch die meisten Schafe [* 8] veredelte.
Die Schweinezucht entspricht noch nicht dem Bedarf. Wildbret ist zahlreich vorhanden, namentlich besitzt S. noch einen Reichtum an Hirschen, Rehen, Wildschweinen und Hasen; selten kommt im SO. noch der Wolf von den Karpathen herüber. Auch das Geflügel ist stark vertreten. Die Fischerei [* 9] ist nicht unbedeutend: es gibt Karpfen in den zahlreichen Teichen, Welse und Lachse in der Oder, Forellen in den Gebirgsbächen. Die Bienenzucht [* 10] ist erheblich, und das neuere Verfahren bei derselben ging durch den Pfarrer Dzierzon gerade von S. aus.
Sehr beträchtlich ist die Ausbeute des Mineralreichs. S. enthält die größte Steinkohlenablagerung des europäischen Festlandes, nämlich auf der rechten Oderseite in Oberschlesien, woselbst die Steinkohlenformation mit reichhaltigen Flözen, teilweise zu Tage tretend, teilweise von Buntsandstein, Muschelkalk oder Diluvialschichten bedeckt, einen Raum von wenigstens 1375 qkm (25 QM.) einnimmt. Das Hauptgebiet des zu Tage tretenden Teils liegt zwischen Zabrze und Myslowitz [* 11] und entsendet nach SW. einen Flügel über Nikolai hinaus bis Belk.
Kleinere Steinkohlenpartien finden sich noch bei Czernitz, Pschow und selbst auf der Westseite der Oder an der Landecke unterhalb der Oppamündung. Eine zweite Ablagerung von Steinkohlen ist bei Waldenburg [* 12] zwischen den ältern Schichten der Kohlenformation von Freiburg [* 13] und den Porphyren und Melaphyren des Niederschlesischen Steinkohlengebirges eingebettet; dieselbe erstreckt sich, wie auch die erstere, noch über die Grenze der Provinz hinaus. Endlich gibt es Steinkohlen auch im Sandstein der obern Kreide [* 14] am Queiß.
Die Braunkohle ist in den Hügellandschaften stark verbreitet, wird aber nicht in großer Menge abgebaut. Wichtig ist dagegen die Ausbeute an Eisen- und Zinkerzen, diese bei Beuthen [* 15] in Oberschlesien in unmittelbarer Nachbarschaft des Steinkohlengebirges, jene in den verschiedensten Teilen des Regierungsbezirks Oppeln [* 16] auf der rechten Seite der Oder, aber auch in den Gebirgen. Ferner werden gewonnen: Bleierze in Oberschlesien, Kupfer-, Kobalterze, Schwefelkies, Arsenik, Alaun, [* 17] einige Edelsteine [* 18] von geringem Wert (Chrysolith, Amethyst, Chalcedon, Achat, [* 19] Chrysopras, Jaspis etc.), vortrefflicher Thon, Marmor, Serpentin, Schleif- und Mühlsteine, [* 20] Kalksteine (Gogolin in Oberschlesien), Gips, [* 21] Walkererde, Feld- und Schwerspat, Magnesit, Torf etc. Die vorhandenen Salzquellen haben nur eine schwache Sole; dagegen haben andre Mineralquellen besuchte Badeanstalten entstehen lassen, so zu Warmbrunn, Salzbrunn, Reinerz, Landeck, Flinsberg, Kudowa, Charlottenbrunn, Langenau etc. 1886 wurden in der Provinz gefördert: 15,996,326 Ton. Steinkohlen im Wert von 68,336,188 Mk., 360,589 T. Braunkohlen im Wert von 1,289,398 Mk., 722,018 T. Eisenerze im Wert von 2,307,850 Mk., 578,858 T. Zinkerze im Wert von 3,547,603 Mk., 29,316 T. Bleierze im Wert von 3,647,941 Mk. etc. Die Hüttenproduktion ergab 1886: 374,493 Ton. Roheisen im Wert von 17,259,181 Mk., 82,659 T. Zink im Wert von 21,209,323 Mk., 20,879 T. Blei [* 22] im Wert von 4,914,495 Mk., 31,987 T. Schwefelsäure [* 23] im Wert von 1,536,006 Mk. etc.
[Industrie und Handel.]
Die Industrie bildet einen wichtigen Erwerbszweig der Bevölkerung, [* 24] von der 35,2 Proz. darin ihre Beschäftigung finden. In den Kreisen von Leobschütz [* 25] bis Löwenberg, meist im und am Gebirge und anschließend an den großen Bezirk der Flachsindustrie in Böhmen, [* 26] ist die Leinwandfabrikation, in Verbindung mit Baumwollweberei, Färberei und Bleicherei, die Hauptbeschäftigung der Bewohner; große Flachsspinnereien sind zu Liebau, Landeshut, Erdmannsdorf, Freiburg, Waldenburg und entfernt vom Gebirge zu Neusalz a. O., Baumwollspinnereien zu Langenbielau etc., großartige Webereien namentlich in den Kreisen Reichenbach, [* 27] Waldenburg, Landeshut und Hirschberg. [* 28]
Die Tuchfabrikation ist in Görlitz, [* 29] Sagan, [* 30] Grünberg [* 31] und Goldberg von Bedeutung; auch werden Wollwaren mehrfach gefertigt. Handschuhe liefert Haynau, Teppichknüpferei wird in Neustadt, [* 32] im Hirschberger Thal (hier neuerdings auch Spitzenklöppelei), in Sprottau [* 33] und Schmiedeberg betrieben. Die Hüttenindustrie sowie die Verarbeitung der Metalle haben ihren Hauptsitz in den Steinkohlengebieten. Die Zinkproduktion ist fast ausschließlich im Oberschlesischen Steinkohlengebirge mit zahlreichen Werken vertreten, dagegen ist die Eisenindustrie viel weiter verbreitet.
Die großartigsten Eisenwerke liegen zwischen Gleiwitz, [* 34] wo auf der Gleiwitzer Hütte 1796 der erste Kokshochofen in Preußen [* 35] ins Leben trat, Tarnowitz, [* 36] wo auf dem Bleiwerk Friedrichsgrube 1788 die erste Dampfmaschine [* 37] in Deutschland [* 38] aufgestellt ward, Beuthen, Königshütte [* 39] und Myslowitz, ferner an der Malapane im Kreis [* 40] Oppeln und bei Waldenburg, sodann auch in Niederschlesien im Bereich der Waldungen des Schlesischen Längenthals zwischen Bunzlau [* 41] und Sprottau.
Wichtige Eisengießereien und Maschinenfabriken gibt es zu Breslau, [* 42] Ratibor, Görlitz, Lauban etc. Andre Industriezweige Schlesiens sind: die Fabrikation von Rübenzucker zwischen Breslau und Schweidnitz [* 43] (1887: 56 Fabriken), von Stärke, [* 44] Papier, Leder, Dachpappe, Seilerwaren (Oppeln), Seife, Lichten, Schuhwaren, Tabak [* 45] und Zigarren (Breslau, Ohlau), Chemikalien, Pulver, Dynamit, Zündhölzern, Uhren [* 46] (Freiburg, Silberberg), Turmuhren (Glogau), [* 47] Hüten (Liegnitz), Strohgeflechten, Glaceehandschuhen (Breslau), Billards (Breslau), Schrot-, Blei- und Zinnwaren (Breslau), Nägeln, Wagen, Eisenbahnwagen, Kalk (Gogolin und Oppeln), Zement (Oppeln), Glas [* 48] (im Kreis Oppeln, bei Waldenburg, am Queiß und an der Lausitzer Neiße), [* 49] von feinen Glaswaren (Josephinenhütte im Riesengebirge), von Schamottesteinen, Töpferwaren (Bunzlau), Porzellan- und Steingutwaren (in den Kreisen Waldenburg und Schweidnitz), von Schaumwein (Grünberg), von eingemachten Früchten (Grünberg und Hirschberg).
Nennenswert sind noch: die Bierbrauereien, die Brennereien und Likörfabriken, große Mahlmühlen, Gerbereien etc. Der Handel Schlesiens leidet durch die russischen Grenzverhältnisse, hat sich jedoch in der neuesten Zeit infolge des bedeutend erweiterten Eisenbahnnetzes sehr gehoben. Die Eisenbahnen sind fast nur Staatsbahnen. [* 50] Die wichtigsten Linien sind: Sommerfeld-Breslau, Görlitz-Kohlfurt-Liegnitz, Kohlfurt-Sorgau, Liegnitz-Neiße-Oppeln, Breslau-Halbstadt, Breslau-Mittelwalde, Breslau-Stettin, Breslau-Posen, Breslau-Tarnowitz, Breslau-Brieg-Kosel, Kosel-Kamenz, Kosel-Oderberg, Kosel-Oswiecim etc. Besonders stark entwickelt ist das Eisenbahnnetz im oberschlesischen Industrierevier, wo zahlreiche ¶
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Nebenbahnen sich an die Hauptlinien anschließen. Dagegen ist die Oder, mit Ausnahme ganz kurzer Strecken andrer Flüsse, [* 52] der einzige schiffbare Fluß der Provinz, dessen Schiffbarkeit im Hochsommer durch geringen Wasserstand noch oft fraglich ist, in neuerer Zeit aber durch umfangreiche Strombauten verbessert wird. Auch der Klodnitzkanal ist als Wasserstraße nicht sehr bedeutend. Haupthandelsplätze sind: Breslau, Görlitz, Hirschberg, Grünberg, Liegnitz, Schweidnitz, Waldenburg, Ratibor, Beuthen, Königshütte, Kattowitz [* 53] und Gleiwitz.
[Bildung, Verwaltung etc.]
Für die geistige Bildung bestehen: eine Universität zu Breslau, eine Kadettenanstalt zu Wahlstatt, 2 Kriegsschulen (Glogau und Neiße), 36 Gymnasien, 9 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen, 2 Progymnasien, 3 Realprogymnasien, 4 höhere Bürgerschulen, ein pomologisches Institut, 2 Landwirtschaftsschulen, eine Handelsschule, ein Pädagogium, 18 Schullehrerseminare (8 evangelische und 10 katholische), 3 Taubstummenanstalten, eine Blindenanstalt etc. Zur Unterstützung der schlesischen Gutsbesitzer besteht eine Kreditanstalt.
Ein großer Teil der Fürstentümer, Standes- und Minderherrschaften in S. ist im Besitz von mittelbaren Fürsten, Standes- und Minderherren. Eingeteilt wird die Provinz in drei Regierungsbezirke: Breslau mit 24, Oppeln mit 19 und Liegnitz mit 21 Kreisen;
unter den 64 Kreisen sind 3 Stadtkreise (Breslau, Liegnitz, Görlitz).
Militärisch bilden die Regierungsbezirke Breslau und Oppeln den Bezirk des 6. Armeekorps, der Regierungsbezirk Liegnitz gehört zu dem des 5. Armeekorps. Für das Gerichtswesen bildet die Provinz den Bezirk des Oberlandesgerichts in Breslau mit den 14 Landgerichten zu Beuthen, Breslau, Brieg, [* 54] Glatz, [* 55] Gleiwitz, Glogau, Görlitz, Hirschberg, Liegnitz, Neiße, Öls, [* 56] Oppeln, Ratibor und Schweidnitz. In den deutschen Reichstag entsendet S. 35, in das preußische Abgeordnetenhaus 65 Vertreter.
Das Konsistorium und ein Generalsuperintendent zu Breslau stehen an der Spitze der protestantischen Bevölkerung, während die Katholiken in Kirchensachen dem Fürstbischof von Breslau untergeordnet sind. Hiervon ausgenommen sind jedoch die Kreise [* 57] Neurode, Glatz und Habelschwerdt, welche zum Erzstift Prag, [* 58] und der Kreis Leobschütz nebst einem Teil des Kreises Ratibor, der zum Erzstift Olmütz [* 59] gehört. Hauptstadt der Provinz ist Breslau, woselbst auch der Provinziallandtag, seit 1875 an Stelle der ehemaligen Provinzialstände, seinen Sitz hat.
Daselbst befinden sich die Provinzialsteuerdirektion, eine Generalkommission, das Provinzialschulkollegium, ein Oberbergamt (zugleich für Ost- und Westpreußen [* 60] und Posen). [* 61] Die Staatsbahnen stehen unter der Eisenbahndirektion zu Breslau und teilweise zu Berlin; [* 62] Oberpostdirektionen sind in Breslau, Liegnitz und Oppeln. Die Landesfarben der Provinz sind Weiß und Gelb. Das Wappen [* 63] Schlesiens ist im goldenen Feld ein schwarzer, mit der Herzogskrone bedeckter Adler, [* 64] der auf seiner Brust einen silbernen Halbmond hat, dessen Enden bald geeichelt sind, bald wie kleine Kreuze aussehen.
Vgl. Adamy, S. nach seinen physikalischen, topographischen und statistischen Verhältnissen (6. Aufl., Bresl. 1885);
»Gemeinde-Lexikon der Provinz S.« (hrsg. vom königlichen Statistischen Büreau, das. 1887);
Schroller, S., eine Schilderung etc. (Glog. 1885-88, 3 Bde);
Römer, [* 65] Geologie [* 66] von Oberschlesien (Berl. 1870);
Schlockow, Der oberschlesische Industriebezirk (das. 1876);
Kosmann, Oberschlesien, sein Land und seine Industrie (Bresl. 1888);
Festenberg-Packisch, Der metallische Bergbau [* 67] Niederschlesiens (Wien [* 68] 1881);
Derselbe, Entwickelung des niederschlesischen Steinkohlenbergbaus (Bresl. 1886);
Deutsch, Schlesiens Heilquellen und Kurorte (Berl. 1873);
Traube, Die Minerale Schlesiens (Bresl. 1888);
Weinhold, Verbreitung und Herkunft der Deutschen in S. (Stuttg. 1887);
»Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz. S.« (Bresl. 1887 ff.).
II. Das österreichische Herzogtum Schlesien.
Österreichisch-S. (s. Karte »Böhmen, Mähren und Österreich.-S.«),
derjenige Teil Schlesiens, welcher im Breslauer Frieden von 1742 Österreich [* 69] verblieben ist, grenzt im N. und W. an Preußisch-S., im Süden an Mähren und Ungarn [* 70] und im O. an Galizien und besteht aus zwei durch den nördlichsten Teil der mährischen Bezirkshauptmannschaft Mistek getrennten Territorien, welche früher den Troppauer und Teschener Kreis Mährens ausmachten, seit 1849 aber ein eignes Kronland (Herzogtum S.) bilden. Dasselbe umfaßt ein Areal von 5147 qkm (93,49 QM.), wird im SO. durch die Karpathen (Bieskiden mit Lissahora 1320 m), im NW. durch das Reichensteiner Gebirge und Gesenke (Löwenkuppe 1035 m, Altvater 1487 m) von den Nachbarländern geschieden und im W. von der Oder und deren Zuflüssen Oppa mit der Mohra, Ostrawitza und Olsa, im O. von der Weichsel und ihren kleinen Zuflüssen bewässert.
Der offenen Lage gegen NO. entspricht ein etwas rauhes Klima [* 71] (mittlere Temperatur +8° C.). Der Niederschlag hält sich im jährlichen Durchschnitt von 52 cm (Troppau) [* 72] bis 73 cm (Teschen). Von den Mineralquellen ist der Säuerling zu Karlsbrunn der bedeutendste. Ein bekannter Kurort ist auch die Wasserheilanstalt zu Gräfenberg. Die Bevölkerung betrug 1880: 565,475 Seelen (Ende 1887 auf 590,478 berechnet);
sie nimmt in rascher Progression zu (1857-69 jährlich um 1,22 Proz., 1869-80 um 0,79 Proz.) und ist, mit 110 Einw. auf 1 qkm, sehr dicht angehäuft (S. ist nächst Niederösterreich das am dichtesten bevölkerte Land Österreichs).
Die Einwohner sind ungefähr zu gleichen Teilen Deutsche [* 73] (49 Proz.) und Slawen (Polen 28 Proz. im östlichen, Tschechen 23 Proz. im westlichen Teil) und bekennen sich, bis auf 79,028 Protestanten (lutherischer Konfession, meist im östlichen Teil) und 8580 Juden, zur katholischen Kirche, die hier (abgesehen von dem zur Erzdiözese von Olmütz gehörigen Troppauer Archipresbyteriat) unter Leitung eines vom Fürstbischof von Breslau ernannten und vom Kaiser von Österreich bestätigten Generalvikars zu Teschen steht.
Der Ackerbau steht auf guter Entwickelungsstufe, der Boden wird sehr sorgfältig bebaut (namentlich von dem deutschen Schlesier, weniger von dem Polen), bietet aber infolge des rauhen Klimas geringern Ertrag. Hauptfrüchte sind: Hafer [* 74] (1 Mill. hl), sodann Roggen und Gerste, [* 75] ferner Kartoffeln (2,3 Mill. hl), welche in vielen Gegenden das vorwiegende Nahrungsmittel [* 76] bilden und als Rohstoff für die Industrie dienen, Zuckerrüben (630,000 metr. Ztr.), Klee, womit 15 Proz. der Anbaufläche bestellt werden (1 Mill. metr. Ztr. Ertrag), Hülsenfrüchte, Kraut, Raps, Flachs, Heu (1,7 Mill. metr. Ztr.) und etwas Obst. Die Viehzucht [* 77] steht auf befriedigender Stufe; Pferde [* 78] (1880: 25,378 Stück) und Rindvieh (191,390 Stück) gehören der preußisch-schlesischen, bez. norddeutschen Rasse an; doch ist unter dem Rindvieh auch der böhmisch-mährische Landschlag vertreten. An Käse und Butter werden jährlich über 52,000 metr. Ztr. erzeugt. Der Bergbau liefert vor allem ¶